Protokoll der Sitzung vom 10.12.2008

Ich lese in Ihrem Antrag die eine oder andere Passage zur Energiepolitik. Natürlich schreiben Sie etwas Positives zur Atomenergie. Ich glaube, wir müssen an der Stelle die Debatte nicht führen. Wir haben das schon öfter getan. Es gab auch schon genug Gelegenheiten. Sie werden an der Stelle unsere Unterstützung nicht finden.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde es spannend, dass sich die beiden antragstellenden Fraktionen, nämlich die CDU und die FDP, zu emissionsarmen Kohlekraftwerken bekennen.

(Ministerpräsident Beck: Sehr gut!)

Herr Baldauf, ich möchte Ihnen die Frage persönlich stellen. Wussten die Demonstranten in Mainz, unter deren Reihen Sie sich dazugestellt haben, dass Sie sich im Landtag zur Kohlekraft bekennen? Sagen Sie ihnen das noch im Nachhinein, oder wird es wieder unsere Aufgabe sein, deutlich zu machen, wo die politische Linie der CDU liegt, soweit man sie identifizieren kann?

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, ich glaube, gerade in diesen Zeiten ist es wichtig, deutlich zu machen, wie eine wirklich zukunftsfähige soziale Marktwirtschaft aussehen kann. Sie braucht eine starke öffentliche Hand, die selbstbewusst ist und die auch Rahmen für wirtschaftliches Handeln definiert.

Sie braucht Unternehmer, die bereit sind, ein Risiko zu übernehmen, die auch Geld verdienen und Gewinne machen sollen – das unterstützen wir – und sich natürlich zu ihrer Verantwortung bekennen können. Wir wissen, dass wir in Rheinland-Pfalz zum allergrößten Teil auf solche Unternehmer treffen. Darauf sind wir gemeinsam stolz.

Wir brauchen Investitionen in Ausbildung, Bildung und Betreuung. Das ist unser Konzept eines vorsorgenden Sozialstaats, der zukunftsfähig ist und an dem wir auch in Zukunft festhalten werden.

Ich danke Ihnen ganz herzlich.

(Beifall der SPD)

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Hochschulstudenten der Lehrveranstaltung von Herrn Professor Gebauer, dem ehemaligen Direktor beim Landtag, der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Staatsminister Hering.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist heute schon mehrfach ausgeführt worden, dass die Finanzmarktkrise zu einer Rezession in der Realwirtschaft geführt hat. Es gibt aktuelle Prognosen wie von der Bundesbank, die von einem Negativwachstum von minus 1 % ausgehen.

Das wäre der größte Rückgang der Wirtschaft in einem Jahr seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Auch gestern hat der Chefökonom der Weltbank seine Prognose für die globale Wirtschaft auf ein Wachstum von lediglich 0,9 % nach unten korrigiert.

(Vizepräsident Schnabel übernimmt den Vorsitz)

Verantwortungsvolle Politik heißt, diesen Dingen entgegenzusehen. Es heißt aber auch, die Dinge nicht zu dramatisieren. Zur verantwortungsvollen Politik gehört es auch, diesen Dingen den richtigen Stellenwert zu geben und zu betonen, dass heute keiner in der Lage ist, eine präzise Prognose zu geben, wie die wirtschaftliche Entwicklung im Jahr 2009 und 2010 aussehen wird. Wir müssen jetzt verantwortungsvoll die Maßnahmen auf den Weg bringen, die geboten sind.

(Beifall der SPD)

Wir erkennen, dass die Wirtschaft, insbesondere auch die mittelständischen Betriebe, mit sehr hohem Verantwortungsgefühl diesen Herausforderungen entgegengehen, und die Branchen, die von einem sehr starken Auftragsrückgang in den letzten Monaten betroffen gewesen sind, gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie ihren Betriebsräten Konzepte auf den Weg bringen, wie es gelingt, die qualifizierte Stammbelegschaft zu erhalten und angemessen auf diese Herausforderung zu reagieren.

Herr Baldauf, es vergeht mit Sicherheit kein Tag, an dem nicht Vertreter der Landesregierung und der regierungstragenden Fraktion Unternehmer und Mittelständler für ihre Leistungen loben, die sie für den Wirtschaftsstandort und die Menschen in diesem Land erbringen. Es stellt eine Unredlichkeit dar, wenn Sie behaupten, es würde von dieser Seite Unternehmensschelte betrieben. Das ist nicht der Fall. Es ist ungehörig, dies zu behaupten.

(Beifall der SPD)

Dazu gehört auch zu differenzieren. Ich sage aber auch klar, dass das, was in den USA geschehen ist, wo Manager faule Forderungen in Forderungspakete verpackt und diesen im Zusammenwirken mit Ratingagenturen gute Ratings gegeben und auf eine Weltreise geschickt haben, ein verantwortungsloses Handeln darstellt. Das muss betont und thematisiert werden.

