Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung verfügt über keinerlei Informationen über die Lagerung von Atomwaffen auf dem Fliegerhorst Büchel. Die Landesregierung beteiligt sich auch nicht an Spekulationen über die Lagerung dort.
Es gibt eine Übereinstimmung mit der Bundesregierung gemäß den NATO-Geheimhaltungsregeln, dass keine Auskünfte erteilt werden dürfen. Auch wir müssen um diese Auskünfte nachfragen.
Zu den in der Presse geäußerten angeblichen Mängeln bei der Einhaltung von Sicherheitsstandards in Büchel – wir haben im Innenausschuss darüber gesprochen – kann ich Ihnen heute Folgendes sagen:
Alle Bündnispartner messen der Sicherheit und dem Schutz von Nuklearwaffen höchste Bedeutung zu. Es gibt eine gegenseitige Unterstützung bei all diesen Sicherheitsstandards. Es gibt ein kontinuierliches Überprüfungsprogramm. Die Aspekte terroristischer Gefährdungen werden dabei ebenfalls berücksichtigt.
Das Personal wird umfänglich ausgebildet und in Übung gehalten. Die nukleare Planungsgruppe der NATO berichtet regelmäßig detailliert über den Zustand der Waffen und deren Lager in ihren Gremien.
Der Landesregierung liegen keine Informationen über etwaige Sicherheitsmängel vor. – Das ist die Auskunft auf unsere Anfrage gewesen.
In der Außen- und Verteidigungspolitik des Bundes wurde klipp und klar festgelegt, dass auch die Bundesregierung ausdrücklich am Ziel der weltweiten Abschaffung aller Nuklearwaffen und sonstiger Massenvernichtungswaffen festhält. Dazu gibt es eine entsprechende Erklärung. Allerdings besagt das Weißbuch von 2006, dass auch nukleare Mittel zur glaubhaften Abschreckung notwendig sind. Man merkt also, es gibt Klarheit hinsichtlich des Ziels, aber auf dem Weg dorthin gibt es Einschätzungen.
Im Rahmen der Bündnissolidarität ist die Bundesrepublik Deutschland natürlich auch an bestimmte Regeln gebunden, und sie ist auch in die kollektive Verteidigungsplanung eingebunden.
Die Landesregierung tritt seit langem für den Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland ein. Die Landesregierung hat die NATO-Partner und die Bundesregierung aufgefordert, auch die verbliebenen möglichen 5 % ehemals vorhandener Nuklearwaffen in Europa abzuschaffen. Der Innenausschuss des Landtags hat einen entsprechenden Antrag der Fraktionen der SPD und FDP am 14. Juni 2005 angenommen. Die Landtagsmehrheit in Rheinland-Pfalz hat am 15. September 2005 diesen Antrag beschlossen. Die Abschaffung von Atomwaffen ist also auch weiterhin ein Ziel unserer Politik.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Demonstranten und Demonstrantinnen, die nunmehr in Büchel auf eine mögliche Lagerung von Atomwaffen sowie auf eine Gefährdung hinweisen, die von ihnen ausgehen könnte, halten sich im Rahmen unserer Verfassung an ihre Möglichkeiten und auch an ihre Rechte. Von daher besteht auch die Notwendigkeit, das Recht zu schützen. Dies ist Aufgabe der rheinland-pfälzischen Polizei und der Sicherheitsorgane.
Das bedeutet, dass sie sich im Rahmen der Versammlungsfreiheit frei bewegen können – eine Binsenweisheit –, das bedeutet aber auch etwas anderes, nämlich Gewaltverzicht.
Nun werde ich etwas konkreter: Der bisherige Demonstrationsverlauf war geprägt durch Gewaltverzicht. Er war dadurch geprägt, dass man ein Workcamp aufgebaut hat und eine Umrundung des Fliegerhorstes Büchel vornimmt. Es gibt eine regelmäßige Informationsmöglichkeit zwischen der Polizei und den Verantwortlichen im Workcamp, die auch genutzt wird. Bisher gab es keine besonderen Vorkommnisse.
Die Einrichtung des Workcamps erfolgte durch die Friedenswerkstatt Mutlangen e. V. in der Gemeinde Alflen in der Nacht vom 15. zum 16. August 2008. Zurzeit gibt es dort sieben größere Zelte. Das Lager ist frei zugänglich. Die Personenzahl, die derzeit dort vorhanden ist, wird
auf etwa 40 Personen geschätzt. Dies wechselt etwas, manchmal sind es 15 Personen, aber mehr als 40 waren es bisher nie. Sie kommen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus dem europäischen Ausland.
