Liebe Kolleginnen und Kollegen, als weitere Gäste im Landtag begrüße ich Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse der Geschwister-Scholl-Realschule Westerburg sowie Mitglieder des SPD-Ortsvereins Holzheim. Herzlich willkommen hier in Mainz!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat Ihnen, wie dies gestern von Finanzminister Dr. Kühl deutlich gemacht worden ist, einen Haushalt für das Jahr 2011 und eine Finanzplanung vorgelegt, die über einen deutlich längeren Zeitraum reicht, als dies normalerweise üblich ist. Ersteres, um auf einen zukünftigen Gesetzgeber nach der Landtagswahl Rücksicht zu nehmen und ihm für weitere Jahre Gestaltungsspielräume offenzuhalten, und letzteres, also die längere Finanzplanung, um deutlich zu machen, dass wir uns auf den Weg begeben, die Finanzen entsprechend der Bundesverfassung und – wie nach dem gemeinsamen Antrag aus diesem Hohen Hause zu erwarten ist – auch zukünftig unserer Landesverfassung zur Konsolidierung des Landeshaushalts aufzuzeigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist in der Tat so, dass wir uns auf einem Weg befinden, der von sehr unterschiedlichen Situationen und Erwartungen geprägt ist. Er ist davon geprägt, dass wir uns in einer hoffentlich auslaufenden Wirtschafts- und Finanzkrise weltweit, in Deutschland und damit auch mit Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz befinden und wir die Weichen so stellen müssen, dass dieser begonnene Aufschwung nicht steckenbleibt, sondern in der Tat in die kommenden Jahre hinein weitergeführt wird und wir die Hoffnung haben können, wenn wir nicht falsch handeln, dass wir auf ein dauerhaftes Wachstum in der Größenordnung
von nahe 2 % kommen können. Das ist nicht ausgemacht. Das kann von uns niemand garantieren, weil viel zu viele Faktoren, auch außenwirtschaftliche und Finanzfragen, eine Rolle spielen. Aber es ist eine reale Chance, die durchaus durch viele Indikatoren gestützt wird.
Es kommt darauf an, diesen Weg zu begleiten. Auf der anderen Seite kommt es darauf an, dass wir in die Zukunft hinein die richtigen Investitionen fördern. Das sind zuvörderst Investitionen in die Fähigkeiten von Menschen. Es sind Investitionen in das Vertrauen von Menschen, beispielsweise junger Menschen, dass sie sich zu Familie und Kind entscheiden und wir damit einen realen Beitrag dazu leisten, dass unser Land in Zukunft dadurch attraktiv bleibt, dass gut ausgebildete, aber auch möglichst viele Menschen bei uns leben und hier arbeiten, die dann unsere Gesellschaft und die Wirtschaft als eine entscheidende Basis unserer Gesellschaft tragen können.
Es kommt sicher ein Drittes dazu, dass wir nämlich Sorge dafür tragen müssen, dass unterschiedliche Tendenzen in der Gesellschaft zusammengeführt werden und wir daraus so viele Kräfte organisieren, die die Gesellschaft zusammenhalten, dass die Widersprüche in einer pluralen Gesellschaft dadurch nicht überwiegen können und damit die Gesellschaft nicht auseinander treibt, sondern zusammengehalten wird. Ich meine die Interessen von älteren Menschen gegenüber jüngeren, die Interessen, die sich aus unterschiedlicher Einkommensituation und sozialer Situation ergeben, aber auch Interessen und Erfahrungen und unterschiedliche kulturelle Verankerungen, die daraus entstanden sind, dass viele Menschen bei uns leben, die aus anderen Kulturkreisen kommen, andere Erfahrungen haben, die wir zu einem großen Teil gewollt und zu uns als Arbeitskräfte geholt haben.
Es sind Menschen und Familien, die mit all den Verwerfungen kämpfen, mit denen wir vielleicht als Personen auch kämpfen müssten, wenn wir gezwungen wären, was wir glücklicherweise in Deutschland nicht sind, in einen anderen Kulturkreis auszuwandern, um dort für die Zukunft der eigenen Familie sorgen zu können.
