............................................................................................................................... 3139, 3154 Prof. Dr. Deubel, Minister der Finanzen:..................................................................................................... 3139
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Sie herzlich zur 52. Plenarsitzung im Landtag begrüßen.
Entschuldigt sind heute die Abgeordneten Frau Friederike Ebli und Frau Hildrun Siegrist sowie Herr Staatssekretär Michael Ebling ab 14:45 Uhr.
Wir haben einen neuen Kollegen, der für unseren ausgeschiedenen Kollegen Erhard Lelle gekommen ist, nämlich den Abgeordneten Peter Dincher aus Dahn. Seien Sie herzlich willkommen!
Ich darf schon jetzt die Gäste begrüßen, weil nach der Rede des Finanzministers die Sitzung unterbrochen wird und wir dann keine Gelegenheit mehr dazu hätten.
Meine Damen und Herren, als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich SPD-Mitglieder der Verbandsgemeinde Kirchen, Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Altrip und die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Rheuma-Liga Horhausen. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Gibt es dagegen Einwände? – Wenn das nicht der Fall ist, beschließen wir sie wie vorgesehen.
Landeshaushaltsgesetz 2009/2010 (LHG 2009/2010) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/2640 – Erste Beratung
dazu: Finanzplan des Landes Rheinland-Pfalz für die Jahre 2008 bis 2013 Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags – Drucksache 15/2641; Vorlagen 15/2919/2948 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst einige Worte zur aktuellen Lage auf den Finanzmärkten. Die Entwicklungen der vergangenen Tage geben Anlass zu tiefster Besorgnis.
Es geht heute nicht mehr nur darum, die Folgen einer unverantwortlichen Kreditvergabe an amerikanische Hausbesitzer zu beheben, es geht auch nicht mehr darum, einzelne Kreditinstitute abzuwickeln, die die Risiken verbriefter Immobilienkredite nicht einzuschätzen wussten und trotzdem mit fremdem Geld zusätzliche Risiken eingingen.
Die Beteiligten haben auf das dauerhafte Ausdehnen der US-Immobilienblase gewettet und verloren. Es geht nun darum, die Folgen einzudämmen und das reale Wirtschaftsgeschehen von diesen Folgen weitmöglichst abzuschirmen.
Die spektakulären Insolvenzen großer US-amerikanischer Investmentbanken haben ein Klima der Verunsicherung geschaffen. Das Vertrauen der Banken untereinander ist zutiefst erschüttert. Wir beobachten heute, dass keine Bank mehr der anderen traut und Kreditinstitute auf Zinseinnahmen verzichten, um Notfallliquidität zu horten. Die derzeitige Krise ist eine Vertrauenskrise.
Infolge dieser Verunsicherungen droht das Finanzsystem zu kollabieren. Nach den Medienberichten zu urteilen, wurde die Immobilienbank Hypo Real Estate Opfer dieses Misstrauens der Banken untereinander. Nicht faule Kredite, sondern Liquiditätsbedarf zum falschen Zeitpunkt, der wiederum durch ein prekäres Geschäftsmodell ausgelöst wurde, scheint Hintergrund dieser Krise zu sein.
Ich möchte an dieser Stelle der Bundesbank, der Europäischen Zentralbank und dem Bundesfinanzminister meine Anerkennung für das professionelle Krisenmanagement aussprechen.
Wenn sich Banken untereinander nicht mehr trauen, muss die Zentralbank einspringen und durch hohe Liquiditätsspritzen die negativen Folgen der Liquiditätshortung neutralisieren. Der Staat ist in der Pflicht, fehlendes Vertrauen durch staatliche Garantien zu ersetzen. Nur so lässt sich die Vertrauenskrise überwinden.
Es wird nun entscheidend darauf ankommen, dass der amerikanische Kongress wahltaktische Überlegungen hintanstellt, seiner Verantwortung für das amerikanische Finanzwesen nachkommt und das von der USRegierung in Aussicht gestellte 700 Milliarden Dollar Rettungspaket in den nächsten Tagen beschließt.
