Protokoll der Sitzung vom 22.07.2015

Die Steuereinnahmen wurden auf der Basis der Ergebnisse der letzten Steuerschätzung im Mai neu berechnet. Sie erhöhen sich leicht um 37,3 Millionen Euro auf 11,81 Milliarden Euro. Aus Vorsichtsgründen wurden nur drei Viertel der Mittel aus der Flüchtlingsmilliarde des Bundes veranschlagt, da die Umsetzung der Zahlung erst knapp zum Jahresende erfolgen wird.

Wenn am Ende bereits im Jahr 2015 12 Millionen Euro mehr eingehen, wird das den Haushalt weiter entlasten. Wir haben auch hier vorsichtig veranschlagt.

Das gilt auch für den Bereich Zinsen. Wir reduzieren die Zinsausgaben um 92,6 Millionen Euro. Das können wir aufgrund der günstigen Zinsentwicklung und eines erfolgreichen Kreditmanagements. Bei der Entwicklung der vergangenen Jahre wurden längere Kreditlaufzeiten vereinbart, um das günstige Zinsniveau für die Zukunft zu sichern. Dies stabilisiert die Entwicklung und erleichtert die Gesamthaushaltsplanung.

Hätten wir die Zinsausgaben noch stärker absenken können, um die zusätzliche Nettokreditaufnahme gänzlich zu vermeiden? – Wahrscheinlich schon; denn jedes Mal, wenn alte Schuldverschreibungen auslaufen und wir umschulden, werden mehr Altschulden von der aktuellen Niedrigzinsphase erfasst. Wir gehen aber auch an dieser Stelle keine Risiken ein und senken die Zinsausgaben nur moderat und schrittweise.

Gerade in der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation ist Vorsicht geboten. Keiner kann derzeit genau vor

hersagen, wie sich die Anleihemärkte entwickeln. Es hat erfreulicherweise eine Einigung zum weiteren Vorgehen im griechischen Schuldenstreit gegeben, eine Einigung, die ich sehr begrüße, weil sie im Interesse der Europäer ist. Auch wenn manches nicht einfach durch eine volkswirtschaftliche Rechnung zu belegen ist, ist es doch der richtige Weg, Griechenland auf seinem Weg nicht alleine zu lassen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber Griechenland ist nur ein Baustein der globalen Zinsentwicklung. Darüber hinaus wird mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartet, dass die amerikanische Zentralbank in diesem Jahr mindestens noch eine Zinserhöhung vorgibt. Die Rückkopplung auf die Euro-Zinssätze wird nicht ausbleiben. Da die Papiere der deutschen Länder auch nicht in das Kaufprogramm der EZB integriert sind, sollte man von dieser Seite keine Sondereffekte in die Planung einbeziehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, insofern wollen, und ich meine, sollten wir bei den Zinsausgaben immer für einen plötzlichen Zinsanstieg gewappnet sein. Wir senken diese Ausgaben deshalb nur schrittweise und mit Bedacht.

Lassen Sie mich zur Nettokreditaufnahme kommen. Wir haben eine zusätzliche Nettokreditaufnahme von 64,7 Millionen Euro vorgesehen. Wenn der Bund die Flüchtlingsmilliarde vollständig im Jahr 2015 zahlt, werden es – darauf habe ich schon hingewiesen – rund 53 Millionen Euro sein. Bleiben die Zinsen stabil niedrig, werden wir möglicherweise einen noch größeren Teil des Betrages abfangen können. Wir haben auch im Haushaltsvollzug Maßnahmen getroffen, um hinsichtlich der Mehrausgaben gegenzusteuern. Trotzdem haben wir zunächst einmal konservativ kalkuliert und mit Umsicht veranschlagt.

Wir sind auch beim Nachtragshaushalt 2013 mit einer konservativen Kalkulation gut gefahren. Damals lagen wir im Jahresabschluss 2013 sogar besser als im Ursprungshaushalt 2013. Im Übrigen – auch das sage ich – haben wir uns sehr bewusst dafür entschieden, im laufenden Haushalt keine konkreten gegenläufigen Einschnitte vorzunehmen. Schließlich sind die anderen Aufgaben des Landes nach wie vor vorhanden. Auch hier steht das Land zu seinen Verpflichtungen. Dabei wahren wir das Prinzip, wir veranschlagen vorsichtig. Das heißt aber im Gegenzug auch, dass wir im Vollzug durchaus weitere Einsparungen realisieren können.