Nach unseren bisherigen Erkenntnissen und nach unseren Gesprächen wird sich die Masse der Teilnehmer an den Flugplatzumrundungen und an den Protestveranstaltungen friedlich verhalten und sich nicht an Straftaten beteiligen. Dies jedenfalls ist die Aussage von einigen Teilnehmern.
Die Teilnahme der sogenannten Rebel Clowns Army ist angekündigt. Diese Clowns sind jedoch nicht so humorvoll oder komisch, wie man sie sich möglicherweise gemeinhin vorstellt, sondern sie verkleiden sich als Clowns und versuchen, die Polizei, die Sicherheitskräfte oder die Kräfte der Bundeswehr zur Konfrontation zu bringen, möglicherweise auch zu unkontrollierten Handlungen zu bewegen.
Das Camp sollte in dieser Woche auf 200 bis 400 Personen anwachsen, und die Rebel Clowns Army hatte sich angesagt. Darüber hinaus haben sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem Ausland, insbesondere aus Belgien, den Niederlanden, aus Frankreich und Großbritannien angekündigt. Derzeit haben wir jedoch eine eher mäßige Mobilisierung festgestellt, jedenfalls keine Mobilisierung des Ausmaßes, das uns vorhergesagt worden war und im Internet abgerufen werden konnte.
Für den heutigen Tag sollen Busanreisen nach Büchel erfolgen. Die genaue Anzahl von Bussen und Personen ist noch nicht bekannt, wird aber im Moment überprüft. Für die Hauptveranstaltung am 30. August, also dem kommenden Samstag, sind zurzeit 28 Busanreisen bekannt, mit weiteren Individualreisenden muss gerechnet werden.
Von der Lagebewertung her muss man sagen, dass öffentliche Aufrufe über Internet und andere Medien zu Protestveranstaltungen und Aktionen des zivilen Ungehorsams festzustellen sind und zu sogenannten Go-inAktionen unvermindert aufgerufen wird. Nach wie vor ist also mit organisierten Eindringversuchen in den Fliegerhorst Büchel durch sogenannte Go-in-Aktionen und Kleingruppen zu rechnen.
Erklärtes Ziel der Friedensaktivisten ist eigentlich das gewaltfreie Eindringen in das Militärgelände Büchel. Dieses Vorhaben wird mit der Motivation begründet, auf dem Militärgelände festgenommen zu werden, um dann mit diesem Rechtsbruch vor Gericht politischen Druck zu erzeugen.
Der Fliegerhorst ist eine Einrichtung der Bundeswehr, genauer gesagt der Bundesluftwaffe. Die Soldatinnen und Soldaten tun dort ihre Pflicht. Die Bundeswehr hat die Soldatinnen und Soldaten dort massiv verstärkt. Wer dort eindringt, begeht einen Rechtsbruch. Deswegen unternehmen wir große Anstrengungen, und unsere Sorge gilt den Soldatinnen und Soldaten, dass dies nicht geschieht. Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Soldatinnen und Soldaten sehr wohl einsehen, dass es ein Recht auf Demonstration gibt und möglicherweise sogar
Sympathie für das Anliegen besteht. Allerdings darf es nicht so weit kommen, dass die Bundeswehr in ein schlechtes Licht gerückt wird und eine Konfrontation hervorgerufen wird. Dies müssen wir verhindern, und das werden wir verhindern;
denn die Bundeswehr tut dort wie auch an vielen anderen Stellen – leider auch unter Einsatz von Leib und Leben in Afghanistan, wie wir heute wieder erfahren mussten – Dienst für unsere Sicherheit. Dies tut sie auch dort.
Lokalaktionen sind daher zwar möglich, aber sie werden auch verhindert werden müssen. Ein Übergreifen über den Zaun werden wir verhindern müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Zusammenwirken zwischen Polizei und Bundeswehr ist dort sehr konstruktiv und sehr eng. Von daher gesehen erwarte ich auch, dass es in der Beziehung keine Schwierigkeiten gibt.
Wir haben auch im Katastrophenschutz im Bereich des Rettungs- und Sanitätswesens genügend Vorarbeiten geleistet.
