Protokoll der Sitzung vom 28.02.2008

„Weder die Änderung von Bauvorschriften noch beispielsweise die Abweichung von Gruppengrößen oder vom Personalschlüssel in Kindertagesstätten und Kindergärten werden erlaubt. Alle Maßnahmen, die wirklich zu finanziellen Entlastungen führen würden, werden nicht angetastet.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, Sie können mir doch nicht erzählen, dass eine Ausweitung des Personalschlüssels zu finanziellen Entlastun

gen führen würde. Sie haben genau das Gegenteil damit gemeint. Sie wollten herunter mit den Standards.

(Beifall der SPD)

Ich möchte Ihnen nun noch von einem schönen Beispiel aus dem Westerwaldkreis berichten. Dort gab es einmal eine Erzieherin, die gesagt hat, wenn es um Zuschüsse oder Personal gehe, werde vom Kreis abgeblockt. Man komme sich manchmal vor wie jemand, der etwas Unrechtes möchte.

Ja, meine Kolleginnen und Kollegen, dabei geht es auch um Kreise, die von der CDU geführt werden.

(Licht, CDU: Die vorbildlich sind!)

Sie haben des Weiteren die Kooperation zwischen der Schule und den Kitas angesprochen. Als ich Ihnen soeben zugehört habe, habe ich fast gedacht, die CDU möchte das Einheitskind schaffen.

(Heiterkeit der Abg. Frau Morsblech, FDP – Frau Morsblech, FDP: Das hätte auch von mir kommen können!)

Es ist nicht jedes Kind gleich, und es ist auch nicht in Stadt und Land jedes Kind gleich. Aber wir haben eine gute Basis geschaffen, und wir haben eine hohe Kreativität der Erzieherinnen und Erzieher sowie der Schulleiterinnen und Schulleiter, die kreative Lösungen schaffen.

(Beifall der SPD)

Zu nennen ist beispielsweise ein gemeinsames Chemielabor, das eine Kindertagesstätte und eine Grundschule gemeinsam benutzen und dort gemeinsam unterrichten, oder beispielsweise gemeinsame Waldwochen. Ich kenne eine Grundschule in Zell, die einen Tag in der Woche ihre Schule für die Kindergartenkinder öffnet und sie dort mit einbezieht. Es gibt viele Lösungen.

(Licht, CDU: Das ist auch ein CDU-geführter Kreis!)

Es ist eine SPD-geführte Verbandsgemeinde. Ja, wunderbar. Ich frage mich also: Warum dieser Gesetzentwurf, und warum diese labberige Formulierung, die Sie dort gefunden haben?

Kommen wir zu dem Punkt „Tagespflege flexibler und bedarfsgerechter“. Das ist nun ein Thema, das wir erfreulicherweise jedes Mal diskutieren dürfen. Es scheint mir eine Art Steckenpferd zu sein. Da sage ich einmal, jeder hat so seine individuelle Betreuungssituation vor Augen, die manchmal aufgrund der familiären Umstände einfacher oder schwieriger zu organisieren ist. Aber ich wiederhole gerne noch einmal: Tagespflege ist bei uns flexibel und bedarfsgerecht. Durch die Umsetzung der Krippenvereinbarung, die wir als erstes Bundesland umsetzen, was wir in der letzten Ausschusssitzung diskutiert haben, wird dieser Bereich auch noch einmal mit 1,5 Millionen Euro durch den Ausstattungspool unterstützt werden.

„Zukunftsinitiative Kinder – Bildung von Anfang an“, Ausbau und Qualifizierung der Tagespflege als Ergän

zungsangebot, das ist unsere Linie. Daran halten wir fest. Diese Geschichte mit den Räumen haben wir im Plenum schon mehrfach ausführlich diskutiert.

