Protokoll der Sitzung vom 04.02.2010

Das ist auch unter finanziellen Aspekten jenseits der menschlichen Situation, die wir im Moment haben, eine außerordentlich schwierig zu lösende Frage und auch schon immer eine Frage gewesen, die uns angetrieben hat, tatsächlich zu einer verfassungskonformen gemein

samen Lösung vor Ort zu kommen, um dieses Personal, das geworben worden ist, halten zu können.

(Beifall bei der SPD)

Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Anklam-Trapp von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Ministerin, meine Frage bezieht sich auf die Vergabe von Qualifizierungsmaßnahmen gerade für Menschen, die berufsvermittelnde Maßnahmen dringend brauchen, um auf den Arbeitsmarkt zu kommen. Mein Eindruck ist, dass diese qualifizierenden Maßnahmen im Moment wenigen zuteilwerden und Menschen, die arbeitsuchend sind, nicht so schnell vermittelt werden können, auch deswegen, weil die Finanzierungszusagen zurzeit nicht gegeben werden. Ist der Eindruck richtig, oder haben Sie eine andere Einschätzung?

Das kann ich jetzt leider nicht ohne Weiteres beantworten, da müsste ich mich selbst noch einmal rückversichern.

Eigentlich ist an den Instrumentarien im Moment noch nichts verändert worden. Das bedeutet nicht, dass aufgrund des hohen finanziellen Drucks innerhalb der BA bestimmte Praktiken vielleicht verändert worden sind.

Aber das ist jetzt einfach ins Blaue gesprochen. Ich würde mich gern selbst davon überzeugen und dann noch einmal eine Nachricht geben.

Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Sahler-Fesel.

Schönen Dank, Herr Präsident.

Frau Ministerin, ich habe eine Frage aus Sicht der Arbeitsuchenden. Bisher wird in den ARGEn ein Antrag gestellt. Eine getrennte Aufgabenwahrnehmung hieße aber doch auch eine getrennte Antragstellung, weil freiwillig kooperiert wird. Ich weiß aus der ARGE im Bereich Trier, in der ich auch tätig bin, dass die Software in diesem Fall nicht mehr passen würde. Ist schon einmal darüber nachgedacht oder darüber gesprochen worden, wie diese Datenweitergabe organisiert werden soll? Oder ist es so gedacht, dass tatsächlich getrennt gearbeitet wird, so dass die Antragstellenden zweimal ihre Daten erfassen lassen müssen? Gibt es irgendwelche Absprachen dazu?

Dies hängt davon ab, ob die Kommunen vor Ort einen so genannten Kooperationsvertrag mit der Bundesanstalt für Arbeit abschließen oder nicht. Dann müsste man sich auch entsprechend einigen, wie dies EDV- und datenschutzrechtlich funktioniert.

Allerdings halten wir es für fast ausgeschlossen, dass alle Kommunen freiwillig diese Kooperationsvereinbarung eingehen, weil sie aus unserer Sicht für die Kommunen nicht wirklich attraktiv ist. Es hängt also ganz stark davon ab, wie die Wahl des Mittels vor Ort ist. Aber wenn man tatsächlich zu einer Effizienz kommen will, gibt es eigentlich nur die Chance, zu kooperieren. Umgekehrt haben aber die Kommunen an vielen Punkten tatsächlich auch ein wenig das Nachsehen. Deshalb haben wir unsere Zweifel an der praktischen Umsetzung an dieser Stelle.

Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Frau Grosse.

Frau Ministerin, wie bewerten Sie politisch die Situation, dass im Februar ein Kompromiss der 16 Bundesländer vorlag, die CDU diesen Kompromissvorschlag überraschend ablehnte und in der Koalitionsvereinbarung stand, dass keine Verfassungsänderung stattfinden werde, und nun doch wieder eine Verfassungsänderung im Raum steht?

Ich glaube, ich habe meinen Frust und meinen Ärger über die Vergangenheit schon hinlänglich zur Geltung gebracht. Die Bundesregierung hat in den Koalitionsvertrag eine Regelung aufgenommen, die ich persönlich für völlig unmöglich halte, weil ich die Situation inhaltlich sehr gut kenne und weiß, dass es keine gescheite Lösung gibt, die verfassungskonform entwickelt werden könnte.

