Protokoll der Sitzung vom 16.12.2015

(Hans-Josef Bracht, CDU: Wieder einmal nicht verstanden!)

Das, was Sie vorschlagen, haben Sie nicht finanziert. Liebe Frau Kollegin Klöckner, ich will Ihnen sagen, Sie haben den Begriff „seriös“ so oft in den Mund genommen, dass es mir irgendwann aufgefallen ist. Ich habe den Eindruck, Sie haben den Wunsch, als seriös zu gelten, mit der Möglichkeit verwechselt, tatsächlich einen seriösen Haushaltsvorschlag zu formulieren. Das will ich Ihnen an weiteren Beispielen deutlich machen.

Ich will Ihnen an einer Stelle deutlich machen, dass mich die Aussage, wir setzen auf Lesen, Schreiben, Rechnen – Sie haben damit die bildungspolitische Debatte gemeint –, doch sehr fasziniert hat. Das ist natürlich eine hochbrisante politische Aussage. Dafür wird man wahrscheinlich immer eine Mehrheit im Land finden.

(Heiterkeit bei der SPD)

Sie setzen auf Lesen, Schreiben, Rechnen.

(Zurufe der Abg. Christian Baldauf, CDU, Carsten Pörksen, SPD, und Alexander Licht, CDU)

Jetzt will ich Ihnen aber eines sagen, Frau Kollegin: Lesen und Schreiben will ich Ihnen gar nicht in Abrede stellen, aber beim Rechnen wird es spannend.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)

Meine Damen und Herren, 16 Millionen Euro sind die Mittel, die wir bekommen, weil das Betreuungsgeld auf Bundesebene ausläuft. 16 Millionen Euro! Ich sage gleich noch etwas zur inhaltlichen Debatte rund um dieses Betreuungsgeld.

Liebe Frau Kollegin Klöckner, ich weiß nicht, wer Ihnen von Ihrer Fraktion das ausgerechnet hat. Ich vermute, er sitzt gar nicht so weit von Ihnen entfernt. Dieser Kollege hat die 16 Millionen Euro mal eben zweimal im Haushalt verbucht. Er hat sie selbst eingestellt, und dann stimmt er mit Ihnen zusammen der Haushaltsvorlage zu, die das im Einzelplan 20 des Haushalts ebenfalls noch vorsieht. So kann man natürlich jeden Haushalt sanieren, indem man die Zahlen mit heißer Luft hochpumpt, die man produzieren kann. Zumindest hat man diesen Eindruck, wenn man Ihrer Rede zugehört hat, liebe Frau Kollegin Klöckner. Das sind Hütchenspielertricks, und nichts anderes. Dann hier den Eindruck zu erwecken, Sie hätten einen seriösen Haushaltsvorschlag formuliert, lieber Herr Dr. Weiland, das ist unangenehm für Sie, aber ich muss Ihnen das sagen. Sie haben da Ihrer Fraktionsvorsitzenden keinen Gefallen getan, dass Sie sie auf dieser Grundlage hier in diese Debatte geschickt haben.

(Dr. Adolf Weiland, CDU: Ich bin tiefenentspannt!)

Sie hat auf der Grundlage von falschen, verfälschten und schlecht gerechneten Zahlen argumiert.

Liebe Frau Kollegin Klöckner, damit ist völlig klar, alles, was Sie an weiteren politischen Aussagen auf Grundlage Ihrer eigenen Rechnungen formuliert haben, kann man nicht ernst nehmen. Keine weitere Finanzierung von Schwerpunkten in Ihrem Haushalt ist finanziert, weil schon die Grundlage nicht stimmt. Da ist schon alles wackelig im Eingangsbereich des Hauses, und Sie bauen noch ein drittes und ein viertes Stockwerk drauf. Ich würde dieses Haus nicht betreten, und ich will mit anderen zusammen dafür sorgen, dass niemand in Rheinland-Pfalz nach der Landtagswahl in einem solch porösen und wackeligen Haus leben muss, wie Sie es hier aufgeführt und aufgebaut haben, liebe Frau Kollegin Klöckner.

(Starker Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich noch etwas zur Frage sagen, warum wir überhaupt über das Betreuungsgeld reden. Nun gut, es gab eine höchstrichterliche Entscheidung. Das Bedauern auf dieser Seite des Hauses war sicherlich geringer als das Bedauern auf der anderen Seite des Hauses. Am Ende ist es aber so, wir sind in Rheinland-Pfalz froh, dass wir diese Mittel bekommen und wir – Doris Ahnen und Irene Alt – es geschafft haben, mit den Kommunen so schnell, wie man nur „Fleischwurst“ sagen kann, liebe Frau Kollegin Klöckner, eine Einigung hinbekommen zu haben, wie wir mit diesen Mitteln umgehen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Deshalb ist es gut, dass die CDU-geführten kommunalen Spitzenverbände doch ganz offensichtlich von tiefem Pragmatismus geprägt schnell gesagt haben: Lasst uns diese Mittel aus dem Betreuungsgeld dafür in die Hand nehmen, damit wir Qualität und Infrastruktur im Kindertagesstättenbereich ertüchtigen. – Kaum einer von denen hatte in dem Gespräch – wahrscheinlich ist kaum einer auch noch übertrieben – für sich das Mandat empfunden, über ein Landesfamiliengeld zu reden.

