Die Landesregierung geht davon aus, dass diese Stellen ihre Entscheidungen im Rahmen einer sorgfältigen Abwägung zwischen Sicherheit für Passagiere und Besatzung auf der einen Seite und wirtschaftlichen Belangen insbesondere der Airlines auf der anderen Seite getroffen haben.
Problematisch war vor allem die Tatsache, dass es in Europa bislang kein Messnetz und auch keine verbindlichen Grenzwerte zur Bestimmung der Aschekonzentration in der Luft gegeben hat. Vor allem dies führte in den vergangenen Tagen zu Verstimmungen und Irritationen bei allen Akteuren.
Hier muss es in Zukunft zu einer verbindlichen Festlegung von Grenzwerten und einer harmonisierten Zusammenarbeit der europäischen Behörden kommen.
Nach Medienberichten hat die britische Luftfahrtbehörde für sich aktuell einen neuen Grenzwert für die Aschekonzentration pro Kubikmeter festgelegt, der um das 20Fache höher liegt als das, was in den letzten Tagen gemessen wurde. Wir warten, dass die Bundesregierung auch hier sehr schnell zu entsprechenden Entscheidungen kommt.
Das Londoner „Vulkanberatungszentrum“ soll diese Grenzwerte der Briten bereits übernommen haben. Dies belegt erneut den bestehenden Flickenteppich im europäischen Luftraum.
In den nächsten Wochen und Monaten gilt es daher, auf europäischer Ebene einheitliche Grenzwerte zu erörtern und verbindlich zu verankern. Ich begrüße daher, dass die Verkehrsminister der europäischen Union in den nächsten Tagen den Fahrplan für die weiteren Schritte erörtern wollen.
In diesem Zusammenhang sind insbesondere auch die Flugzeug- bzw. Triebwerkhersteller gefordert, belastbare Aussagen zur möglichen Beeinträchtigung von Triebwerken und Bordinstrumenten durch Vulkanasche zu formulieren. Nach meiner Einschätzung kam es durch die Zulassung von kontrollierten Sichtflügen nicht zu einer übermäßigen Lärmbelästigung der Bevölkerung.
Erstens sind die Piloten aufgrund von Sicherheitsaspekten und des vergleichsweise hohen Kerosin-Verbrauchs in niedrigen Flughöhen aus wirtschaftlichen Gründen darum bemüht, in den für Sichtflüge zugelassen Lufträumen möglichst hoch zu fliegen.
Zweitens handelt es sich bei den zugelassenen Sichtflügen – gemessen an der Anzahl der regulären Flugpläne – nur um einen kleinen Bruchteil der sonst üblichen Flugbewegungen.
Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen hat in einer ersten Zwischenbilanz darauf hingewiesen, dass durch die sechstägigen massiven Einschränkungen im Luftraum knapp drei Millionen Passagiere an den deutschen Flughäfen nicht abgefertigt werden konnten. Parallel hierzu gab es erhebliche Beeinträchtigungen bei der Luftfracht; schätzungsweise konnten rund 50.000 Tonnen Fracht nicht befördert werden.
Verkehrspolitisch müssen die gewonnenen Erfahrungen der vergangenen Tage aufgearbeitet werden. Ich teile die Auffassung der ADV, dass das Zusammenspiel von Behörden, Flugsicherung, Wetterdienst, Fluggesellschaften und Flughäfen noch verbessert werden kann. Beispielsweise müssen die europäische Koordination und die Kommunikation noch effizienter gestaltet werden.
Zu Frage 1: Die Sperrung des Luftraums führte in Hahn im Aviation-Bereich zu Umsatzeinbußen bei den Start- und Landeentgelten und den Bodenabfertigungsentgelten. Im Non-Aviation-Bereich ergaben sich Einbußen im Bereich der Parkierung und der Konzessionserlöse.
Nach einer ersten Berechnung der Geschäftsführung hat der Flughafen Frankfurt-Hahn Umsatzeinbußen von über einer Million Euro erlitten. Ob diese Umsatzausfälle nach Aufnahme des Flugbetriebs zumindest teilweise durch verstärktes Flugaufkommen und Erhöhung der Auslastung wieder kompensiert werden können, kann derzeit noch nicht beurteilt werden.
Im Bereich der Parkierung hat der Flughafen eine Kulanzregelung vorgesehen. Diejenigen Passagiere, die nicht zeitgerecht nach Hahn zurückkehrten konnten und deshalb höhere als die ursprünglich vorgesehenen Parkgebühren zu entrichten haben, erhalten eine Gutschrift von 50 % der Park-Mehrkosten.