Ich glaube, in all diesen Fragen und bei all dem, was an wahlkampfgeprägten Tönen heute erwartungsgemäß auch eine Rolle gespielt hat, kommt es darauf an, dass wir uns der Differenziertheit der Herausforderungen bewusst sind. Wir müssen uns auch darüber bewusst sein, dass wir mit solchen Haushaltsdaten durchaus Politik gestalten und die Konsolidierung mit der Erfüllung der notwendigen Aufgaben für heute und den richtigen Weichenstellungen für morgen miteinander verbinden.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das nehme ich für diesen Haushaltsentwurf und für die Finanzplanung in Anspruch. Man kann immer darüber streiten, ob der eine oder andere Punkt hätte anders gewichtet werden sollen. Ich nehme für diese Landesregierung in Anspruch, dass sie dafür steht und sich darum bemüht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will in diesem Zusammenhang sagen dürfen, dass wir nicht auf einer völlig neuen und veränderten politischen Idee aufbauen oder uns neu auf einer politischen Landschaft bewegen. Wir entwickeln mit diesem Haushalt und mit der Finanzplanung in den kommenden zehn Jahren die Politik weiter, die wir in den letzten Jahren in RheinlandPfalz seit 1991 gemacht haben. Das bedeutet natürlich, dass dieser Grundanspruch bzw. diese Grundsätze, mit denen meine Regierungen in all diesen Jahren angetreten sind, nämlich wirtschaftlichen Erfolg, soziale Gerechtigkeit, ökologische Vernunft in sicherer Lebenslage für die Menschen und in einer entsprechenden kulturellen Vielfalt zu fördern und voranzubringen, weiter gelten. Sie sind in diesem Land Rheinland-Pfalz alles andere als schlecht in reale Politik umgesetzt worden.
Es ist nicht Eigenlob, sondern Anerkennung der Anstrengungen von vielen Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmerinnen und Unternehmern, Gewerkschaften, Betriebsrätinnen und Betriebsräten, Personalräten und vielen anderen, die in dieser Gesellschaft mitwirken, nicht zuletzt ehrenamtlich mitwirken. Wir können uns als Land Rheinland-Pfalz sehen lassen.
Ich glaube, wenn Sie ehrlich sind, geht es Ihnen nicht anders. Wenn ich irgendwo in Deutschland oder darüber hinaus in Europa unterwegs bin, dann hat sich dieses Land ein hohes Renommee durch den Fleiß und die Fähigkeiten der Bürger erarbeitet. Aber eine schlechte Politik kann dem nicht zugrunde gelegen haben, die das verhindert hätte.
Das drückt sich in Wirtschaftswachstumsraten aus, die nicht schlecht sind. Den Baden-Württembergern ging es ähnlich wie uns. Wir wussten alle, dass wir in der Wirtschaftskrise als besonders exportorientiertes Land zunächst härter als andere betroffen sind. Ich habe damals gesagt, und der Wirtschaftsminister hat dies seinerzeit betont, wenn wir es richtig machen, haben wir die Chance, schneller aus dem Loch herauszukommen. Es beginnt sich gerade zu bewahrheiten.
Ich sage noch einmal, diese Entwicklung muss stabilisiert werden, damit wir wieder an die Oberkante kommen; denn wir sind bei Weitem noch nicht aus dem Loch heraus. Deshalb ist die Feststellung des Finanzministers, dass wir immer noch mit der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu kämpfen haben, nicht irgendeine Schutzbehauptung, sondern ist Realität, auf die sich die Politik einzustellen hat. Im Übrigen befinde ich mich bei dieser Feststellung in Einklang mit dem Bundesfinanzminister, der seinen Haushalt vor wenigen Wochen genauso begründet hat.
Ich spreche Sie nicht an. Ich stelle einfach einige Dinge fest. Sie müssen nicht immer zu allen anderen im Widerspruch stehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist diese wirtschaftliche Herausforderung. Das sind die Ergebnisse, auf die wir aufbauen und die wir jetzt zu stärken und zu stabilisieren haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin froh darüber und ein bisschen stolz darauf, dass wir trotz der Wirtschaftskrise in den Jahren 2008, 2009 und ins Jahr 2010 hinein steigende Gründerzahlen netto haben. Diejenigen, die leider in die Insolvenz mussten, sind gegengerechnet. Wir haben steigende Gründerzahlen in diesem Land Rheinland-Pfalz.
Herr Kollege Mertin, es gibt sicher solche Beispiele, wie Sie eines genannt haben. Dem gehen wir in jedem Einzelfall nach. Das ist keine Frage. Da kann etwas dran sein. Wenn man dem nachgeht, zeigt sich manchmal auch, dass nichts dran ist. Es kann aber auch etwas dran sein. Wo Menschen sind, passieren menschliche Fehler. Es kann sicher auch da und dort einen systematischen oder organisatorischen Fehler geben. Man muss dann darangehen und versuchen, ihn aufzuarbeiten. Das ist keine Frage.
