Protokoll der Sitzung vom 11.11.2009

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung müsste sich doch einmal fragen, woran das liegt. Eigentlich liegt die Antwort nahe. Wer privat investiert, möchte etwas gewinnen. Das Geschäftsmodell muss stimmen. Wenn es nicht stimmt, dann zieht sich der kluge Geschäftsmann zurück, logisch. Irgendwie fehlt den privaten Investoren ständig das Vertrauen, dass die großen Projekte Ihrer Regierung, Herr Beck, wirklich etwas taugen. Das liegt an Ihnen und Ihrer sozialdemokratischen Spitzentruppe, an den Deubels, an den Herzögen, den Kafitzen. Ich könnte noch viele andere nennen, die Sie im Land losschicken, um zu immensen Kosten Vorzeigeprojekte zu produzieren, die Ihnen Gelegenheit geben, sich in Szene zu setzen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das geht nicht.

(Beifall der CDU)

Herr Ministerpräsident, wie viel Sie und Ihre Mannen von Wirtschaft und Kapital verstehen, haben Sie alle erleben können, als Sie sich von halbseidenen Finanzjongleuren beim Nürburgring vorführen ließen wie Lieschen Müller vom Teppichhändler an der Haustür.

(Zurufe von der SPD: Oje!)

Herr Ministerpräsident, als Sie ganz persönlich auf das platte Märchen vom reichen Onkel aus Amerika namens Dupont hereingefallen sind, ist jedem deutlich geworden, dass Sie ein richtig ausgebuffter Experte für Wirtschaft und Finanzen sein müssen.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU)

Weil das alles so ist, wie es ist, sollte man auch die Polemik nicht so ernst nehmen, mit der Sie nun gegen die Steuer- und Finanzpolitik der neuen Bundesregierung zu Felde ziehen, vor allem gegen den neuen Finanzminister, der einfach einmal in das Wahlprogramm der SPD auf Bundesebene hineinschauen sollte, was die alles versprochen haben, wenn sie drankommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da kann ich nur sagen: Wir sind froh, dass es nicht so gekommen ist; denn spätestens dann wären alle Haushalte völlig verschuldet gewesen.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte in dieser Debatte auch etwas zur Steuerreform und zur Haushaltssanierung sagen und festhalten: Es ist erstens nicht die Bundesregierung, die den Landeshaushalt Rheinland-Pfalz an die Wand gefahren hat. Das betone ich. Ich glaube auch nicht, dass das außer Ihnen jemand behauptet. Es ist die Regierung von Ihnen, Herr Ministerpräsident, die seit 1994 eine unverantwortliche Schuldenpolitik betreibt. Solange diese Landesregierung ihre Hausaufgaben nicht macht, entbehrt Ihre Kritik an der Steuerpolitik auf Bundesebene, Entschuldigung, jeder Legitimation, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Diejenigen, die die Bundesregierung jetzt wegen angeblich unseriöser Steuerpolitik angreifen, wären die Ersten, die die Union und die FDP der Steuerlüge bezichtigen würden, dann auch zu Recht, wenn die angekündigten Steuervorhaben nicht umgesetzt werden würden, dass wir die kleinen und mittleren Einkommen – um diese geht es – entlasten, damit die Menschen wieder mehr netto in der Tasche haben und selbst entscheiden können, was sie mit diesem Geld machen.

Das ist im Übrigen sozial, nur das am Rande bemerkt.

(Beifall bei der CDU)

Drittens. Nach dem Rücktritt des gescheiterten Finanzministers Professor Dr. Deubel und der Vorlage des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes hätten Sie, Herr Dr. Kühl, und die ganze Landesregierung die Chance gehabt, eine Wende in der Haushaltspolitik des Landes einzuleiten. Das hätten Sie mit einer Konzeption für die nächsten Jahre machen können. Aber was stellen wir fest? Es gibt keine Konzeption. Das gilt beispielsweise auch unter Ihrer Ägide für den Nürburgring. Was ist damit? Wie bekommen wir diese Region zukunftsfähig gestaltet? Wie kommen wir in die Gewinnzone? Wie schaffen wir es, nicht weiter unnütz Steuergelder in hohen Dimensionen zu verprassen?

Viertens. Die CDU-Landtagsfraktion begrüßt und unterstützt die steuerpolitischen und haushaltspolitischen Ziele der neuen Bundesregierung.

(Beifall des Abg. Schreiner, CDU)

Solide Staatshaushalte und mehr Netto vom Brutto, wie ich gerade ausgeführt habe, sind beide gleichermaßen notwendig und miteinander vereinbar. Wir fordern deshalb die Landesregierung auf, wie andere Bundesländer in dieser Republik endlich dazu überzugehen, eine eigene Aufgabenkritik zu betreiben und auf der Ausgaben

seite zu erforschen, was sich verändern lässt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Pörksen, SPD: Da seid ihr gute Vorbilder!)

Das ist Ihre Pflicht.

Fünftens. Solide Staatshaushalte und mehr Netto vom Brutto sind keine Gegensätze. Vorher ist so schön gesagt worden, 50 % decken sich. Herr Steinbrück ist sogar der Meinung, 60 % decken sich. Ich kann Ihnen andere mit Zahlen belegbare Beispiele nennen, bei denen man genau sieht, dass das mehr Netto bei den Menschen in der Tasche auch mehr Steuereinnahmen nach sich zieht.

