Der FDP-Landtagsfraktion fehlt in erster Linie die Perspektive hin zu einer wirklichen Lernmittelfreiheit. Sie wollen auf Dauer ein entgeltliches System anlegen, bei dem Eltern immerhin noch ein Drittel des Ladenpreises dafür zahlen müssen, dass ihre Kinder ein Buch dann für ein Jahr ausleihen können. Sie wollen hiermit die Einnahmen erzielen, die die Kosten dieses System auf Dauer decken sollen. Wir können uns das allerhöchstens als eine Möglichkeit des Einstiegs in eine generelle Lernmittelfreiheit vorstellen.
Gerade dadurch, dass Sie Gebühren für die Lernmittelausleihe erheben wollen, erzeugen Sie auch einen beträchtlichen Aufwand an zusätzlichen Verwaltungskosten. Sie müssen jährlich bis zu 3,7 Millionen Euro an die Schulträger für den Verwaltungsaufwand erstatten. Zudem werden Sie für jede Schule einen Betrag von 1.500 Euro für Hard- und Software zur Verfügung stellen. Auch hier kommt man bei 1.600 allgemeinbildenden Schulen locker an die 2,5 Millionen Euro.
Wenn man mit den Schulträgern spricht, sind sie teilweise noch ganz frohen Mutes, teilweise graut es ihnen auch schon heute vor dem Verwaltungsaufwand, der
maßgeblich dadurch verursacht wird, dass sie auch Gebühren veranschlagen, dass sie diese abrechnen und im Zweifel bei den Eltern eintreiben müssen. All das ist eine zusätzliche Belastung.
Die CDU schlägt jetzt wieder vor, dass man diesen Schwarzen Peter auch zwischen den Kommunen und den Schulen hin- und herschieben könnte, die das verständlicherweise auch nicht gerne machen wollen. Hier müssen wir sagen, das hätte man natürlich sehr wohl einschränken können, wenn man von vornherein in kleineren Schritten ein unentgeltliches System installiert und vorangebracht hätte.
Die Kommunen machen das vor. Mein Kollege Auler hat heute in der Fraktion berichtet, dass die Verbandsgemeinde Rheinböllen sich dazu entschlossen hat, von vornherein ein unentgeltliches Entleihsystem einzurichten. Das kostet rund 8.000 Euro. Das muss eine Kommune erst einmal haben. Aber ich glaube, man hat das natürlich auch vor dem Hintergrund überlegt, dass man zum einen den Eltern gleich eine vernünftige Lernmittelfreiheit anbieten kann und zum anderen einen Teil des Verwaltungsaufwands nicht in dieser sehr komplizierten Form tragen muss.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben auch einen realistischen Finanzierungsvorschlag für einen Einstieg in die Lernmittelfreiheit in diesem Hause vorgelegt. Wir werden uns auch in den nächsten Jahren hier immer wieder über Investitionen streiten müssen. Für uns wäre es besonders wichtig gewesen, einen sauber finanzierten Einstieg in ein neues System zu finden. Sie müssen auch die Mittel für die Erstanschaffung der Buchbestände aufbringen. Da Sie als Landesregierung nicht bereit sind, in anderen Bereichen Abstriche zu machen und klare politische Prioritäten zu setzen, werden hierzu eben wieder neue Schulden auf Kosten der Generation aufgenommen, die heute in die Schule geht. Das können wir nicht mittragen.
Zusammenfassend möchte ich für meine Fraktion betonen, dass wir einen anderen Weg gegangen wären. Wir haben das noch einmal mit einem Entschließungsantrag deutlich gemacht. Wir möchten uns aber auch nicht einem generellen Systemwechsel und einer Entlastung der Eltern entgegenstellen.
Der Änderungsantrag der CDU-Fraktion enthält sowohl Punkte, die unsere Unterstützung finden, als auch solche, die wir kritisch sehen. Ich kann mich zum Beispiel der Forderung danach anschließen, dass ein solches System auch von unten nach oben über die Grundschule anfangend aufgebaut werden sollte. Das ist durchaus etwas, was wir auch gefordert haben. Es bringt aber, wie gesagt, nach unserer Auffassung nichts, noch einmal das Fass aufzumachen, wer denn jetzt den Verwaltungsaufwand tragen sollte, die Schule oder der Schulträger. Wir haben in der Anhörung auch gehört, dass die Schulen davon überhaupt nicht erbaut wären.
