Protokoll der Sitzung vom 16.04.2008

29. November 2007, das ist einen Monat später:

(Keller, CDU: Jetzt zum Gymnasium!)

Der bildungspolitische CDU-Sprecher der CDULandtagsfraktion, Josef Keller, hat Inhalt und Umsetzung des neuen Schulstrukturkonzepts stark kritisiert. Es hat zwar, wie er vorher gemeint hat, zentrale Forderungen

der CDU erfüllt, aber es ist aus seiner Sicht doch als stark kritikwürdig empfunden worden.

(Bracht, CDU: Sagen Sie einmal etwas zu Kritiken, die draußen geäußert werden!)

Februar 2008: Herr Kollege, Sie legen Ihr Positionspapier vor.

(Bracht, CDU: Was die Eltern, die Schüler und Lehrer sagen!)

Dort drin finden wir wiederum, und zwar entgegen den Vorstellungen von Herrn Dr. Rosenbauer und anderen, dass unbedingt die Dreigliedrigkeit der Schulstruktur erhalten bleiben muss.

(Zurufe von der SPD)

11. März 2008: Die Landesregierung hat den Entwurf des Schulgesetzes vorgelegt. Herr Keller – man erinnere sich – fand es ursprünglich ganz gut, bezeichnet aber dann den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung der Schulstruktur als inhaltsleer. Außerdem kritisiert er, dass die bisherigen Errichtungsvoraussetzungen für die IGS wegfallen sollen. Man staune, dadurch werde die Wahlfreiheit der Eltern und Schüler enorm eingeschränkt.

Herr Baldauf und Frau Wopperer haben in Worms diskutiert. Herr Baldauf, der ursprünglich einmal die Zweigliedrigkeit von Herrn Dr. Rosenbauer als diskussionswürdig befand, hat wahrscheinlich mit irgendjemand diskutiert. Er kritisiert nun die Ahnen-Pläne, die nach seiner Auffassung nur an der Oberfläche kratzen.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Dann kommt das ganz besonders Interessante. Er stellt ein Untergangsszenario für die berufsbildenden Schulen dar und weist darauf hin, dass das duale Berufssystem durch die FOS ganz klar zerstört wird.

(Bracht, CDU: Was sagen die Berufsschulen dazu, die das widerlegen?)

Herr Keller hat dagegen beim Realschullehrertag den Realschullehrern dann versprochen, dass er sich mit dafür einsetzen werde, dass an allen Realschulen plus die Fachoberschule eingesetzt wird.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Bracht, CDU: Das ist Ihre Art, mit den Tatsachen umzugehen – – – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, weitere Beispiele dieses interessanten Schlingerkurses nenne ich in der zweiten Runde. (Beifall der SPD)

Frau Morsblech, Sie haben das Wort.

(Keller, CDU: Das ist aber gelogen!)

Meine Damen und Herren, halten Sie sich bitte mit solchen Begriffen zurück.

(Keller, CDU: Das ist so!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch mich hat es etwas überrascht, dass die CDUFraktion heute diese Aktuelle Stunde beantragt hat und wieder in diese Richtung klare Worte findet. So ein bisschen funktioniert Ihr Verhalten nach dem Stehaufmännchen-Prinzip. Erst fallen Sie unter dem Druck Ihrer Landräte und Bürgermeister um, bevor überhaupt der Gesetzentwurf da ist. Heute stehen Sie wieder und sind glücklicherweise in der Opposition an unserer Seite.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Ich hoffe, Sie bleiben stehen und schubsen sich nicht alle wieder gegenseitig innerhalb der CDU um. Das würde die Oppositionsarbeit etwas kraftvoller machen.

(Beifall der FDP – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Sehr gut, Frau Kollegin!)

Die FDP-Fraktion hat von vornherein sehr klar Stellung gegenüber dieser Schulreform bezogen. Wir sehen das vor allem auch in Verantwortung für die betroffenen Schülerinnen und Schüler. Die rheinland-pfälzische Schulstrukturreform, die die SPD-Landesregierung vornehmen wird, kann man überhaupt nicht abgekoppelt von dem Beschluss des SPD-Bundesparteitags und -Bundesvorstands sehen. Die Berichterstattung, die im Rahmen der Veranstaltung in meiner Verbandsgemeinde zu den Aussagen von Frau Kollegin Brede-Hoffmann stattgefunden hat, hat mich vor diesem Hintergrund überhaupt nicht überrascht. Die Sozialdemokraten wollen generell in Deutschland eine Schule für alle Kinder bis zur 10. Klasse.

(Pörksen, SPD: Ihr fordert doch auch die IGS in Bad Münster!)

In diese Richtung geht es in Rheinland-Pfalz unter dem Bundesvorsitzenden Kurt Beck und Ministerin Ahnen nicht nur sanft, sondern mittlerweile relativ zügig und in großen Schritten voran.