Übrigens wächst der Abstand der Nettokreditaufnahme zur alten investitionsbezogenen Kreditobergrenze sogar leicht, weil wir im Nachtragshaushalt mehr neu investieren, als wir neue Kredite aufnehmen.

Ich komme zur wichtigsten Haushaltskennziffer, dem strukturellen Defizit. Das strukturelle Defizit gibt uns Auskunft darüber, wie weit der Gesamtkonzern Land auf dem Weg zum strukturell ausgeglichenen Haushalt vorangeschritten ist. Im Ursprungshaushalt 2015 hatten wir ein strukturelles Defizit von 607 Millionen Euro. Durch den Nachtragshaushalt verbessert sich das strukturelle Defizit auf 595 Millionen Euro.

Der Grund liegt darin, dass die neue Schuldenbremse gut funktioniert und die strukturellen Steuereinnahmen nach dem Prinzip berechnet werden, lieber zunächst weniger Geld zur Verfügung zu stellen und mit Vorsichtsabschlägen zu arbeiten. Erst wenn sich dann zeigt, dass die Mittel wirklich ausgegeben werden können, werden sie freigegeben.

Ich nenne ein Beispiel: In den vergangenen Jahren haben wir bei den strukturellen Steuereinnahmen aufgrund einer möglichen Erbschaftsteuerreform einen Sicherheitsabschlag von 62 Millionen Euro abgezogen. Das heißt, wir haben darauf verzichtet, das Geld auszugeben, um im Falle eines negativen Urteils des Bundesverfassungsgerichts für Einnahmeausfälle gewappnet zu sein. Nun hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, und der Reformvorschlag von Finanzminister Schäuble sieht sogar moderate Mehreinnahmen vor. Daher ist der Sicherheitsabschlag aufzulösen.

Weiterhin ist das System der strukturellen Steuereinnahmen selbstkorrigierend. Nach § 6 Abs. 1 der heute ebenfalls zu behandelnden Landesverordnung wird bei jeder Neuberechnung der strukturellen Steuereinnahmen in der Haushaltsaufstellung geprüft, ob die strukturellen Steuereinnahmen tatsächlich die Mitte zwischen Auf- und Abschwung treffen oder ob sie zu hoch oder zu tief liegen.

Dazu wird seit Beginn des Verfahrens im Jahr 2012 ein Symmetriekonto mitgeführt – ich weiß, ein technischer Begriff –,

(Carsten Pörksen, SPD: Sehr technisch!)

auf dem verbucht wird, ob die tatsächlichen Steuereinnahmen über oder unter den strukturellen Steuereinnahmen liegen. Seit 2012 haben sich auf dem Symmetriekonto 660 Millionen Euro angesammelt. Ich versuche, es in einfachen Worten zu übersetzen:

(Carsten Pörksen, SPD: Danke schön!)

Das heißt, in den vergangenen Jahren ging mehr als eine halbe Milliarde Euro mehr in der Landeskasse ein als in den strukturellen Steuereinnahmen veranschlagt.

Weil auch im Jahr 2014 die tatsächlichen Steuereinnahmen wieder höher waren als die strukturellen Steuereinnahmen,

(Dr. Adolf Weiland, CDU: Die gute Wirtschaftspolitik der Landesregierung!)

greift der Korrekturmechanismus, und die strukturellen Steuereinnahmen steigen aus diesem Grund um 68 Millionen Euro.

Der Korrekturmechanismus ist im verfassungsrechtlichen Symmetriegebot hinsichtlich des Konjunkturbereinigungsverfahrens begründet. Er wirkt deshalb übrigens in beide Richtungen. Wenn die strukturellen Steuereinnahmen einmal dauerhaft zu hoch liegen sollten und das Symmetriekonto negativ wird, werden die strukturellen Steuereinnahmen nach unten zu korrigieren sein. Letzten Endes profitieren wir in diesem Nachtragshaushalt davon, dass wir in den vergangenen Jahren unsere Einnahmen den

Vorgaben der Schuldenbremse folgend niedriger angesetzt und auf entsprechende Ausgaben verzichtet hatten.

