Protokoll der Sitzung vom 05.03.2009

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Parlament haben wir die ebenso klare Erwartung, dass das Geld so schnell wie möglich in zukunftsfähige kommunale Pro

jekte investiert wird. Nur so werden die Mittel auch den beabsichtigten wirtschaftsfördernden Effekt haben.

Das bedeutet natürlich, möglichst wenig Bürokratie aufzubauen, auf der anderen Seite aber auch Sicherungen vorzusehen, dass das Geld richtig verwendet wird. Dies haben wir gewährleistet. Unsere Kommunen werden ihre Projekte realisieren können, ohne langwierige Nachtragshaushaltssatzungen verabschieden zu müssen. Als Gesetzgeber werden wir das mit dem SPD-Entwurf sicherstellen.

Außerdem ist dafür Sorge getragen, dass auch finanzschwache Kommunen in der Lage sein werden, von den Mitteln Gebrauch zu machen. Rheinland-Pfalz kann da sicher als vorbildlich gelten; denn alle Kommunen – insbesondere natürlich auch die finanzschwächeren – können nicht nur mit einem höheren Fördersatz rechnen, sondern auf Antrag auch eine zinslose Vorfinanzierung ihrer kommunalen Anteile erhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Ausschussberatung fand die Umsetzung des Konjunkturpakets II, wie sie im Nachtrag der Regierung vorgesehen ist, auch bei den Oppositionsfraktionen von CDU und FDP im Grundsatz Zustimmung.

Die CDU-Fraktion hielt allerdings eine pauschale Verteilung der Mittel an die Kommunen in Form einer Investitionspauschale für effektiver. Dass das nicht zutrifft, haben Landesregierung und SPD-Fraktion ausgeführt und vorgebracht, dass das vorgesehene Verteilungsverfahren in enger Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart sei.

Nicht sinnvoll ist eine pauschale Zuweisung aber auch deswegen, weil das Land dem Bund gegenüber in der Pflicht steht, eine den gesetzlichen Fördervorgaben entsprechende Mittelverwendung sicherzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die erwarteten Ausfälle bei den Steuereinnahmen machen Korrekturen im laufenden Doppelhaushalt notwendig.

Der Nachtrag geht für beide Jahre von einem Rückgang der geplanten Steuereinnahmen in einer Größenordnung von über 1,2 Milliarden Euro aus. Diese Steuermindereinnahmen sind überwiegend konjunkturell bedingt, tragen aber bereits auch der Wiedereinführung der Pendlerpauschale Rechnung.

Dass die konjunkturbedingten Einnahmeausfälle nicht mit Einsparungen, sondern mit zusätzlicher Kreditaufnahme ausgeglichen werden – und werden müssen –, ist mit Blick auf die konjunkturelle Situation unerlässlich. Alles andere wäre für die notwendige Investitionsfähigkeit des Staates mehr als kontraproduktiv.

(Schreiner, CDU: So die SPD!)

Und man sollte der Öffentlichkeit auch nicht suggerieren, Herr Kollege Schreiner, dass es Konjukturimpulse, wie sie mit dem Investitionsprogramm gesetzt werden,

(Zuruf des Abg. Schreiner, CDU)

ohne Staatsverschuldung geben könnte. Teilweise können die erwarteten Steuermindereinnahmen durch noch vorhandene Rücklagen aufgefangen werden.

(Mertin, FDP: Der Bericht ist schon sehr gefärbt!)

Nicht zuletzt wegen dieser Rücklagen kann der Haushalt – trotz der unzweifelhaft vorhandenen Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts – die verfassungsrechtliche Kreditobergrenze noch einhalten.

Vor allem aber an den Rücklagen entzündete sich die Kritik der Oppositionsfraktionen von CDU und FDP. Beide halten die Rücklagen letztlich für nicht aus Überschüssen, sondern für kreditfinanziert und sehen darin einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Auch habe – jedenfalls nach Meinung der Opposition – die Landesregierung in konjunkturell guten Zeiten keine Vorsorge für Krisensituationen getroffen, was sich gegenwärtig bemerkbar mache.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die SPD-Fraktion erinnerte hingegen daran, dass man die vergangenen Steuermehreinnahmen genutzt habe, gerade um die Haushalte 2009 und 2010 stabilisieren zu können, was sich mit den gebildeten Rücklagen jetzt auch bezahlt mache. Als Beleg für eine vorsorgende und solide Haushaltspolitik verwies die SPD zusätzlich darauf, dass der aktuelle Tarifabschluss für die Beschäftigten der Länder, der in Rheinland-Pfalz 1 : 1 auf die Beamtinnen und Beamten übertragen wird, trotz der damit verbundenen massiven Mehrbelastungen vom Landeshaushalt geschultert werden könne.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, trotz der unterschiedlichen Bewertung in diesem Punkt: Klar ist, dass wir, wenn die Krise überwunden ist, den Pfad der Konsolidierung des Haushalts weitergehen müssen.

