Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Pörksen, der letzte Einwurf hätte vielleicht zu einem anderen Tagesordnungspunkt ein bisschen besser gepasst – das sage ich ganz ehrlich –, weil das Thema viel zu ernst ist, als dass man zu diesem Thema auch noch diesen Vergleich zieht.
Ich möchte zunächst einmal mit einem Zitat beginnen, weil Sie die Flugzeugabschüsse genannt haben: „Ich muss meine Verantwortung wahrnehmen. Konkret würde das bedeuten, dass ich dann den Befehl zum Abschuss geben würde, wenn alle Vorstufen wie zum Beispiel Warnung an die Entführer, Warnschuss oder Drängen zur Landung nicht ausreichen.“ –
Wissen Sie, wer das gesagt hat? – Peter Struck, Verteidigungsminister. Ich glaube, er ist jetzt noch Ihr Fraktionsvorsitzender. Das hat er damals im Zusammenhang mit dem rot-grünen Gesetz gesagt.
Ich kann doch nicht unterstellen, dass Herr Struck die Unwahrheit gesagt oder nicht gewusst hat, wovon er spricht.
Herr Pörksen, wir sollten wirklich über eines nachdenken. Wir reden über einen Bereich, bei dem man den Leuten reinen Wein einschenken muss. Wir leben nicht auf einer Insel der Glückseligen. Das wissen Sie selbst. Es sind noch die Fragen zu klären, was man tun kann, wenn die Vernetzung auf der Welt zunimmt, wenn es gefährlicher wird, in Absprachen hineinzukommen und festzustellen, was passieren soll.
Ich habe mir einige Beispiele von Rheinland-Pfalz aufschreiben lassen: Landau 2001, Röhrchen mit Plutonium. – Können Sie sich erinnern?
Schön. Germersheimer, der wird im Moment in einem Lager in Pakistan ausgebildet oder lässt sich ausbilden. Den hat man wohl mit schlimmen Mitteln dazu gebracht, etwas zu sagen. Das ist keine Frage. Es ist schlimm genug. Diese Fälle gibt es.
Dann haben Sie die Situation, dass sie Leute haben, die in Pakistan ausgebildet werden. Das ist kein Geheimnis. Wir müssen es ehrlich betrachten. Bei den drei, die im
Wer hat die Tipps gegeben? Über welche Situation ist es gekommen? Das ist genau über die Online-Situation herausgekommen. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Sonst hätte der Innenminister diesen Tipp nicht bekommen.
Herr Bruch, in dem Zusammenhang sage ich Folgendes: Sie hatten ein ausführliches Interview an dem Abend beim Südwestrundfunk. Ich war ganz erstaunt, weil Sie gerade den Landesvorsitzenden und eine abweichende Meinung bei der Bahn erwähnt haben. Sie haben auch einen Landesvorsitzenden, der gegen OnlineDurchsuchungen ist. Herr Bruch sagt, wir werden diese Online-Durchsuchungen haben müssen. Die Frage ist, unter welchen gesetzlichen Maßstäben wir das machen, welche Gesetze dazu geändert werden müssen bzw. welche gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden müssen.
Herr Pörksen, das Thema ist wirklich zu ernst, um Angst vor Dingen zu schüren, die unter Richtervorbehalt in extremen Ausnahmesituationen überhaupt erst zum Tragen kommen. Ich habe Vertrauen in die Justiz. Das werden Sie auch befürworten. Ich kann nicht sagen, dass an irgendeiner Stelle irgendjemand meint, er müsse alles privat ausspionieren und morgen in „BUNTE“, „DER SPIEGEL“ oder im „FOCUS“ präsentieren. Das ist doch Quatsch. Wir müssen ehrlich sein und sagen, die Fälle, die heute auftreten, die internationalisierte Bedrohung und die entstandenen Netzwerke muss man überprüfen können. Wenn Terroristen und Verbrecher dieses Netzwerk nutzen, dann muss ich den Sicherheitsbehörden auch die Möglichkeit geben, dagegen zu reagieren, sonst haben wir eine Sicherheitslücke, nicht mehr und nicht weniger.
Herr Pörksen, ich sage Ihnen eines: Ihr Herr Kollege Körper im Bundestag hat es schon gesagt. Es geht nur noch um die Frage der Online-Durchsuchung. Bei allen anderen Dingen ist man sich längst einig geworden. Dabei sind die Dinge viel schwerwiegender und bedeuten einen viel größeren Eingriff. Wenn das der einzige Punkt ist, an dem das scheitert, dann erklären Sie uns, warum es gescheitert ist, aber nicht wir.
Wir haben Anfang September feststellen können, dass über Online-Durchsuchungen etwas vermieden wurde, was ansonsten zu einer großen tödlichen Gefahr geführt
hätte. Man kann sich nicht darauf beziehen und sagen, wir warten ab, bis ein Gericht entscheidet. Herr Pörksen, es geht um ein Urteil des Verfassungsgerichts, das wir abwarten. Das behandelt ein nordrhein-westfälisches Gesetz und nicht ein Bundesgesetz.
Das sind völlig andere Voraussetzungen. Streuen Sie den Leuten nicht Sand in die Augen. Das ist nicht gut.
