Protokoll der Sitzung vom 16.12.2015

Für die Landesregierung spricht Herr Professor Robbers.

Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Es ist gut, dass wir uns wenigstens in einem Punkt alle einig sind, aber das ist ein zentraler Punkt: Die Justiz ist tragende Säule unseres Rechtsstaats und Garant

der Sicherheit. Das ist ein enormer Standortvorteil. Für eine gute Wirtschaft und für jeden Bürger und für jede Bürgerin ist eine gute Justiz so wichtig wie der fließende Verkehr und wie das schnelle Internet. Wir stellen hohe Anforderungen an die Justiz. Die Justiz in unserem Land macht eine hervorragende Arbeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie belegt Spitzenplätze in der Bundesrepublik. Sie ist zum Beispiel bei den Asylverfahren spitze. Dafür danke ich.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren Abgeordnete, deshalb müssen Gerichte, Staatsanwaltschaften, der Justizvollzug und der Verbraucherschutz angemessen ausgestattet sein. Nur dann kann die Justiz auch weiterhin die vielfältigen und schwierigen Aufgaben gut und schnell für die Menschen bewältigen. Ganz besonders ist der Einsatz aller Mitarbeiterinnen und aller Mitarbeiter im gesamten Geschäftsbereich – auch im Verbraucherschutz – vorbildlich. Ihnen allen gilt mein ausdrücklicher Dank für ihr hohes Engagement und für ihre großartige Arbeit.

(Beifall der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das zeigt sich vor allem in besonderen Situationen. Gerade jetzt bei der Bewältigung des Flüchtlingszuzugs gehen die Mitarbeitenden hin und leiten oder fördern Aufnahmeeinrichtungen neben ihrer normalen Arbeit an Samstagen, Sonntagen und nachts. Ich finde das klasse.

(Beifall der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie beschweren sich nicht, sondern sie machen das einfach.

Jetzt machen Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und auch Anwälte ehrenamtlich beim neuen Werte- und Integrationsunterricht mit, den wir von unserem Ministerium aus für die Flüchtlinge neu anbieten,

(Alexander Schweitzer, SPD: Hervorragende Idee!)

damit die sich ganz schnell integrieren können.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Carsten Pörksen, SPD: Da braucht man nichts zu unterschreiben!)

Da braucht man nichts zu unterschreiben. Da kann man hingehen und lernen. Wir haben schon ganz viele freiwillige Anmeldungen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun ist der Haushalt 2016 durch finanzpolitische und verfassungsrechtliche Vorgaben geprägt. Das sind gewaltige finanzpolitische Herausforderungen. Auch die Justiz und

der Verbraucherschutz stellen sich diesen Herausforderungen. Wir üben strenge Ausgabendisziplin. Wir gehen effizient mit den verfügbaren Ressourcen um, und wir tragen zu den notwendigen Einsparungen für die Haushaltskonsolidierung bei.

Wir sorgen dabei für die weitere Modernisierung der Justiz. Der elektronischen Rechtsverkehr, die elektronische Akte, das Datenbankgrundbuch, all das ist entweder schon in Funktion oder im Werden.

Wir schaffen es auch, insgesamt mit diesem Haushalt – das kann man nun schlechtreden oder nicht – gut über 50 neue Stellen in den Geschäftsbereich der Justiz zu bringen, über 50 neue Stellen durch frühzeitige Maßnahmen im laufenden Haushaltsjahr und die Absicherung in diesem Haushalt,

(Dr. Axel Wilke, CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

und zwar bei Richtern, bei Staatsanwälten, bei den Rechtspflegern, besonders dort. Wenn Sie also sagen, Herr Abgeordneter Dr. Wilke, dass einfach nur kw-Vermerke wegfallen, dann muss ich sagen, nein, die meisten Stellen, jedenfalls ganz viele dieser Stellen mit den kw-Vermerken

(Dr. Axel Wilke, CDU: Aha!)

sind bereits unbesetzt und schon weg. Jetzt kommen sie neu auch in diesem Sinne und nicht nur haushaltstechnisch.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Fast 50 Stellen für Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger.

(Dr. Axel Wilke, CDU: Das kann man jetzt glauben oder nicht!)

Zur Kompensation dieser zusätzlichen Rechtspflegerstellen waren Einsparungen bei mir im Ministerium geplant – ich fange bei mir selbst im Ministerbüro an, dabei bleibt es –, dazu Einsparungen im justiziellen Geschäftsbereich. Das war damals richtig. Das war damals verkraftbar und gewiss schwierig. Aber die Zeiten ändern sich. Ich habe damals schon gesagt, wenn es erforderlich ist, können wir nachsteuern.

