Protokoll der Sitzung vom 15.09.2011

(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Wir haben mit 200 Stellen begonnen, 100 zum 1. August und 100 zum 1. Februar.

Herr Weiland, wenn Sie mich so freundlich anschauen, bin ich schon fast wieder milde gestimmt.

Für mich gilt das, was ich von Anfang an gesagt habe, ich will, dass der Vertretungspool ein Erfolg wird. Der Vertretungspool muss sich jetzt in der Praxis bewähren. Wenn er ein Erfolg wird, dann will ihn die Landesregierung weiter ausweiten.

Ich will das aber auf einer gesicherten Grundlage tun, in dem es zum Ersten Erfahrungen aus der Praxis gibt und indem wir zum Zweiten auch ein Gutachten zu dem Bedarf in den nächsten Jahren in Auftrag gegeben haben, damit wir eine vernünftige planerische Grundlage haben.

Zu dem zweiten Punkt, dem Stundenpool, haben Sie schon von Frau Ratter und Frau Brück erklärt bekommen, dass es einen solchen Stundenpool über PES bereits gibt. Insofern ist die Frage, was an dieser Stelle Intention Ihres Antrags ist. Das gibt es an 750 Schulen. Die Schulen entscheiden das freiwillig. Dabei soll es aus meiner Sicht auch bleiben, weil das etwas mit Selbstständigkeit von Schule zu tun hat, dass die Schulen entscheiden, ob sie diesen Weg gehen.

Dann kommt wirklich der Punkt, von dem ich am Anfang ehrlich gesagt dachte, es wäre ein Schreibfehler, dass Sie jetzt wollen, dass wir die Vertretungskräfte für Berufstätigkeiten außerhalb des Lehrerinnen- und Lehrerberufs qualifizieren und wir diese Qualifikationsmaßnahmen durchführen. Ich dachte, Sie meinten für den Lehrerinnen- und Lehrerberuf. Nein, jetzt wollen Sie, dass wir individuell abfragen, was die Lehrkräfte gern außerhalb des Lehrerberufs machen möchten, und ihnen dafür dann entsprechende Qualifikationen vermitteln. Ich glaube immer noch, dass es ein Schreibfehler ist und Sie es am Ende nur umgedreht haben, weil diese

Forderung – das wissen Sie ganz genau – so überhaupt nicht umsetzbar ist.

(Ramsauer, SPD: Schreiben auch noch 6!)

Lassen Sie mich ein Letztes hinzufügen. Wir setzen sehr stark auf die Lehrerinnen- und Lehrerausbildung. Wir wollen gut qualifizierte Lehrkräfte. Frau Dickes, da muss mir übrigens auch noch ein Schlenker gestattet sein, weil ich nicht weiß, ob Sie heute schon Zeitung lesen konnten oder auch die Agenturmeldungen verfolgt haben. Gestern habe ich wieder einmal mehr erfahren, ich soll mich an dem leuchtenden Vorbild in Hessen orientieren. Das leuchtende Vorbild in Hessen von gestern – das sind jetzt nicht wie eben zwischen Frau Klöckner und Ihrer Fraktion sieben Wochen, nein, es war nur von gestern auf heute – hat gestern Nachmittag in einer Presseverlautbarung verkündet, dass es 1.000 Stellen für Referendarinnen und Referendare abbauen wird. So viel zum Thema „Vorbild Hessen“ und dem qualifizierten Lehrerinnen- und Lehrernachwuchs. Ich meine, da sind die jungen Menschen in Rheinland-Pfalz gut aufgehoben. Wir haben die Zahlen bei den Referendarinnen und Referendaren verdreifacht. Wir haben sie in den letzten zehn Jahren um 75 % erhöht. Das sind gute Perspektiven für junge Menschen im Schuldienst.

Auch bei den Vertretungsverträgen – ich sage das ganz ausdrücklich – sind tatsächlich Menschen dabei, die keine volle zweite Lehramtsausbildung haben. Der Anteil mit zweiter Lehramtsausbildung wird übrigens wieder größer. Das ist auch eine interessante Zahl. Wissen Sie eigentlich – so viel zum Thema „Attraktivität des rheinland-pfälzischen Schuldienstes“ –, wie viel Prozent der Bewerberinnen und Bewerber auf eine Gymnasiallehrerstelle zu diesem Sommer aus anderen Bundesländern kamen, weil das hier alles so schrecklich ist?

