Protokoll der Sitzung vom 24.09.2015

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Sozialpolitischen Ausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss zu überweisen. Gibt es dagegen Bedenken? – Das ist nicht der Fall, dann können wir so verfahren.

Ich rufe Punkt 18 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zur Reform gleichstellungsrechtlicher Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/5541 – Erste Beratung

Es ist eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart worden. Ich erteile Staatsministerin Frau Alt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Männer und Frauen sind immer noch nicht vollständig gleichberechtigt. Solange das so ist, brauchen wir Gesetze, die die Gleichberechtigung voranbringen. Eines dieser Gesetze ist das Landesgleichstellungsgesetz.

Es gibt schon viele Erfolge. Wir können zum Beispiel stolz darauf sein, dass sich der Frauenanteil im öffentlichen Dienst von 1996 bis heute von 41 % auf 50 % erhöht hat. Aber wir stellen auch fest, es gibt noch viel zu tun.

Obwohl etwa 51 % der Landesbediensteten Frauen sind, haben nur 30 % eine Führungsposition inne.

Zudem sind Frauen mit einem Anteil von nur 27 % bei den Gremienmitgliedern deutlich unterrepräsentiert. Die rotgrüne Koalition hat daher in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, das Landesgleichstellungsgesetz (LGG) zu reformieren. Das LGG soll eine moderne und effiziente Grundlage für die Verwirklichung von Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen sein.

Bevor das Kabinett den Referentenentwurf beschlossen hat, habe ich zahlreiche Gespräche mit Gleichstellungsbeauftragten, mit den Gewerkschaftsfrauen und mit den Frauenverbänden geführt. Es war mir sehr wichtig, gerade diese Gruppen sehr früh in den Entwicklungsprozess

des Gesetzes mit einzubinden. Das Eckpunktepapier der Landesarbeitsgemeinschaft der behördlichen Gleichstellungsbeauftragten war hierbei eine große Hilfe.

Letztendlich haben wir versucht, eine tragfähige Lösung für alle zu finden. Die Stellungnahme der Ressorts und der anzuhörenden Verbände haben wir sehr sorgfältig und sehr umfassend geprüft, abgewogen und entsprechend berücksichtigt. Das gilt auch für die aus der Wirtschaft, was das Thema öffentliche Auftragsvergabe und Frauenförderung angeht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was sind nun die neuen Schwerpunkte im Gesetzentwurf? – Zusammenfassend lässt sich sagen, das LGG wird moderner, das LGG stärkt die Gleichstellungsbeauftragten, und das LGG fördert künftig auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Damit bereiten wir den öffentlichen Dienst auch auf die Auswirkungen des demografischen Wandels vor, der nicht spurlos am öffentlichen Dienst vorbeigehen wird; denn Folgendes ist klar: In den nächsten 20 Jahren scheidet die Hälfte der Landesbeschäftigten aus. Das Land steht hier im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern um die besten Fachkräfte. Die Arbeitsplatzsicherheit, die den öffentlichen Dienst in der Vergangenheit ausgezeichnet hat, ist in Zeiten guter Konjunktur kein Wettbewerbsvorteil mehr. Vereinbarkeitsfreundliche Arbeitsbedingungen dagegen können ein Wettbewerbsvorteil sein. Solche familienfreundlichen Arbeitsbedingungen sieht das neue LGG vor.

Grundlegend neu ist die Regelung zur paritätischen Besetzung von Gremien. Hier kann es bei Nichtbeachtung zu Sanktionen, wie dem „leeren Stuhl“ kommen. Wir sind uns aber auch der Tatsache bewusst, dass die paritätische Besetzung gar nicht immer möglich ist. Hierfür kann es verschiedene Gründe geben. Die werden auch im neuen Gesetz berücksichtigt.

Neu ist auch eine deutliche Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten. So erhalten sie ein Klagerecht für den Fall, dass sie sich in ihren Rechten nach dem Landesgleichstellungsgesetz verletzt sehen. Diese Regelung ist übrigens auch in anderen Landesgleichstellungsgesetzen und im Bundesgleichstellungsgesetz festgeschrieben.

Weitere Neuerungen sind außerdem, Außenstellen von Dienststellen können künftig Ansprechpartnerinnen benennen. Das schafft eine bessere Kommunikation für die weiblichen Beschäftigten und entlastet gerade Gleichstellungsbeauftragte mit großem Zuständigkeitsbereich.

