Protokoll der Sitzung vom 28.08.2008

Hier ist ein Aufschrei der Kommunen erfolgt, der nicht umsonst erfolgt ist. Ich meine, er ist zu Recht erfolgt;

(Frau Spurzem, SPD: Eben nicht!)

denn es sollte nur dann etwas geändert werden, wenn vorher etwas schlecht war und wenn man sich davon Verbesserungen erwarten kann.

(Fuhr, SPD: Wir reden doch über die Grund- züge des Gesetzes, hat Herr Keller gesagt!)

Was war schlecht? Man kann das in der Antwort auf die Kleine Anfrage des Herrn Abgeordneten Bernd Henter vom 6. Juni 2008 nachlesen: Nichts war schlecht! Darin heißt es wörtlich – ich darf zitieren -: „Die Ortsgemein

den, die noch Träger von Grundschulen sind, konnten diese Aufgabe bislang ordnungsgemäß erfüllen.“

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Und werden das auch weiter tun!)

Ebenso konnten das auch die Verbandsgemeinden, die z. B. Träger der Regionalen Schulen waren. Hier hat sich nämlich gezeigt, dass die Nähe und die Verbundenheit dazu geführt haben, dass von der Ausstattung angefangen bis hin zum Personal alles funktioniert hat. Das war für die Landesregierung so scheinbar nicht erkennbar. Sie konnte erst zu dieser Erkenntnis geführt werden, nachdem der Gemeinde- und Städtebund ein Gutachten in Auftrag gegeben hatte. Selbst dann wollte man es noch nicht anerkennen. Man ziert sich noch mit der Begründung für diese Rolle rückwärts und sagt lediglich, man wolle kontroversen Diskussionen vor Ort aus dem Wege gehen.

(Hartloff, SPD: Wir haben eine Änderung vor- genommen, teilen aber nicht die Rechts- position! Ist der Unterschied klar?)

So viel zu den Ansätzen, die angedacht waren.

Wie dem auch sei, die Kontroversen vor Ort werden sich an einem anderen Punkt entzünden, der nämlich nach wie vor ungeklärt ist, und zwar ist das die finanzielle Seite.

Ich nenne dazu zwei Punkte, zum einen den entschädigungslosen Übergang des beweglichen und unbeweglichen Vermögens auf den neuen Schulträger. In diesem Bereich sind nämlich große Ungerechtigkeiten zu erwarten.

(Hartloff, SPD: Da ist eine Regelung im Gesetzentwurf!)

Kommunen, die zuvor große Investitionen in die Schulen getätigt haben, sollen nun das Vermögen hergeben, bleiben aber auf den Schulden sitzen.

(Hartloff, SPD: Das eben nicht!)

Das stimmt sehr wohl. Es kann eine Vereinbarung getroffen werden. Wenn diese Vereinbarung aber nicht getroffen wird, gilt dieser Grundsatz. Es ist dann zu erwarten, dass es zu diesen Ungerechtigkeiten kommt. Das ist Fakt.

Der zweite Punkt ist die künftige Unterhaltung der Schulen. Wenn sich nämlich Verbandsgemeinden oder verbandsfreie Gemeinden oder große kreisangehörige Städte dafür entscheiden, ihre weiterführende Schule zu behalten und auf der Kreisebene Schulen desselben Schultyps eingerichtet sind, werden sie finanziell doppelt belastet. Nach dem Finanzausgleichgesetz ist es nämlich nun einmal so, dass die Umlagesätze für alle Umlagepflichtigen gleich sein müssen. Deshalb tragen diese Gebietskörperschaften zum einen die Unterhaltung der eigenen Schule, und zum anderen zahlen sie noch ein weiteres Mal über die Kreisumlage. An dieser Stelle ist ebenfalls dringend noch eine Nachbesserung erforderlich, indem beispielsweise eine gespaltene Kreisumlage

eingeführt wird. Das ist im Übrigen auch rechtlich möglich. In anderen Bundesländern wird das praktiziert.

