Protokoll der Sitzung vom 26.03.2009

Die enge Zusammenarbeit von Polizei und Schulen stellt eine wesentliche Voraussetzung zur Krisenbewältigung bei Amoklagen dar. In diesem Zusammenhang werden die geschaffenen Kooperationen weiter ausgebaut und gemeinsame Konzepte ständig überprüft und fortgeschrieben.

Zu Frage 4: Das Programm „Peace Games“ wurde im Jahr 1992 entwickelt und seither über das Center for Social Service der Universität Harvard an Schulen in Boston, Chicago, New York und Los Angeles mit etwa 35.000 Schülerinnen und Schülern durchgeführt.

„Peace Games“ ist aus unserer Sicht ein klassisches Primärpräventionsprogramm, das das Zusammenleben an Schulen verbessern und gewalttätige Konflikte verhindern will. Inhaltlich setzt es vor allem auf die Verbesserung der Sozialkompetenzen und auf gewaltfreie Konfliktlösungen. Schülerinnen und Schüler sollen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützt und insbesondere in den Bereichen der Kommunikation und Gruppendynamik geschult werden.

Alles in allem geht es um den Aufbau einer Kultur der gegenseitigen Wertschätzung. Insofern ist das Programm sehr positiv zu bewerten. Allerdings sind die genannten Inhalte in den rheinland-pfälzischen Präventionsprogrammen sämtlich enthalten. Dies gilt sowohl für die staatlichen als auch für die nicht staatlichen Programme.

So weit die Antwort der Landesregierung.

(Beifall der SPD)

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Baldauf.

Frau Ministerin, gibt es zwischen Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern in diesem Bereich Unterschiede, oder ist das gleich? Wenn es Unterschiede gibt, welche Unterschiede gibt es denn da? Wenn Sie es nicht gleich beantworten können, können Sie es auch schriftlich machen.

Ich weiß jetzt nicht genau, welchen Bereich Sie meinen. Ich gehe davon aus, dass alle Länder, insbesondere natürlich noch einmal nach den schrecklichen Ereignissen von Erfurt, damals alles überprüft haben, was man tun kann, und dass sie versucht haben, entsprechende Vorbereitungen zu treffen.

Soweit ich weiß, haben auch die allermeisten Länder Krisenleitfäden entwickelt, so wie wir das auch getan haben. Diese mögen sich im Detail unterscheiden, weil die Organisationsstrukturen unterschiedlich sind, die Anlaufstellen mögen andere sein, aber die grundsätzlichen Ansätze, auf Prävention zu setzen, vor allen Dingen den Kontakt mit der Polizei zu verbessern, sind vorhanden. Da muss man wirklich sagen, da ist im letzten Jahrzehnt, so kann man sagen, viel passiert.

Früher hatte man Sorge, wenn das Polizeiauto vor der Schule steht, dass der Eindruck erweckt wird, die Schule wird stigmatisiert oder Ähnliches. Da ist heute wirklich ein ganz anderes Verständnis in Gang gekommen. Ich weiß, dass das in Rheinland-Pfalz sehr gut läuft, aber das ist kein Bereich, in dem ich jetzt sage, ich sehe einen Wettbewerb mit anderen Ländern. Ich gehe davon aus, dass alle Kolleginnen und Kollegen bemüht sind, das Optimum zu machen, weil alle natürlich diese Situation ganz unfassbar finden. Insofern glaube ich, das geht alles in eine sehr ähnliche Richtung.

Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Morsblech.

Danke schön, Herr Präsident.

Ich habe nach dem Programm „Peace Games“ gefragt, da Herr Professor Pfeiffer in einem Fernsehinterview anmerkte, dass es sich bei diesem Fall um einen sehr unauffälligen und stillen Täter gehandelt hat, der auch vorher nicht als gewaltbereit auffällig war. Insofern stellt sich mir die Frage, inwieweit mit den bestehenden Programmen tatsächlich alle, also auch solche Menschen, die eher in einer Gruppe unauffällig sind, erreicht werden und inwieweit auch das soziale Umfeld von Schülerinnen und Schülern bei den Präventionsmaßnahmen, die wir im Moment anbieten, einbezogen wird, auch im Vergleich zu einem solchen Programm, wie es da beschrieben ist.