Wir kommen dann zum vierten Punkt: Kindergärten werden zu Familienzentren ausgebaut. Das steht in dem Antrag. Da möchte ich gerne auf Ausführungen verweisen, die unsere Ministerin Malu Dreyer und der Ministerpräsident bei einer Pressekonferenz am 12. Dezem- ber 2007 gemacht haben, als es um die Verbesserung des Schutzes von Kindern vor Vernachlässigung, Missbrauch oder Misshandlung ging. In diesem SiebenPunkte-Papier steht wortwörtlich: „Wir wollen Kitas zu Eltern-Kind-Zentren weiterentwickeln. Das heißt, Angebote der Kindertageseinrichtungen mit denen der Familienbildung, -unterstützung und -förderung in einem integrierten Gesamtkonzept zusammenfassen. Damit wollen wir in den sozialen Brennpunkten beginnen.“ Warum also brauchen wir Ihr Gesetz?

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Da halte ich es lieber mit Erich Kästner, der sagt: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Wir tun in diesem Bereich viel Gutes. Wir schaffen Plätze für die unter Dreijährigen und lassen uns dies im Land auch einiges kosten. Wir haben jetzt schon die Beitragsfreiheit für das letzte Kindergartenjahr. Dies umfasst 25 Millionen Euro für das Jahr 2006.

Wir stellen die Kindergärten komplett beitragsfrei bis 2010. Wir haben ein Programm zur Sprachförderung für schulvorbereitende Maßnahmen, ein Fortbildungsprogramm für Erzieherinnen und Erzieher, Investitionskostenzuschüsse für Maßnahmen, die wegen des U-3Ausbaus notwendig sind, das Landesförderprogramm für Qualifizierungsmaßnahmen von Tagespflegepersonen. Meine Damen und Herren, auf diesem Weg werden wir weitermachen, damit wir weiterhin die Betreuungssituation für die Kinder und die Eltern in diesem Land verbessern.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Ich erteile Frau Kollegin Morsblech das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der sich mit wichtigen Fragen der frühkindlichen Betreuung und Förderung beschäftigt, der aber nach Auffassung der FDP-Landtagsfraktion kein in sich geschlossenes Gesamtkonzept zur Weiterentwicklung von Kindertagesstätten und Betreuungsangeboten bietet.

Ich möchte meine Ausführungen zu diesem Gesetzentwurf deshalb in den zwei zentral angesprochenen Bereichen etwas bündeln und dabei kurz auf die Einzelforderungen eingehen.

Lassen Sie mich zunächst einmal mit dem Aspekt der pädagogischen Qualität beginnen. Alle Fraktionen in diesem Hause sind sich in dem Ziel einig, dass Kindertagesstätten immer mehr den Auftrag der Vorbereitung von Kindern auf die Grundschule und der frühkindlichen Erziehung und Bildung wahrnehmen müssen. Mit den bereits angesprochenen, vom Land und den Trägern verabschiedeten Bildungs- und Erziehungsempfehlungen ist sehr deutlich gemacht worden, dass sich alle Beteiligten gemeinsam motiviert auf den Weg gemacht haben, die konkret vereinbarten Ziele in Rheinland-Pfalz auch flächendeckend zu erreichen.

Das Land hat die Erzieherinnenausbildung umfassend reformiert. Für die Leitungskräfte von Kindertagesstätten gibt es ein Studienangebot. Mit dem Programm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ sind die ersten Voraussetzungen für eine breit angelegte Sprachförderung und eine verbesserte Kooperation von Kindertagesstätten und Grundschulen geschaffen worden.

Um all diese Ziele zum Wohl der kleinen RheinlandPfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer und auch für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes umsetzen zu können, werden aber noch weitere große Anstrengungen nötig sein.

Nach Ansicht der FDP-Fraktion ist es allerdings zu kurz gesprungen, wenn man nun lediglich Aspekte der Kooperation zwischen Kindertagesstätte und Grundschule und die Personalstärke in den Blick nimmt. Um die Qualität unserer Kindertageseinrichtungen und damit die Qualität der frühkindlichen Erziehung und Bildung in Rheinland-Pfalz weiter voranzubringen, ist es unserer Meinung nach nötig, sich zunächst einmal ein umfassendes Bild über die aktuelle Gesamtsituation zu verschaffen. Da spielen sehr viele unterschiedliche Aspekte eine Rolle.

