Ich konstruiere gar nichts. Ich weiß doch, was da abgefragt wird. Von jedem Unternehmen wird eine Folie aufgestellt mit Kapital und allem drum und dran. Jede Woche fragen Sie ab, wie die Finanzsituation ist usw. Da sagen Sie mir, diese Informationen könnte man in einem Streik nicht verwenden. Bitte schön, wo leben Sie denn eigentlich?
Herr Kollege, ich wäre genauso dagegen, wenn mit staatlichen Mitteln versucht würde herauszufinden, wie die Streikkasse der Gewerkschaft ist. Das würde ich genauso kritisieren. Das ist genauso wenig in Ordnung und sollte auch nicht sein. Wir wollen aber bei der Tatsache bleiben,
(Pörksen, SPD: Dafür brauchen Sie das System nicht! – Hartloff, SPD: Das ist ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen!)
dass Sie hier mit staatlichem Geld Informationen einholen lassen bei denjenigen, die darüber nicht verfügungsbefugt sind. Das ist nun einmal nicht in Ordnung. Daran halte ich fest. Deshalb fordern wir Sie auf, dieses einzustellen.
Wenn Sie das Bedürfnis haben, solche Informationen zu erhalten, sollten Sie das Gespräch mit denjenigen suchen, die rechtlich die Verfügungsbefugnis darüber haben. Das sind die Einzelunternehmer, das sind die Gesellschafter von Personengesellschaften, das sind die Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften oder die Vorstände. Nur sie haben die Befugnis, über die Unternehmensdaten zu entscheiden. An die sollten Sie sich auch halten.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Herren, meine sehr geehrten Damen! Was ich in den vergangenen Tagen gehört und gelesen habe und auch heute im Plenum von CDU und FDP höre, hat aus meiner Sicht nichts mit einer ernsthaften Auseinandersetzung zu tun.
(Licht, CDU: Dann haben Sie das nicht verstanden! Man kann unterschiedlicher Meinung sein, aber so zu reden, geht nicht!)
Herr Licht, Sie können nicht einerseits sagen, dass Sie nicht die Betriebsräte kritisieren und die Betriebsräte und die TBS eigentlich nicht in der Kritik stehen, sondern die Landesregierung, wenn Sie aber gleichzeitig wissen, dass das kein Projekt der Landesregierung ist, sondern ein Projekt der Betriebsräte mit der TBS und dem DGB, das von der Landesregierung lediglich bezuschusst wird.
Damit landen Sie natürlich mit Ihrer Kritik direkt bei den Betriebsräten. Sie reden von der Gefährdung der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Unternehmensleitung, Betriebsräten und Gewerkschaften, aber in Wahrheit, finde ich, kochen Sie wirklich ein dünnes parteipolitisches Süppchen. Das erkläre ich jetzt auch noch einmal.
Herr Mertin, jeder und jede in Rheinland-Pfalz weiß, dass die Landesregierung ein gutes und vertrauensvol
les Verhältnis zu den Sozialpartnern pflegt. Viele von Ihnen haben vorgestern am Abend der Handwerkskammern teilgenommen. Dabei ist dies vom Präsidenten, Herrn Wirges, erneut erwähnt worden. Jeder Interessierte konnte sich auch darüber informieren, dass das Projekt „Schnellinformationssystem – Chancen- und Risikenbegleitung der Betriebsräte in der aktuellen Krise 2009“ – so heißt es, Herr Licht – Teil des Maßnahmenprogramms der Landesregierung ist, das Anfang Dezember 2008 verabschiedet wurde und das dem Ziel dient, Unternehmen und ihren Beschäftigten bei der Bewältigung der Krise zur Seite zu stehen. Dieses Programm war bisher sehr erfolgreich. Nicht nur die 78 Betriebe, denen in ihren existenziellen Schwierigkeiten geholfen wurde, sind hier zu nennen. Allein über die TBS wurden auch 27 Betriebsberatungen durchgeführt, es gab zahlreiche Workshops – ich glaube, über 20 – mit 1.200 Teilnehmern, in denen Betriebsräte darin geschult worden sind, wie mit der Krise umzugehen ist.
Viele andere Module mehr wären zu nennen. Mit diesen vielfältigen Maßnahmen verfolgte die Landesregierung die Absicht, in der Krise passgenaue Angebote zu machen, um den Unternehmen, aber selbstverständlich auch den Beschäftigten Unterstützung anzubieten. Wir wissen ganz genau – ich bin sicher, viele Unternehmer sehen das ganz genauso –, dass diese Krise nur gemeinsam mit Gewerkschaften und Betriebsräten zu bewältigen ist und wir sie bei Weitem nicht so schnell und in dieser Form hätten bewältigen können, wenn wir die Sozialpartner insgesamt nicht intensiv einbezogen hätten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb darf natürlich auch die Mitwirkung der Betriebsräte nicht fehlen. Die Einbeziehung der Betriebsräte, die in ihrer alltäglichen Arbeit mit den Folgen der Krise zu tun haben, ist einfach unerlässlich. So verstehen wir Sozialpartnerschaft.
