Protokoll der Sitzung vom 22.07.2015

Der hohe und kontinuierlich steigende Zuzug stellt uns alle, das Land und die Kommunen, vor große Herausforderungen. Deswegen hat das Land frühzeitig einen Maßnahmenplan initiiert, der alle Akteure mit einschließt. Allein die Erstattungen an Kommunen nach dem Landesaufnahmegesetz für Asylbegehrende werden mit diesem Nachtrag von 18 Millionen Euro auf rund 60 Millionen Euro aufgestockt.

Besonders das Schicksal der sogenannten unbegleiteten Minderjährigen berührt uns alle sehr. Kinder und Jugendliche, die alleine auf der Flucht sind, brauchen unsere besondere Zuwendung. Hier sieht der Nachtragshaushalt vor, dem kommunalen Bereich länderübergreifend 29,5 Millionen Euro mehr zu erstatten.

Zweitens, wir leiten die Bundesmittel aus der Flüchtlingsmilliarde an die Kommunen weiter. Der Bund reicht an die Länder im Jahr 2015 insgesamt eine Milliarde Euro aus. Allerdings – das wissen Sie – ist die Hälfte davon von den Ländern geliehen, das heißt, letzten Endes zahlt der Bund 500 Millionen Euro und die Länder 500 Millionen Euro. Rheinland-Pfalz stehen ca. 48 Millionen Euro aus der Flüchtlingsmilliarde zu. 24 Millionen Euro davon wird das Land zurückzahlen müssen. Das Land gibt die vom Bund finanzierten 24 Millionen Euro in voller Höhe an die Kommunen weiter. 19 Millionen Euro zahlt das Land direkt an die Kommunen. Der Rest wird über den kommunalen Finanzausgleich bereitgestellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch diese Entscheidung haben wir übrigens nicht am grünen Tisch gefällt, sondern in Gesprächen einvernehmlich mit den Kommunen entwickelt.

Drittens, wir bauen die Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes aus. Die Flüchtlinge sollen dort länger verbleiben können. Ziel ist es, die Asylbewerberinnen und Asylbewerber bis zu drei Monate dort unterzubringen. Dadurch werden die Kommunen entlastet. 58,3 Millionen Euro stehen nun für die Landesausgaben bereit – eine Erhöhung um 47,4 Millionen Euro. Diese Summe deckt ganz überwiegend den Ausbau und den Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge sowie das erforderliche zusätzliche Personal, für das 65 neue Stellen geschaffen werden, ab.

Neben Trier ist nun auch seit dem 1. Juli 2015 in Ingelheim eine eigenständige Erstaufnahmeeinrichtung in Betrieb. Das Land hat die Aufnahmekapazität von 700 Plätzen im Jahr 2012 bereits auf 3.000 Plätze aufgestockt. Teilweise handelt es sich um zeitlich befristet nutzbare Plätze.

In Kürze soll im ehemaligen Krankenhaus in Meisenheim eine Außenstelle der AfA Ingelheim mit zusätzlichen Plät

zen eingerichtet werden. Außerdem werden im August Modulbauten auf dem Gelände der AfA Ingelheim für 212 Asylbegehrende bezugsfertig sein. Auf dem Gelände des ehemaligen Flugplatzes Bitburg wurden aktuell weitere temporär zu nutzende Unterkunftsmöglichkeiten geschaffen. Im Herbst sollen zwei weitere Erstaufnahmeeinrichtungen in Hermeskeil mit bis zu 750 Plätzen und Kusel mit bis zu 700 Plätzen in Betrieb genommen werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat bereits die Einrichtung von Außenstellen an beiden Standorten zugesichert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen, das ist eine immense Kraftanstrengung vor Ort, aber auch in der Landesregierung!

