Erstens Konzentration auf Menschen mit Bleibeperspektive, zweitens Ausweitung der sicheren Herkunftsländer, drittens konsequente Rückführung von nicht Asylberechtigten, viertens Fehlanreize vermeiden, fünftens Integration nach klaren Regeln und nicht nur nach Gefühl. Diese Positionierung haben wir nicht erst seit gestern oder seit heute, sondern von Anfang an.
Aber Sie, Frau Dreyer, Frau Ministerpräsidentin, wechseln Ihre Positionen fortlaufend. Zuerst kritisieren Sie uns dafür, dass wir unterscheiden wollen zwischen Asylsuchenden mit und ohne Bleibeperspektive. Jetzt haben Sie unsere Position übernommen. Zuerst sind Sie gegen die weitere Ausweitung weiterer sicherer Herkunftsländer. Sie haben
im Bundesrat beim ersten Mal auch nicht zugestimmt; ich weiß nicht, was Sie beim zweiten Mal machen. Jetzt haben Sie unsere Position übernommen.
Lange zögern Sie, Menschen ohne Bleibeperspektive zurückzuführen. Auch hier haben Sie sich jetzt unserer Position angeschlossen. Zuerst waren Sie der Meinung, man könne über ein Einwanderungsgesetz sogar auch noch abgelehnte Asylsuchende vom Balkan ein Bleiberecht verschaffen. Nun fordern Sie im Gleichklang mit dem bayerischen Ministerpräsidenten einen konsequenten Zuzugsstopp, und das dann auch nur für wenige Stunden. Gestern schränkten Sie diese Position dann halb wieder ein.
Bis zur Stunde gibt es kein klares Konzept, keine praktischen Vorschläge Ihrerseits auf diese Herausforderung.
Stattdessen, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, bremsen Sie alles ab, was den Zuzug bremsen könnte. Sie wollen keine Grenzkontrollen, keine Flughafenverfahren, also Transitverfahren, Sie wollen keine Kontingentierung. Sie haben kein Konzept, aber fordern es von anderen. Stattdessen wollen Sie eine Ausweitung der Leistungen für Asylbewerber, eine Gesundheitskarte für Asylsuchende und die Stichtagsregelung, wonach jeder bleiben darf, wenn er eine bestimmte Zeit im Land war. Und die Landesregierung will Einbürgerungsmöglichkeiten auch noch beschleunigen; sie sollen ja morgen vorgestellt werden.
Was die Landesregierung aber machen sollte, das unterlässt sie, nämlich Vorsorge zu treffen für das, was auf unser Land noch zukommen wird. Seit dem Frühjahr hat die Landesregierung am Entwurf des Haushalts 2016 gearbeitet, man gewinnt aber leider nicht den Eindruck, dass die Herkulesaufgabe Flüchtlinge angemessen eingeflossen ist. Hunderttausende Flüchtlinge werden ein Bleiberecht in Deutschland erhalten. Sie brauchen Wohnungen, aber nicht nur das. Dass sie Wohnungen brauchen, das bestätigten auch Sie, Frau Ministerin Ahnen, in Ihrer gestrigen Rede. Was aber Frau Ahnen dann dazu ausgeführt hat, entspricht leider nicht den Tatsachen, denn die neuen Anforderungen an den Wohnungsbau schlagen sich mitnichten – wie Sie sagten – im Haushalt 2016 nieder.
Das Förderprogramm sieht Mittel von 23,1 Millionen Euro vor. 2015 waren es noch 24,6 Millionen Euro. Sie haben die Mittel gesenkt statt angehoben.
Dann erklärt Frau Ahnen – ich zitiere –: „Jetzt hat auch der Bund Verbesserungen bei der Förderung des sozialen Wohnraums von 500 Millionen Euro bis 2019 zugesagt. Hiervon entfallen auf Rheinland-Pfalz 18,7 Millionen Euro.“
Hier muss bei Frau Ahnen etwas durcheinander geraten sein. Frau Ahnen, 18,7 Millionen Euro hat der Bund schon immer gezahlt. So steht es auch im Haushaltsentwurf der Landesregierung. Die zusätzlichen Mittel des Bundes schlagen sich jährlich mit 36,8 Millionen Euro für Rheinland-Pfalz nieder. Insgesamt erhält Rheinland-Pfalz also im kommenden Jahr über 50 Millionen Euro für den Wohnungsbau. Das Land selbst trägt nur 4,8 Millionen Eu
Deshalb fragen wir: Warum sagen Sie das so nicht? Warum sind Sie nicht transparent? Warum simulieren Sie nur eigene Aktivitäten und verschweigen, dass andere Ihnen dabei helfen?