Meine Interpretation ist, dass sich die neuen Minister in der Regierung, die die Verantwortung haben, dieses Projekt umzusetzen, gegenüber dem Kanzleramt sehr deutlich in dem Sinne geäußert haben, dass es verfassungsrechtlich in der Tat in hohem Maße problematisch ist. Ich kann daher eine Verfassungsänderung wirklich nur begrüßen. Eine Einsicht – wenn sie auch sehr spät erfolgt – wäre immer noch besser, als dass wir in eine Konstruktion geraten, die uns im nächsten oder übernächsten Jahr um die Ohren fliegt.

Eine weitere Zusatzfrage der Frau Kollegin Fink.

Frau Ministerin, wie schätzen Sie die Chancen der bestehenden Optionskommunen ein? Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass es zukünftig mehr werden könnten? Mir ist zu Ohren gekommen, dass es die einen oder anderen Kommunen schon gerne selbst machen würde.

Das ist eine knifflige Frage. Ganz sicher ist, wenn eine Verfassungsänderung herbeigeführt wird, kommt es zu 100 % auch zu einer Absicherung der Optionen. Aber der Punkt ist, selbst durch die Festschreibung der Optionen ist dies nicht verlässlich regelbar, ohne eine Verfassungsänderung durchzuführen. Dies wurde auch durch unsere Verfassungsrechtler so bestätigt. Das heißt, auch dazu benötigt man eine Verfassungsänderung.

Über die Anzahl der Optionskommunen muss man sprechen. Wenn es tatsächlich noch einmal zu Gesprächen über die Frage einer Verfassungsänderung kommt, zu denen wir auch jederzeit bereit sind, muss man diese Thematik noch einmal insgesamt diskutieren, um zu einer akzeptablen Lösung für alle Seiten zu kommen.

Eine dritte Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Grosse. Danach möchte ich die Rednerliste schließen. Wir haben nun 15 Minuten länger Fragen gestellt, als wir ursprünglich vorgesehen hatten. – Bitte schön!

Frau Ministerin, wie sieht die Einschätzung der kommunalen Spitzenverbände zu einer Verfassungsänderung aus?

Der Landkreistag und der Städtetag haben sich ebenfalls für eine Verfassungsänderung ausgesprochen und von Anfang an dieselbe Auffassung vertreten wie die Bundesländer, dass man ohne Verfassungsänderung nicht weiterkommt. Wenn man erneut in gemeinsame Gespräche eintreten würde, hätte man also tatsächlich die Chance, auch für die Kommunen eine gute Lösung zu finden und diese Streitsituation nicht noch weiter zu manifestieren.

Meine Damen und Herren, damit ist die Fragestunde beendet.

(Beifall der SPD)

Ich rufe nun Punkt 11 der Tagesordnung mit dem ersten Thema auf:

AKTUELLE STUNDE „Erste Erfahrungen mit der Realschule plus“ auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 15/4180 –

Bevor ich Frau Kollegin Morsblech das Wort erteile, begrüße ich Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse der Augustiner-Realschule Hillesheim, Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einer berufsvorbereitenden Maßnahme zur Erlangung des Hauptschulabschlusses des Bildungszentrums CJD Bad Kreuznach und Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Schüler-Landtagsseminar bei uns als Gäste. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ich erteile nun Frau Abgeordneter Morsblech das Wort.

Danke schön! Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gleich zu Beginn dieses Jahres gab es in Rheinland-Pfalz ein Jubiläum, nämlich sechs Monate Realschule plus.

(Unruhe im Hause)

Jubiläen von Firmen beispielsweise werden normalerweise gemeinsam von der Firmenleitung und der Belegschaft gefeiert. Es gibt ein Glas Sekt und ein paar schöne Schnittchen, und man hat Grund, sich zu freuen.