Eines noch zur Rolle der Betriebsräte: § 80 Abs. 1 Ziffer 8 des Betriebsverfassungsgesetzes sieht vor, dass es die ausdrückliche Aufgabe der Betriebsräte ist, die Beschäftigung im Betrieb zu fördern und sie auch zu sichern. Das gibt ihnen auch eigenständige Möglichkeiten.
(Baldauf, CDU: Im Betrieb! Dazu gibt es Kommen- tierungen! – Licht, CDU: Dabei geht es nicht um Datenweitergabe!)
Nein, Herr Baldauf. Dazu gibt es viele Kommentierungen, und diese sind auch relativ klar und besagen, dass es nicht nur um Aktivitäten des Betriebsrats im Betrieb geht. Genau an dieser Stelle setzt auch dieses Projekt an. Das Schnellinformationssystem, das jetzt zu Unrecht in die Kritik geraten ist, kostet übrigens nicht rund 323.000 Euro. Das ist vielmehr das Gesamtprojekt, das aus sieben unterschiedlichen Modulen besteht, von denen das Schnellinformationssystem noch das kleinste ist. Insofern bitte ich darum, in der öffentlichen Debatte wenigstens genau zu sein; denn die Daten liegen aufgrund der Anfrage der FDP alle ganz genau vor.
Die Landesregierung bekommt durch dieses Projekt aktuelle Informationen, die sich auf die allgemeine Situation in den Betrieben beziehen. Das stimmt. Aber ich möchte hier ausdrücklich betonen, dass es bei dem Schnellinformationssystem nicht darum geht, Detailinformationen zu erhalten oder Interna über einzelne Betriebe zu erfahren oder, wie Sie, Herr Licht, sagen, Betriebsdaten zu sammeln. Diese Informationen werden gar nicht abgefragt. Natürlich gibt es das Stammblatt. Aber die neun Fragen, die gestellt werden, zielen rein auf Abschätzung des Krisenverlaufs und der Krisenbewältigung, also auf allgemeinen Informationen.
Zum Beispiel geht es darum, wie sich die Kurzarbeit im Betrieb entwickelt, wie sich die Qualifizierung in dem Betrieb entwickelt. Dabei geht es um reine Experteneinschätzungen. Jene, die sich mit Methoden auskennen, wissen, dass es ein großer Unterschied ist, ob ich auf Statistik, auf Daten oder auf Expertenmeinungen zurückgreife. Für uns als Landesregierung sind Betriebsräte eindeutig Experten und Expertinnen, wenn es darum geht, die Entwicklung in einem Betrieb mit zu verfolgen. Diese Einschätzung ist uns wertvoll, um in der Krise damit zu arbeiten.
Der Landesregierung liegen im Übrigen ausschließlich anonymisierte Daten vor, die keinerlei Informationen oder Rückschlüsse auf die Situation in einzelnen Betrieben ermöglichen. Deshalb verwahre ich mich massiv gegen den Versuch, die beteiligten Betriebsräte, die TBS und das Projekt zu verunglimpfen. Das Bild, das dahintersteht, dass Betriebsräte illegal wertvolle interne Daten weitergeben, ist wirklich ein beschämendes Bild.
Denn wir wissen alle, dass die Betriebsräte in der Krise eine ganz wichtige Säule sind, um Unternehmen gemeinsam aus dieser Krise herauszuführen.
Ich betone es noch einmal: Gerade die Zusammenarbeit zwischen den Betriebsräten und den Unternehmensleitungen in den Betrieben ist aus unserer Sicht Bedingung dafür, die Krise gut zu bewältigen.
Wir können sie nur gemeinsam bewältigen. In diesem Zusammenhang möchte ich Bundespräsident Horst Köhler erwähnen, der anlässlich des 60-jährigen Bestehens des DGB sehr viel zum Thema „Gewerkschaften, Krise und Betriebsräte“ gesagt hat. Zum Beispiel – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –: „Wirtschaft und Gewerkschaften sitzen im 21. Jahrhundert in einem Boot. Nutzen Sie“ – die Gewerkschaften – „ihre Stärke zum Wohle aller.“ – Genau aus diesem Verständnis heraus ist auch unser Projekt konzipiert worden.
