Protokoll der Sitzung vom 24.06.2010

(Eymael, FDP: Das ist doch gar nicht die Frage gewesen!)

Diesen Punkt – also die Frage, inwieweit die Wirtschaft Interesse an dem hat, was dort stattfindet – haben Sie bei der Hochschulfinanzierung immer für wichtig gehalten. Sie hat offensichtlich an dem, was in Neustadt stattfindet, prozentual ein höheres Interesse als an dem, was in Geisenheim stattfindet – wobei ich Letzteres auch loben will. In Geisenheim wird gute Forschung betrieben. Daher werden wir das mitfinanzieren.

Ich bin stolz darauf, kommunizieren zu können, dass die Forschungsvorhaben, die in Neustadt stattfinden, auf hohe Akzeptanz stoßen. Dort hat sich das Ganze gut entwickelt. Damit können wir feststellen, dass es im Weinbaubereich auch in Rheinland-Pfalz Forschung auf hohem Niveau gibt. Sie sollten ebenfalls froh darüber sein, dass das in Rheinland-Pfalz und eben nicht nur in Hessen stattfindet. Auch das stärkt den Standort Rheinland-Pfalz. (Beifall der SPD – Eymael, FDP: Die Frage ist nicht beantwortet!)

Damit ist die – – –

Bezüglich der – – –

Herr Minister, Ihre Kunstpause habe ich als Ende der Beantwortung verstanden.

Ich will gerne noch etwas ergänzen, damit man mir nicht den Vorwurf machen kann, dass ich die Studierendenzahl nicht genannt habe.

(Eymael, FDP: Die Frage war, wie viele Studierende von Neustadt nach Geisenheim gewechselt haben!)

Das mag sein. Dem will ich gerne nachgehen. Ich weiß nur, dass wir deutlich mehr Anmeldungen haben als von uns prognostiziert. Von Ihnen wurde infrage gestellt, ob wir überhaupt 25 Studierende pro Jahr bekommen. Ich habe Ihnen die Zahl genannt. Es sind über 54, die sich beworben haben, viele davon aus anderen Bundesländern. Die Ausbildungsstellen gehören häufig zum Who is Who des Weinbaus in Deutschland. Die Spitzenbetriebe sind die Betriebe, die in der dualen Ausbildung in Neustadt ausbilden lassen.

Die Studierenden kommen aus vielen europäischen Staaten und sogar aus Russland. Dieser Studiengang erfreut sich einer hohen Akzeptanz. Herr Eymael, hören Sie auf, fälschlicherweise von einem Studiengang light zu sprechen. Ich bin der festen Überzeugung, dass Sie sich – verdrängend, was heute gesagt wurde – auch sehr lobend darüber äußern werden, dass ein solcher Studiengang in Rheinland-Pfalz stattfindet.

(Beifall der SPD)

Die Anfrage ist beantwortet.

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Hedi Thelen und Dr. Josef Rosenbauer (CDU), Entwicklung der Hilfen zur Erziehung in Rheinland-Pfalz – Nummer 4 der Drucksache 15/4731 – betreffend, auf. Wer trägt vor? – Herr Rosenbauer, bitte schön.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung die aktuelle Entwicklung bei den Hilfen zur Erziehung in RheinlandPfalz, die von erhöhtem Bedarf und steigenden Zahlen geprägt ist?

2. Worin sieht die Landesregierung die Ursachen für diese Entwicklung?

3. Wie schätzt die Landesregierung die weitere Entwicklung ein?

4. Wie haben sich die Kostenaufwände der Kommunen und des Landes für Hilfen zur Erziehung in den letzten fünf Jahren absolut und anteilig entwickelt?

Bitte schön, Frau Ministerin. Sie haben die Gelegenheit, zu antworten.

Danke sehr, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten Herren und Damen Abgeordnete, guten Morgen! Ich beantworte die Anfrage von Herrn Dr. Rosenbauer und Frau Thelen wie folgt:

Der 3. Landesbericht „Hilfen zur Erziehung in RheinlandPfalz“ setzt wie auch seine beiden Vorgänger Maßstäbe für eine fundierte Jugendhilfe- und Sozialberichterstattung. Mit dem Landesbericht liegen valide Daten über die Fall- und Kostenentwicklungen bei den Hilfen zur Erziehung in allen 41 Jugendämtern in Rheinland-Pfalz vor.

Die große Stärke des Berichts ist, dass die Entwicklung nicht nur isoliert für die Hilfen zur Erziehung, sondern in einem Gefüge aus demografischen und soziokulturellen Bedingungen betrachtet wird.