(Unruhe im Hause)

Aber, meine Damen und Herren, wenn im normalen Leben nur der Chef oder die Firmenleitung feiern würde, und die Belegschaft verkündet öffentlich, dass es eigentlich keinen Grund zum Feiern gibt, weil der Betrieb trotz größter Anstrengungen der Belegschaft nur mäßig läuft, weil die Firmen- und Personalpolitik und die Arbeitsbedingungen nicht vernünftig sind, kann man nicht von einer gelungenen Jubiläumsfeier sprechen.

Die Landesregierung hat beim Start der Realschule plus beinahe schon prophetisch darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um das Ei des Kolumbus der Bildungspolitik handelt, um eine Schulform, die die demografischen und strukturellen Probleme, die Probleme der Hauptschülerinnen und Hauptschüler löst, die eine individuelle Förderung ermöglicht und die die Schülerinnen und Schüler zu mehr und höheren Abschlüssen führt, natürlich bei gleichzeitig intensivierter Berufsvorbereitung. Diese Schule war nach Ihren Meldungen schon ein Erfolgsmodell, bevor sie überhaupt angefangen hat zu arbeiten.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Das haben Sie doch auch gedacht, Frau Kollegin!)

Heute können Sie sehen, dass die allererste Bilanz der Beteiligten doch eher mager ausfällt und vor allem genau die Probleme deutlich werden, die wir im Vorfeld

beinahe gebetsmühlenartig vorgetragen haben und auf die wir Sie im Vorfeld hingewiesen haben.

(Beifall der FDP)

Ich glaube auch, wenn Sie weitere sechs Monate oder noch eine längere Zeit abwarten, dass sich noch viel massivere Kritik auftun wird, wenn Sie nicht auf die wirklich berechtigten Hinweise und Forderungen des VDR und der GEW, also derjenigen, die in den Realschulen plus tätig sind, reagieren.

Die Probleme der bisherigen Hauptschülerinnen und Hauptschüler finden sich heute und künftig in den Realschulen plus wieder, genauso wie künftig hoffentlich auch noch der starke Realschüler, der sich auf das Gymnasium vorbereiten will. Die Lehrerinnen und Lehrer, die in diesen Schulen arbeiten, müssen mit einem sehr großen Spektrum unterschiedlicher Fähigkeiten und Leistungen, aber auch sozialer Voraussetzungen von Schülerinnen und Schülern umgehen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wie im richtigen Leben, Frau Kollegin!)

Sie stellen hierzu bei Weitem nicht die notwendigen Rahmenbedingungen zur Verfügung, und diese Rückmeldung haben Sie auch sehr deutlich bekommen.

(Beifall der FDP)

Ich kann mich auch noch sehr gut an die Diskussion im Vorfeld erinnern. Meine Kollegin Frau Brede-Hoffmann ist im Moment auch sehr aufgeregt und sagt einiges zu dem, was ich vortrage. Man konnte in der lokalen Presse ihre Äußerungen sehr schön verfolgen. Bei den Informationsveranstaltungen, die es vor Ort zu den Realschulen plus gab, stand Frau Brede-Hoffmann immer da und sagte: Na ja, wenn wir integrative Systeme einrichten und Kinder länger gemeinsam lernen lassen, werden sich die stärkeren sehr sozial entwickeln und sich um die schwächeren kümmern, und dadurch lernen alle voneinander.

(Dr. Weiland, CDU: Absoluter Quatsch! Bildungspolitischer Murks! – Zuruf von der SPD: Was ist daran falsch? – Zuruf des Abg. Pörksen und der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Meine Damen und Herren, wir hören heute zu Recht von den betroffenen Lehrkräften, dass individuelle Förderung eben nicht nur bedeutet, dass man alle gemeinsam in einen Klassenraum steckt und individuelle Förderung auch nicht nur im Gesetz ein Auftrag an die Lehrerinnen und Lehrer sein darf, sondern sie auch den nötigen Rahmen braucht.

(Beifall der FDP und der CDU)

Wenn wir für unser Schulsystem weiterhin Chancengerechtigkeit wollen, muss gerade in integrativen Systemen genügend Personal zur Verfügung stehen, damit Lehrerinnen und Lehrer auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler eingehen können. Wenn ab Klasse 7