Protokoll der Sitzung vom 25.06.2009

Was heißt das? Sie können sogar in „Google Earth“ Ihre Hauskontur exakt erkennen. Das ist mit Sicherheit vergleichbar problematisch wie die Aufnahmen bei „Street View“.

(Frau Spurzem, SPD: Heißt das, dass man nichts tut?)

Was ist „Street View“? Sie erkennen Häuserfassaden aus einem ganz besonderen Lichtraum in den Straßen. Dieser Lichtraum ist ein öffentlicher Verkehrsraum. Da wird gemutmaßt, dass die Privatsphäre tangiert ist, wenn aus diesen Bereichen Aufnahmen gemacht werden.

Das kann durchaus sein, das will keiner negieren. Aber wie handhaben Sie das, wenn Sie einen Doppeldeckerbus, einen Cabriobus haben, der genauso hoch ist wie die Stange auf dem Google-Auto, von dem aus die Menschen entsprechende Aufnahmen machen und ins Netz stellen? Herr Pörksen, das ist mindestens genauso problematisch wie eine systematische Aufnahme von Straßenzügen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Bleiben wir einmal bei dem Thema „Analysieren und Erkennen“. Es besteht die Möglichkeit, dass Personen und Kfz-Kennzeichen zu erkennen sind. Das ist absolut korrekt. Welche Handlungen wurden draus abgeleitet? Datenschützer in Deutschland haben erreicht, dass in „Google Street View“ Gesichter und Kfz-Kennzeichen unkenntlich gemacht werden. Sie haben das mit Verpixelung beschrieben, richtig.

(Pörksen, SPD: So sagen sie es selbst!)

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich habe nicht erwartet, dass uns Google Deutschland in dieser relativ kurzen Zeit so weit entgegenkommt, was ich positiv finde.

Das alles haben wir in einer ausreichenden Form bereits in der Datenschutzkommission, der Sie vorstehen, Herr Pörksen, auch gehandhabt, besprochen und analysiert.

(Pörksen, SPD: Danke, gleichfalls!)

Meine Damen und Herren von der SPD, wenn Sie schon dieses Thema zur Aussprache stellen, das sich in einem kontinuierlichen Analyse- und Handlungsprozess befindet, dann hätte ich erwartet, dass Sie konkrete Vorschläge zu konkreten Problemen erarbeitet hätten und uns vorstellen. Ansonsten ist das, was Sie veranstalten, operative Hektik in einem – wie ich meine – noch nicht abgeschlossenen Prozess.

(Beifall der CDU)

Ich erteile nun Herrn Kollegen Auler das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die totale Überwachung gläserner Menschen! – Ja, und ich glaube, wir können neuerdings ein Stück weiter gehen. Wir haben auch gläserne Grundstücke und gläserne Immobilien. Wenn ich soeben in der Fragestunde gehört habe, dass Google ankündigt, in dieser oder jenen Stadt unterwegs zu sein, bedeutet dies für mich im Umkehrschluss, dass dann der Bürger erst schauen und sich dann überlegen sollte, ob er sich möglicherweise fotografieren lassen möchte oder vielleicht auch nicht. Ich glaube, in diesem Bereich stimmt die Verhältnismä

ßigkeit zwischen der Privatsphäre des Menschen und dem Interesse der Firma Google nicht mehr.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Es werden Daten erhoben, es werden Daten verarbeitet, und für mich liegt das größte Problem darin, dass diese Daten gespeichert werden.

(Pörksen, SPD: In den USA!)

In den USA, sehr richtig, Herr Pörksen, nicht nur dort, sondern auch weltweit. Wir wissen auch nicht, wie lange die Daten gespeichert werden.

(Pörksen, SPD: Und was damit passiert!)

All dies sind immer noch unbeantwortete Fragen.

Wenn wir nicht versuchen, dieses Treiben einzugrenzen, leisten wir möglicherweise auch Rechtsbrechern eine große Hilfe; denn heute ist es für sogenannte Tageswohnungseinbrecher möglich, Immobilien oder mögliche potenzielle Tatobjekte auszubaldowern, ohne dass sie selbst vor Ort sind. Jeder Einbrecher kann mit seinem Laptop an irgendeiner Stelle Google Earth aufrufen – in Zukunft werden die Bilder vielleicht noch etwas deutlicher sein – und kann sich genau ansehen, an welcher Stelle er am besten in ein Haus – zum Beispiel in ein kleines Einfamilienhäuschen – einbrechen kann. Ich denke, dies müssen wir dringend bekämpfen, und wir müssen darauf achten, dass wir nicht weiterem Unwesen Tür und Tor öffnen.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Ist das jetzt liberal, was Sie vortragen?)

Es wurde soeben die Fotografie angesprochen. Natürlich ist eine Fotografie etwas ganz anderes; denn bei den Aufnahmen von „Google Earth“ oder „Google Street View“ haben wir es mit systematischen Aufnahmen zu tun, mit Aufzeichnungen von Städten bis in die kleinste Zelle hinein, bis hin zu Familien und Familienhäusern. Auch wenn hier und da Unterschiede bei den Fraktionen deutlich werden, so glaube ich dennoch, dass im Parlament eine sehr große Einigkeit besteht. Ich glaube, dass wir in der Datenschutzkommission, aber auch im Parlament noch sehr viel über diese Dinge reden müssen und wir uns mit Sicherheit in jeder Partei und Fraktion Gedanken darüber machen müssen, wie wir diese Entwicklung begrenzen können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zunächst Gäste begrüßen. Ich begrüße Schülerinnen und Schüler aus dem Cusanus-Gymnasium in Wittlich und die Mitglieder des Kreismusikverbandes Birkenfeld. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Zum Zweiten möchte ich, da wir gerade über Technik reden, darauf hinweisen, die Anzeige für die Mikrofonsteuerung am Technikplatz ist ausgefallen. Deshalb blinken einige Mikrofone. Missverstehen Sie das nicht als Einladung, sich zu melden!