(Staatsminister Roger Lewentz: Keiner!)

Das ist doch ein spannender Punkt. Ich kann mich erinnern, dass wir im Sommer hier eine Debatte hatten, bei der ich den Eindruck gehabt habe, das Modell Familie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland steht hier zur Debatte, weil, wer sich nicht unmittelbar zum Landesfamiliengeld bekennt, der hat es nicht mit den Familien. So haben Sie das hier dargestellt.

Da habe ich gedacht: Hoppla, das ist einmal ein Standpunkt. – Das ist nicht meiner, aber womöglich muss man ihn in der politischen Debatte jetzt einfach auf der Rechnung haben, da kommt eine Frau, die Frau Klöckner, und sagt, sie will ein Landesfamiliengeld. Sie findet es gut. Die Eltern und Kinder sollen das haben und davon profitieren. Da hätten wir gerne darum gerungen.

Jetzt kommt etwas hinzu, was ebenfalls mit den Debatten in diesen Tagen zu tun hat, nämlich mit Verlässlichkeit. Sie haben hier Ansprüche und Erwartungen geweckt. Wer gesucht hat, der hat nicht das Deckblatt zum Landesfamiliengeld gefunden. Jetzt könnte ich zu Ihren Gunsten annehmen – das will ich wirklich zu Ihren Gunsten anneh

men –, Sie haben es vergessen. Wer zweimal 16 Millionen Euro verbucht, dem ist es zuzutrauen, dass er ein Deckblatt vergisst. Aber tatsächlich ist es so, Sie haben es klammheimlich eingestampft.

(Zurufe von der CDU)

Ihr permanentes Dazwischenrufen – wer Sie kennt, weiß das – zeigt ganz deutlich, dass Sie getroffen sind, liebe Frau Kollegin Klöckner, dass wir Sie getroffen haben.

(Starker Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieses Landesfamiliengeld haben wir tatsächlich nicht gebraucht. Aber ich bin Ihnen zutiefst dankbar – – –

(Zuruf des Abg. Hans-Josef Bracht, CDU)

Lieber Herr Bracht, jetzt müssen Sie dazwischenrufen, weil die Kollegin sich nicht mehr traut. Ich will Ihnen aber eines sagen, ich bin Ihnen zutiefst dankbar, dass ich sagen kann, nach einer Debatte, die wir hier im Landtag hatten, hat die rheinland-pfälzische CDU, offensichtlich zum Besseren bekehrt, das Landesfamiliengeld selbst in die Mülltonne gekloppt. Wir mussten es gar nicht machen, Sie haben es selbst gemacht. Danke dafür. Das ist doch einmal eine vernünftige gemeinsame Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Josef Bracht, CDU: Machen Sie sich mal keine Sorgen um unser Programm!)

Vieles, was uns in Rheinland-Pfalz ausmacht, gute wirtschaftliche Bedingungen, gute Infrastruktur, gute Arbeitsmarktpolitik, die Fähigkeit sich zuzuhören, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, all das spielt in diesen Tagen in diesem Haushalt eine Rolle. Ich bin sehr, sehr froh, dass es uns gelungen ist, erneut Schwerpunkte auch bei der Bildung zu setzen. Wir sind das Land der gebührenfreien Bildung, und – das will ich deutlich sagen – wir werden im März des kommenden Jahres wieder ein Mandat dafür bekommen, dass wir das Land der gebührenfreien Bildung bleiben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird keine „KlöcknerSteuer“ geben. Wer Ihnen heute zugehört hat, liebe Frau Kollegin, der hat die Ankündigung schon gehört, dass es auch wieder Studiengebühren geben soll. Haben Sie das den Studierenden, die da draußen demonstrieren, eigentlich auch gesagt, oder waren Sie da auch nicht ehrlich genug? Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen das Land der gebührenfreien Bildung bleiben.

(Starker Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Josef Bracht, CDU: Schon wieder sagen Sie den Menschen die Unwahrheit! Kommen Sie einmal zur Wahrheit zurück!)

Keiner ist weiter gekommen als wir im Bereich der frühkindlichen Bildung. Keiner ist weiter gekommen als wir im Bereich der Ganztagsschule. Keiner ist weiter gekommen dabei, eine der größten Herausforderungen dieser Gesell

schaft zu bewältigen, nämlich endlich dafür zu sorgen, dass der eigene Bildungserfolg, der eigene Lebenserfolg weniger davon abhängt, was die Eltern verdienen. Genau das wollen Sie zurückdrehen mit Ihrer „Klöckner-Steuer“. Das werden wir zu verhindern wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Da bin ich mir, wenn ich mir an einer Stelle sicher bin, an dieser Stelle sicher.

