Protokoll der Sitzung vom 26.09.2007

Es wird vielleicht sogar von denjenigen als ungerecht empfunden, die künftig nur noch ein verpflichtendes Ganztagsgymnasium in ihrer ländlichen Region vorfinden und keine Möglichkeit mehr haben werden, ihre Talente und Fähigkeiten an anderen Lernorten außerhalb der Schule zu entwickeln.

(Beifall der FDP)

Spätestens für diesen Flickenteppich gymnasialer Bildung – das ist der richtige Begriff – wäre es dringend notwendig, zentrale vergleichbare Abschlussprüfungen einzuführen, um faire und gerechte Bedingungen für die Hochschulzugangsberechtigung zu schaffen; doch auch in der Frage des Zentralabiturs koppelt sich die Landesregierung, genauso wie bei G 8, von der Entwicklung in allen anderen Bundesländern dieser Republik ab.

(Fuhr, SPD: Darüber reden wir noch einmal!)

Rheinland-Pfalz wird, wenn man sich diese Fakten betrachtet, in den fünf Jahren der SPD-Alleinregierung im Bildungsbereich zum Land des bildungspolitischen Flickenteppichs werden. Indem diese Landesregierung immer nur auf Freiwilligkeit in diesem Bereich setzt und in entscheidenden strukturellen Fragen nicht den Mut hat zu sagen, wohin die Reise gehen soll, schafft sie ein Potpourri aus willkürlich verteilten Bildungschancen für unsere Kinder und Jugendlichen.

(Beifall des Abg. Eymael, FDP)

Die FDP-Landtagsfraktion fordert an dieser Stelle dringend mehr Verbindlichkeit, mehr Transparenz und mehr

Chancengerechtigkeit. Wir können aus diesen Gründen Ihrem Gesetzentwurf leider nicht zustimmen.

(Beifall der FDP – Harald Schweitzer, SPD: Das ist schade!)

Wir würden uns allerdings sehr freuen – ich sage das noch einmal vor dem Hintergrund, dass wir eigentlich gern im zweiten Teil des Gesetzentwurfs die Duale Oberschule als Regelschule wiedergefunden hätten –, wenn die neue Regelung für die Schülerbeförderung zur jeweils nächstgelegenen Dualen Oberschule getrennt abgestimmt werden könnte; denn wir stimmen natürlich dieser Erleichterung für Eltern, Schülerinnen und Schüler, die die Duale Oberschule in Anspruch nehmen möchten, gerne zu.

Die technischen Klarstellungen für die Berufsoberschulen I und II sind natürlich nicht abzulehnen. Damit wir diesen Teilen des Gesetzentwurfs unsere Zustimmung erteilen können, würden wir uns über eine getrennte Abstimmung sehr freuen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, darf ich auf der Zuschauertribüne Mitglieder des SPD-Ortsvereins Einselthum und des SPD-Gemeindeverbandes Göllheim begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Ahnen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Bis zur heutigen Debatte bin ich noch davon ausgegangen, dass es eine Grundakzeptanz für den Gesetzentwurf gibt; denn im Ausschuss – wenn ich mich recht erinnere – hatten sich bei der Abstimmung die Fraktionen der CDU und FDP enthalten.

(Ramsauer, SPD: So ist es! – Zuruf des Abg. Keller, CDU)

Sie tragen noch einmal Ihre Fundamentalkritik am Konzept eines achtjährigen Gymnasiums im Zusammenhang mit der Ganztagsschule vor. Frau Beilstein meinte, eine gewisse Beratungsresistenz bei der Landesregierung feststellen zu können.

Da ich davon ausgehe, dass Sie nicht argumentationsresistent sind, versuche ich es noch einmal in der Art und Weise, wie wir es im Ausschuss auch schon miteinander versucht haben.

(Ramsauer, SPD: Vergeblich! – Harald Schweitzer, SPD: In der Hoffnung, es fruchtet!)

Stichwort „Chancengerechtigkeit“: Es wird argumentiert, wir würden das nicht an allen Standorten in RheinlandPfalz einführen, hätten uns für diese Legislaturperiode 15 Gymnasien vorgenommen. So weit so gut. Dann wird gesagt, das sei nicht gerecht.

Herr Abgeordneter Fuhr hat schon darauf hingewiesen, dann hätten wir die Schulen für Hochbegabtenförderung, die Dualen Oberschulen, die Integrierten Gesamtschulen und andere Angebote im rheinland-pfälzischen Schulsystem niemals machen dürfen, weil man sie natürlich nicht flächendeckend, zumindest in einem ersten Schritt, schafft.

(Beifall bei der SPD)

Das heißt, Ihre Forderung, so wie Sie sie nach Flächendeckung aufstellen, ist Stillstand in der Bildungspolitik und die Verhinderung jeglicher Innovation.