Ja, es geht ja um die Finanzministerin. Ich denke, Sie bitten ja, dass wir uns mit Ihrer Rede gestern auseinandersetzen.
Ja. Aber das können wir danach machen. Aber es geht ja um Ihre Rede, die Sie gestern gehalten haben. Ich denke, dass Sie dann auch entsprechend darauf antworten können, wäre, glaube ich, schon in Ordnung. Man kann ja auch einen Zettel reinreichen, und dann kann man das nachlesen.
Auch die anderen Haushaltstitel, wie Schule, wie Justiz, wie Polizei, all diese Bereiche, die auch von der veränderten Lage durch Hunderttausende von Menschen beeinflusst werden, die zu uns kommen, atmen nicht den Geist des Vorbereitetseins auf das, was die steigenden Zahlen der Flüchtlinge mit sich bringen. Wo ist da die vorausschauende Vorsorge?
Frau Ministerpräsidentin, Herr Schweitzer, Herr Köbler, die aktuelle Lage, der anhaltende Zustrom von Flüchtlingen nach Europa und nach Deutschland stellt uns vor eine der größten Herausforderungen der zurückliegenden Jahrzehnte. Es ist ein gemeinsamer Kraftakt, den wir hier übrigens gemeinsam mit den Kommunalen zusammen schaffen müssen. Diese Komplexität der Aufgabe zeigt sich jeden Tag. Das zeigt sich jeden Tag. Auch das unabgestimmte Vorgehen des Innenministeriums und des Integrationsministeriums, die unterschiedlichen Informa
tionen, wenn man von Information der rechtzeitigen Art überhaupt reden kann, diese Komplexität, die sich in einer Querschnittsaufgabe in verschiedenen Ressorts bei Ihnen findet und übrigens auch in verschiedenen Ausschüssen des Landtags behandelt wird, braucht unserer Meinung nach ein parlamentarisches Dach, unter dem die Diskussion, der Informations- und auch der Lösungsaustausch gebündelt werden. Deshalb schlage ich vor, dass wir einen „Ad-hoc-Ausschuss Flüchtlinge“ im rheinland-pfälzischen Landtag einrichten. In diesem Ausschuss sollten auch Vertreter der kommunalen Spitzenverbände mitarbeiten; denn ohne die Kommunen und die Umsetzung vor Ort werden wir hier nicht erfolgreich sein.
Frau Ministerpräsidentin, Ihre Kollegin, die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, hat daher für das Saarland die Einrichtung eines solchen Ausschusses ausdrücklich initiiert. Ich würde mich freuen, wenn Sie das mit unterstützen würden, wenn Sie unseren Vorschlag unterstützen. Ich habe Herrn Köbler und Herrn Schweitzer bereits am vergangenen Mittwoch einen Brief dazu geschrieben. Eine Antwort ist noch nicht angekommen. Man braucht sicherlich auch entsprechend Zeit. Von uns wird häufig von heute auf morgen eine Antwort auf einen Brief erwartet. Aber ich hoffe sehr, dass Sie bereit sind, dass wir in einem solchen Ad-hoc-Ausschuss, den auch das Saarland einrichten wird, gemeinsam gestalten können.
Frau Ministerin Ahnen, der von Ihnen vorgelegte Haushalt steht exemplarisch für einen fehlenden Anspruchs- und Gestaltungswillen dieser Landesregierung. Es geht Ihnen um Vergangenheitsbewältigung, aber nicht um Zukunftsgestaltung.
Sie setzen in diesem Haushalt die Verschuldungskontinuität der vergangen 25 Jahre der SPD-geführten Landesregierungen fort. Es wird sogar noch schlimmer. Es wird sogar noch schlechter, als es bereits vorher war.