(Pörksen, SPD: 60 %!)

Frau Dickes, nennen Sie einfach einmal eine Zahl.

(Pörksen, SPD: Lieber nicht!)

Ich kann es Ihnen sagen. 60 % der Bewerberinnen und Bewerber auf eine Gymnasiallehrerstelle in RheinlandPfalz kommen aus anderen Bundesländern. So unattraktiv ist es in Rheinland-Pfalz.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Selbstverständlich fühlen wir uns den Lehrerinnen und Lehrern, die uns als Vertretungslehrkräfte zur Verfügung stehen, in besonderer Art und Weise verpflichtet. Die Betroffenen wissen, dass es befristete Verträge sind und es für diese Befristung Gründe gibt, weil Lehrerinnen schwanger werden und Lehrerinnen und Lehrer in Elternzeit gehen oder auch krank werden und es deswegen auch etwas damit zu tun hat, Interessen von Beschäftigten auszutarieren. Nichtsdestotrotz wollen wir gerade auch bei den Lehrerinnen und Lehrern im Einzelfall schauen, welche Perspektiven wir ihnen in diesem Beruf eröffnen können. Das müssen aber Einzelfallentscheidungen sein; denn letztlich geht es bei dem Ganzen immer um Eignung, Befähigung und Leistung. Das

können wir auch im Lehrerinnen- und Lehrerbereich nicht außer Kraft setzen. Ich halte Ihren Antrag wirklich für völlig ungeeignet.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Brandl das Wort.

(Pörksen, SPD: Hört das denn nie auf?)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will jetzt versuchen, nicht auf das Niveau abzugleiten, in dem es heißt „nicht informiert“ und „schießen den Vogel ab“ und „wir sind ahnungslos“; denn das wäre alles vollkommen undifferenziert. Ich will mich zunächst einmal um die Fakten kümmern.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Genau, Achtung. Ich glaube, da sind wir uns doch irgendwo auch alle einig; denn jeder von uns hat doch entsprechende Briefe oder Mails bekommen oder hat Gespräche geführt. Ich gehe zumindest davon aus, dass die nicht alle nur zur CDU-Fraktion gekommen sind. In den Gesprächen und Mails schildern Angestellte des Landes – Vertretungslehrer –, dass sie kurzfristig – sehr kurzfristig – keine Vertragsverlängerung bekommen, trotz mündlicher Zusage im Vorfeld. Da schildern diese Betroffenen, dass Sie nach langem Bangen keinen Vertrag oder einen sehr gekürzten Vertrag oder einen um ein paar Stunden reduzierten Vertrag bekommen, obwohl in den Zeitungen steht: Unterricht fällt aus! –

Da schildern uns diese Leute, dass eben trotz des Bedarfs geringere Stundenzuweisungen an sie erfolgen, sie somit Gehaltskürzungen erfahren. Das sind doch die Fakten. Ich glaube, darüber müssen wir uns einig sein.

Jetzt geht es darum, welche Konsequenzen wir daraus ziehen. Ich muss sagen, ich bin da schon ein bisschen enttäuscht; denn wenn diese Fälle in der freien Wirtschaft passieren würden, dann wären Sie die ersten, die hier auf den Bänken stehen und mit Pauken und Trompeten protestieren.

(Beifall der CDU)

Das muss man einmal differenzieren. Das ist derselbe Vorgang, aber es wird differenziert bewertet. Da geht es um die Perspektiven für die Angestellten des Landes. Wenn das hier Lehrkräfte ohne vollständige Ausbildung sind, vielleicht auch einmal in einem Alter, in dem man keine Chance mehr hat, verbeamtet zu werden, und in dem man eventuell auch keine ausreichende Qualifikation hat, um nach den Landeskriterien dann auch fest eingestellt zu werden, wenn das der Fall ist, dann will ich diese Regelungen auch gar nicht kritisieren. Die sind da, und an denen habe ich jetzt gar nicht viel zu meckern.