Eine detaillierte Darstellung der Berechnung der strukturellen Steuereinnahmen für das Jahr 2015 kann dem Nachtragshaushalt entnommen werden. Darüber haben wir auch schon ausführliche Gespräche in der Vergangenheit im Haushalts- und Finanzausschuss geführt.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Beim strukturellen Defizit ist das Ergebnis wichtig. Im Ergebnis halten wir weiterhin Kurs beim Abbau des strukturellen Defizits. Wir sind an dieser Stelle erfolgreich unterwegs.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss kommen. Mit dem heute eingebrachten Nachtragshaushalt 2015 wollen wir die zusätzlichen Ausgaben im Bereich der Flüchtlinge auf eine breite parlamentarische Basis stellen. Wir wollen gemeinsam den Kommunen zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten eröffnen, vor allem im investiven Bereich. Die Kommunen stehen gerade im Bereich des kommunalen Investitionsprogramms in den Startlöchern.

Wir wollen, dass Flüchtlinge in unserem Land weiterhin gut aufgenommen werden, sie gut versorgt werden und sie im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten eine Perspektive bekommen. Wir wollen die Unterstützung der Bevölkerung für Humanität und Menschlichkeit erhalten, damit Menschen die Hilfe finden, die sie brauchen.

Wir gehen diese Aufgaben gemeinsam an, gemeinsam mit den Kommunen, und ich hoffe, auch gemeinsam mit Ihnen. Insofern werbe ich für Ihre Unterstützung für diesen Nachtragshaushalt.

Vielen Dank.

(Anhaltend Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich als Gäste auf der Zuschauertribüne ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis 50, Landau in der Pfalz. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Jetzt erteile ich Herrn Kollegen Schreiner von der CDUFraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die rot-grüne Landesregierung legt zum zweiten Mal in dieser Wahlperiode einen schuldenfinanzierten Nachtragshaushalt vor.

(Beifall bei der CDU)

Frau Ahnen, nach dem Nachtragshaushalt Ihres Vorgängers Carsten Kühl, nach dem Nachtragshaushalt 2013, mit dem letzten großen 215 Millionen Euro schweren Rettungspaket für den immer noch kriselnden Flughafen Hahn – wir haben uns vorhin darüber unterhalten – legen SPD und GRÜNE nun wieder einen mit immer neuen Schulden finanzierten Nachtrag vor.

Das ist kein guter Einstieg für Sie, Frau Finanzministerin. Ihre erste wirkliche Amtshandlung ist die Erhöhung der Rekordverschuldung des Landes.

(Beifall bei der CDU)

Das ist nicht nur kein guter Einstieg, das ist vor allem eine Enttäuschung. Frau Ahnen, Sie sind noch relativ neu in diesem Amt. Ihr Amtsantritt war mit der Hoffnung verbunden, dass es mit dem ständigen Schuldenmachen in RheinlandPfalz aufhört, mit der Hoffnung, dass nach Professor Deubel und Kühl die Dreyer-Regierung aufhört, Geld auszugeben, das sie nicht hat.

Wir alle haben in Rheinland-Pfalz unter Rot-Grün die Finanzminister kommen und gehen sehen. Wir haben Professor Ingolf Deubel kommen und gehen sehen. Die meisten von Ihnen werden sich noch daran erinnern, wie er gegangen ist, und an das, was folgte. Ich kann mich auch daran erinnern, wie er gekommen ist. Damals haben wir nur für ihn das Ministergesetz geändert, weil er als einziger Staatssekretär B 10 verdienen wollte und mehr als alle seine Kollegen.

Wir haben Carsten Kühl kommen und gehen sehen, der – so wie jetzt Sie, Frau Ahnen – alles besser machen sollte nach Deubel, Barandun, Beck und Co. und doch auch über die Finanzkonstrukte am Nürburgring stürzte.

Und wir haben Sie kommen sehen, Frau Finanzministerin, als neues Gesicht der Finanzpolitik von Malu Dreyer,

(Zuruf des Abg. Carsten Pörksen, SPD)

verbunden mit der Hoffnung, dass Sie dieses Land aus dem Würgegriff der Schuldenspirale befreien.

Nun, der Nachtragshaushalt 2015 ist mit 195 Millionen Euro ein vergleichsweise kleiner Haushalt, ein „Üb-Haushalt“ für die Neue im Finanzministerium. Bei einem Haushaltsvolumen von 195 Millionen Euro machen Sie 65 Millionen Euro zusätzliche Schulden. Ein Drittel des Haushaltes ist ungedeckt.

Der Staat, Bund und Länder können in Deutschland über Rekordsteuereinnahmen verfügen. Durch den Fleiß und Ideenreichtum der Menschen in unserem Land haben Sie so viel Geld in der Hand wie keiner Ihrer Vorgänger. Bei Ihrem ersten „Üb-Haushalt“, Frau Ahnen, sind ein Drittel der Ausgaben nur durch Schulden gedeckt.