Ich nenne an dieser Stelle auch das Stichwort „Konversion“. Der Abzug der amerikanischen und französischen Streitkräfte war nach 1991 ebenso zu bewältigen wie die Reduzierung der Bundeswehrstandorte. Wir konnten nicht die Hände in den Schoß legen und darauf hoffen, dass es in den betroffenen Regionen schon irgendwie gut gehen würde. Der Bund hat uns hierbei nicht geholfen. Wir haben trotzdem investiert, wir haben erfolgreiche Konversionsprojekte entwickelt, und wir haben dafür auch die Neuverschuldung in Kauf genommen. Das war damals richtig, und das sollte heute bei der Betrachtung unseres Schuldenstandes nicht vergessen werden.
Meine Damen und Herren, ohne diese Investitionen der vergangenen Jahrzehnte in die öffentliche Infrastruktur wären viele erfolgreiche Unternehmensansiedlungen nicht erfolgt. Es stünden die heute dringend gesuchten Fachkräfte nicht zur Verfügung. Rheinland-Pfalz ist das Land, das die Zahl seiner im Land arbeitenden Erwerbstätigen seit 1991 am zweitstärksten ausweiten konnte.
Rheinland-Pfalz ist inzwischen ein Land, das per saldo – anders als das finanzstarke Baden-Württemberg – noch Studenten anderer Länder ausbildet. Dies ist die andere Seite der Medaille, die wir nicht vergessen sollten, wenn wir über die Schuldensituation reden.
Rheinland-Pfalz entstand als Zusammenschluss von drei ländlichen Provinzen größerer Länder. Nach dem Krieg gab es im Land keine einzige Universität und keinen wirtschaftlichen Ballungsraum, und die eigenständige Regierungstradition war 150 Jahre unterbrochen. Unsere Startbedingungen waren schlechter als die der anderen, aber wir haben – und damit meine ich alle Rheinland-Pfälzer und Rheinland-Pfälzerinnen sowie alle rheinland-pfälzischen Landesregierungen – dieses Land
Die SPD hat 1991 die Regierungsverantwortung übernommen. Der Schuldenstand betrug damals 11,2 Milliarden Euro. Wenn wir nur die Zinsen für diesen Schuldenstand jedes Jahr an Krediten aufgenommen hätten, also keinen einzigen Euro für neue Investitionen verwendet hätten, wie hoch wäre dann heute der Schuldenstand?
Wenn wir jedes Jahr nur die Zinsen und Zinseszinsen des Schuldenstandes von 1991 kreditfinanziert hätten,
alle anderen Ausgaben dagegen aus laufenden Mitteln, wären die Schulden heute höher oder niedriger als der tatsächliche Schuldenstand?
Nun, Sie können sich denken, wenn wir nur die damalige Verschuldung einschließlich der Zinsen gehabt hätten, dann lägen die Schulden heute um 1 Milliarde Euro höher als tatsächlich.
(Zurufe von der SPD: Oh, oh! – Keller, CDU: Das ist eine Milchmädchenrechnung! Das heißt, im Endeffekt hat die Landesregierung seit 1991 1 Milliarde Euro der Altlasten, die damals über- nommen worden sind, getilgt. (Beifall der SPD)
Sie können das gern nachrechnen. Es ist immer besonders schön, wenn man feststellt, dass es auch richtig ist, und wenn man darüber nachdenken kann, welche Argumente einem dazu einfallen.
Aber, meine Damen und Herren von der Opposition, ich mache Ihnen gar keinen Vorwurf daraus; denn die Schulden, die im Jahr 1991 vorgelegen haben, sind sicherlich gut investiert gewesen und stecken nun in der Infrastruktur unseres Landes. Schließlich sind die Prob
(Keller, CDU: Kann man die Rede auch schriftlich haben? – Licht, CDU: Sie sind nur noch ver- schärft worden!)
Aber diejenigen, die heute am lautesten den hohen Schuldenstand anprangern, sollten sich noch einmal genau anschauen, wann und wofür die Kredite aufgenommen wurden und welche Zinsausgaben diese Kredite bis heute verursacht haben.
Im Übrigen – man kann dies nach dem vergangenen Sonntag problemlos sagen –, wenn die SPD 1991 die Regierung nicht von der CDU, sondern von der CSU übernommen hätte,
wenn wir also mit dem Pro-Kopf-Schuldenstand von Bayern gestartet wären, dann hätten wir bei gleichen Ausgaben und Einnahmen nur durch die Zinseinsparungen bereits im vergangenen Jahr den ausgeglichenen Haushalt realisiert,
und unser Schuldenstand Ende 2007 hätte nicht 27 Milliarden Euro, sondern 11 Milliarden Euro betragen, also den Stand, den wir im Jahr 1991 übernommen haben.
Meine Damen und Herren, zurück zum Haushalt. Gegenüber 2005 ist der Haushalt um 1,2 Milliarden Euro konsolidiert worden.