Alternativ käme die Einführung einer Sonderumlage infrage. Auch dieses Instrument ist möglich. Es wird heute bereits zwischen Ortsgemeinden und Verbandsgemeinden praktiziert.

(Harald Schweitzer, SPD: Das gibt es alles schon!)

Unser Anliegen ist, dass wirklich nachgebessert werden sollte; denn sonst wird die Rückwärtsrolle, die zum Glück hier praktiziert wurde, zur Farce, weil nämlich im Wege der Hintertür über die Finanzierung diese rechtlich ermöglichte Trägerschaft dann aus finanziellen Gründen nicht möglich ist.

Abschließend noch eine Antwort auf die Frage von Frau Schmitt nach unserem Konzept. Ich meine, unser Konzept ist in seinen Grundzügen ebenso einfach wie auch wirkungsvoll.

(Fuhr, SPD: Nicht vorhanden!)

Neben zentralen Abschlüssen – das hat eben Herr Kollege Keller schon angeführt – fordern wir ganz einfach mehr Lehrer und gehaltene Unterrichtsstunden.

(Beifall der CDU)

Alles andere ist und bleibt Makulatur.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für eine Kurzintervention hat Herr Kollege Hartloff das Wort.

Sehr geehrte Frau Kollegin, Sie haben uns sehr viel zur Genese des Gesetzes erzählt, aber nichts zum aktuellen Stand des Gesetzentwurfs, der vorliegt. Ich hatte vorhin schon einmal gesagt, es zeichnet uns aus, dass wir im Dialog mit den Kommunen, mit den Bürgerinnen und Bürgern und den Beteiligten Gesetze entwickeln.

(Bracht, CDU: Wann fangen Sie damit an?)

Deshalb haben wir Veränderungen vorgenommen. Ich darf Ihnen eine Veränderung zu § 80 vorlesen. Sie finden sie auf Seite 14 der Drucksache. Dort steht: „Er hat die Verpflichtungen des bisherigen Schulträgers“ – bei Übergang von Schulvermögen – „aus genehmigten Baumaßnahmen … die ab dem Zeitpunkt des Eigentumsübergangs fällig werden, zu übernehmen. Das weiterhin benötigte bewegliche Schulvermögen hat der bisherige Schulträger, wenn keine abweichende Regelung nach Satz 1 getroffen wird, innerhalb eines Jahres zu übertragen. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 erhält der bisherige vom neuen Schulträger bei Investitionen, die

bis zur erstmaligen Bewertung gemäß Artikel 8 des Landesgesetzes zur Einführung der kommunalen Doppik… durchgeführt wurden, eine Ausgleichsleistung für das zur Anschaffung oder Herstellung des übergegangenen unbeweglichen Schulvermögens, …“.

Liebe Kollegin, was verstehen wir darunter? Wir verstehen darunter eine Regelung – das kann man in dem Gesetzentwurf auch nachlesen –, die genau die Frage regelt, die von Ihnen angesprochen wurde und die vorhin als nicht geregelt bezeichnet wurde. Man darf nicht das, was kommunale Spitzenverbände schreiben, in seiner Aussage fortschreiben, ohne den Text von Gesetzen gelesen zu haben.

(Beifall der SPD)

Sie werden Presseveröffentlichungen des Fraktionsvorsitzenden, der zu Ihnen spricht, finden, in denen ganz früh gesagt wurde, dass wir hier eine Regelung benötigen. Das ist mit der Landesregierung so abgesprochen. Diese Regelung findet sich im Gesetzentwurf. Die werden wir in der Zukunft diskutieren und auch umsetzen, weil sie auch für die Kommunalpolitik vernünftig ist.

Vielen Dank.

