Protokoll der Sitzung vom 22.07.2015

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich sage als regionaler Abgeordneter vor Ort: Im Prinzip haben alle Redner darauf hingewiesen, dass sich unabhängig von den Parteifarben die Region aufgestellt und vom Bund und vom Land eingefordert hat, den Amerikanern hier genau auf die Finger zu schauen. Das ist die Aufgabe.

Es ist auch deutlich geworden, dass weder der Bund noch das Land noch die Kommunalvertreter auf Ball- oder Augenhöhe waren bezüglich der Vorfälle, die zum Teil schon jahrelang zurückliegen. Das eigentliche Problem, auch der Region, ist der Vertrauensverlust, der damit einhergeht, bezogen auf die Amerikaner.

Deswegen gestatten Sie mir, Frau Präsidentin, noch einen Kommentar aus der „RHEINPFALZ“ zu zitieren, der das eigentliche Kernproblem diesbezüglich auf den Punkt bringt. Ich zitiere: Doch jetzt wurde das unartige Kind – in diesem Fall die US-Army – doch noch erwischt und muss sich erklären. Das Militär gesteht, wir hatten 2005 eine Probe Anthraxsporen im Landstuhler Labor auf dem Gelände des US-Hospitals, allerdings abgetötete und nicht etwa aktive, wie zu befürchten war. Nachweisen lässt sich das jetzt nicht mehr. Die Proben seien ebenso wie der Detektor 2013 vernichtet worden. Auch alle, die sich fragen, hier wurde mit Anthraxsporen gearbeitet, welche anderen Kampfstoffe liegen dann noch in Landstuhl, kann die US-Army beruhigen. Anthrax war der einzige biologische Kampfstoff, der den Weg nach Landstuhl gefunden hat, beteuern sie. Da müssen die deutschen Behörden und Bürger eben einfach der US-Army und ihren Aussagen vertrauen. Bei der Vorgeschichte dürfte das nicht gerade einfach sein.

Das ist doch der springende Punkt.

(Zuruf des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Das beunruhigt die Region, und zwar unabhängig von den Parteibüchern. Da müssen wir den Finger in die Wunde legen. Da müssen wir weg von einer bestimmten Art von Demutshaltung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir müssen deutlich machen, auch für die Amerikaner gilt, sich an Recht und Gesetz zu halten. Sie müssen sich dar

an gewöhnen, dass wir eine hohe Transparenz einfordern. Das haben wir heute hoffentlich noch einmal deutlich gemacht.

(Glocke der Präsidentin)

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Wahl eines ordentlichen Mitglieds des Landes Rheinland-Pfalz für den Ausschuss der Regionen Unterrichtung durch die Landesregierung – Drucksache 16/5300 –

Es wurde im Ältestenrat vereinbart, dass dieser Tagesordnungspunkt ohne Aussprache behandelt wird. Wahlvorschlag der Landesregierung ist Frau Staatssekretärin Heike Raab als ordentliches Mitglied für den Ausschuss der Regionen.

Wer diesem Vorschlag zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist Frau Heike Raab als ordentliches Mitglied in den Ausschuss der Regionen mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der CDU-Fraktion gewählt worden.

Es ist vereinbart worden, dass die Tagesordnungspunkte 3, 4 und 5 zusammen aufgerufen und beraten werden.

Ich rufe daher die Punkte 3, 4 und 5 der Tagesordnung gemeinsam auf:

Landesgesetz zur Änderung des Landeshaushaltsgesetzes 2014/2015 (Nachtragshaushaltsgesetz 2015) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/5278 – Einbringungsrede und Erste Beratung

Landesgesetz zur Bildung eines Sondervermögens „Kommunales Investitionsprogramm 3.0 – Rheinland-Pfalz (KI 3.0)“ und zur Änderung des Ausführungsgesetzes zu Artikel 117 der Verfassung für Rheinland-Pfalz Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/5279 – Erste Beratung

Zustimmung des Landtags zum Entwurf einer Änderung der Landesverordnung über das Verfahren zur Bestimmung der Konjunkturkomponente nach § 3 Abs. 2 Satz 1 des Ausführungsgesetzes zu Artikel 117 der Verfassung für Rheinland-Pfalz Antrag der Landesregierung

Drucksache 16/5285 –

Es wurde eine Grundredezeit von 20 Minuten je Fraktion vereinbart. Jetzt kommt zunächst die Einbringungsrede durch die Ministerin der Finanzen. – Frau Ahnen, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Landesregierung bringt heute einen Nachtragshaushalt auf den Weg, und das ist zugleich der erste Haushalt, den ich in das Parlament einbringen darf.

Die Ausgaben des Nachtragshaushalts mögen im Vergleich zum Gesamthaushalt begrenzt sein, der Nachtragshaushalt ist aber in seiner inhaltlichen Dimension gewichtig und auch ein markantes Zeichen politischer Schwerpunktsetzung.

Dieser Nachtragshaushalt 2015 hat zwei politische Schwerpunkte: Flüchtlinge und Kommunen. Oder präziser die Bewältigung der steigenden Zahl von Flüchtlingen sowie die finanzielle Unterstützung der Kommunen bei aktuellen Herausforderungen.