Zu Frage 1: Die aktuelle Entwicklung bei den Hilfen zur Erziehung ist nicht nur landesweit, sondern bundesweit von einer steigenden Zahl der Fälle geprägt. In Rheinland-Pfalz erhielten im Jahr 2008 insgesamt 21.512 junge Menschen eine Hilfe zur Erziehung. Damit wurden 6.150 Hilfen mehr in Anspruch genommen als sechs Jahre zuvor. Das entspricht einem Fallzahlzuwachs von 40 %.

Auch wenn der Hilfebedarf über die Jahre hinweg kontinuierlich gestiegen ist, so fällt die deutliche Veränderung zwischen 2007 und 2008 ganz besonders auf. Innerhalb nur eines Jahres stieg die Zahl der Hilfen um knapp 9 %. Diese Entwicklung gilt mit unterschiedlicher Ausprägung für fast alle Jugendämter. Wichtig ist, dass die Ausgaben mit 6,5 % weniger stark steigen als die Zahl der Fälle mit 9 %.

Mit steigenden Fallzahlen und damit steigenden Ausgaben stehen die Kommunen in doppelter Weise unter Druck. Zum einen sind die steigenden Fallzahlen Ausdruck eines wachsenden Hilfebedarfs von Kindern, Jugendlichen und ihrer Familien. Hier müssen vor Ort die Jugendämter gemeinsam mit freien Trägern Antworten finden, wie eine geeignete Förderung und Unterstützung aussehen kann.

Zum anderen müssen die Kommunen die finanziellen Belastungen in einer Situation äußerst angespannter Haushalte verkraften. Einen einfachen Ausweg gibt es nicht; denn der Bedarf und die Notlagen von Familien sind real.

Der Landesbericht versetzt die Jugendämter in die Lage, die eigene Praxis zu überprüfen und kommunalpolitische Steuerungsinstrumente zu schärfen. Wenn beispielsweise deutlich wird, dass Jugendämtern mit einem hohen Anteil „kurzer“ Hilfen, die also weniger als sechs Monate dauern, eher mehr Fälle und überdurchschnittliche ProKopf-Ausgaben haben, dann lassen sich daraus Anregungen für die Entscheidungspraxis und die Hilfegestaltung ableiten.

Zu Frage 2: Auch hier gibt es keine einfachen Antworten. Es lassen sich unterschiedliche Einflussfaktoren benennen. Die Folgen von Armut und fehlender sozialer Netze muss die Kinder- und Jugendhilfe bearbeiten. Die Situation von Alleinerziehenden ist in vielen Fällen prekär und risikobehaftet.

Verschlechtert sich die materielle Lebenslage von Alleinerziehenden und fehlen private Unterstützungssysteme, dann steigt auch das Risiko, dass Erziehungspro

zesse scheitern und Hilfen zur Erziehung notwendig werden.

Der Landesbericht macht aber auch deutlich, dass die steigenden Fallzahlen nicht ausschließlich mit einer gestiegenen Bedarfslage zu erklären sind. Eine ganz zentrale Erklärung ist die bundesweit geführte Kinderschutzdebatte. Damit einher ging eine deutlich gestiegene Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Kinderschutzfragen und eine damit gestiegene Zahl von Meldungen.

Gleichzeitig wurde das Angebot von frühen Hilfen ausgebaut. Mit den lokalen Netzwerken nach dem Landeskinderschutzgesetz wurde die Zusammenarbeit zwischen Kinder- und Jugendhilfe und dem Gesundheitssystem gestärkt und verbessert. Diese Maßnahmen, die politisch gewollt und fachlich gefordert wurden, haben letztlich zu einem Anstieg der Fallzahlen und zu zusätzlichen Kosten in den Jugendämtern beigetragen.

Rheinland-Pfalz hat in diesem Zusammenhang mit seinem im März 2008 in Kraft getretenen Landesgesetz zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit bundesweit viel Anerkennung verfahren. Wir lassen die Jugendämter mit ihrer schwierigen Aufgabe nicht allein.

Das Land unterstützt die Jugendämter mit jährlich rund 1,4 Millionen Euro und trägt damit zu einer erfolgreichen Umsetzung des Landesgesetzes bei. Seit 2002 sind in den Sozialen Diensten 80 Vollzeitstellen hinzugekommen. Den größten Personalschub hat das Landeskinderschutzgesetz gebracht. Rund 27 Stellen wurden daraus vom Land finanziert.