Ich erlebe bei den Mittelständlern ein völlig anderes Bild. Ich bin jeden Monat bei mindestens fünf bis sechs mittelständischen Betrieben zu Gast. Das geschieht nicht immer mit großem Brimborium, sondern um dort mit den Leuten, den Unternehmern, den Arbeitnehmern und dort, wo es sie gibt, mit den Betriebsräten zu reden. Im Regelfall finde ich in diesem Land eine Grundstimmung der Unternehmerschaft, die von einer hohen Zustimmung für das geprägt ist, was ihnen dieses Land an Voraussetzungen bieten kann, um erfolgreich zu wirtschaften. Sicher gibt es auch diese oder jene Klage, dass die Straße besser und die Zufahrt schöner sein könnte. Das sind alles berechtigte Punkte, denen man nachgehen muss.
Meine Damen und Herren, das ist die Realität in diesem Land. Wenn wir uns anschauen, wie sich das bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern spiegelt, dann ist die Zahl von 5,3 % Arbeitslosigkeit im September dieses Jahres eine Zahl, die nicht drückt, sondern die eine Arbeitsmarktsituation ausdrückt, die vor einigen Jahrzehnten diesem Land Rheinland-Pfalz niemand zuge- traut hätte. Wir stehen deutlich vor Hessen und mit 0,7 % hinter Baden-Württemberg an drittgünstiger Stelle. Das hat nicht allein die Regierung gemacht. Dass wir alles falsch gemacht hätten, so wie es hier unterschwellig behauptet wird, ist durch die Realität für die Men
Wenn man genauer hinschaut, darf man deutlich machen, dass die Jugendarbeitslosigkeit überdurchschnittlich zurückgeht. Das hat damit zu tun, dass wir in der Phase der Krise nicht nur vor uns hingearbeitet haben. Ich habe einen Pakt für Rheinland-Pfalz ins Leben gerufen. All diejenigen, die am wirtschaftlichen Geschehen mit beteiligt sind, sind mit dabei. Das gilt auch für die Finanzwirtschaft. Wir haben die grundlegenden Schritte miteinander abgestimmt. Das hat etwas damit zu tun, dass wir einen ovalen Tisch seit Jahren haben, der sich bemüht, dass junge Menschen einen Ausbildungsplatz im dualen System bekommen. Wir müssen in zunehmendem Maße darauf schauen, dass die Unternehmen qualifizierte junge Menschen gewinnen können. In gemeinsamen Anstrengungen – Frau Kollegin Ahnen, auch die Schulen – müssen wir mit den Unternehmen und den Schulen dafür sorgen, dass die Schwächeren eine Chance bekommen.
Die Tatsache, dass wir bis zum Ende dieses Jahres nach einer statistischen Prognose der Bundesagentur für Arbeit noch 300 unversorgte Jugendliche und deutlich mehr offene Plätze haben werden, ist ein Ergebnis, das nicht von allein kommt. Für dieses Ergebnis haben wir in vielen einzelnen Fällen bis zur einzelnen Person hin gerungen. Das gilt für die Kammern aller Berufe, den Einzelhandel, die freien Berufe und für alle, die am Geschehen beteiligt sind. Nicht zuletzt sind die Gewerkschaften zu nennen. Das ist ein Bündnis, das auf Bundesebene nicht möglich ist, weil man sich bei den Verbänden untereinander ständig streitet.
Wir haben dies seit acht oder neun Jahren. Wir haben damit Erfolg. Das ist ein Teil rheinland-pfälzischer Politik, nämlich Probleme miteinander zu lösen. Es ist klar, dass es unterschiedliche Interessen gibt. Diese muss man zusammenführen und sich die Problemlösung gemeinsam vornehmen. Ich finde, das darf man einmal sagen. Aus diesem Grund sind die Daten so, wie sie sind, und nicht deutlich schlechter.
Erlauben Sie mir, deutlich zu machen, dass zur Stärkung dieser Kräfte, die eine Gesellschaft zusammenhalten, sie kreativ halten und nach vorne bringen, eine Politik gehört, dass wir sozial gerecht und ausgewogen handeln.
Wir werden die Menschen nicht für das Ehrenamt gewinnen können, wenn sie das Gefühl haben, sie werden im Betrieb ausgebeutet, und niemand steht ihnen zur Seite. Wir werden die Stärken unserer Gesellschaft, was die Breite der Ausbildungen und die Fähigkeiten der Menschen betrifft, nicht voll entwickeln können, wenn die Leute das Gefühl haben, im Zweifelsfall wird denen in der Mitte der Gesellschaft genommen und denen, die oben sind, gegeben.