Lassen Sie mich an dieser Stelle der zuständigen Ressortministerin Irene Alt für die Arbeit des Ministeriums und der ressortübergreifenden Task Force Flüchtlinge ganz herzlichen danken.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist derzeit nicht erkennbar, dass in Zukunft weniger Menschen flüchten müssen. Im Gegenteil. Die Lage in der Welt, gerade im Nahen Osten und in Afrika, bleibt angespannt. Das heißt, wir brauchen auch seitens des Bundes eine strukturelle Beteiligung an den Kosten. Die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten haben daher vereinbart, dass sich der Bund ab dem Jahr 2016 stärker und dauerhaft an den Kosten für Aufnahme und Betreuung beteiligt. Ich sage aber auch, im Herbst muss es hier Klarheit geben, wie zukünftig die finanzielle Unterstützung von Ländern und Kommunen erfolgt. Steigende Lasten können nur bis zu einem bestimmten Punkt abgefedert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, letzten Endes werden wir alle daran gemessen, wie die Lebenssituation der Flüchtlinge ist und dass die Stimmung in der Bevölkerung so offen und zugewandt bleibt. Gerade weil hier eine deutschlandweite Aufgabe vorliegt, müssen wir alle gemeinsam sehen, dass wir das hinbekommen. Das ist mein klarer Appell.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vertreibung und Flucht sind ein schweres Schicksal. Wir stellen Gebäude, wir stellen Personal, und wir stellen Finanzmittel bereit. Aber, das will ich auch sagen, es sind die Menschen in Rheinland-Pfalz, die Flüchtlinge willkommen heißen, die ihnen Schutz bieten. Ich danke deswegen allen Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzern, die vor Ort auf die Flüchtlinge zugehen und sie unterstützen. Sie zeigen tagtäglich eine Menschlichkeit, auf die wir stolz sein können.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum kommunalen Investitionsprogramm kommen. Auf die besondere Bedeutung einer guten Infrastruktur in den Kommunen hatte ich eingangs hingewiesen. Hier fehlt es in

finanzschwachen Kommunen jedoch oft am notwendigen Investitionsspielraum, ein Problem, das nicht nur das Land und unsere Kommunen betrifft, sondern republikweit bekannt ist. Der Bund hat deswegen ein Programm aufgelegt, um kommunale Investitionen zu fördern.

Wir hier in Rheinland-Pfalz nennen es das „Kommunale Investitionsprogramm 3.0“ oder kurz KI 3.0.

Der Bund stellt den Kommunen 253 Millionen Euro zur Verfügung. Das Land stockt diese Summe nochmals um 31,7 Millionen Euro aus eigenen Mitteln auf. Viel Geld für uns, aber es ist gut investiertes Geld und viel Geld für die Kommunen. Insgesamt stehen den rheinland-pfälzischen Kommunen über das KI 3.0 insgesamt 285 Millionen Euro zur Verfügung. Investitionen können mit 90 % der Kosten gefördert werden.

Rheinland-Pfalz erhält mehr Geld, als ihm nach dem Einwohnerschlüssel zugestanden hätte. Das braucht man nicht zu verheimlichen. Im Gegenteil. Es kommt schließlich unseren Bürgerinnen und Bürgern und den Kommunen zugute.

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Liebe Frau Klöckner, es ist dem Verhandlungsgeschick der Ministerpräsidentin zu verdanken, dass wir da besser abgeschnitten haben.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Julia Klöckner, CDU: Weil wir so verschuldet sind! Wie sich das Geld auf die einzelnen Kommunen verteilt, haben wir gemeinsam mit den Kommunen verhandelt und auch hier ein einvernehmliches Ergebnis erzielt. (Julia Klöckner, CDU: Die meist verschuldeten Kommunen!)

Es kommt noch ein interessanter Teil. Frau Klöckner, hören Sie noch ein bisschen zu.

(Julia Klöckner, CDU: Wenn man schlauer wird!)

Sie sehen also auch hier, wir sprechen miteinander, gehen Probleme gemeinsam an und finden Lösungen, die für alle Seiten akzeptabel sind.

Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie die Landrätinnen und Landräte machen sich bereits intensiv Gedanken, wie sie dieses Geld zielgerichtet ausgeben werden, und wir haben ihnen frühzeitig eine Planungsgrundlage gegeben.

Wir haben schon kurz nach dem Kabinettsbeschluss des Bundes im März dieses Jahres damit begonnen, nicht nur die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen zur Umsetzung des Bundesgesetzes vorzubereiten, sondern auch ein schlüssiges Gesamtkonzept erstellt. Das Gesamtkonzept wurde unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände erarbeitet und am 19. Mai 2015 vom Ministerrat verabschiedet.