(Beifall der SPD)

Nur wenn wir klar analysieren, um welche Ursachen es sich handelt, und Instrumente durch eine bessere Kontrolle internationaler Finanzströme auf den Weg bringen, werden wir verhindern, dass erneut solche Schwierigkeiten entstehen. Nur dann werden wir gewährleisten, dass mittelständische Unternehmen davor gefeit sind, dass solche Kalamitäten dazu führen, dass Unternehmensleistungen durch unverantwortliches Handeln zerstört werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe sehr aufmerksam den Antrag über die soziale Marktwirtschaft gelesen. Mir ist aufgefallen – das hat Herr Kollege Alexander Schweitzer bereits erwähnt –, dass man sich über mehrere Seiten zur sozialen Marktwirtschaft geäußert und nicht ein einziges Mal den Begriff „Sozialstaat“ erwähnt hat. Das ist sehr erstaunlich.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Ich unterstreiche ausdrücklich den Satz von Frau Kollegin Mohr, so viel Markt wie möglich, so wenig Staat wie nötig. Wir müssen genau definieren, wie viel Staat nötig ist. Hätten wir in Deutschland keinen handlungsfähigen Staat, wäre man nicht in der Lage gewesen, einen Schirm für das Finanzsystem aufzubauen. Dann wäre die Wirtschaft zusammengebrochen.

Wir brauchen gerade in einer sozialen Marktwirtschaft einen handlungsfähigen Staat. Ein Nachtwächterstaat kann nicht in der Lage sein, dauerhaft eine soziale Marktwirtschaft am Leben zu erhalten.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Herr Eymael, Sie haben gefordert, wir hätten einen besonderen Festakt zu 60 Jahre Marktwirtschaft in Deutschland organisieren sollen. Sie haben vielleicht verpasst, dass dies in Rheinland-Pfalz ein Jahr länger Realität ist; denn wir haben im letzten Jahr in der alten Lokhalle in Mainz eine Veranstaltung zum Thema „60 Jahre Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz“ durchgeführt. 60 Jahre Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz heißt 60

Jahre soziale Marktwirtschaft in Rheinland-Pfalz. Sie kommen schlicht und ergreifend ein Jahr zu spät.

(Zuruf des Abg. Eymael, FDP)

Dort haben wir thematisiert, was der Kerngedanke sozialer Marktwirtschaft ist. Ich habe die Gelegenheit genutzt, auch darzustellen, wie die Sozialpartnerschaft entstanden ist; denn viele Betriebe in Rheinland-Pfalz sind im wahrsten Sinne des Wortes gemeinsam mit den Händen von Unternehmerpersönlichkeiten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den Trümmern aufgebaut worden.

Daraus ist eine besondere Sozialpartnerschaft in Rheinland-Pfalz entstanden. Das haben wir in einer eigenen Veranstaltung gewürdigt. Wir haben Unternehmerpersönlichkeiten besonders ausgezeichnet. Sie sind ein Jahr später auf die Idee gekommen, einen Antrag zu schreiben. Die Veranstaltung hat stattgefunden. Leider haben Sie verpasst, an ihr teilzunehmen.

(Beifall der SPD)

Wir haben von den Herausforderungen gesprochen. Ich habe auch gesagt, dass man der Realität in die Augen sehen muss. Dazu gehört aber auch zu betonen, dass wir diese Herausforderung aus einer Position der Stärke bewältigen können. Von Januar 2005, seitdem wir eine neue Arbeitsmarktstatistik in Deutschland haben, ist die Arbeitslosigkeit in Rheinland-Pfalz bis heute um 43,6 % zurückgegangen. Das ist eine herausragende Leistung der Unternehmen des Wirtschaftsstandorts RheinlandPfalz.

(Beifall der SPD)

Wenn ich mir einige CDU-regierte Länder in der Nachbarschaft betrachte, so hat Nordrhein-Westfalen im selben Zeitraum lediglich einen Rückgang in Höhe von 27 % und Hessen, das vor langer Zeit einmal „Hessen vorn!“ behauptet hat, von 31 % zu verzeichnen.

Selbst Baden-Württemberg hat einen geringeren Rückgang der Arbeitslosigkeit in diesem Zeitraum zu verzeichnen als das Land Rheinland-Pfalz.

(Zuruf des Abg. Keller, CDU)

Das zeigt, dass wir ein leistungsfähiger Wirtschaftsstandort sind. Das kann man auch daran festmachen, dass die Produktivität im verarbeitenden Gewerbe in Rheinland-Pfalz mit am höchsten ist.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, wir haben eine Zwischenfrage des Kollegen Wirz. Lassen Sie die zu?

Nein, er hat ja nachher noch die Möglichkeit.

Okay, bitte.

Wir haben so gesehen damit im Bereich des verarbeitenden Gewerbes die höchste Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. Das zeigt den starken Wirtschaftsstandort.

Wir haben in Rheinland-Pfalz etwas gestärkt, was ganz wichtig ist für einen Wirtschaftsstandort. Wir haben eine Renaissance industrieller Produktion in Rheinland-Pfalz ermöglicht. Diese ist in den letzten zehn Jahren um 42 % im Umsatz gewachsen, im Auslandsgeschäft sogar um 85 %. Auch dies ist ein Spitzenwert. In diesem Bereich haben wir die höchste Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland.

Das heißt, wir können aus einer Position der Stärke eines Wirtschaftsstandorts, der noch nie so wettbewerbsfähig gewesen ist wie heute – einen solch starken Wirtschaftsstandort hatten wir noch nie in RheinlandPfalz –, diesen großen Herausforderungen entgegengehen. Das werden wir auch mit diesem Selbstvertrauen und einer guten und durchdachten Politik tun.

(Beifall der SPD)

Herr Baldauf, Ihre Aussage, hier in Rheinland-Pfalz würden Unternehmen beschimpft, ist schlicht und ergreifend falsch.