Das ist natürlich der große Vorteil von Präventionsprogrammen. Präventionsprogramme richten sich in der Regel nicht an eine bestimmte Schülergruppe, sondern an alle Schülerinnen und Schüler. Ich habe z. B. einmal selbst an diesem Grundschulprogramm „Ich und Du und Wir“ teilgenommen und habe mir das angeschaut. Das

ist gerade ein Programm, in dem auch die unterschiedlichen Rollen und unterschiedlichen Kinder mit sehr unterschiedlichen Charakteren Funktionen in der Gruppe übernehmen und erlernen, mit diesen Funktionen umzugehen, und wo tatsächlich alle Kinder erreicht werden. Das ist der große Vorteil der Präventionsprogramme. Die Präventionsprogramme, die ich Ihnen genannt habe, sind Programme, die sich an alle Schülerinnen und Schüler richten, und zwar in ihrer ganz unterschiedlichen Ausprägung.

Ich glaube, dass sie mit den Präventionsprogrammen gut aufgestellt sind und sie das inhaltlich aufnehmen. Das ist mein Eindruck. Zum Teil sind sie schon älter, dann sind sie weiterentwickelt worden. Zum Teil sind sie relativ neu, dann nehmen sie diese Erkenntnisse auf.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Schellhaaß.

Es geht um ein ganz bestimmtes Präventionsprogramm. Es gibt eine interdisziplinäre Forschungsgruppe um Professor Dr. Scheithauer, Freie Universität Berlin, zusammen mit der Polizei und der Universität Bremen, die sich mit der Rolle von Ankündigungen und Hinweisen beschäftigt hat, die es vor Gewalttaten sehr häufig gibt. Sie sagen, ihr Programm sei zur Prävention einsatzreif und könne sehr vieles vorher herausfinden. Kennen Sie dieses Programm, und wenn ja, wie bewerten Sie es? Wäre Rheinland-Pfalz bereit, es einzusetzen?

Ich habe diesen Artikel gelesen. Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es nicht um ein Programm, sondern um ein Forschungsprojekt, bei dem der Betroffene Amoklagen untersucht und versucht hat, Kriterien zu identifizieren, die im Vorfeld passiert sind. Daraus will man Handlungsableitungen vornehmen. Ich habe das nicht so verstanden, dass das ein Programm ist, das man an Schulen umsetzt. Ich sehe es als Forschungsprogramm an.

Natürlich wird man diese Forschungen berücksichtigen. Das ist permanente Aufgabe der Polizeiarbeit. Es ist permanente Aufgabe von uns zu schauen, was man in Programme transportieren kann. Wir werden das aufmerksam weiterverfolgen. Das gilt auch für den Bereich der Forschung. In diesem Bereich gibt es noch nicht so viel Forschung. Ich finde das interessant, was gesagt worden ist. Ich glaube nicht, dass unmittelbar die Frage der Umsetzung in Rheinland-Pfalz ansteht.

Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Morsblech.

Frau Ministerin, wie sehen die weiteren Pläne der Landesregierung zum Ausbau der Schulsozialarbeit und des Schulpsychologischen Dienstes aus, die man mit Sicherheit auch für solche Maßnahmen, die angesprochen wurden, braucht?

Bezüglich der Schulsozialarbeit habe ich auf die deutlichen Mittelsteigerungen im Doppelhaushalt hingewiesen. Im Bereich der berufsbildenden Schulen steht eine Aufstockung bzw. ein Ausbau an. Insbesondere stehen die Berufsfachschulen im Mittelpunkt. Das Berufsvorbereitungsjahr ist gut versorgt. Im Bereich der Berufsfachschulen gibt es noch Bedarf. In Kürze werden wir das Geld entsprechend verteilen und Vorschläge machen. Hier haben wir teilweise die Situation, dass landesfinanzierte Stellen und Stellen vorhanden sind, zu denen ein Zuschuss gezahlt wird.