Leitgedanken waren:

• Keine Einschränkung der bundesrechtlich vorgegebenen Förderbereiche durch das Land,

• die Entscheidungskompetenzen über die Projektauswahl soweit wie möglich im kommunalen Raum zu belassen,

• das Land, insbesondere das Finanzministerium, übernimmt die Verantwortung für die Koordinierung der Programmumsetzung, berät die Kommunen und dient als Ansprechpartner und Informationsvermittler für den Bund.

Also viel Kompetenz vor Ort.

Wir bündeln die gesamten Mittel in einem Sondervermögen, transparent, für jeden nachlesbar und abgetrennt vom restlichen Ausgabenbereich; denn Finanzmittel, die für einen besonderen Zweck und für einen begrenzten, aber überjährigen Zeitraum zur Verfügung gestellt werden und aus unterschiedlichen Quellen stammen, werden am besten in einem Sondervermögen verwaltet. Dies gilt insbesondere dann, wenn wir als Land eine treuhänderische Funktion wahrnehmen; denn das Bundesgeld ist nicht für Landesmaßnahmen bestimmt.

Übrigens setzt auch der Bund ein Sondervermögen ein, um die Mittel über den gesamten Zeitraum offen und transparent anbieten zu können. Wir haben auch die erforderlichen Gesetzesänderungen vorgesehen, die sicherstellen, dass das Sondervermögen KI 3.0 im strukturellen Saldo ordnungsgemäß erfasst wird. Ich glaube, ein guter und für die Kommunen pragmatischer Weg.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu den großen Investitionsbereichen der Kommunen gehört zweifelsohne auch der U3-Ausbau. Es ist kein Geheimnis, nein, es ist im kollektiven Bewusstsein, RheinlandPfalz ist Spitze bei der Versorgungsquote der unter Dreijährigen. Rheinland-Pfalz stand im Ländervergleich des Jahres 2014 an erster Stelle unter den Flächenländern West. Zum Mai 2015 haben wir eine Versorgungsquote von 44,1 % erreicht.

(Zuruf des Abg. Hans-Josef Bracht, CDU)

Hier haben die Kommunen viel geleistet, und wir haben dabei auch eng mit ihnen zusammengearbeitet.

Solche großen Aufgaben, meine sehr geehrten Damen und Herren, bringen es mit sich, dass Belastungen unterschiedlich empfunden werden. Auch hier haben wir uns mit den Kommunen verständigt. Trotz auch großer finanzieller Leistungen des Landes in der Vergangenheit geben wir mit diesem Nachtragshaushalt 25 Millionen Euro als Einmalbetrag für bisherige Investitionen im Bereich des Ausbaus der Kitaplätze für unter Dreijährige. Damit wird der Baukostensteigerung seit 2007 Rechnung getragen, und für die Zukunft, also für die aktuellen Förderungen im U3-Ausbau ab dem Jahr 2015, wurden in Abstimmung mit

den kommunalen Spitzenverbänden die Förderpauschalen um 22,5 % erhöht. Ich denke, auch das ist ein gutes Ergebnis.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich zur Gegenfinanzierung kommen. Es ist deutlich geworden, dass wir ein Mehr an Aufgaben haben, ein Mehr an Aufgaben im Bereich der Kommunen und der Flüchtlinge. Ein Mehr an Aufgaben bedeutet an dieser Stelle auch mehr Ausgaben, aber nicht unbedingt korrespondierende Mehreinnahmen in einem laufenden Haushaltsjahr.

Sie können erwarten, dass die Landesregierung ein sinnvolles Konzept hat, wie man die Ausgaben stemmen kann.

(Zuruf von der CDU)

Das will ich Ihnen jetzt kurz vorstellen. Wir finanzieren die 194,6 Millionen Euro aus Steuermehreinnahmen und niedrigeren Ausgaben bei den Zinsen, flankiert durch vorsichtige Haushaltsplanung, und strikte Ausgabendisziplin lässt uns diese Mehrbedarfe abdecken.

(Heiterkeit bei der CDU)

Lassen Sie mich zu den Steuereinnahmen kommen.

Für Sie vielleicht besonders interessant, weil Sie sich heute Morgen schon dazu geäußert haben. Wenigstens noch einen kleinen Moment zuhören.