(Beifall der FDP)

Schon bevor uns der Gesetzentwurf im Landtag vorliegt, planen nahezu alle Kommunen unter Druck der verunsicherten Eltern und wegen der unter dem Reformdruck schwindenden Anmeldezahlen für Haupt- und Realschulen den Umbruch ihrer kompletten Schullandschaft hin zu größeren zentralen Schulen für Kinder mit den unterschiedlichsten Voraussetzungen. Nach meinem Empfinden wird dabei sogar die Realschule plus selbst oft nur als Notlösung betrachtet. Schulen und Kommunen, die Angst haben, dass sie in wenigen Jahren wieder vor demselben Problem stehen, das sie zum Teil heute bei den Hauptschulen verzeichnen, versuchen an ihren Standorten möglichst gleich integrierte Gesamtschulen

zu errichten. Diese Ängste und dieser Druck sind durchaus nachvollziehbar und berechtigt.

In nahezu allen Bundesländern, die in den letzten Jahren Haupt- und Realschulen zwangsfusioniert haben, sind die ungelösten Probleme der Hauptschulen in der Regel in die Realschule, in die neue Schulform verlagert worden. Die Akzeptanzprobleme, die unsere Hauptschulen heute bei den Eltern erfahren, werden sich nach allen Erfahrungen, die man bei anderen beobachten kann, auf die neue Realschule plus übertragen. Wenn man sich beispielsweise das Bundesland Bremen ansieht, dann schicken drei Jahre nach einer vergleichbaren Schulreform die Hälfte der Eltern ihre Kinder aufs Gymnasium, ein Drittel besucht mittlerweile Integrierte Gesamtschulen. Die Sekundarschule selbst wird noch schlechter angenommen als früher die Hauptschule.

Auch schon heute haben 40 % der Eltern ihre Kinder in Rheinland-Pfalz auf Gymnasien angemeldet, und zwar ein Drittel auch ohne die entsprechende Empfehlung. Wenn die eigenständige Realschule bei uns abgeschafft wird, ist damit zu rechnen, dass sich dieser Trend in jedem Fall massiv verstärkt.

(Beifall der FDP)

Das ist jetzt eine interessante Beobachtung neben der IGS. Damit wird das rheinland-pfälzische Gymnasium zu einer Schule für alle Kinder, obwohl es hierauf inhaltlich in keiner Weise ausgerichtet sein soll.

(Beifall bei der FDP)

Dazu zählen auch die überfüllten Schulen mit 30 Kindern in einer Klasse, die sich völlig leistungsheterogen zusammensetzen. Dabei ist an eine individuelle Förderung nur schwerlich zu denken.

(Beifall der FDP)

Als Alternative bieten Sie großzügig für die Eltern die Integrierte Gesamtschule an. Hier entsteht dann die zweite Form der Gemeinschaftsschule, eine Schulform, die bei PISA nur knapp über dem Niveau unserer Hauptschulen abschneiden konnte, obwohl dort auch zukünftige Abiturienten getestet wurden. Trotz PISA, trotz der klaren Ergebnisse der Studie des Reformpädagogen Helmut Fend, die deutlich belegt, dass die IGS keine Schulform ist, die es schafft, soziale Benachteiligungen auszugleichen, schaffen Sie hier große unübersichtliche, rein ideologisch motivierte Schulen, und zwar ohne zusätzliche Ressourcen und damit pädagogische Möglichkeiten zur individuellen Förderung, wie Sie es eigentlich an anderer Stelle bei der Realschule plus immer wieder betonen.

(Pörksen, SPD: Nehmt doch mal die Brille ab!)

Die Rechnung zugunsten dieser ideologischen Zielsetzung wird in Rheinland-Pfalz in der Fläche mit Sicherheit gut aufgehen. Das kann man jetzt beobachten. Sie geht aber als Rechnung voll auf die Kosten der Schülerinnen und Schüler und der Qualität unserer Bildungsangebote.

(Glocke des Präsidenten)

Deshalb werden wir unsere Linie klar beibehalten, und zwar auch dann, wenn es hinterher um die Gesetzesberatung geht.

Danke schön.

(Beifall der FDP)

Das Wort hat Frau Ministerin Ahnen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich habe mich ein bisschen an den Film erinnert gefühlt: „Und täglich grüßt das Murmeltier“. – Ich habe mich gefragt, mit welchen Argumenten ich mich heute hier auseinandersetzen soll. Es gibt ein hohes Maß an Flexibilität in der Argumentation.

(Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Das gilt gerade bei der größten Oppositionsfraktion. Ich glaube, das hat Frau Brede-Hoffmann in eindrucksvoller Weise dargestellt.

(Creutzmann, FDP: Da haben Sie recht!)

Wir haben fast unter derselben Fragestellung das Ganze im letzten Jahr schon einmal diskutiert. Damals war aber immerhin kein Fragezeichen hinter der Einheitsschule, sondern da wurde das behauptet.