Die FDP-Fraktion hat deshalb eine Große Anfrage an die Landesregierung gerichtet, die uns zunächst einmal eine Bestandsaufnahme in folgenden, kurz angerissenen Feldern ermöglichen soll:

Erzieherinnen und Erzieher müssen heute grundlegend anders auf ihre Aufgaben vorbereitet werden als noch vor zehn Jahren. Das ist ein kurzer Zeitabschnitt. Wenn eine Erzieherin deshalb heute in Rheinland-Pfalz eine Ausbildung, die insgesamt fünf Jahre umfasst, in Kauf nehmen muss, dann wird es entscheidend darauf ankommen, diesen umfangreichen Zeitrahmen optimal für eine hervorragende und zeitgemäße Ausbildung zu nutzen.

Nach all dem, was man aus Fachkreisen hören konnte, hakt es hier allerdings noch an der einen oder anderen Stelle. Vermehrte Fortbildungen und auch das Fachhochschulstudium für die Leitungskräfte von Kindertagesstätten stellen in der Tat dann, wenn man weiter schaut, die Betroffenen in den jeweiligen Einrichtungen vor die große Herausforderung, mit einem reduzierten Personalbestand auskommen zu müssen, um sich die für alle nötigen Kompetenzen zu verschaffen.

Hier ist in der Tat ein Blick auf den Personalschlüssel wichtig. Wir müssen jedoch gleichzeitig auch über As

pekte wie den Umfang der Freistellung von Kindertagesstättenleitungen in der Fläche sprechen.

Angesichts der vielfältigen Anforderungen – hier meine ich die Bildungs- und Erziehungsempfehlungen, die Sprachförderung, die Kooperation mit der Grundschule, aber auch die Integration von Kindern mit Beeinträchtigungen und Behinderungen oder die Aufnahme von unter Dreijährigen in die Kindergartengruppen – werden Einrichtungen künftig nicht nur verstärkt gut ausgebildete und fortgebildete Erzieherinnen und Erzieher, sondern auch eine kontinuierliche Beratung, Unterstützung und eine enge Kooperation mit externen Fachkräften benötigen.

Auch hier möchten wir auf der Grundlage einer umfassenden Bestandsaufnahme durch unsere Große Anfrage Impulse zur Weiterentwicklung der Situation erarbeiten.

Gerade im Bereich der Sprachförderung in Vorbereitung auf die Grundschule ist konzeptionell noch vieles zu tun. Es wird darauf ankommen, dass wir es gemeinsam mit allen Beteiligten schaffen, dass alle Kinder in RheinlandPfalz zum Einschulungszeitpunkt wirklich über eine Sprachkompetenz verfügen, die es ihnen ermöglicht, erfolgreich am Unterricht teilzunehmen.

Auch an dieser Stelle ist es uns wichtig, zunächst einmal einen Blick darauf zu werfen, wie sich das Qualifizierungsangebot und die bestehende Qualifikation der Sprachförderkräfte, aber auch der Erzieherinnen und Erzieher, die die Diagnostik vornehmen, weiterentwickelt haben und welche Zukunftsaufgaben noch vor uns liegen. Gerade dieser Bereich wird eine kontinuierliche Evaluation und Weiterentwicklung auch in der Zukunft benötigen und für einen gelungenen Übergang in die Grundschule eine wichtige Rolle spielen.

Auch ich habe bei den vielen Besuchen in den Einrichtungen feststellen müssen, dass die Zusammenarbeit zwischen Kindertagesstätte und Grundschule zum Teil noch sehr unterschiedlich ausgeprägt ist und mehr oder weniger mit verschiedenen Konzepten an diese Aufgaben herangegangen wird. Für viele Einrichtungen ist es auch schwer, weil gerade im städtischen Bereich oft eine Grundschule mit vielen Kindertagesstätten und umgekehrt zusammenarbeiten muss.