Sorgen Sie dafür – das ist Ihre Pflicht, folgen Sie dem Innenminister –, dass eine ausreichend gesicherte Online-Durchsuchung eingeführt wird. Sorgen Sie bitte auch dafür, dass das Problem der Flugzeugabschüsse gelöst wird. Das ist ein Problem. Man kann nicht hingehen und sagen, das geht nicht. Das geht im Sinne der Menschen und deren Leib und Leben nicht.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die hohe Qualität der Arbeit der für die innere Sicherheit Zuständigen steht außer Frage. Das hat der Vorredner, Herr Pörksen, auch schon klar betont.
Gestatten Sie mir aber zum Ablauf der derzeitigen politischen Diskussion zunächst vier kritische Anmerkungen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht im Hinblick auf die permanente terroristische Bedrohung in Deutschland ein neues Horrorszenario über die Medien gezeichnet wird.
Manche Darstellungen haben bedauerlicherweise einen sehr realen Hintergrund. Andere erinnern an einzelne Sequenzen reißerischer Actionfilme. So notwendig es ist, die Bevölkerung über die realen Gefahren des Terrorismus zu informieren, so gefährlich ist jede Übertreibung dabei. Entweder verängstigen Übertreibungen die Bevölkerung oder sie lassen sie nach einer gewissen Zeit abstumpfen. Beides ist für die innere Sicherheit nicht zuträglich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was für die Informationspolitik gilt, muss ebenso für die Maßnahmen der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung gelten; denn weder ist es förderlich, sich täglich mit mehr oder weniger durchdachten Vorschlägen zur Terrorismusbekämpfung Gehör zu verschaffen – meist werden die Vorschläge sang- und klanglos innerhalb von weni
gen Tagen beerdigt, oft schon am nächsten Tag –, noch ist es hilfreich, ständig Maßnahmen der Strafverfolgung mit denen der Gefahrenabwehr zu vermengen.
Zudem wird dann auch immer wieder der Bereich der Gefahrenabwehr vermengt mit dem der Risikominderung. Hier gibt es keine klare gesetzliche Regelung. Diese wird meistens vermieden. Es ist nicht unerheblich, was in diesem Bereich passiert.
Wünschenswert wäre es auch, wenn die kreativen Köpfe in punkto innere Sicherheit sich vor Augen führen würden, dass jedem weiteren Eingriffsrecht der für innere Sicherheit zuständigen Behörden auf Bundes- und Landesebene im Ernstfall zum Schutz von Leben und Gesundheit auch eine Eingriffspflicht gegenübersteht.
Ein Mehr an Pflichten kann aber auf Dauer nicht mit der gleichen Menge Personal bewältigt werden. Wenn man sich dann den geplanten Personalabbau bei der Polizei in einem Bundesland ansieht, das dafür bekannt ist, dass in ihm besonders viele potenzielle Dschihadisten wohnen, kommen einem erhebliche Zweifel, ob die Befürworter der Ausweitung polizeilicher Kompetenzen wirklich alle Konsequenzen ihrer Forderungen bedacht haben. Auch eine gewisse Stringenz in der Argumentation wäre nicht schlecht.
Da wird kurzzeitig einerseits in der Bundesregierung diskutiert, das Alter für den Besitz einer Schusswaffe von 21 Jahren auf 18 Jahre abzusenken, andererseits soll aber jeder, der eine größere Menge an bombentauglichen Ausgangsmaterialen erwirbt, registriert werden.
Meine Damen und Herren, wenn Sie alle einmal in ihren Haushalt blicken und ein bisschen Ahnung von Chemie haben, dann wissen Sie, wie schnell man zumindest ein kleines Bömbchen aus dem bauen kann, was man so im Haushalt hat.
Die Anleitung gebe ich nicht dazu. Das können Sie sich vorstellen. Das machen wir natürlich nicht. Ich wüsste auch nicht, wie es geht. Das sage ich gleich dazu.
Die unterschiedlichen Diskussionen, die hier vonseiten Bundes erfolgen, passen nicht zusammen. Ich weiß natürlich, dass ich damit, wie ich jetzt argumentiert habe, die Argumentationslinien sehr vergröbert und vermischt habe. Damit habe ich genau das getan, was ich den Akteuren auf Bundesebene vorwerfe. Ich habe sehr oft den Eindruck, dass man manchmal nur dadurch eine vernünftige Diskussionsbasis erreicht, indem man manchen Menschen ihren Spiegel vorhält.
Ich will nicht nur Kritik am politischen Gegner üben, sondern auch zwei Positionen der FDP ganz klar sagen. Dieses Plenum hat sich schon einmal mit der heimlichen Online-Durchsuchung als Gefahrenabwehrmaßnahme beschäftigt.
Das war im Februar dieses Jahres. Das, was ich damals für die FDP gesagt habe, gilt auch noch heute. Die Maßstäbe des Bundesverfassungsgerichts für die Rasterfahndung und den Großen Lauschangriff sind nicht infrage zu stellen, und sie lassen sich ohne Weiteres auf die rechtliche Frage der Zulässigkeit heimlicher OnlineDurchsuchungen übertragen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass diese hohen Maßstäbe vonseiten des Bundesverfassungsgerichts für die jetzt anstehende Entscheidung zur heimlichen Online-Durchsuchung noch einmal bestätigt werden.