Dies wird einer der größten Einsätze sein, den wir im letzten und in diesem Jahr zu bewerkstelligen haben. Von daher gesehen gilt schon eine besondere Sorge auf die Entwicklung, wie sich das nun ausweiten wird.
Wir wissen nicht genau, wie viele Menschen tatsächlich der Aufforderung nachkommen werden, sich nicht gewaltfrei zu bewegen. Auch diese Aufforderung gibt es. Deswegen müssen wir mit einer besonderen Sorgfalt dort tätig werden und die Polizei entsprechend darauf einstellen. Da gilt auch, dass wir die Polizei als den Träger der staatlichen Gewalt entsprechend bei ihrer Arbeit zu unterstützen haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte noch eine letzte Bemerkung machen, weil Büchel nach dem Motto in den Focus geraten ist: Da muss wohl eine entsprechende Lagerung von Atomwaffen sein, wenn es schon Hinweise aus Washington gibt – im Kongress veröffentlicht –, dass dort angeblich eine Unsicherheit vorliegen würde bei den dort möglicherweise gelagerten Atomwaffen.
Der Flugplatz Büchel ist nur im Zusammenhang mit dem Kommando in Birkenfeld zu sehen. Als wir vor zweieinhalb bis vier Jahren über die Frage geredet haben, wie denn die Veränderung der Bundeswehrstandorte in Rheinland-Pfalz aussieht, war es der Ministerpräsident, der damals mit Verteidigungsminister Struck großen Wert darauf gelegt hat – ich war bei zwei Gesprächen zugegen –, dass wir Büchel mit Birkenfeld als Standort erhalten. Es hat nicht nur eine Sicherheitsbedeutung. Diese hat es. Wer sich in der Welt umschaut, wird feststellen, dass die Friedensdividende, die wir uns alle
erhofft haben, so nicht einzufordern sein wird. Deswegen brauchen wir die Luftwaffe dort. Deswegen brauchen wir auch in Birkenfeld das entsprechende Kommando. Deswegen brauchen wir dort Menschen, die ihren Dienst verrichten, die auch dort ausgebildet werden und dort für Frieden und Freiheit eintreten.
Ich denke, wir sollten deswegen auch klarmachen, dass dieser Standort Büchel für Rheinland-Pfalz und für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und Europa so unabdingbar notwendig ist wie die Standorte der Amerikaner bei uns. Ich denke, das ist auch wichtig.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Unabhängig davon, ob die Informationen stimmen, dass in Büchel Nuklearwaffen gelagert worden sind oder nicht, bekräftigen wir erstens, was wir in diesem Landtag – ich möchte betonen, mit allen Fraktionen – im Jahr 2005 festgelegt haben, dass wir nämlich alle Bestrebungen, den Abzug der taktischen Nuklearwaffen aus Deutschland und Europa zu erreichen, wollen.
Zweitens gehen wir fest davon aus, dass die US-Militärs alle Sicherheitsvorkehrungen treffen und damit keinerlei Gefahren für Bevölkerung und Umwelt von eventuell gelagerten Nuklearwaffen ausgehen.
Nun ist es so, dass zahlreiche Initiativen Ende August zu Aktionswochen rund um den Fliegerhorst Büchel aufgerufen haben, ein überparteilicher Aufruf zu friedlichem Protest. Er wurde von vielen unterzeichnet, allen voran auch die Mayors of Peace, Bürgermeister aus Bretten, Frankfurt/Oder, Zerbst, eingeladen vom CDU-Bürgermeister aus Mutlangen, die „Ärzte gegen Atomwaffen“ oder auch das Parlamentarische Netzwerk für nukleare Abrüstung und andere Organisationen.
Es finden täglich friedliche Umrundungen des Fliegerhorstes statt. Es ist eine Abschlusskundgebung für den 30. August 2008 geplant. Es sind bisher deutlich weniger Aktivisten gekommen. Das alles hat der Innenminister ausgeführt.
Laut Berichten der „Rhein-Zeitung“ – ich darf auch sagen, eigener Inaugenscheinnahme, ich habe eben noch mit dem Kommodore Oberstleutnant Dr. Kuebart telefoniert, der mir dies bestätigte – läuft nach wie vor alles weiterhin friedlich.
Hoffen wir, dass dies so bleibt und es so bleibt, wie es bei der Übergabe des Kommandos war, dass wir alle in