Im Bereich der allgemeinbildenden Schulen sind wir durch die Schulstrukturreform herausgefordert. Ursprünglich hatten wir den Ausbau auf die Hauptschulen, insbesondere auf den Bildungsgang mit Berufsreife konzentriert. Das gilt für die Hauptschulen. Das wird in die neue Struktur überführt. Es wird sukzessive an der Stelle ergänzt, an der noch kein Angebot vorhanden ist. So viel zur Schulsozialarbeit. Wir haben die Handlungsmöglichkeit über den Haushalt.

Im Bereich der Schulpsychologinnen und -psychologen wird man vor allem die Anforderungen an die Krisenteams überprüfen müssen. Die Anforderungen werden höher. Sie wissen, dass im Nachgang zu solchen Amoklagen vielfältige Probleme auftauchen und dadurch die Schulen gefordert sind. Gerade unter diesem Aspekt besteht die Bereitschaft zu schauen, inwieweit man weitere Unterstützung organisieren kann. Ich will gern mit etwas Abstand mit den Schulpsychologinnen und Schulpsychologen reden, und zwar sowohl mit denen, die in Baden-Württemberg im Einsatz waren, als auch mit denen, die jetzt mit Problemlagen konfrontiert sind. Man kann dann sehr zielgerichtet schauen, an welcher Stelle Verstärkung erfolgen kann. Ich denke, mit Blick auf das, was dort geleistet wird, muss ein ermutigendes Zeichen gesetzt werden, dass wir das ernst nehmen.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Schellhaaß.

Laut Aussage von Herrn Professor Dr. Scheithauer wären die Ergebnisse so weit, dass man in der Lage wäre, ein flächendeckendes Präventionsprogramm zu starten. Es fehlten nur die finanziellen Mittel. Wären Sie bereit, sich darüber genauer zu erkundigen?

Ich bin bereit, mich genauer zu erkundigen. Ich meine, man muss alle Projekte in diesem Bereich sehr ernsthaft prüfen.

Verehrte Frau Kollegin, ich warne ein ganz klein bisschen davor, dass der Eindruck entsteht, dass wir über ein Programm oder über ein Forschungsprojekt Sicherheit hätten, wenn wir es umsetzen. Wir werden schauen, ob interessante Ergebnisse dabei herauskommen. Wir werden diese dann mit Sicherheit einfließen lassen. Alles, was ernsthaft und seriös ist – das ist in diesem Fall sicher so –, werden wir prüfen. Ich bin ein Mensch, der meint, dass man damit realistisch umgehen sollte. Man muss alles, was es an Chancen gibt, aufnehmen, aber man darf nicht den Eindruck erwecken, es gebe den einen Ansatz. Ich bin mir sicher, den gibt es leider nicht.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Damit ist die Anfrage beantwortet.

(Beifall bei der SPD)

Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Peter Enders (CDU), Haltung der Landesregierung zu höheren Steuern auf alkoholische Getränke – Nummer 4 der Drucksache 15/3245 – betreffend, auf.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Bedeutung kommt nach Einschätzung der Landesregierung der von der Bundesdrogenbeauftragten Bätzing aktuell angekündigten Studie über die gesundheitspolitischen Effekte von steuerinduzierten Preiserhöhungen für alkoholische Getränke zu?

2. Wie beurteilt die Landesregierung solche Maßnahmen hinsichtlich der gesundheitsfördernden Effekte gegenüber den negativen Wirkungen auf die Situation der Erzeuger, insbesondere von Bier und Wein?

3. Wie beurteilt sie solche Maßnahmen hinsichtlich der Situation der verantwortungsbewussten Verbraucher?

4. Wird sie solchen Plänen vor diesem Hintergrund entgegentreten?

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Hering.