Zunächst muss es darum gehen, einen Kollaps der Finanzmärkte zu vermeiden und wieder ein Vertrauensniveau zu erreichen, das normale Geschäfte zwischen den Banken wieder ermöglicht. Wenn der Staat und die Notenbanken heute Milliarden-Rettungspakete schnüren, dann nicht, um Spekulanten im Nachhinein zu belohnen. Nein, es geht darum, Arbeitsplätze, Mittelständ
ler, ja, unsere gesamte Volkswirtschaft vor den negativen Folgen unsolider Finanzspekulationen zu bewahren.
In einem weiteren Schritt wird aber auch zu diskutieren sein, welche Maßnahmen künftig solche Krisen verhindern. Es war Deutschland, das schon unter der rotgrünen Bundesregierung das Thema einer stärkeren Regulierung der Finanzmärkte auf die internationale Agenda gesetzt hat. Auf deutsche Initiative wurden Maßnahmen entwickelt, die heute, in der Krise, als Blaupause dienen.
Das deutsche Universalbankensystem mit den drei Säulen „private Geschäftsbanken“, „Genossenschaftsbanken“ und „Sparkassen“ zeigt in dieser Krise seine Vorzüge und erweist sich als stabil. Insbesondere bei Sparkassen und Volksbanken sind Liquiditätskrisen wie bei der Hypo Real Estate ausgeschlossen; denn sie refinanzieren sich nicht am Geld- oder Kapitalmarkt, sondern unmittelbar durch Einlagen ihrer Kunden. Da gleichzeitig bei der Kreditvergabe der regionale Bezug weitgehend gewahrt wird, sind Sparkassen und Volksbanken von der Finanzmarktkrise allenfalls am Rande betroffen.
Gleichwohl führen die internationalen Kapitalverflechtungen auch bei uns zu Erschütterungen und Lähmungstendenzen, und sollten die Amerikaner ihre Finanzmärkte ins Chaos abdriften lassen, wird kein Land der Erde von den negativen Folgen verschont bleiben.
Auch ohne den „worst-case“ wird Deutschland wegen der engen wirtschaftlichen Verflechtungen und des globalen Konjunkturzusammenhangs von den Entwicklungen in den USA mit betroffen sein.
Ob die konjunkturelle Abschwächung durch die Finanzmarktkrise stärker ausfällt als bislang im Rahmen der Finanzplanung und der Steuerschätzungen des Bundes und der Länder berücksichtigt, wird von der Landesregierung aufmerksam beobachtet.
Sollte die Finanzmarktkrise in Deutschland zu einem starken konjunkturellen Einbruch führen, ist es wiederum die Verpflichtung des Staates, stabilisierend zu wirken. Insofern kündige ich schon heute an, dass die Ausgabenseite des neuen Landeshaushalts steht und wir für den Fall eines konjunkturellen Steuereinnahmeneinbruchs die Talfahrt nicht durch die Streichung öffentlicher Aufträge noch beschleunigen werden.
Mit dem Regierungsentwurf für den Doppelhaushalt 2009 und 2010 legen wir Ihnen dar, wie die Landesregierung in den nächsten zwei Jahren die Chancen unseres Landes nutzen will, welche Chancen sie den Menschen bietet und wie sie künftige Chancen sichern und wahren will. In der Finanzplanung stellen wir Ihnen die finanzwirtschaftlichen Perspektiven bis 2013 vor.
Im Haushaltsplan wird der öffentliche Ressourceneinsatz in Euro und Cent festgelegt. Im Jahr 2009 belaufen sich die Gesamtausgaben des Landes auf 12,7 Milliarden Euro, 2010 werden es 13 Milliarden Euro sein. Entscheidend für unser Land ist jedoch nicht allein, wie viel Geld
Wir legen Ihnen heute mit dem Regierungsentwurf einen ausgewogenen Haushaltsplan vor, der die derzeit notwendigen Zukunftsausgaben dotiert, ohne die weiterhin erforderliche Konsolidierung des Landeshaushalts aus dem Blick zu verlieren.