(Heiterkeit im Hause)

Es funktioniert nur noch die Anzeige des Rednerpults und die des Präsidenten. Wenn also etwas blinkt, ist dies nicht misszuverstehen. Wir werden in der Mittagspause versuchen, das Problem zu lösen.

Aber der Parlamentsbetrieb kann weitergehen. Er geht nun weiter mit dem Redebeitrag des Herrn Abgeordneten Pörksen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Mittrücker, es würde mich nun reizen, in ein Zwiegespräch mit Ihnen einzutreten. Erlauben Sie mir, nur ein Wort zu Ihren Ausführungen zu sagen. Ich glaube, das Parlament ist gerade der richtige Ort, sich über grundsätzliche Probleme zu unterhalten, und nicht irgendwelche Kommissionen. Ich glaube, wir haben mit diesem Thema ein grundsätzliches Problem.

(Beifall der SPD)

Auch Herr Kollege Auler hat zu Recht darauf hingewiesen.

Ich möchte ganz kurz Ausführungen zu Google machen. Das ist schon verräterisch an Ihrer Sprache. Sie sagen, wir haben bei Google dies und das erreicht. – Was ist denn das für eine Position? – Wir müssen bei Google darum bitten, dass Gesichter verpixelt werden und Kennzeichen unkenntlich gemacht werden. Wir müssen darum bitten, dass dies bei den Rohdaten geschieht, die sich in den USA befinden. Die Rohdaten liegen nicht bei uns, sondern sie liegen in den USA. Kein Mensch weiß, was damit passiert. Es mag heute noch harmlos sein, aber was geschieht in drei Jahren mit den Daten?

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich glaube nicht, dass wir auch nur einen einzigen Anlass haben, diese Sache leichtfertig zu behandeln. Das glaube ich nicht.

Herr Kollege Auler, wir sind mit Ihnen völlig einer Meinung. Wir werden uns sehr bald im Innenausschuss grundsätzlich einmal damit auseinandersetzen. Dies muss ein Thema werden. Die Menschen müssen wissen, was in ihren Städten und Orten passiert. Es hört nicht damit auf, dass in Mainz herumgefahren wird, sondern dies geschieht in jedem Dorf. Warum sollen wir die Menschen nicht darüber aufklären?

Wenn Google uns auch zugesteht, dass wir Widerspruch einlegen können und dies auch vorsorglich möglich ist, so muss ich doch erst einmal wissen, was überhaupt passiert, bevor ich Widerspruch einlegen kann. Ich glaube nicht, dass sich jede Bürgerin oder jeder Bürger nun

an einen Laptop setzt – nicht jeder hat einen Computer – und nachschaut, was Google vorhat. – Sie sagen auch nicht immer die Wahrheit; denn die Aufnahmen werden auch in Orten gemacht, die nicht in der Liste stehen. – So viel zum Thema „vorsorglich“.

Auch wenn eine Ankündigung in die Zeitung gesetzt wird, ist das Problem nicht gelöst: Wissen Sie, wie viele Menschen Zeitung lesen? – Es sind keine 20 % der Bevölkerung.

Ich glaube, wir müssen verstärkt Aufklärungsarbeit leisten, damit die Menschen wissen, was vor Ort passiert. Dann können sie immer noch sagen, dass es ihnen egal ist. Das können sie dann frei entscheiden, aber wir können nicht nach dem Motto verfahren: Es wird schon nicht so schlimm sein. – Wir haben schon viel zu oft gesagt, dass es nicht so schlimm sein wird.

Wie sagen doch die Iren? – Es kann schlimm kommen, und es kam schlimmer. – Von daher denke ich, wir sollten das Thema nicht in der Form behandeln, wie Sie es tun.

Herr Dr. Mittrücker, Sie sind sicherlich ein Technikfreak, wie man so schön sagt. Das bin ich nicht.

(Wirz, CDU: Das ist schade, dass Sie so etwas nicht sind!)

Seien Sie vorsichtig! Ich habe das Mikrofon. Ich habe von „Technikfreak“ gesprochen, das ist ein Unterschied. Ich habe Kinder, die sind ganz anders.

Ich musste vor wenigen Wochen meine Kinder, die nicht mehr ganz jung sind, auch darüber aufklären, was geschieht, wenn sie mit Internetplattformen wie SchülerVZ oder StudiVZ arbeiten und alle möglichen Daten hineinstellen. Darüber haben sie sich noch keine Gedanken gemacht, und ich glaube, wir dürfen es nicht weiter einreißen lassen, dass Menschen nicht wissen, was passiert. Sie können dann immer noch entscheiden und sagen: Mir ist das recht. Mein Haus darf gefilmt werden. –

Ich finde Ihr Beispiel schon köstlich. Ich habe noch nie einen Bus gesehen, der oben offen ist, der durch Berlin fährt und aus dem heraus lauter Fotos gemacht werden, die dann ins Netz gestellt werden. Wenn solche Beispiele bei Ihnen das tragende Element für Ihre politische Meinung sein sollten, dann habe ich Schwierigkeiten damit. Das muss ich Ihnen ehrlich sagen.

(Beifall der SPD)