Der Bund hat über die Föderalismuskommission II eine Schuldenbremse vereinbart. Eine Schuldenbremse ist natürlich nur für Bund und Länder gemeinsam sinnvoll. Auch die Länder werden eine Schuldenbremse für ihre Haushalte im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Kompetenzen eigenverantwortlich zu regeln haben, wobei ich aber betone, dass diese realitätstauglich sein muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, einen wirklichen Hoffnungsschimmer gibt es zurzeit noch nicht. Wir werden auch weiterhin schwierigen Zeiten entgegensehen müssen. Patentrezepte gibt es keine. Wir müssen gemeinsam das tun, was man zu Recht von uns erwartet und was unsere Pflicht ist, nämlich den Menschen wieder Vertrauen in eine gute Zukunft zu geben. Dazu kann und muss jeder seinen Beitrag leisten: die Unternehmen, die Sozialpartner und eben auch die Politik.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt Ihnen mit den Stimmen der Fraktion der SPD bei Enthaltung der Fraktionen der CDU und der FDP, den Entwurf des Nachtragshaushaltsgesetzes sowie den Entwurf des Landesgesetzes zur Änderung der Gemeindeordnung und des Landesfinanzausgleichsgesetzes anzunehmen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD)

Herzlichen Dank für die Berichterstattung.

Das Wort hat Herr Kollege Baldauf.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wohin bewegt sich Rheinland-Pfalz in den nächsten Jahren? Das sind sicherlich Fragen, die uns alle bewegen. Frau Schmitt, Sie haben es richtig angesprochen. Die Frage, wie wird es mit Arbeitnehmern, wie wird es mit Unternehmern weitergehen, stellt sich. Da gibt es unterschiedliche Szenarien. Ein Szenario ist eine beginnende Depression, ein zweites Szenario eine Geldentwertung. Manche sprechen von genau dem Gegenteil.

Wir haben also wieder einmal eine Situation – im Übrigen ganz interessant, wenn man sich überlegt, was Wirtschaftsweise vor einem Jahr gesagt haben –, in der sich Wirtschaftsweise im Moment gar nicht mehr so sicher sind, wohin es denn eigentlich gehen soll. Damit können wir zumindest festhalten, wir fahren im Moment nur auf Sicht. Unsicher sind nur die Zukunftsprognosen. Aber, meine Damen und Herren – das muss man in diesem Hause auch sagen –, eines ist sicher: Rheinland-Pfalz ist auf dem Weg in ein Schuldenland.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb stehe ich heute auch bei der Frage, wie wir uns zu dem Nachtragshaushalt, mit dem wir uns sehr intensiv befasst haben, verhalten, mit gemischten Gefühlen da. Auf der einen Seite sind wir der Meinung – deshalb sind wir auch froh, dass wir das so schnell im Konsens hinbekommen haben, dies zu verabschieden –, dass es wichtig und richtig ist, die Maßnahmen der Bundesregierung unter Führung von Angela Merkel jetzt auch umzusetzen. Auf der anderen Seite – darauf komme ich nachher noch – ist das nicht alles so ein Ruhmesblatt, wie das hier umgesetzt wird.

Wir halten ein beherztes Eingreifen des Staates in bestimmten Ausnahmefällen für gerechtfertigt, und zwar immer dann, wenn die Substanz der Volkswirtschaft angegriffen ist oder wenn Lebensadern betroffen sind. Dann brauchen wir Rettungseinsätze, um systemische Grundlagen zu erhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage aber auch ganz deutlich, diese dürfen immer nur vorübergehend sein. Der Staat darf nicht überfordert werden. Interessant ist, wir reden heute nur noch über Milliarden. Jeder Politiker weiß, was man mit einer Milliarde macht. Jeder könnte noch ein paar Ideen bringen, welche Bürgschaften, welche Garantien, welches Kapital zu verwenden wären. Wir sollten uns in diesem Haus auch darauf konzentrieren, dass wir über diese staatlichen Unterstützungen nur dann reden, wenn es eine Systemfrage wird.