Frau Raab hat zu Recht angeführt, dass es auch sehr kreative Ideen gibt und man diese nicht außen vorlassen sollte. Es wird meiner Meinung nach auch immer unterschiedliche Herangehensweisen und Konzepte für diese Zusammenarbeit geben müssen, allein schon aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen, mit denen die Einrichtungen arbeiten. Meine Fraktion ist deshalb auch an dieser Stelle der Überzeugung, dass es zunächst einmal wichtiger wäre, zusammenzutragen, auf welche Art und Weise die unterschiedlichen Einrichtungen mit ihren Voraussetzungen diese Aufgabenstellung bewältigen, die erfolgreich umgesetzten Ideen auszuwerten und zu bündeln und modulhaft allen Einrichtungen zugänglich zu machen, bevor man sich auf einen festen Kanon festlegt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz etwas zum zweiten Aspekt sagen, der im

Gesetzentwurf der CDU aufgegriffen worden ist, die Kindertagespflege betreffend. Hier sind Ihre Forderungen bereits aus den letzten Plenardebatten bekannt und diskutiert. Ich kann nur noch einmal betonen, dass die FDP-Fraktion eine bedarfsgerechtere und flexiblere Möglichkeit der Tagespflege für durchaus sinnvoll hält. Wir halten jedoch einen anderen Ansatz für zielführend, wenn wir wirklich insgesamt eine bedarfsgerechte und individuell nutzbare Kinderbetreuungsinfrastruktur in Rheinland-Pfalz aufbauen wollen. Wir glauben, dass Eltern nur dann wirklich eine Wahlfreiheit ermöglicht werden kann, wenn man das System von einer Objekt- auf eine Subjektförderung des einzelnen Kindes umstellt. Wir haben dazu einen Betreuungs- und Bildungsgutschein vorgeschlagen. Wir möchten, dass Eltern für jedes Kind einen Gutschein bekommen und dann die freie Wahl haben, ob sie diesen für einen Platz in einer Kindertagesstätte in traditioneller oder privater Trägerschaft, für einen betrieblichen bzw. betriebsnahen Betreuungsplatz oder eine Tagespflegeperson einsetzen wollen.

(Beifall der FDP)

Darüber hinaus wollen wir auch, dass der Gutschein für diejenigen, die die Betreuungs-, Erziehungs- und Bildungsleistungen im frühkindlichen Bereich selbst erbringen wollen, steuerlich abgesetzt oder im Rahmen der Alterssicherung und der Pflegeleistungen anerkannt werden kann.

In diesem Zusammenhang wird es natürlich für die Träger von Einrichtungen und Angeboten wichtig sein, dass sie beispielsweise in ihren Kindertagesstätten auch über die üblichen Öffnungszeiten hinaus Tagespflegeangebote unterbreiten oder Tagespflegepersonen vermitteln können. Hier muss man insbesondere einen Blick auf die erfahrenen kirchlichen und kommunalen Träger werfen, denen man die Möglichkeit eröffnen sollte, ihre Fachlichkeit und Erfahrung in die Weiterentwicklung und Ausdifferenzierung von Angeboten einzubringen.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass ich persönlich die Idee der CDU der Einrichtung von Familienzentren sehr sympathisch finde. Ich finde, man sollte sich insgesamt mit dieser Idee noch einmal beschäftigen. Das wäre meiner Meinung nach sogar einen eigenen Antrag wert.

Die Unternehmensberatung McKinsey hat in einer ihrer Veröffentlichungen einmal etwas Ähnliches aus Großbritannien vorgestellt. Es ging darum, Kinder gezielt zu fördern. Das betraf Kinder mit Defiziten, beispielsweise Sprachdefiziten, aber auch solche Kinder, die besondere Begabungen mitbringen. Gleichzeitig ging es darum, die Eltern zu erreichen, indem man sie zum Beispiel bei der eigenen Aufarbeitung von Sprachdefiziten unterstützte, bei Behördengängen, Kurse zur Berufsfindung durchführte und vieles mehr. Einfache Dinge wie gesundes Kochen gehörten auch dazu.

(Frau Raab, SPD: Das haben Frau Dreyer und Herr Beck schon – – –)

Das ist sehr schön. Ja, man kann das machen, das ist eines der vielen weiteren Angebote. Es wäre einer ge