Sie trauen sich nicht, ein halbes Jahr vor der Landtagswahl den Bürgern eine ehrliche Bilanz der Landesfinanzen vorzulegen. Sie führen sogar Projekte weiter, die man eigentlich beenden müsste, und Sie setzen sogar noch eines drauf. Ich will es konkretisieren:
Dieser Landeshaushalt verfügt 2016 gegenüber 2015 über Steuermehreinnahmen in Höhe von 461 Millionen Euro. Sie verfügen im Haushalt 2016 zusätzlich über nicht steuerliche Einnahmen – das sind Einnahmen – in Höhe von 143 Millionen Euro. Sie profitieren auch in diesem Haushalt 2016 von wirklich extrem niedrigen Zinsen, und da kommt es zu einer Ausgabenminderung, weil man weniger zahlen muss als erwartet, von 99 Millionen Euro.
Dann müssen wir schauen, Sie haben gegenüber dem Haushalt von 2015 rund 700 Millionen Euro mehr zur Verfügung. Das würde eigentlich enorme Spielräume eröffnen. Aber Sie nutzen das nicht als Spielräume. Mit diesem
Spielraum hätten Sie die einmalige Möglichkeit gehabt, Rheinland-Pfalz endlich in die Reihe dieser Länder und in den Kreis der Länder zu führen, die in 2016 keine neuen Schulden mehr machen. Das ist übrigens die Mehrheit der Flächenländer. Wir fragen uns: Warum können Sie nicht das, was andere Länder unter ähnlichen Bedingungen hinbekommen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, offensichtlich sitzt bei Ihnen nach 25 Jahren Verschuldungspolitik der Schuldenreflex so tief, dass Sie einfach nicht davon loskommen.
Frau Ministerpräsidentin, in Ihrer Regierungszeit seit 2013 macht Rheinland-Pfalz die höchsten Schulden aller Flächenländer mit Ausnahme des Haushaltsnotlage-Landes Saarland. Frau Ministerpräsidentin, unter Ihnen ist der negative Qualitätsabstand der Haushaltspolitik zu den anderen Ländern noch größer geworden als unter Ihrem Vorgänger Kurt Beck. Das kann man an Zahlen auch festmachen. Während die Pro-Kopf-Verschuldung in Rheinland-Pfalz je Einwohner im Jahr 2013 – Ihr Amtsantritt – bei 9.514 Euro lag, liegt er 2015 jetzt bei 9.626 Euro. Seit dem Jahr 1991, dem ersten Jahr unter einer SPD-geführten Landesregierung, hat der Schuldenstand des Landes Rheinland-Pfalz von rund 11 Milliarden Euro auf 38 Milliarden Euro zugenommen. Das ist das Dreieinhalbfache. Er hat sich dreieinhalbfach vergrößert. Das ist die Handschrift SPD-geführter Landesregierungen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so handelt nur jemand, der über die nächste Runde kommen und nicht die Zukunft gestalten will. So mogelt man sich von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr, von Wahl zu Wahl. Mit Zukunft hat das nichts mehr zu tun. Sie sparen nicht, Sie gestalten nicht, Sie sorgen auch nicht vor.
Frau Ministerpräsidentin, im Zuge Ihrer Kabinettsumbildung im vergangenen Jahr haben Sie behauptet, dass Sie „sehr klar“ in Ihren Handlungen seien. Sehr schnell wurde aber ein anderes klar. Sie werden diesem Anspruch – dem selbst gestellten Anspruch – nicht gerecht. Das fing schon an mit Ihrem ersten Nachtragshaushalt. Bereits bei Ihrem Amtsantritt war Ihnen doch klar, dass das Geld für den Flughafen Hahn zum Beispiel nicht reichen würde. In Ihrer Regierungserklärung damals – Klarheit ist Ihr Anspruch – haben Sie keinen Ton dazu gesagt. Nur fünf Wochen später – so etwas fällt ja nicht vom Himmel – mussten Sie sich dann selbst korrigieren und einen Nachtragshaushalt mit 120 Millionen Euro verabschieden, unter anderem für den Flughafen Hahn.
Hatten wir eigentlich schon einmal so viele Nachtragshaushalte in so kurzer Zeit wie unter Ihrer Regierungszeit, Frau Ministerpräsidentin?