Ich möchte zwei Sätze zur TBS sagen; denn bei der CDU – Herr Licht, Sie verzeihen mir das – höre ich natürlich auch Vergangenheit „tapsen“. Ich kenne die Einstellung der CDU zur TBS nur zu gut. Viele Jahre lang haben wir regelmäßig und immer wieder Anträge bekommen, die Finanzierung oder die Zuschüsse an die TBS zu reduzieren oder gar einzustellen. Wir haben von vielen Unternehmensleitungen und Betriebsräten gehört, dass die Zusammenarbeit mit der TBS gerade in der Krise besonders erfolgreich ist. Die Beratungsleistungen der TBS werden in hohem Maße anerkannt und von den Betriebsräten wie auch den Betrieben intensiv genutzt. Als Beispiele nenne ich nur die Unterstützung der TBS beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit – das sind viele hier im Land Rheinland-Pfalz – oder auch die Unterstützung im Bereich der Qualifizierung während der Kurzarbeit.
Viele Programme zur Qualifizierung sind nur durch die Mitwirkung der TBS im Betrieb wirklich auch zustande gekommen. Bei den aktuell verstärkten Rückmeldungen an die TBS aufgrund der Berichterstattungen hat die Mehrheit der Betriebsräte im Übrigen auch darauf hingewiesen, dass sie im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit und der Sozialpartnerschaft die Teilnahme am betriebsrätlichen Schnellinformationssystem mit ihren Geschäftsleitungen besprochen haben. Auch das ist gelebte Sozialpartnerschaft in unserem Land.
Ich möchte jetzt nichts mehr zu der Frage sagen, seit wann das alles bekannt bzw. ob es nicht bekannt ist. Vielleicht kommen wir heute Nachmittag noch einmal darauf zurück. Ich sage nur: Nach über zehn Monaten sind wir schon etwas irritiert über die Heftigkeit der Reaktion; denn es hat zahlreiche öffentliche Veranstaltungen und Meldungen, auch unter Einbeziehung vieler Repräsentanten der LVU, gegeben, in denen dieses Programm immer wieder erwähnt, genannt und auch dargestellt worden ist. – In den letzten Tagen habe ich aufgrund der Heftigkeit der Kommentierung in der öffentlichen Presse, die ich nicht nachvollziehen kann – das sage ich noch einmal –, viele Gespräche geführt. Ich habe auch den ovalen Tisch, der in dieser Woche getagt hat, genutzt, um am Rande Gespräche mit Herrn Dr. Braun, mit Herrn Simon und mit Herrn Rössl von der IHK Gespräche zu führen. Ich habe gestern mit Herrn Podzun von der IHK in Koblenz gesprochen. Ich habe selbstverständlich auch mit dem DGB und mit Betriebsräten gesprochen und bin sehr froh darüber, dass man in diesen Gesprächen die Gelegenheit nutzen konnte, vieles zu objektivieren und über vieles noch einmal deutlicher zu informieren, aber auch die Bedenken, die seitens der Unternehmerschaft bestehen, aufzunehmen.
Wir sind jetzt so verblieben – auch darüber bin ich froh –, dass sich die LVU und der DGB zusammensetzen werden, dass sie das Betriebsinformationssystem betrachten und dann überlegen werden, wie die Weiterentwicklung dieses Projekts aussehen kann. Herr Licht, ich werde Ihrer Forderung, es abzuschaffen, nicht nachkommen. Vielmehr setze ich in diesem Punkt wie immer auf Sozialpartnerschaft.
(Wirz, CDU: Aber auch Sie müssen sich an die gesetzlichen Bestimmungen halten! – Weitere Zurufe von der CDU)
Die Irritationen sind auch dadurch ausgelöst worden, dass zurzeit eine Debatte geführt wird, die teilweise nicht nachvollziehbar ist. Ich bin aber ganz gewiss, dass es der Sozialpartnerschaft gelingen wird, einen gemeinsamen Weg zu finden, um dieses Betriebsinformationssystem und das gesamte Paket in Zukunft gemeinsam weiterzuentwickeln. Darüber bin ich froh. Herr Mertin, für mich ist das ein Zeichen dafür, dass alle Behauptungen, bezogen auf die Zerrüttung der Sozialpartnerschaft in Rheinland-Pfalz, einfach nicht stimmen. Das ist nicht die Realität in Rheinland-Pfalz.
Frau Ministerin, ich habe bei Ihren Schlussbemerkungen festgestellt, dass Sie in Ihrer Sensibilität wachsam geworden sind; denn nicht umsonst haben Sie gesagt, dass Sie die Bedenken der Unternehmen jetzt aufnehmen. Sie haben einen langen Vortrag gehalten, um in den Schlusssätzen deutlich zu machen, dass wir recht haben und es genau richtig ist, dort den Finger in die Wunde zu legen.
Ich möchte es noch einmal deutlich machen. Es geht nicht darum, Betriebsräte und Gewerkschaften anzugreifen. Es geht darum, dass es eine Regierung ermöglicht, mit einem sehr sensiblen Bereich unsensibel umzugehen. Es war genau richtig, den Finger in die Wunde zu legen.