(Beifall der SPD)

Frau Abgeordnete Morsblech, es steht mir nicht an, Ihre Aussage unter dem Aspekt der FDP zu bewerten. Ich muss Ihnen aber sagen, aus Ihrem Munde zu hören, Sie wollten nicht immer diese Freiwilligkeit, das hat mich schon ein bisschen merkwürdig berührt;

(Beifall der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

denn natürlich setzen wir mit unserer Bildungspolitik auch darauf, dass wir die Menschen in diesem Land mitnehmen und überzeugen wollen. Das machen wir mit dieser Konzeption.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Bei den sehr deutlichen Worten, die Sie in dieser Frage gegenüber der Landesregierung gefunden haben, würde ich gern Ihre Kollegin aus Hessen zitieren, die dortige bildungspolitische Sprecherin, unter dem Datum 24. September. Das ist noch nicht so lange her, das war am Montag: Die FDP sei enttäuscht von der missglückten Umsetzung der Schulzeitverkürzung in Hessen, sodass auch diese Reform auf das Missfallen der Betroffenen stoße. Die FDP bekräftigte ihre Forderung nach einer Freiwilligkeit der Schulzeitverkürzung für kooperative Gesamtschulen. – In Klammern gesetzt: Das sind in Hessen 131. Es wird also Freiwilligkeit gefordert.

So wird das gymnasiale Angebot in dieser Schulform gesichert, und es entsteht eine Alternative zum 8jährigen Gymnasium. Damit bleibt Schülern, die mehr Zeit zum Lernen brauchen, die Möglichkeit erhalten, das Abitur zu erlangen.

Ich kann nur sagen „Ausrufungszeichen“.

(Beifall der SPD – Ministerpräsident Beck: Sehr gut!)

Dies ist offensichtlich auch keine theoretische Bewertung eines Konzeptes, sondern die Konsequenz, die

man zieht, wenn man die Umsetzung mit verfolgt. Dieses Zitat war von Frau Dorothea Henzler,

(Frau Morsblech, FDP: Ja, die ist immer so!)

die meines Wissens immerhin bildungspolitische Sprecherin der FDP im hessischen Landtag ist. Da ich bildungspolitische Sprecherinnen gemeinhin schätze, und die von der FDP ganz besonders, muss ich sagen, dies ist durchaus ein wertzuschätzendes Urteil.

(Ramsauer, SPD: Wenn Ihr noch mitregieren würdet, wärt Ihr dafür!)

Als zweiten Punkt sagen Sie, das differenzierte Angebot sei ein Flickenteppich. Ich kann dazu nur sagen, es ist eben kein Flickenteppich, sondern es ist das Eingeständnis der Tatsache, dass Schülerinnen und Schüler unterschiedlich sind.

(Beifall der SPD)

Wenn Schülerinnen und Schüler unterschiedlich sind, ist es unsere Aufgabe, unterschiedliche Angebote zu machen, da nur unterschiedliche Angebote auch zu besseren Bildungschancen führen. Dies ist letztlich unser Ziel bei all unseren Maßnahmen.

Ich füge hinzu, wir haben uns etwas Realistisches vorgenommen. Wir haben uns vorgenommen, 15 G-8Ganztagsschulen einzuführen. Wir sind dabei von bestimmten Bedarfen ausgegangen, aber es ist wie immer bei dieser Landesregierung: Wir lernen mit dem Aufbau.

Frau Abgeordnete Beilstein, wenn wir ein Projekt auf den Weg bringen, dann lernen wir daraus. Wenn es größere Bedarfe gibt, reagieren wir auch darauf. Es ist richtig, eine solche Konzeption offen anzulegen, weil man somit den Menschen nicht etwas vorsetzt, sondern Reaktionsmöglichkeiten behält.

(Beifall der SPD)

Frau Abgeordnete Beilstein, ich möchte nun einen Punkt ansprechen, von dem ich nur gern hätte, dass wir ihn in der Sache klären. Nach der KMK-Vereinbarung sind 265 Wochenstunden vorgesehen, einmal abgesehen von der Tatsache, dass einige CDU-geführte Länder diese gerade in Frage stellen, weil es ihnen zu viele sind. Sie wollen also ein paar Wochenstunden weniger. Aber im Moment stehen diese 265 Wochenstunden noch in der KMK-Vereinbarung. Wer momentan also ein 8-jähriges Gymnasium durchführen möchte, muss eine Antwort auf die Frage finden, wie er 265 Wochenstunden darauf umverteilt.

Sie sagen immer, das macht die Landesregierung, indem sie die Wochenstunden auf die Klassenstufen 7 bis 9 verteilt. – Erster Fehler! Das stimmt überhaupt nicht. Die Landesregierung verteilt die Wochenstunden auf die Klassenstufen 7 bis 12.

Zum Zweiten sagen Sie, man solle doch nun bitte die Klassenstufen 5 und 6 mit hinein nehmen, damit sich dies für die Schülerinnen und Schüler auf einen längeren Zeitraum verteilen kann. Ich möchte in aller Deutlichkeit

sagen: Das kann man machen, aber dann haben wir keine durchlässige Orientierungsstufe mehr. Das kann es mit dieser Landesregierung in der Tat nicht geben!

(Beifall der SPD)

An dieser Stelle muss man schlichtweg dazu sagen, man will das anders. Das kann man auch als politisches Konzept vertreten, aber man kann nicht verschweigen, was die Konsequenzen daraus sind.