Positiv anzumerken ist, wir gehen davon aus, dass trotz der Umsatzeinbußen von über einer Million Euro das Betriebsergebnis sich nicht verschlechtern wird, weil wir den Betrag der Einnahmen, die wir durch Umsatzeinbußen verlieren, mindestens an Baukosten eingespart haben durch logistische Meisterleistung der Flughafengesellschaft Hahn, die Reparaturarbeiten an den Tagen durchzuführen. Deswegen vielen Dank für das tolle
Zu Frage 2: Die am Flughafen Frankfurt-Hahn operierenden Fracht- und Passagierfluggesellschaften waren durch das Flugverbot in erheblichem Umfang betroffen.
Bei den Passagierfluggesellschaften musste Ryanair bereits am Donnerstag, den 15. April 2010, vereinzelt Flugausfälle durch Flugverbote in anderen Ländern hinnehmen. Von Freitag, den 16. April, bis einschließlich Mittwoch, den 21. April, wurden alle Flüge ab Hahn abgesagt. Dadurch kam es zu dem Ausfall von rund 260 ab Frankfurt-Hahn geplanten Abflügen. Bei der Wizz Air mussten aufgrund des Flugverbotes vier Abflüge gestrichen werden.
Eine für Sonntag, den 18. April 2010, kurzfristig zugelassene Öffnung des Luftraums für drei Stunden war für die Fluggesellschaften zu kurzfristig, um die Crews und das Fluggerät in Bereitschaft zu bringen. Da auch die Passagiere nicht rechtzeitig hätten informiert werden können, hatte Ryanair bereits im Vorhinein alle Abflüge auch innerhalb dieses kurzen Zeitfensters abgesagt.
Ebenso waren auch die am Flughafen Frankfurt-Hahn operierenden Frachtfluggesellschaften durch das Flugverbot betroffen. Allein der Aeroflot war es möglich, binnen der dreistündigen Öffnung des Luftraums am 18. April 2010 eine Maschine in Richtung Moskau zu starten. Mit einer Sondergenehmigung für den Sichtflugbetrieb war es zudem Air Cargo Germany am Montag, den 19. April 2010, möglich, ihre beiden Maschinen in Hahn landen und nach erfolgter Ent- und Beladung wieder starten zu lassen.
Alle übrigen Frachtflüge mussten entweder abgesagt werden oder wurden zu Flughäfen umgeleitet, die nicht vom Flugverbot betroffen waren. Hierdurch entstand für die Fluggesellschaften ein zusätzlicher Logistik- und Kostenaufwand.
Zu Frage 4: Die am Standort angesiedelten FrachtHandling-Gesellschaften waren durch die Flugausfälle erheblich betroffen. Nahezu alle Importfracht wurde über Flughäfen abgewickelt, die noch geöffnet waren. Hinsichtlich der für den Export bestimmten Fracht wurde die entsprechende Ware bis Montag, den 19. April 2010, noch an die Frachtabfertiger am Flughafen Hahn geliefert. Danach wurde auch diese Fracht an bereits geöffnete Flughäfen verbracht.
Bei den Spediteuren handelt es sich nicht um isoliert am Flughafen Frankfurt-Hahn agierende Firmen. Hier ist daher vor allem der erhöhte Aufwand für Logistik zu nennen, um die für Hahn gebuchte Fracht per LKW zu Alternativ-Flughäfen umzuleiten.
Die im Terminal angesiedelten Einzelhändler und Gastronomiebetriebe wurden zeitnah informiert, sodass diese, soweit dies möglich war, ihre Bestellungen und Warenlieferungen auf das aktuelle Geschehen abstimmen konnten. Es ist davon auszugehen, dass diese Betriebe durch das Ausbleiben der Passagiere ebenfalls nicht unerhebliche Umsatzeinbußen zu verzeichnen hatten.
Eine stichprobenhafte Nachfrage bei den am Flughafen oder in der Nähe des Flughafens angesiedelten Hotelbetrieben ergab, dass die Hotels überwiegend Umatzeinbußen hatten. Ein Hotel wies allerdings darauf hin, dass die Buchungsrückgänge nur sehr gering waren, da Urlauber, die nicht fliegen konnten, kurzfristig einen Kurzurlaub an der Mosel gebucht haben. Insoweit hat – lassen Sie mich dies bei dieser Gelegenheit abschließend sagen – der Vulkanausbruch auch ein klein wenig zur Belebung des rheinland-pfälzischen Tourismus beigetragen.
Herr Minister, wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang das allgemeine Krisenmanagement? Ich frage nach. Gab es einen Krisenstab, und waren bei diesem Krisenstab und bei diesem Krisenmanagement allgemein die Landesregierungen der jeweils betroffenen Flughäfen mit eingebunden?
Es gab nur einen Krisenstab bei der Deutschen Flugsicherheit. Die Länderminister wurden in einer Schaltkonferenz informiert.