Zu Frage 3: Gemeinhin könnte man davon ausgehen, dass die demografische Entwicklung zu einem Rückgang der Fallzahlen bei den Hilfen zur Erziehung führt. Dem ist aber nicht so. Die demografische Entwicklung zeigt bislang keine bedarfsmindernden Effekte. Belastbare Hinweise für eine Trendwende sind bisher nicht zu erkennen.

Ein wirksamer Kinderschutz wird die Jugendämter in den kommenden Jahren vor weitreichende Herausforderungen stellen. Mit dem Landesgesetz zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit haben wir landespolitisch die Weichen richtig gestellt. Die Auswirkungen der Kinderschutzdebatte zeigen sich in den gestiegenen Fallzahlen und Ausgaben.

Es muss deutlich werden, dass Kinderschutz kein Konjunkturthema ist, sondern einer verlässlichen, qualifizierten und mit hinreichenden Ressourcen ausgestatteten Arbeit der Jugendämter bedarf.

Die Steuerung der Hilfen zur Erziehung braucht starke Jugendämter. Ein personell gut ausgestatteter Basisdienst im Jugendamt wirkt kostendämpfend und fallzahlreduzierend bei den Hilfen zur Erziehung.

Ein letzter Punkt. Die Hilfen zur Erziehung werden weiterhin Ausfallbürge für gesamtgesellschaftliche Problemlagen bleiben. Daher trifft die Entscheidung der Bundesregierung, das Elterngeld für ALG-II-Bezieher und den Wohngeldempfängern den Heizkostenzuschuss zu streichen, genau die Menschen, die sich ohnehin in einer

prekären Lebenssituation befinden. Es sind die Armen, die getroffen werden. Die Kommunen dürfen die Rechnung zahlen.

Zu Frage 4: Das Land Rheinland-Pfalz ist das einzige Land, das den Jugendämtern anteilig die Kosten der Hilfen zur Erziehung erstattet. Damit erkennt die Landesregierung die besondere Verantwortung und Herausforderung der Kommunen bei der Unterstützung und Förderung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien in schwierigen Lebenslagen an. Im Jahr 2003 wurde von einer 25 %igen Anteilsfinanzierung auf einen Festbetrag umgestellt.

Der Festbetrag wurde auf 40,4 Millionen Euro festgelegt und erhöht sich jährlich um 2 %. 2003 betrug der Landesanteil rund 19 %, und die Gesamtausgaben von Land und Kommunen beliefen sich auf 217 Millionen Euro. Der zur Verfügung stehende Betrag wird auf die Kommunen nach den jeweils im vorangegangenen Jahr entstandenen Kosten verteilt.

Die Gesamtausgaben für die Hilfen zur Erziehung lagen 2004 bei 224 Millionen Euro, 2005 bei 232 Millionen Euro, 2006 bei 247 Millionen Euro und 2007 bei 255 Millionen Euro. Im Jahr 2008 haben Land und Kommunen dann rund 271 Millionen Euro für diesen Bereich aufgewendet. Der Landesanteil lag mit rund 44,1 Millionen Euro bei rund 17 %.

So weit die Antwort der Landesregierung.

(Beifall der SPD)

Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Anklam-Trapp.

Sehr geehrte Frau Ministerin, ich frage Sie bei der Entwicklung der Hilfen zur Erziehung nach der Rolle der Bundesregierung. Es ist ein länderübergreifendes Problem. In allen Ländern wachsen diese Haushalte. Ich frage Sie nach der Einschätzung der Entwicklung für die angekündigten Hilfen zum Beispiel im Rahmen des Programms Kinderschutz, das wir in unserem Land und in unseren Kommunen nach Ihren Ausführungen weitestgehend umgesetzt haben. Wie im Armuts- und Reichtumsbericht zu lesen war, leben viele Kinder in getrennten Lebensgemeinschaften. In welcher Weise kann mit Hilfen vonseiten der Bundesregierung gerechnet werden, um sich dieser Probleme im Allgemeinen annehmen zu können?

(Licht, CDU: Da haben Sie eine Aufgabe! – Bracht, CDU: Da müssten Sie eine Regierungserklärung abgeben!)

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, das Kinder- und Jugendhilfegesetz ist ein Bundesgesetz. Die Jugendhilfe

ist kommunalisiert. Von daher ist es überhaupt nicht selbstverständlich, dass sich zum Beispiel ein Land an den Kosten beteiligt.

Umgekehrt ist es so, dass die Kinderschutzdebatte zu Recht auch auf der Bundesebene sehr intensiv geführt worden ist. Meines Erachtens muss auf Bundesebene auch unbedingt dafür gekämpft werden, dass es den Kommunen gegenüber eine Bundesbeteiligung bei der Inanspruchnahme des Auftrags gibt.