Mir schmeckt aber nicht, dass zum Beispiel in der Wirtschaftskrise die Unternehmen aufgefordert werden, dass sie ihre Mitarbeiter weiterbilden, sie ausbilden, sie nicht hängen lassen und sich weiter um ihre Angestellten kümmern. Was passiert bei uns? In unserem Verantwortungsbereich vertraut man auf die Leutseligkeit der Angestellten, Vertretungsverträge noch ein Jahr und noch ein Jahr und noch ein Jahr, und die bleiben schon bei der Stange. So nicht! Das ist nicht unsere Politik.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt kommen wir einmal kurz zu diesen 900 Stellen, die so plötzlich auftauchen. Frau Ratter, ich will es Ihnen gar nicht ankreiden, das steht nämlich im Haushalt vom letzten Jahr. Da waren Sie noch nicht dabei. Das heißt, sie sind alles andere als aus der Luft gegriffen. Sie haben gesagt, Sie bieten es gern an, dass wir das zusammen ausrechnen und zum Schluss dann gar nicht so viel Unterricht herauskommt, wenn man mit fest angestellten Lehrern rechnet anstatt mit Vertretungslehrern. Wenn das der Fall ist, dann heißt das ja, dass die Vertretungslehrer günstiger sind als die fest angestellten. Das genau kommt dann rüber, wenn dies die Argumentationskette ist. Was hat dann aber das Thema „Gleiches Geld für gleiche Arbeit“ damit zu tun? – Gar nichts!

(Beifall bei der CDU)

Das entlarvt eben die Geschichte, wenn Vertretungslehrer Klassen leiten, Noten geben, versetzungsrelevante Zeugnisse schreiben, aber dann nicht die gleiche Sicherheit wie fest angestellte beamtete Lehrer haben. Dann ist es eine Fehlentwicklung, die wir entsprechend korrigieren müssen.

(Pörksen, SPD: Das arme Pult! Das lassen Sie mal in Ruhe!)

Ich rede mich so ein bisschen in Rage wie Sie. Sie sind jetzt das große Vorbild aus der ersten Reihe.

(Pörksen, SPD: Schauspielerei, mein Lieber!)

Genau. Dann kommen wir zum Thema der Verlässlichkeit in Rheinland-Pfalz. Genau das wünschen wir uns in Rheinland-Pfalz. Genau das wünschen wir uns. Ich glaube, das ist auch ein Markenkern.

(Pörksen, SPD: Von euch nicht!)

Herr Ministerpräsident, Rheinland-Pfalz ist das Land der Verlässlichkeit, in dem wir keine großen Revolutionen anzetteln wollen.

(Ministerpräsident Beck: Nicht mal kleine Revolutionen!)

Deshalb ist da auch Stabilität wichtig. Stabilität ist ein Ansporn für junge Menschen bei der Berufswahl. Das heißt, die jungen Menschen wollen wissen, was sie erwartet und wo es dann später einmal hingeht. Ich bin mir sicher, dass Stabilität und Zuverlässigkeit, eben auch Verlässlichkeit, ganz wichtige Erfolgsfaktoren beim Anwerben von neuen Studenten für das Lehramtsstudium sind. Was passiert aber, wenn nicht klar ist, welche

Perspektive man nach Studium und Referendariat bekommt? Was passiert, wenn man zum dritten, vierten, fünften, sechsten Mal usw. nur einen Vertretungsvertrag bekommt anstatt eine Festanstellung oder eine Verbeamtung?

Was passiert, wenn aus mündlichen Zusagen der ADD und der Schulleiter doch plötzlich eine Kürzung des Vertrags wird und daraus dann empfindliche Gehaltskürzungen resultieren? Was passiert dann? – Dann entwickelt sich die Verlässlichkeit zu einem Verlassenwerden. Man wird von seinem Arbeitgeber im Stich gelassen. Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Sie haben die Argumente, habe ich das Gefühl!)

Daher heute unser Antrag. Steuern Sie um, nehmen Sie die Chance wahr, stocken Sie den Vertretungspool auf, geben Sie den Schulen mehr Selbstständigkeit, geben Sie Vertretungslehrern eine Chance, sich weiter zu qualifizieren, und geben Sie den Betroffenen eine verlässliche Perspektive für bessere Bildung in Rheinland-Pfalz.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Somit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich – – –

(Abg. Frau Bröskamp, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, meldet sich zu Wort)

Frau Bröskamp, Sie hatten sich zu Wort gemeldet. Sie haben noch 40 Sekunden. Frau Bröskamp hat das Wort.

(Pörksen, SPD: Jetzt ist die Redezeit um! – Frau Klöckner, CDU: Wir sind kulant!)