Wir legen Ihnen einen Plan vor, der die richtigen Schwerpunkte setzt. Wir investieren in Bildung und wirtschaftliche Entwicklung, um die Chancen unseres Landes zugunsten der Menschen zu nutzen. Wir bieten den Schwachen und Benachteiligten Chancen, am Aufschwung dieses Landes teilzunehmen. Wir wahren unsere Chancen und die künftiger Generationen, indem wir nachhaltig wirtschaften und soziale sowie innere Sicherheit bereitstellen.
Rheinland-Pfalz ist kein finanzstarkes Land, es ist nie eines gewesen. Das hat uns aber nicht daran gehindert, unser Land zu entwickeln und voranzubringen. Als Finanzminister sehe ich in der geringeren Finanzausstattung auch eine Chance. Bei knappen Finanzen wird sparsamer gewirtschaftet, und Knappheit führt zu kreativeren Ideen. Unsere relative Finanzschwäche ist der Grund dafür, dass wir von Einnahmenkrisen relativ stärker getroffen werden, dass Konsolidierungserfolge sich erst später zeigen.
Die Verschuldung unseres Landes ist hoch. Insbesondere mit Blick auf die mittelfristig zu erwartende demografische Entwicklung ist sie zu hoch. Die Landesregierung bekennt sich zu dem Ziel, mittelfristig einen ausgeglichenen Haushalt herbeizuführen. Drei Viertel des Weges zum ausgeglichenen Haushalt haben wir seit dem Jahr 2005 bereits gemeistert.
Rheinland-Pfalz kommt seit Jahren mit den niedrigsten Ausgaben je Einwohner aller Bundesländer aus. Die durchschnittlichen Ausgaben pro Kopf von Land und Kommunen – und im Ausgabenvergleich unter den Ländern macht es aufgrund der unterschiedlichen Kommunalisierungsgrade nur Sinn, die Länder einschließlich ihrer Kommunen zu vergleichen –, also die rheinlandpfälzischen Ausgaben je Einwohner lagen in den Jahren 1991 bis 2007 jahresdurchschnittlich um 46 Euro unter denen Niedersachsens, dem Zweitplatzierten, um rund 90 Euro unter denen Bayerns und Baden-Württembergs, den Musterschülern, und um 360 Euro unter denen unseres Nachbarlandes Hessen. Dies macht umgerechnet auf Rheinland-Pfalz über 1,4 Milliarden Euro im Jahr aus. Unsere Ausgaben lagen weit unter denen der neuen Bundesländer und der Stadtstaaten.
Unsere höhere Verschuldung lässt sich schlicht und einfach darauf zurückführen, dass der Einnahmennachteil unserer Kommunen nur zu einem Teil im Länderfinanzausgleich berücksichtigt wird. Bis 2005 wurde die kommunale Finanzkraft nur zur Hälfte in die Ausgleichsberechnungen einbezogen – und seitdem lediglich mit 64 %. Der Teil der Finanzschwäche unserer Kommunen,
der nicht ausgeglichen wird, führt dazu, dass unsere Pro-Kopf-Einnahmen in Rheinland-Pfalz unter denen aller anderen Länder liegen. Auch dies muss einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden.
Wir haben diesen Nachteil nie als Schwäche gesehen. Wir haben als einziges westdeutsches Land bislang nie gegen den Länderfinanzausgleich geklagt. Wir haben eben immer sparsamer gewirtschaftet als die anderen.
Wenn wir heute mehr Schulden je Einwohner haben als finanzstärkere Länder, dann deshalb, weil wir nicht bei den Investitionen gespart haben, sondern unser Land weiterentwickelt haben. Den aufgelaufenen Schulden stehen Infrastrukturvermögen und Finanzvermögen gegenüber. Selbst die Jüngeren in diesem Haus werden, wenn sie an ihre Kindheit zurückdenken, feststellen, wie stark die öffentliche Infrastruktur in den letzten Jahrzehnten in diesem Land verbessert wurde.