An diesem Krisenmanagement ist zu bemängeln, dass man zunächst sehr apodiktisch gesagt hat, alles Notwendige ist in den Regeln festgelegt. Man hat verkannt, dass es bezüglich der Vulkanasche nicht ausreichende Regelungen gibt. Es gibt keine Festlegung von Grenzwerten. Wir haben kein entsprechendes Messnetzwerk. Das ist zunächst falsch eingeschätzt worden. Wenn dies unmittelbar nach Ausbruch des Vulkans so kommuniziert worden wäre, hätten wir eine Reihe von Irritationen auch in den Medien verhindern können. Hier hätte man sich früher informieren müssen. Das ist der Bundesregierung erst nach wenigen Tagen bewusst geworden und dann entsprechend so kommuniziert worden.
Jetzt werden auch von dieser Grenzwerte eingefordert. Jetzt wird gefordert, ein Messnetz aufzubauen. Das wird Gegenstand der Ministerkonferenz auf europäischer Ebene sein. Das hat man falsch eingeschätzt. Daraus sind die ersten Irritationen entstanden.
Herr Minister, Sie haben uns eben 260 Abflüge genannt, die ausgefallen sind. Weiterhin haben Sie 75 Flüge im Cargobereich genannt. Können Sie das noch einmal in Passagiere und Tonnen umrechnen? Entspricht das im Grundsatz den 13 % Umsatzeinbruch, die Sie am Anfang genannt haben?
Ich bin gerne bereit, die Passagier- und Frachtzahlen nachzuliefern, die bezüglich des Flughafens Hahn heruntergebrochen werden. Ich habe Ihnen die Zahlen von 3 Millionen Passagieren und 50.000 Tonnen Fracht genannt. Das bezieht sich auf alle deutschen Verkehrsflughäfen.
Wir haben prozentual am Flughafen Hahn sogar einen höheren Ausfall von Passagierflügen als zum Teil in anderen Flughäfen. Nach meiner Auffassung hat Ryan- air die kluge Entscheidung getroffen zu sagen, um unsere Passagiere nicht zu verwirren, machen wir die klare Aussage, wir werden keinen Flug starten lassen und warten ab, bis der Flugraum offen ist. Da alle Flugzeuge in der Ausgangsbasis waren, konnte man danach den kompletten Flugplan fliegen. Andere Airlines hatten über mehrere Tage eine gewisse Unübersichtlichkeit für die Passagiere gehabt. Das war ein Vorteil, den wir am Flughafen Hahn hatten. Das hat in den wenigen Tagen zu etwas höheren Flugausfällen geführt, dafür ging es bei uns aber schneller ordnungsgemäß los.
Herr Minister, aus Ihren umfangreichen Antworten geht hervor, dass es sich in dieser schwierigen Lage um diffuse und um schwer einzuschätzende Daten handelt. Würden Sie mir zustimmen, dass genau in dieser Situation immer der Grundsatz gelten sollte, Sicherheit vor Profit?
Das ist nur eine rhetorische Frage. Der Grundsatz, dass Sicherheit von Menschen vorgehen muss, ist unbestreit
bar. Wenn aber bezüglich der Ausfälle für die Wirtschaft – wir reden hier von Umsatzeinbußen von 1,3 Milliarden Euro – alles unternommen werden muss, Sicherheit zu gewährleisten und dennoch wirtschaftliche Expansion zu erreichen – beides kann in Einklang gebracht werden –, dann kann man schon kritisieren, dass die ersten Entscheidungen aufgrund von reinen Computersimulationen getroffen worden sind. Es gab keine genaue Einschätzung, und es gab auch keine Bemühungen, genau festzustellen, ob es überhaupt eine Aschewolke über Zen- traleuropa mit einer Gefährdung des Flugverkehrs gibt.
Nein, ich hätte nicht so apodiktisch gesagt, es gibt Regeln, die auf dem Stand der Wissenschaft alles festgelegt haben. Man erkennt jetzt, dass das Regelwerk überarbeitet werden muss. Die Erkenntnis ist jetzt gekommen.
Ich habe auch gegenüber dem Bundesverkehrsministerium deutlich gemacht, man muss das bestehende Regelwerk hinterfragen. Ob das auf die konkret vorhandene Situation passt und dafür sachgerecht ist, muss hinterfragt werden. Das habe ich bewusst frühzeitig und nicht über die Medien gemacht, um nicht zur weiteren Verwirrung beizutragen. Genau das ist nachher geschehen. Wenn sich die Wettersituation nicht geändert hätte, dann hätte das bedeutet, wenn es auch zu einem weiteren Vulkanausbruch in Island gekommen wäre, dann hätten wir den Flugverkehr über mehrere Monate in Europa sperren müssen, und zwar aufgrund einer Regelung, von der wir wissen, dass sie überarbeitet und sachgerechter umgesetzt werden muss, um die Sicherheit und den weiteren möglichen Flugbetrieb zu gewährleisten. Mit Blick auf die Situation kann man erwarten, dass man sich frühzeitig darüber auseinandersetzt, welche Regelungen wir haben und ob sie noch zeitgemäß sind. Das ist Aufgabe von Politik. Das hätte man nach meiner Auffassung zeitlich etwas früher tun können.