Das Wort hat Frau Kollegin Brede-Hoffmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will noch einmal betonen, dass das heute in erster Lesung zur Diskussion stehende Landesgesetz zur Änderung der Schulstruktur einen ganz wichtigen Fortschritt darstellt, und zwar auf dem Weg zu mehr längerem gemeinsamen Lernen, mehr Chancengleichheit, mehr Aufstiegsmöglichkeiten, mehr guten höheren Schulabschlüssen, mehr individueller Förderung und mehr Zukunftsperspektiven für junge Menschen und ihre Eltern.

Wir setzen damit unseren konsequenten Weg von Schulreformen fort. Ich nenne einige Bausteine: Volle Halbtagsschule, Ganztagsschule, neue integrative Schulformen, Reform des berufsbildenden Systems, Reform der Lehrerinnenbildung und Qualitätsoffensive für unsere Schulen. Das sind nur wenige der wichtigen modernen Projekte rheinland-pfälzischer Schulentwicklung.

Den Weg sind wir immer zusammen mit allen Beteiligten auf der Basis von Freiwilligkeit und Akzeptanz der Reforminhalte gegangen. Unsere Leitlinie war immer ein gemeinsames Gestalten und keine radikale Schulreform.

(Beifall bei der SPD)

Das war unser Garant für Bildungspolitik. Diese Leitlinie prägt nun auch unsere derzeitige Schulentwicklung.

Bei diesem Schulentwicklungsprozess geht es den Schulen, den Eltern und den Schülerinnen und Schülern

besonders um die von mir eingangs genannten Ziele, z. B. ein längeres gemeinsames Lernen, mehr Chancengleichheit und mehr Durchlässigkeit. Dabei ist ein ganz wichtiger Bestandteil die gemeinsame Orientierungsstufe in den Klassen 5 und 6 und die Klassenmesszahl von 25 Kindern.

Sie wissen es selbst. Mit einer solchen Entscheidung stehen wir nicht etwa allein da. Wir stehen zurzeit allein da; denn in den meisten Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und Tschechien und sonst nirgends mehr wird nach vier Schuljahren nach einer angeblichen Begabung sortiert. Trotz dieser Alleinstellung ist dieses Aussortieren noch immer ein Glaubenssatz bei Ihnen, bei der CDU, vielleicht auch nicht mehr. Das weiß ich gar nicht so genau.

(Zuruf des Abg. Lelle, CDU)

Es ist aber unbegreiflicherweise auch ein Glaubenssatz unserer Kolleginnen und Kollegen bei der FDP. Es ist deswegen unbegreiflich, weil ich mich immer wieder frage, ob dieses staatlich verordnete Aussortieren nicht einen völlig unbegründeten staatlichen Eingriff in familiale Entscheidungen über die Zukunft von Kindern darstellt. Das würde ich gern einmal unter liberalen Gesichtspunkten erklärt bekommen.

Lassen Sie sich in dieser Verkrustung von Wirtschaftswissenschaftlern helfen, die für das ifo Institut arbeiten. Dieses steht nun wirklich nicht im Verdacht, ein sozialdemokratisches Forschungsinstitut zu sein.

Zusammen mit einer Professorin für Finanzwissenschaften hat dort der Bildungsökonom Ludger Wößmann für das ifo Institut festgestellt, dass längeres gemeinsames Lernen am besten bis zur Klassenstufe 9 zu präferieren sei. Mit Genehmigung des Präsidenten zitiere ich aus der „FAZ“ vom 22. August 2008. Darin sagt der Ökonom: „Die Ökonomen führen sehr nüchterne Gründe für die“ – er nennt es – „Einheitsschule an. Ihre Untersuchungen zeigen, dass ein möglichst langer gemeinsamer Unterricht den schwächeren Schülern sehr nutze, ohne den stärkeren zu schaden. Ein längeres gemeinsames Lernen verringere die Abhängigkeit der Leistungen vom Elternhaus.“ – Das macht auch unsere gemeinsame Orientierungsstufe. Deswegen ist sie der richtige Weg.

(Beifall bei der SPD)