70 % des Steuereinnahmenzuwachses der beiden vergangenen Jahre haben wir in die Konsolidierung der Landesfinanzen gesteckt.
Meine Damen und Herren, die Rahmenbedingungen waren in den beiden vergangenen Jahren allerdings auch außergewöhnlich günstig. Auf der Einnahmenseite konnten wir kräftige Steuermehreinnahmen verbuchen. Auf der Ausgabenseite hatten wir mit niedrigen Inflationsraten und einem günstigen Zinsumfeld Rückenwind.
Durch sparsame Wirtschaftsführung und niedrige Besoldungszuwächse gelang es, den Ausgabenanstieg sehr niedrig zu halten.
Wir haben unser Versprechen gehalten, zusätzliche Steuermehreinnahmen zur Konsolidierung zu verwenden. (Billen, CDU: Wo denn? – Weitere Zurufe von der CDU)
Wir haben jedenfalls unser Versprechen gehalten, zusätzliche Steuermehreinnahmen zur Konsolidierung zu verwenden. Wir haben es geschafft, das für 2011 vorgesehene Konsolidierungsziel bereits im laufenden Jahr zu realisieren. In der letzten Finanzplanung hatten wir geplant, den Landeshaushalt bis 2011 um 1,2 Milliarden Euro zu konsolidieren und bis dahin ohne Einmalerlöse auszukommen.
Die im Jahr 2005 zum Haushaltsausgleich notwendigen Einmalerlöse in Höhe von 741 Millionen Euro wurden vollständig abgebaut. Die Vorsorge für künftige Pensionen wird 2008 die Vorsorge des Jahres 2005 um 146 Millionen Euro übertreffen, der Rücklagensaldo dürfte sich um 48 Millionen Euro verbessert haben, und die Nettokreditaufnahme wird voraussichtlich um 256 Millionen Euro unter der des Jahres 2005 liegen. Diese Positionen – ziemlich leicht zu rechnen – addieren sich zu einer Gesamtkonsolidierungsleistung von rund 1,2 Milliarden Euro.
Da das strukturelle Defizit 2005 bei 1,6 Milliarden Euro lag, heißt das, dass drei Viertel des Weges zu einem ausgeglichenen Haushalt bereits zurückgelegt sind.
Meine Damen und Herren, für die nächsten Jahre allerdings kann nicht mehr mit diesem Zusammentreffen günstiger Rahmenbedingungen sowohl auf der Einnahmen- als auch der Ausgabenseite gerechnet werden.
Bei aller Prognoseunsicherheit verdichten sich die Hinweise darauf, dass wir uns in der Spätphase eines Konjunkturaufschwungs befinden, dass der konjunkturelle Höhepunkt überschritten ist. Noch steigen die Beschäftigtenzahlen, und die Auslastung der Wirtschaft ist hoch. Allerdings geraten die Unternehmen zurzeit – und das ist typisch für die Spätphase eines Konjunkturaufschwungs – von mehreren Seiten unter Druck und damit auch ihre Gewinnerwartungen mit den entsprechenden Folgen für die Investitionsneigung.
Höhere Lohnabschlüsse, gestiegene Energie- und Rohstoffpreise sowie ein deutlich erhöhtes Zinsniveau lassen die Kosten steigen. Die nachlassende Weltkonjunktur und die Aufwertung des Euros bei gleichzeitig verhaltener Entwicklung des privaten Konsums belasten die Umsatzerlöse.
Während wir in diesem Jahr noch ein reales Wirtschaftswachstum von rund zwei Prozent – es kann auch ein bisschen weniger sein – erwarten können, wird das Wachstum im nächsten Jahr deutlich niedriger ausfallen. Um wie viel niedriger es ausfallen wird, hängt auch davon ab, ob sich die Politik und die Menschen klug verhalten werden.
Die deutsche Wirtschaft ist strukturell in einer guten Verfassung. Unsere Produkte sind gut und gefragt. Die Leistungsbereitschaft und die Qualifikation der arbeitenden Menschen sind hoch, und unsere Preise sind günstig. Wir haben keinen Grund, in eine Angststarre zu verfallen, nur weil sich die konjunkturellen Aussichten eintrüben. Dies ist ein normaler Vorgang. Genauso normal wird es sein, dass es nach einem Abschwung auch wieder aufwärts geht. Problematisch wäre es allerdings, wenn wir eine Rezession herbeireden, wenn wir den Abschwung selbstverschuldet verlängern oder verstärken würden.
Wie stark der zu erwartende Abschwung sein wird, hängt zum einen davon ab, wie sich der private Konsum in den nächsten Monaten entwickelt. Ansehnliche Lohnabschlüsse, ein immer noch nicht abgeschlossener Beschäftigungsaufbau und die inzwischen zu beobachtende Normalisierung im Bereich der Energiepreise bilden an sich günstige Voraussetzungen, das Verbrauchervertrauen zu stärken und die Binnennachfrage der privaten Haushalte zu beleben.