Zu besetzende Positionen sind auszuschreiben. Dort, wo Frauen unterrepräsentiert sind, soll öffentlich ausgeschrieben werden. Bei der Beurteilung der Qualifikationen können erstmalig ehrenamtliche Tätigkeiten gewürdigt werden, soweit diese Tätigkeiten für die Aufgabenübertragung von Belang sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf bringt viele positive und wichtige Veränderungen hin zu mehr Gleichstellung, zu mehr Frauenförderung und zu mehr Verbindlichkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön!

Ich danke allen, die im Vorfeld an diesem Gesetzentwurf mitgearbeitet und sich eingebracht haben. Dies waren insbesondere die Gleichstellungsbeauftragten und die Frauenverbände.

Abschließend möchte ich feststellen: Dieses Gesetz ist nicht nur gut für die Frauen im öffentlichen Dienst, sondern dieses Gesetz ist gut für den gesamten öffentlichen Dienst in Rheinland-Pfalz.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Kollegin Kohnle-Gros das Wort. Sie wartet aber noch eine Sekunde, weil ich noch Gäste bei uns begrüßen möchte, die schon eine Weile hier sind. Das sind Mitglieder der Seniorengruppe aus Salz. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Jetzt hat das Wort Frau Kollegin Kohnle-Gros.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich habe mir gerade erlaubt, mich wieder einzurichten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Alt, zunächst einmal ein Dank an Sie für die Darstellung der Änderungen. Deswegen kann ich mich jetzt auf ein paar Schwerpunkte beschränken.

Details – das will ich gleich zu Beginn sagen – werden wir sicherlich im Rahmen der Anhörung, die wir quasi schon beschlossen haben, soweit wir das vom Verfahren her können, im Ausschuss für Gleichstellung und Frauenförderung erörtern. Wie ich eben schon sagte, werden wir uns dort mit den Details auseinandersetzen.

Erste Bemerkung, die ich machen will: Frau Ministerin, Sie haben selbst gesagt, dass die Veränderung des aktuellen Gesetzes schon zu Beginn der Legislaturperiode angekündigt worden ist. Es ist jetzt wohl ein Rennen zum Schluss, dass alles gemacht werden muss. Gerade haben wir bei den Wohn- und Teilhabeformen gehört, dass jetzt noch vieles auf den Weg gebracht werden muss, aber das ist okay.

Sie haben selbst angedeutet und in Ihrem Gesetzentwurf festgeschrieben, dass all die Instrumente, die es derzeit gibt – sowohl im bisherigen Gesetz als auch das, was wir auf der kommunalen Seite bei der Parität versucht haben, aber auch mit den Gleichstellungsberichten –, nicht wirklich zu einem Erfolg führen, den wir als zufriedenstellend betrachten. Wir haben das im Ausschuss schon x-mal an verschiedenen Stellen diskutiert.

Die Frage zu behandeln, warum das so ist, würde jetzt

sicherlich diesen Rahmen sprengen. Ich glaube, trotzdem muss das aber an den Anfang gestellt werden. Frau Ministerin, ob die Instrumente, die Sie jetzt als bessere bezeichnen, tatsächlich nachher eine wirkliche Veränderung bringen, müssen wir, denke ich, noch einmal gemeinsam besprechen; denn der Entwurf ist nicht mehr der, den Sie als Referentenentwurf eingebracht haben, da Sie schon einige Veränderungen vorgenommen haben.

Der Gesetzentwurf soll vor allem dort wirken, wo eine Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen und bei bestimmten Gehaltspositionen, aber vor allem auch in Gremien festzustellen ist. Die Instrumente, die Sie anwenden, denke ich, müssen sowohl auf ihre Praktikabilität als auch auf ihre Finanzierbarkeit und ihre tatsächliche Umsetzungmöglichkeit hin noch einmal beleuchtet werden.

An dieser Stelle sage ich, Sie haben in § 5 das Gendermainstreaming eingeführt. Sie haben darauf hingewiesen, dass es in diesem Gesetzentwurf auch darum geht, die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu beachten. Ich sehe darin ein Stück weit einen Widerspruch zu dem, was Sie bei den Gleichstellungsbeauftragten geregelt haben. Sie haben die Gleichstellungsbeauftragten auf das weibliche Geschlecht eingeschränkt, und zwar in zweierlei Hinsicht. Nur Frauen können Gleichstellungsbeauftragte sein, und nur weibliche Beschäftigte können sich an diese Gleichstellungsbeauftragten wenden. Ich bin mir nicht sicher, wie das mit Ihrem Anliegen von Gendermainstreaming korrespondiert. Ich bin mir auch nicht sicher, ob das, was Sie da hineingeschrieben haben, wirklich modern ist.