Ansonsten ist es dem Markt in unserer sozialen Marktwirtschaft zu überlassen, was gut und was schlecht ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte Ihnen zwei Beispiele nennen, die im Prinzip nicht Deutschland, aber Deutschland doch wieder indirekt aufgrund der Exportsituation, die wir haben, betreffen. Wenn Sie sich in Ungarn umschauen, so sind 60 % des Wohnungseigentums, das man in Ungarn hat, kreditfinanziert, aber nicht mit Forint, sondern mit ausländischen Währungen, unter anderem mit dem Euro. Zwischenzeitlich hat der Forint 50 % an Wert zum Euro verloren. Jetzt können die Ungarn ihre Kreditlinien nicht mehr zurückbezahlen.

Ungarn hat sechs Millionen Einwohner, davon sind zwischenzeitlich 700.000 Mieter über drei Monatsmieten im Rückstand und können es nicht mehr bedienen. Das muss man sich einmal lauf der Zunge zergehen lassen.

Herr Hartloff, Sie hatten vorher in der Aktuellen Stunde AIG (American International Group) in den USA angesprochen. 100 Milliarden Euro an Verlusten gibt es dort, allein 60 Milliarden Euro im letzten Quartal. Das sind 60 Milliarden Euro Verlust in einer Situation, in der wir uns befinden und bei der wir aufpassen müssen, dass wir nicht protektionistisch werden.

Damit wir wissen, worüber wir reden, sage ich Folgendes: 60 Milliarden Euro sind so viel wie fünf Jahre lang die aus unserer Sicht zu hohen, aber vorhandenen Ausgaben des Landeshaushaltes in Rheinland-Pfalz. Der Staat Amerika, die USA, steckt 150 Milliarden Euro in die AIG. 150 Milliarden Euro sind so viel wie das Bruttoinlandsprodukt eines Jahres von Irland. Über solche Größenordnungen reden wir heute.

Wir müssen ganz genau aufpassen, an welcher Stelle und für welche Dinge wir Unterstützung geben. Eines können wir nicht tun. Wir können kein allgemeines Helfersyndrom nach dem Motto ins Leben rufen, wenn nach dem Staat gerufen wird, muss er da sein. Dagegen wehren wir uns. Das ist nicht christdemokratische Politik. Für uns ist der Markt das Bestimmende. Nur in systemischen Fragen ist einzugreifen.

(Beifall bei der CDU)

Wir wissen alle, dass es dennoch erforderlich war, ein zweites Konjunkturpaket vorzusehen. Da besteht weitestgehend Konsens, Herr Mertin. Die Frage ist, ob wir es in dieser Form brauchten. Ich sage dazu Ja.

Bei der Abwrackprämie ist es ganz interessant, dass uns diese etwas bringen wird. Bei einer Abwrackprämie in Höhe von 2.500 Euro und einem Durchschnittspreis je Fahrzeug von 15.000 Euro bekommen Sie schon 3.000 Euro Mehrwertsteuer.

(Zuruf des Abg. Mertin, FDP)

Sie müssen immer daran denken, dass Sie bei diesem Geschäft schon 500 Euro gut machen.

(Zuruf des Abg. Mertin, FDP)

Im Moment müssen wir mit dazu beitragen, dass der Staat unterstützt.

Auf der einen Seite ist es nachvollziehbar, dass wir das umsetzen, auf der anderen Seite haben wir ganz erhebliche Probleme mit diesem Nachtragshaushalt, wie er heute vorliegt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Nachtragshaushalt ist nicht nur wegen des Konjunkturpaketes II notwendig geworden, sondern weil auch eigene originäre Mittel des Landes hineinfließen, Herr Ministerpräsident und Herr Finanzminister. Er ist auch deshalb erforderlich geworden, weil es strukturelle Defizite in diesem Haushalt gibt. Diese Landesregierung hat viel zu viel ausgegeben, das jetzt wieder über den Nachtragshaushalt hereingeholt werden soll.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, man muss sich vorstellen, wir befinden uns mit der Verschuldung bei den Schlusslichtern aller westdeutschen Flächenländer.