Erzählen Sie mir nicht, es könnte gerecht sein, dass jemand mit meinem Einkommen mit null Cent – wenn ich nicht freiwillig in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert wäre, wäre das so – an den Sparprogrammen der Bundesregierung beteiligt ist, während man den Leuten, die mit 1.500 Euro pro Monat heimkommen, ans Portemonnaie geht. Das fördert den Zusammenhalt nicht, sondern das spaltet die Gesellschaft, und das muss überwunden werden. Das hat etwas mit Gerechtigkeit zu tun.
Sie werden finden, dass sich diese Verhaltensweise auch im Haushaltsentwurf spiegelt. Sie werden nicht erleben, dass Rheinland-Pfalz ans Blindengeld geht – andere Länder haben das getan –, solange sich die sogenannte Einsparung auf der Bundesebene so verzerrt darstellt: viele schonen und die Mehrheit belasten. – Solange das der Fall ist, wird es solche Einschnitte in diesem Land nicht geben, darüber hinaus übrigens auch nicht. In diesem Verhalten spiegelt sich das, was ich kritisch an die Bundesebene gerichtet sage. Dazu stehe ich auch.
Herr Kollege Baldauf, Sie müssen sich das noch eine Zeit lang anhören, auch wenn Sie jetzt schon auf die Uhr schauen. – Dann wird hier der Bund der Steuerzahler zitiert. Auch ich habe das gelesen. Ich versuche immer, das, was die Leute vorschlagen, ernst zu nehmen. Man kann schließlich etwas daraus lernen. Aber da die Rede davon ist, man könnte die gesetzlich nicht gebundenen Ausgaben viel stärker zusammenstreichen, will ich Ihnen einmal sagen, was dahintersteht. Dahinter stehen Leistungen zugunsten der Universitäten, dahinter steht die Befreiung der Eltern von den Gebühren für die Kindertagesstätten, und dahinter steht ein Großteil des Hochwasserschutzes. Es zwingt uns niemand, dort voranzugehen; andere Länder machen so gut wie nichts. Wenn es dann zu einem Unglück kommt, fragt jeder, warum vorher nichts getan worden ist. Dahinter stehen auch das Blindengeld, das ich eben angesprochen habe, und weitere Leistungen.
Wer darüber redet, dass bei solchen freiwilligen Ausgaben gekürzt werden muss, muss dann auch sagen, bei welcher dieser freiwilligen Leistungen angesetzt werden soll. Dann habe ich Respekt davor; dann kann ich mich inhaltlich damit auseinandersetzen. Aber man darf nicht sagen, es müsse bei allem gekürzt werden.
Die heutige Vorsitzende und der frühere Vorsitzende der CDU Rheinland-Pfalz haben verkündet, sie würden schon ab 2016 die Schuldenbremse einhalten und die Verschuldung auf null reduzieren. Dies bedeutet entweder, sie wollen die Steuern erhöhen – wenn man es nachrechnet, kommt man auf ca. 700 Millionen Euro in dem Zeitraum von fünf Jahren, falls sie das zusammenballen wollen; in diesem Haushalt werden sie nichts verändern, also ballen sie es auf vier Jahre zusam- men –, oder sie müssen beim Personal 120 Millionen Euro zusätzlich sparen und bei den eben genannten
Sonst kommen Sie einfach nicht auf die Zahlen, wie immer Sie es auch gewichten. Sie können es auch mit Steuererhöhungen und etwas anderem machen, aber anders geht es rein rechnerisch nicht. Sie können nicht sagen, wir machen jetzt endlich einmal Kassensturz, damit wir wissen, was los ist. Sie sitzen genauso lange in diesem Parlament wie wir. Also müssen Sie doch die Haushaltszahlen kennen, auch was das Personal betrifft.
Dass Sie sie nicht wahrnehmen wollen, heißt nicht, dass Sie sie nicht kennen können. – Ich will einfach einmal sachlich herausarbeiten, was das bedeutet. Wenn Sie das zur Kenntnis nehmen, sehen Sie, dass es die Fluktuation in einem solchen Zeitraum nicht hergibt, dass Sie Personal in dieser Größenordnung abbauen können, es sei denn, Sie machen es anders als bisher. Wir haben gesagt, die Schulen, die Hochschulen und die Polizei sind ausgenommen. Wir haben auf Anregung der SPD-Fraktion auch immer wieder – zu Recht, wie ich unterstreichen möchte – die Justizvollzugsanstalten ausgenommen. Wenn Sie diese Bereiche weiterhin von den Einsparauflagen ausnehmen, kommen Sie aller Erfahrung nach auf keine Fluktuation in einer Größenordnung, mit der Ihre Vorgaben gedeckt werden. Das heißt, entweder wollen Sie den Leuten kündigen, oder Sie machen eine Luftbuchung.