Er macht auch deutlich: Land und Kommunen bewältigen die Zukunftsaufgaben gemeinsam,

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und zwar trotz manchmal naturgemäß unterschiedlicher Positionen: Am Ende finden wir immer eine für beide Seiten tragfähige Lösung – Städte, Kreise, Gemeinden und Land.

Die Kommunen stellen die zentralen Einrichtungen der örtlichen Infrastruktur bereit – eine Infrastruktur, die für uns alle im Alltag am wahrnehmbarsten ist –: Kinderbetreuung, Schulen, kommunale Straßen und Gemeinschaftseinrichtungen, um nur einige Beispiele zu nennen. Deswegen sind kommunale Investitionen so wichtig, weil sie den Zusammenhalt vor Ort fördern und uns die Dinge des Alltagslebens bereitstellen können.

Die finanzielle Unterstützung der Kommunen steht im Zentrum dieses Nachtrags. Dabei gilt: Auch wir seitens des Landes haben unsere Sparzwänge und eigene Investitionsbedarfe, über die wir auch oft diskutieren, sodass unserem Wirken und Wollen Grenzen gesetzt sind. Aber innerhalb dieser Grenzen stellen wir mit diesem Nachtragshaushalt über alle Ausgabenbereiche hinweg 147 Millionen Euro für den kommunalen Bereich bereit. Angesichts der großen Investitionsbedarfe vor Ort müssen sowohl der Bund als auch das Land den Kommunen dabei helfen, diese Bedarfe zu decken.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir schaffen mit diesem Nachtrag deshalb die optimalen Voraussetzungen zur Umsetzung des kommunalen Investitionspakets. Zusätzlich zu den Bundesmitteln wird das Land hier auch einen eigenen Beitrag erbringen. Wir stel

len uns der Verantwortung, die wir als Land für unsere Kommunen haben.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei der steigenden Zahl von Flüchtlingen sind ebenfalls alle staatlichen Ebenen und insbesondere die Kommunen vor große Herausforderungen gestellt. Es ist eine humanitäre Verpflichtung, dass wir Flüchtlingen eine Unterkunft und vor allem auch eine menschenwürdige Zukunft bieten. Dies führt vor allem aufgrund der sehr großen Zahl von Menschen, die zu uns kommt, zu erheblichen finanziellen Aufwendungen. Diese müssen wir abbilden und bewältigen. Das ist unsere Pflicht und Schuldigkeit.

Dabei freut es mich sehr, dass in der Bevölkerung diese Aufgabe akzeptiert und solidarisch unterstützt wird. Die Flüchtlingskonferenz der Ministerpräsidentin am vergangenen Freitag hat gezeigt, wie viele Menschen und Organisationen helfen wollen, Flüchtlingen Unterkunft, Versorgung und Perspektive zu geben. Das ist ein großartiger Beitrag einer leistungsfähigen Zivilgesellschaft – einer Gesellschaft, die sich dieser Aufgabe stellt, und nicht nur irgendwie stellt, sondern mit Humanität und Mitgefühl.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist eine Gesellschaft, die aufsteht, wenn Flüchtlinge diskriminiert werden oder gar Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte verübt werden. Auch diese Zivilcourage brauchen wir dringend.

Mit dem Nachtragshaushalt 2015 stellen wir insgesamt 195 Millionen Euro für fünf Maßnahmen bereit:

1. Wir unterstützen die Kommunen bei der Flüchtlingsaufnahme.

2. Wir geben die Bundesmittel aus der Flüchtlingsmilliarde an die Kommunen weiter.

3. Wir bauen die Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes für Flüchtlinge aus.

4. Wir stocken das Bundesprogramm für kommunale Investitionen um 31,7 Millionen Euro auf.

5. Wir zahlen an die Kommunen 25 Millionen Euro für den Ausbau der Betreuung der unter Dreijährigen.

Lassen Sie mich zum ersten Punkt kommen, und zwar zur Unterstützung der Kommunen bei der Flüchtlingsaufnahme. Weltweit sind immer mehr Menschen vor Krieg und Verfolgung auf der Flucht. Niemand verlässt seine Heimat leichtfertig und ohne Angst, immer mit hohem Risiko für die eigene Zukunft und auch für das eigene Leben.

Immer mehr Flüchtlinge suchen Schutz in Deutschland. Dies gilt auch für Rheinland-Pfalz. Nach einem Tiefstand von 1.300 Asylsuchenden im Jahr 2008 stieg die Zahl der Flüchtlinge über 3.700 im Jahr 2012 auf 6.600 im Jahr 2013 und auf 10.400 im Jahr 2014.

Dem Nachtrag liegt die aktuelle Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zugrunde. Danach wird im Jahr 2015 bundesweit mit 400.000 Flüchtlingen gerechnet. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass eine Steigerung nicht auszuschließen ist. Ob und in welchem Umfang dies allerdings einen weiteren Ausgabenzuwachs bedeutet, ist auch vor dem Hintergrund der Absicht, die Verfahren zu beschleunigen, schwer bezifferbar. Wir haben vorsichtig etatisiert, um gewisse Mehrbedarfe abdecken zu können.