Protokoll der Sitzung vom 12.11.2015

Man hat den Eindruck, der Bundesinnenminister ist völlig isoliert und abgeschottet. Thomas de Maizière befindet sich in der Transitzone. Da liest man heute in der „WELT“ von der Informationslücke des Bundesinnenministers. Da erfahren nicht nur die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU, dass das Dublin-Verfahren schon längst wieder angewandt wird, sondern das erfährt auch der Flüchtlingskoordinator, Kanzleramtschef Altmaier, erst über die Presse. Auch die Kanzlerin erfährt es erst über die Presse. Ich weiß nicht, wie isoliert ein Bundesinnenminister sein muss. Wie chaotisch muss sein Haus sein. Frau Klöckner, Sie sind die letzte Freundin von Thomas de Maizière.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Frau Klöckner, zum Thema Kompetenzen: Sie haben ja vor einigen Wochen gefordert, diese Flüchtlinge, die da kämen, sollten erst einmal Fingerabdrücke abgeben. Ich kann Ihnen sagen, bevor überhaupt ein Antrag beim BAMF von einem Flüchtling gestellt wird, muss der nach dem bürokratischen Monster, das die Bundesregierung und der Bundesinnenminister zu verantworten haben, dreimal seine Fingerabdrücke abgeben. Das ist die Realität.

(Glocke des Präsidenten)

Hören Sie endlich auf, in dieser Frage mangelnde Kompetenz durch Frechheit und Lautstärke zu übertünchen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Klöckner das Wort.

Herr Präsident! Mensch, Herr Köbler, was ist nur mit Ihnen los? Man merkt, Sie sind verwirrt.

(Carsten Pörksen, SPD: Hören Sie doch mit solchen Sprüchen auf!)

Sie kriegen den Satz ja gar nicht zu Ende, den Sie ausführen wollten.

(Beifall bei der CDU)

Wissen Sie, Herr Köbler, der Punkt ist dann folgender: Sie sagen, wir reden hier nicht über die Altfälle, und dabei hat Ihr Fraktionsmitglied mit den Altfällen hier angefangen.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben nicht nur ein Kommunikationsproblem der Regierung, sondern auch ein Kommunikationsproblem in Ihrer eigenen Fraktion. Das können Sie uns nicht vorwerfen.

Dass Sie auf den Bundesinnenminister so eindreschen, ist schon hoch interessant. Wenn Sie sagen, ich sei die letzte Freundin von ihm, dann müssen Sie einmal fragen, warum der zuständige Landrat von Mainz-Bingen, Herr Claus Schick, ihm heute auch zustimmt. Sie haben ja die Presse zitiert.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Vielleicht gibt es ein paar Leute, die in der Praxis sind und nicht nur Hochschulseminare belegen und erzählen, wie es vor Ort aussieht. Vor Ort sieht es ziemlich eng aus. Darum geht es.

(Beifall der CDU)

Dann sprechen wir doch einmal von dem Chaos. Sie sprechen vom Chaos immer von anderen.

(Anne Spiegel, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jeden Tag sind wir in den Flüchtlingsunterkünften unterwegs! Die ganze Fraktion ist in den Flüchtlingsunterkünften unterwegs!)

Was hat denn diese Landesregierung hier gemacht? Viel zu spät hat sie geeignete Liegenschaften für Erstaufnahmeeinrichtungen gesucht. Es ist auch ein Armutszeugnis, dass gerade Rot-Grün schon an Fastnacht 2015 die ersten Zelte statt fester Unterkünfte aufstellen musste. Da war die Flüchtlingszahl noch übersichtlich. Noch kein anderes Land hatte das machen müssen, aber Rot-Grün musste es machen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist doch der Punkt, Sie haben eben nicht vorgesorgt. Es wurden keine Container frühzeitig bestellt, wie es die anderen gemacht haben. Heute, Mitte November, müssen Tausende von Flüchtlingen in Zelten leben mit einer Beheizung über Dieselaggregate, die Tag und Nacht Lärm machen und Tausende Liter Diesel verbrauchen, und das von den GRÜNEN, die sich heute in einer Regierungserklärung für ihren Klimaschutz feiern lassen wollen.