(Beifall der CDU)

Ich sage das vor dem Hintergrund, dass wir sehen, dass in anderen Bundesländern um uns herum durchaus andere Wege gegangen worden sind, wobei ich konstatieren muss – wir haben uns das auch angesehen, die von Ihnen intern durchgeführte Anhörung haben Sie schon erwähnt –, dass Sie natürlich einen riesigen Spagat zwischen den Wünschen der einen, die sehr viel mehr wollten, und denen, die sehr viel weniger wollten oder immer noch wollen, machen mussten, Frau Ministerin. Ich denke, das wird uns viel Arbeit bei den Beratungen im Ausschuss bereiten.

Nun zur Frage, was wollten manche gar nicht. Sie haben selbst schon darauf hingewiesen, dass Sie die Vergabe öffentlicher Aufträge, für die Sie über eine Verordnung jetzt schon eine Frauenförderung verpflichtend festgeschrieben haben, aufgrund des öffentlichen Drucks – wir haben das hier schon diskutiert – aus dem Gesetz haben herausnehmen müssen. Sie haben aber auch die alte Regelung wieder eingeführt, dass nämlich die Verbände der freien Wirtschaft und der Selbstverwaltungskörperschaften dieses Gesetz nicht mehr 1 : 1 umsetzen müssen und es für sie nicht gilt. Das ist sicherlich eine Folge des öffentlichen Drucks.

An der Stelle will ich aber auch sagen, die Kommunen sind Teil des Landes und sind nicht an allen Stellen, aber an sehr vielen Stellen von diesem Gesetz nachher betroffen. Dies vor allem dann, wenn es um die Gleichstellungsbeauftragten und ihre Aufgaben geht. Wir haben zur Kenntnis genommen – ich glaube, Sie haben es sogar in die Begründung hineingeschrieben –, dass der Kommunale Rat

den Gesetzentwurf einstimmig – bei einer Enthaltung – abgelehnt hat. Wie kann es anders sein? Der Begriff der Konnexität spielt natürlich von kommunaler Seite aus eine große Rolle. Ich denke, die Kommunen befürchten weitere Kosten. Das kann man sich vorstellen, aber auch das werden wir hinterfragen, weil das Klagerecht, aber auch die Stellvertretung, die noch einmal dezidiert mit eigenen Aufgaben usw. eingeführt wird, die eine oder andere Schwierigkeit bereiten wird. Das gilt vor allem aber auch für die Kleinteiligkeit. Das heißt, jede Behörde muss das machen.

Interessanterweise finden die Schulen in dem Gesetz keinen Niederschlag mehr. Sie sind noch über die Verwaltungsgerichtsordnung enthalten. Ich glaube, das haben Sie als Beispiel genommen. Sie waren vorher dezidiert genannt.

An der Stelle will ich noch einmal auf die Gleichstellung zurückkommen. In den Schulen haben wir kein Problem im Bereich der Frauen, sondern bei den Männern. Wir haben zu wenige Männer, die an Schulen den Beruf des Lehrers ergreifen. Sie sind im Hintertreffen. Deswegen stellt sich die Frage, ob man an der Stelle, an der Frauen keine Unterrepräsentanz zeigen, so etwas für Männer mit einführt.

Da ich gerade von Männern spreche, will ich an der Stelle sagen, dass Sie wollen, dass sich nur Frauen an die Gleichstellungsbeauftragte wenden können. Es dürfen nur Anliegen vorgetragen werden, die sich aus dieser Gleichstellung ergeben. Man muss prüfen, ob das wirklich das ist, was man sich in den Ämtern vorstellt.

Einen Punkt, der mich sehr gestört hat, muss ich benennen. An zwei Stellen schreiben Sie, dass Sie mit diesem Gesetz die traditionellen Rollenbilder – das ist ein Zitat – auflösen wollen, und es soll erreicht werden, dass Männer und Frauen Beruf und Familie besser vereinbaren können. Ich bezweifle, dass es Aufgabe eines Landesgleichstellungsgesetzes ist, traditionelle Rollenbilder aufzulösen und das als politische Marschrichtung vorzugeben. Das ist immer noch Privatsache, wie man sein Leben zu Hause organisiert. Man kann Bedingungen schaffen, um Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Man kann sich alles Mögliche vorstellen. Vieles wird gemacht. Es geht mir, ehrlich gesagt, zu weit, das an zwei Stellen in das Gesetz hineinzuschreiben.

(Beifall der CDU)

Es sind ganz viele Dinge, die uns bei der Anhörung und der anschließenden Auswertung Gelegenheit geben, uns darüber noch einmal zu unterhalten. Wir werden sehen, wie offen Sie sind, auf unser Mitwirken einzugehen. Wir werden sehen, was daraus wird.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Frau Kollegin Elsner das Wort.