Wir sehen, dass unser Wunsch nach einer generellen echten Lernmittelfreiheit grundsätzlich nicht auf Gegenliebe in diesem Hause stößt. Damit müssen wir uns abfinden. Wir wollen uns aber auch den Schritten, zu denen Sie hier im Rest des Hauses bereit sind, nicht komplett verschließen. Deshalb an dieser Stelle unsere Enthaltung zu all dem, was jetzt hier an Beschlussgrundlagen vorliegt.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei so viel Zustimmung oder entschlossener Enthaltung weiß ich gar nicht richtig, mit was ich mich im Einzelnen noch auseinandersetzen soll. Ich freue mich erst einmal, dass es uns offensichtlich doch gelungen ist, hier heute einen ganz guten Gesetzentwurf zu haben.
Ich freue mich natürlich auch über die breite Zustimmung, die er wohl finden wird. Insofern möchte ich nicht noch einmal so sehr auf die Unterschiede in der Debatte eingehen. Ich möchte noch einmal drei Punkte nennen, die mir von Anfang an besonders wichtig waren und die jetzt in voller Konsequenz auch in dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zum Tragen kommen.
Uns war es zum Ersten ganz wichtig, dass die, die bisher Gutscheine bekommen haben, nicht schlechtergestellt werden, sondern dass sie vollständig von den Kosten für die Schulbücher und auch für Atlanten und Arbeitshefte befreit sind. Ich denke, es ist ein Riesenschritt, dass dies für 25 % vollkommen gewährleistet wird.
Uns war es zum Zweiten aber auch wichtig zu überlegen, wie wir den Kreis derer, die prinzipiell von einer Neuregelung profitieren, erweitern können. Das wird jetzt mit dem neuen System mit der Ausleihe geschaffen. Auch das ist sicherlich ein großer Schritt für die Eltern im Land.
Ich möchte einen dritten Punkt ansprechen. Wir wollten tatsächlich ein System, das die Schulen möglichst mit wenig Verwaltungsaufwand belastet. Ich habe das immer wieder in der Debatte deutlich gemacht, das ist kein kleiner Punkt, sondern das ist ein entscheidender Punkt bei der Umsetzung. Deswegen haben wir gerade auf diese Frage so viel Wert gelegt.
Frau Abgeordnete Dickes, bei aller Wertschätzung, Sie sagten, hätten wir Ihren Antrag umgesetzt, wären wir heute schon viel weiter. Ich kann Ihnen genau sagen, wo
wir wären. Wir wären immer noch dabei, mit den Schulen über den Verwaltungsaufwand zu diskutieren. Das wäre die Konsequenz gewesen, wenn wir Ihrem Gesetzentwurf zugestimmt hätten.
Wir haben aber nicht gewartet und nichts getan, sondern wir haben sowohl im Ausschuss als auch hier im Parlament regelmäßig darüber informiert, welche vorbereitenden Arbeiten wir bereits ergriffen haben. Die wichtigste vorbereitende Arbeit ist sicher die, dass es uns gelungen ist, mit den kommunalen Spitzenverbänden bereits eine Konnexitätsvereinbarung abzuschließen.
Diese Frage ist bereits geklärt und Ihnen mit Scheiben vom 1. Dezember mitgeteilt worden. Ich bin den kommunalen Spitzenverbänden ausgesprochen dankbar, dass sie mit uns so zügig an der Klärung dieser Frage gearbeitet haben. An dieser Stelle sage ich herzlichen Dank!
Die Schulträger erhalten eine angemessene finanzielle Erstattung. Die ist beziffert. Aber wir haben von vornherein gesagt, es ist eine Mischung aus pauschaler Erstattung und Revision. Insofern brauchen wir keine Aufforderung im Änderungsantrag der CDU, wir sollten eine Revisionsklausel einfügen und das überprüfen. Mit den Kommunen ist vereinbart, dass sie eine pauschale Erstattung erhalten. Dann gibt es einen gemeinsamen Überprüfungsprozess. Im Detail ist der Zeitpunkt geklärt, zu dem eine Anpassung stattfindet, nämlich zum Schuljahr 2012/2013.
Darüber hinaus ist vereinbart, dass wir diesen Einführungsprozess begleiten und damit Erfahrungen gewinnen. Die Konnexitätsvereinbarung ist klar. Sie hat all das aufgenommen, was in den Gesprächen bisher vorgetragen wurde. Insofern bedarf es dort aus meiner Sicht keiner Korrektur.