Ich darf noch einmal an die Steuerentlastung von 1986 bis 1990 erinnern. Wir reden nicht über ein Hexenwerk, das es nie gab. Ich darf an die Erhöhung der Kinderfreibeträge erinnern. Dagegen konnte keiner sein. Ich nenne die Erhöhung des Kindergeldes – dagegen kann keiner sein. Ich nenne die Senkung der Grenzsteuersätze im Progressionsbereich und die abschließende Senkung des Eingangssteuersatzes und des Spitzensteuersatzes um drei Prozentpunkte. Die Nettoeinkommen der Menschen wurden spürbar erhöht.

Herr Finanzminister, ich war beeindruckt, als Sie sagten, auch Sie können sich nicht vorstellen, Steuern an der einen oder anderen Stelle zu erhöhen. Sie haben eine Ausnahme genannt, die Sie aus Ihrer Sicht haben. Ich weiß, dass es nicht umsetzbar ist, vielleicht sogar leider nicht umsetzbar ist. Ich fand es sehr bezeichnend, dass Sie plötzlich nichts mehr zur Absenkung des Eingangssteuersatzes, wie es Ihre Partei gefordert hat, und zu der Frage der Reichensteuer gesagt haben. Also scheint auch bei Ihnen die Einsicht einzukehren, die Menschen nicht mit weiteren Steuern zu belasten, sondern sie zu entlasten. Das ist sehr vernünftig.

(Beifall bei der CDU)

Heute, 25 Jahre später, ist der Streit um Steuersenkungen beinahe bis auf Strich und Komma derselbe. Heute spricht nichts dagegen und alles dafür, mit den Erfahrungen der Steuerreform von 1986, die den Stufentarif eingeführt hat, die lange überfällige Tarifreform in dieser Legislaturperiode des Bundestages endlich zu vollziehen. Bund und Länder müssen sich auf eine wirtschaftspolitisch tragfähige Strategie zur Belebung der Wirtschaft und zur Sanierung der Haushalte verständigen.

Herr Finanzminister, Sie wissen, dass der Bundesfinanzminister gesprächsbereit ist. Diese Strategie muss auf Wachstum und daraus folgenden Steuermehreinnahmen – Wachstum geriert Steuermehreinnahmen –, höhere Beschäftigung und daraus folgende Minderausgaben bei Transferzahlungen und Zuschüssen für die Sozialversicherung setzen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage an dieser Stelle ganz bewusst Folgendes: Wenn ich immer wieder höre, dass in dieser Koalitionsvereinbarung jetzt

die soziale Kälte in diesem Land eingetreten wäre, dann frage ich, wer das Schonvermögen bei Hartz IV erhöht hat. In welchem Koalitionsvertrag steht das?

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

In welchem stand es nicht?

Ich möchte darauf hinweisen können, dass es in diesem Koalitionsvertrag ein klares Signal dazu gibt.

(Ramsauer, SPD: Wie viel Menschen betrifft denn das?)

Herr Ramsauer, ich kann Ihnen gerade in Ludwigshafen genug nennen, die das betrifft. Ich stelle sie Ihnen gerne vor.

(Ramsauer, SPD: Aber kein Schonvermögen!)

Aber wenn Sie davon keine Ahnung haben, tun Sie mir leid. Sie sollten dann nicht dazwischenrufen.

(Beifall der CDU – Ramsauer, SPD: Sie haben keine Ahnung, wie Hartz IV-Menschen leben! Sie können sich das gar nicht vorstellen!)

Ja, Herr Ramsauer, ich weiß, Sie wissen alles, und wir sind dumm. (Zuruf des Abg. Licht, CDU)

Ich sage Ihnen nur eines, es ist gut, dass das eingeführt wurde. Ihre Reaktion zeigt mir, dass es ein Thema ist, das Sie sehr bewegt. Es tut mir leid, dieses Mal haben wir es nicht nur als Erste gefordert, sondern auch als Erste umgesetzt. Darauf sind wir ein bisschen stolz.

(Beifall der CDU – Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum Schluss mit einem Satz zur Begründung unseres Antrages. Wir beantragen in Verbindung mit dieser Debatte die Errichtung einer Haushaltsstrukturkommission, weil wir der Meinung sind, dass wir den Haushalt – wie es in Hessen auch gemacht wird – ehrlich durchforsten müssen.

(Schweitzer, SPD: Wieder eine Kommission!)

Lassen Sie uns das durchaus gemeinsam machen. Wir sind dazu bereit.

(Schweitzer, SPD: Nur noch Kommissionen!)

Wir brauchen ein Ergebnis, bei dem auch auf der Ausgabenseite geschaut wird, was wir uns in Zukunft noch erlauben und leisten können. Wir können nicht immer nur auf Kosten nachfolgender Generationen leben.

(Schweitzer, SPD: Wie langweilig! – Ramsauer, SPD: 1.100 Lehrer, 800 Polizisten!)

Danke. (Beifall der CDU – Schweitzer, SPD: Ist das ein Langweiler!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als Gäste begrüße ich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Diakoniewerkstätten in Kirn. Herzlich willkommen!