(Beifall bei der CDU – Alexander Schweitzer, SPD: Ach Gott!)

Das gehört auch dazu, im Sommer mussten hier in diesem

Land Tausende Flüchtlinge unter freiem Himmel in Trier übernachten.

(Heiterkeit der Ministerpräsidentin – Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Viele, viele Millionen!)

Entschuldigung, nicht Tausende, viele Flüchtlinge mussten in Trier unter freiem Himmel übernachten.

(Glocke des Präsidenten)

Ich meine, das muss man sich doch vor Augen führen, wenn der Bund so nicht vorgesorgt hätte, wenn der Bund Menschen unter freiem Himmel hätte schlafen lassen,

(Staatsminister Roger Lewentz: Er hat nicht einmal eine Einrichtung hingekriegt, dieser Bund! Nichts haben die hingekriegt!)

dann wären Sie die ersten gewesen, die mit der Lichterkette nach Brüssel gezogen wären. Deshalb sollten Sie bitte einmal in das Chaos der eigenen Landesregierung schauen.

(Starker Beifall der CDU)

Vizepräsident Dr. Bernhard Braun

Für die SPD-Fraktion hat Frau Sahler-Fesel das Wort.

(Carsten Pörksen, SPD: Doof, dünn, dünner, Klöckner! – Julia Klöckner, CDU: Ach, Herr Pörksen! – Carsten Pörksen, SPD: So was, also wirklich, das ist nur noch eine peinliche Nummer von Ihnen!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Alexander Schweitzer, SPD: Aber der Zwischenruf war es wert! – Carsten Pörksen, SPD: Der war fürs Protokoll!)

Also, Frau Klöckner, irgendwo verstehe ich ja, dass Sie sich in der Pflicht sehen, Ihren Bundesinnenminister zu verteidigen und ihm zur Seite zu springen.

(Zurufe von der CDU)

Aber dass Sie sich da so aufregen müssen und schon wieder anfangen müssen zu schreien, das ist wirklich hanebüchen und dann hier im Protokoll nachher nachlesbar, Behauptungen in die Welt zu setzen, die hinten und vorne zu widerlegen sind, und auf Versäumnissen herumzuprügeln, die gar nicht da sind.

Zur Erstaufnahme möchte ich einmal ganz klar sagen: Wer hat denn das weitere Einrichten von Erstaufnahmen blockiert? – Ihr stellvertretender Landesvorsitzender Günter Schartz, der Landrat von Trier-Saarburg, hat monatelang mit der Landesregierung über Kinkerlitzchen verhandelt so nach dem Motto „Man kann uns doch keine Erstaufnahme

dahin packen, das muss man ja vertraglich bis auf den letzten Krümel da regeln“,

(Julia Klöckner, CDU: Kinkerlitzchen?)

sodass man schon den Eindruck haben konnte, dass es von oben her, von der Landesvorsitzenden her, offensichtlich da eine gewisse Doktrin gab.

(Zurufe von der CDU)

Ja, und deshalb weiß ich auch genau, wer das ganze Spiel gespielt hat. Das hat nicht der Kreistag gespielt, das hat der Landrat mit seinen Bürgermeistern und seinen Verbandsbürgermeistern ganz alleine gespielt. Das war offensichtlich sein gewisser Auftrag.

(Carsten Pörksen, SPD: Das war kein Eindruck, das war die Wirklichkeit!)

Die Kommunen – da danke ich ausdrücklich dafür – haben sich inzwischen vom Joch und von der offensichtlichen Devise der CDU-Landespartei frei gemacht und entscheiden sehr ad hoc und sehr einfach, ja, hier kommt eine Erstaufnahme mit hin, und hier kommt noch eine hin, sodass wir in kürzester Zeit diese 25 Erstaufnahmen ins Land hochgefahren haben. Da meinen ausdrücklichen Dank an all die kommunalen Vertreter, egal welches Parteibuches, dass Sie auf diese Art diese gemeinschaftliche Aufgabe erkannt haben und sich mit in diese Aufgabe hineinstellen und mitarbeiten, im Gegensatz zur CDU-Landtagsfraktion.

Schönen Dank.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)