Hier sind jetzt unvorhersehbare, schnelle und erhebliche Änderungen gekommen. Es sind viele Flüchtlinge gekommen. Deshalb ist schon im Haushaltsentwurf anders als ursprünglich geplant auf die Einsparung von mehreren Richterstellen verzichtet und auf spätere Jahre verschoben worden.

Dann kamen die schrecklichen Terroranschläge am 13. November 2015 in Paris. Wir brauchen jetzt zusätzlich und schnell ein Sicherheitspaket für noch größere Flexibilität, deshalb drei Staatsanwaltsstellen und fünf Stellen für Richterinnen und Richter gegenüber der ursprünglichen Planung neu. Das schützt die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Das sichert den flexibleren Personaleinsatz. Das sichert zusätzlich die Stellen ab, die schon im laufenden Haushalt zusätzlich und schnell an das Landgericht

Koblenz zur Bewältigung der ganz besonderen Kumulierung von Verfahren gegeben wurden.

Nun zu den Fällen in Koblenz. Sie, Herr Dr. Wilke, und auch Ihre Fraktionsvorsitzende, Frau Abgeordnete Klöckner, haben sich daran fast festgebissen. Ja klar, die Richterinnen und Richter, die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte arbeiten bis zum Anschlag, ja, wie alle in der Justiz. Die Gerichte sind stark belastet, gerade in Koblenz. Deswegen sind schon im laufenden Haushaltsjahr zusätzliche Richter nach Koblenz gegangen, und zwar sofort und genauso viele wie von dort angefordert. Deswegen auch über 50 neue Stellen in der Justiz überhaupt.

Wie mit den Stellen umgegangen wird, ist Sache des Geschäftsbereichs, der Präsidien und der Gerichte in richterlicher Unabhängigkeit. Da dürfen wir uns gar nicht einmischen. Das achten wir. Das ist Verfassungsrecht, das selbstverständlich zu achten ist.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt viele Haftprüfungen. Dauernd gibt es das. 1998 waren es 260 Haftprüfungen. Im Jahr 2000 gab es 165 und 16 Aufhebungen. 2015, also in diesem Jahr, werden wohl etwas über 60 statt 260 Haftprüfungen mit einigen wenigen Aufhebungen anfallen. Diese Entscheidungen ergehen in richterlicher Unabhängigkeit. Für Haftentlassungen gibt es viele Gründe.

Sie behaupten einfach, das liege hier nur an personellen Engpässen. Das ist doch reine Spekulation. Die Entscheidungen selbst sagen das überhaupt nicht. Haben Sie die überhaupt gelesen? Da steht nur, es könne nicht rechtzeitig terminiert werden vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist. Nichts weiter. Dafür kann es viele Gründe geben.

(Dr. Axel Wilke, CDU: Welche?)

In einem Fall neulich – ein anderer Fall – war ein Zeuge erkrankt. Deswegen konnte nicht rechtzeitig terminiert werden.

Mir ist vom Gericht über diese zwei Haftentlassungen zusammen berichtet worden. Bei dem einen Fall seien noch weitere Ermittlungen anzustellen gewesen. Beim anderen Fall sei kein geeigneter Sachverständiger gefunden worden, und der Verteidiger habe zu dem vorgesehenen Termin keine Zeit gehabt.

(Carsten Pörksen, SPD: Aha!)

Kein Wort zu personeller Belastung.

(Carsten Pörksen, SPD: Was ist das denn?)

Da muss auch kein Ausschuss informiert werden.

(Carsten Pörksen, SPD: Aber sich aufblasen wie verrückt!)

Ja, in der Justiz wird bis zum Anschlag gearbeitet, auch in Koblenz. Aber Sie von der Opposition benutzen die Justiz nur für Ihre politischen Zwecke. Das weise ich zurück.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieser Haushalt steht flexibel. Es sollen auch wegen der Prüfung des Rechnungshofs in der Arbeitsgerichtsbarkeit insgesamt fünf dort entbehrliche Richterstellen in andere Geschäftsbereiche umgesetzt werden. Flexibel, also dort, wo sie noch mehr gebraucht werden.

Natürlich stellen wir uns auf mögliche weitere kommende Herausforderungen ein. Zum Beispiel helfen die fast 50 neuen Stellen für die Rechtspfleger später dann auch bei den Amtsanwälten.

Zu Ihrem Vorschlag, den sowohl Ihre Fraktionsvorsitzende als auch Sie jetzt wieder aufgemacht haben, dass man doch auf die Amtsanwaltsstellen, die man jetzt schaffen würde, fertige Juristen setzen wollte, möchte ich etwas sagen.

(Zuruf des Abg. Dr. Axel Wilke, CDU)