Lassen Sie mich einen Satz zu der Frage der Zugänglichkeit und Abwicklung und dazu sagen, dass Zentrales problematischer wäre. Damit, dass die Aufgabe bei den Schulträgern liegt, gehen wir einen dezentralen Weg. Die Schulträger brauchen aber Unterstützung bei dieser Aufgabe. Diese Unterstützung gewähren wir Ihnen zum Beispiel über das Internetportal. Das ist eine Unterstützung, die von uns voll akzeptiert und gefördert wird. Es muss zentrale Unterstützungsleistungen in diesem Prozess geben.
Lassen Sie mich in ganz wenigen Stichworten auf den Antrag der Fraktion der CDU eingehen. Das dort Vorgeschlagene macht es aus meiner Sicht nicht besser, sondern würde uns in neue Probleme stürzen, weil die Dinge in diesem Änderungsantrag nicht so klar formuliert worden sind, wie sie formuliert sein müssen. Ihr Ansatz zum Festlegen des Kreises der Berechtigten würde mit Ihrer gewählten Formulierung dazu führen, dass man keine Regelung für die Sonderschulen und das Berufsvorbereitungsjahr vorsehen könnte. Wir sind uns doch einig, dass es an diesen Schulen anders geregelt sein
Ich komme zu der Frage der Haushaltsbelastung. Es ist klar, dass wir auf Dauer in dieses System Geld zuschießen müssen. Ich glaube, wir brauchen uns nicht darüber zu streiten, was man vermeintlich mit Geld machen könnte, wenn es Überschüsse gäbe, die so niemals eintreten werden. Das Gegenteil ist der Fall. Auch in Zukunft bedarf es der öffentlichen Zuschüsse, um das System zu halten.
Zu Ihrer Formulierung, dass die Schulträger in enger Abstimmung mit den Schulen stehen, sage ich Folgendes: Ich habe Vertrauen in die Schulträger, dass sie die enge Abstimmung mit den Schulen suchen. Ich muss sagen, ich glaube, da soll etwas geändert werden, damit es im Nachhinein Ihre Logik rechtfertigen soll, dass es eigentlich irgendwie einmal stand, dass es bei den Schulen sein soll. Wir sind einig zwischen den Schulträgern und den Schulen. Insofern ist das nicht erforderlich.
Dass wir mit den weiterführenden Schulen und nicht mit den Grundschulen beginnen, ist eine bewusste Entscheidung, weil wir gesagt haben, wir wollen dort den Einstieg machen, wo die Entlastung für die Eltern am deutlichsten spürbar sein wird. Das ist zweifelsohne im Bereich der Sekundarstufe I der Fall.
Lassen Sie mich ein Letztes sagen. Frau Abgeordnete Morsblech, das Schöne an Ihnen ist, Sie sind immer für eine Überraschung gut. Sie wissen, dass ich diese Argumentation, die Sie eben gemacht haben, mir sehr gut bei der Beitragsfreiheit für Kindertagesstätten hätte vorstellen können; denn da geht es um den Zugang zu Bildungseinrichtungen, und es geht um deutlich höhere Entlastungen. Damals haben Sie uns erklärt, warum wir das mit der Gießkanne machen und wir das alles in der Breite streuen. Wir haben es an dieser Stelle bewusst in der Breite gestreut, weil wir eine klare Philosophie haben, nämlich Gebührenfreiheit von der Kindertagesstätte bis zur Hochschule. Das ist aus unserer Sicht ein entscheidender Beitrag zur Chancengleichheit.
Alle, die das gesagt haben, haben recht. Das wird zum kommenden Schuljahresbeginn eine Kraftanstrengung werden, das hinzubekommen. Wir arbeiten mit Hochdruck daran. Wir sind in guten Gesprächen mit den Schulträgern. Wir werden sie eng in den Prozess einbinden. Wir werden die Schulen regelmäßig informieren. Das gilt selbstverständlich auch für die Eltern. Nach heutigem Stand gehe ich davon aus, dass wir zum Schuljahresbeginn 2010/2011 die gewünschte entlastende Wirkung bei rund 245.000 Schülerinnen und Schülern bzw. deren Eltern erzielen können. Das ist ein erster großer Schritt, dem, wie Sie wissen, weitere für die Grundschule und die Sekundarstufe II folgen werden. Wir zumindest wollen uns anstrengen, dass dieses System einen guten Start hat.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/4090 – ab. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung der FDP abgelehnt.
Wir kommen zur unmittelbaren Abstimmung über den Gesetzentwurf – Drucksache 15/3953 – in zweiter Beratung, da die Beschlussempfehlung die unveränderte Annahme empfiehlt. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der SPD und CDU bei Stimmenthaltung der FDP angenommen.
Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetz zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben!
Wer enthält sich? – Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der SPD und CDU bei Stimmenthaltung der FDP angenommen.