(Hartloff, SPD: Protokoll von der letzten Sitzung vorlesen!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Zusammenhang mit der Vollendung des Binnenmarktes am 1. Januar 1993 wurden bestimmte Vorschriften bezüglich der Verbrauchssteuern und Strukturen für Alkohol und alkoholische Getränke vorgesehen, um einen einheitlichen Ansatz aller Mitgliedstaaten sicherzustellen.

Die Gesetze und Strukturen der Verbrauchssteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke finden sich in Gemeinschaftsvorschriften. Bei der Alkoholsteuer handelt es sich um eine von der EU vorgegebene Mindestbesteuerung für die verschiedenen Kategorien von Alkohol und alkoholischen Getränken, Bier, Wein und andere gegorene Getränke aus Äthylalkohol. Die einzelnen Mitgliedstaaten müssen eine Besteuerung der genannten Alkoholkategorien in Höhe des Mindeststeuersatzes vornehmen und können einen darüberliegenden Steuersatz festlegen.

Beim Wein macht Deutschland vom Nullsteuersatz Gebrauch. Bier wird in Höhe des Mindeststeuersatzes von 1,87 Euro je Hektoliter Alkohol des Fertigerzeugnisses besteuert, wobei Mengenstaffeln und ermäßigte Steuersätze in Abhängigkeit der Jahreserzeugung der einzelnen Brauereien zur Anwendung kommen.

In den letzten Jahren hat sich die Diskussion um den verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol verstärkt. Die Ursachen sind vielfältig. Eine davon ist der nicht zu unterschätzende Konsum alkoholischer Getränke von Jugendlichen mit zum Teil negativen Auswirkungen wie Komasaufen.

Während beispielsweise Besteuerungen der Alcopops zu einem starken Absatzrückgang dieser Getränke führte, ist der Konsum von Alkohol bei Jugendlichen zwischenzeitlich weiter angestiegen. In diesem Zusammenhang werden oft fiskalpolitische Maßnahmen angeführt, um dieses Konsumverhalten zu unterbinden. Wesentlich Erfolg versprechender erscheint jedoch die konsequente Anwendung des Jugendschutzgesetzes, das die Abgabe von alkoholischen Getränken an Jugendliche untersagt, sowie eine Verschärfung der Kontrollen und insbesondere Präventionsmaßnahmen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu Frage 1: Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung beabsichtigt, mit einer Studie die Wechselwirkungen von Alkoholsteuern auf den Alkoholkonsum untersuchen zu lassen. Es geht in dieser Studie nicht um eine Forderung nach Steuererhöhungen, sondern um die möglichen Auswirkungen höherer Steuern auf den Konsum.

In erster Linie dreht sich die gegenwärtige Diskussion um die Alkoholprävention, also die Vermeidung eines exzessiven Konsums alkoholischer Getränke auch bei Kindern und Jugendlichen, Alkohol im Straßenverkehr sowie die gesundheitlichen Schäden eines zu hohen Alkoholkonsums.

Nicht damit gemeint sind konkrete Maßnahmen wie die Einführung der 0 ‰-Grenze beim Autofahren oder eine flächendeckende Reduzierung der Einkaufsmöglichkeiten für alkoholische Produkte bzw. Warnhinweise auf Etiketten oder eben Steuererhöhungen. Die Bundesregierung selbst räumt solchen Maßnahmen nur wenig Realisierungschancen ein.

Die seit 2008 auch mit den Wirtschaftsverbänden zum Teil heftigen Diskussionen über die Empfehlungen des Drogen- und Suchtrates an die Drogenbeauftragte der Bundesregierung für ein nationales Aktionsprogramm zur Alkoholprävention haben aber bei allen Beteiligten erkennen lassen, dass vorbeugende Maßnahmen und Aufklärungsarbeit hinsichtlich des Alkoholkonsums notwendig sind.