(Starker Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie dann sagen, wir treffen die Doppelverdiener: Wie kann man soweit entfernt sein von der arbeitenden Mitte? – Die Doppelverdiener, die Sie meinen, das ist – jetzt gehen wir wieder noch einmal zu dem Unternehmen – der Daimler-Mitarbeiter – jetzt gehe ich einmal ungegendert vor, ich bitte um Verständnis, ich komme aus der Region und weiß, wie es tatsächlich ist –, das ist der DaimlerKollege, der am Band steht, und das ist eine Frau, die Nachtschicht im Krankenhaus arbeitet. Die wollen Sie belasten. Sie reden nicht von Belastungen von Singles, Sie reden nicht von Belastungen von Eigentümern von Personengesellschaften, sondern Sie reden von Menschen, die tatsächlich Lohnsteuer zahlen. Sie reden von der arbeitenden Mitte. Die wollen Sie belasten. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Starker Beifall der SPD und Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Stunde demonstrieren da draußen vor den Toren des Landtags Studierende, wahrscheinlich vor allem aus Landau, aber ich bin mir sicher, auch aus anderen Landesteilen. Das ist gut und legitim, weil wir auch wollen, dass sich eine junge Generation auch deutlich hörbar und deutlich zu erkennen gibt, wenn es darum geht, Missstände anzuprangern. Genau das ist doch in Ordnung. Darum bin ich sehr froh, dass es auch einen Dialog zwischen dem Landtag und der Landesregierung und den Studierenden gibt. So hat es in den vergangenen Wochen stattgefunden, so hat es heute stattgefunden, und wir können in diesem Dialog sagen, ganz offensichtlich ist das noch nicht in Ordnung, was die Raumsituation in Landau angeht. Wir haben aber doch die Hochschullandschaft in Rheinland-Pfalz nach vorn entwickelt.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden im Jahr 2016 den Hochschulen in Rheinland-Pfalz über 1 Milliarde Euro zur Verfügung stellen. Vieles andere kommt hinzu. Jetzt geht es auch um Managementfragen vor Ort. Da sind wir sehr an der Seite der Hochschule. Die Studierenden in Landau sollen gute Studienbedingungen haben. Alles, was wir als Land dazu beitragen können, muss dazu beigetragen werden, damit das ein klares Statement auch von mir an dieser Stelle ist, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Adolf Weiland, CDU: Macht doch mal ein Deckblatt!)

Herr Weiland, ich weiß nicht, ob Sie denen jetzt gerade wieder die 16 Millionen Euro, die Sie doppelt verbucht ha

ben, versprochen haben, aber auch das wird nicht helfen.

Ich will noch etwas zum Thema Infrastruktur sagen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir in diesem Land in Regionen, die lebenswert sind, gut leben können, Familien ihre Heimat finden, Betriebe und Unternehmen ihre Möglichkeit finden, zur Wertschöpfung beizutragen. Sie wissen, ich bin ein ehemaliger Verkehrsstaatssekretär. Ich habe keine dogmatischen Hemmungen, wenn es darum geht, im Landesverkehrshaushalt noch etwas obendrauf zu legen.

Ich bin sehr froh, dass diese Koalition gemeinsam dafür gesorgt hat, dass wir im Landesstraßenfinanzierungsplan auch noch einmal ein klares Statement setzen. Es wird auch in Zukunft notwendig sein – das sage ich ganz deutlich –, dass wir Mittel im Bereich der Infrastruktur, über alle Verkehrsträger übrigens und keinen gegeneinander ausspielen, verstetigen und hochhalten. Darauf wird es auch in Zukunft ankommen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir setzen als Koalition hier einen klaren Schwerpunkt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will auch etwas zum Thema schnelles Internet sagen. Da will ich schon sagen, natürlich haben wir eine Struktur mit kleinteiliger kommunaler Situation. Die hat doch Grundlage in jeder Studie, die Sie jetzt auch zitiert haben. Das macht deutlich, es ist im Zweifel im Bundesländervergleich immer leichter für ein großes Unternehmen, die Freie und Hansestadt Hamburg anzubinden als den Hunsrück, die Eifel und die Südwestpfalz. Das ist völlig klar. Genau daran muss diese Strategie ansetzen. Sie tut es, und schon erfolgreich. Wir sind schon heute auf Platz 2, was die Ausbaudynamik in Deutschland angeht. Wir sind schon heute dabei, dass wir, insbesondere was die schnellen und schnelleren Verbindungen angeht, eine Steigerung um über 38 % seit 2011 bekommen haben. Nur wer die Hälfte der Wahrheit spricht, kann dieses Bild versuchen, anders darzustellen. Aber wer permanent nur halbe Wahrheiten unter die Leute bringt, der wird irgendwann auch gefragt werden: Hast du es denn überhaupt noch mit der Wahrheit? – Liebe Frau Kollegin Klöckner, das will ich schon deutlich machen, wir sind viel weiter gekommen, als Sie eben dem Land und den Unternehmen gemeinsam unterstellt haben.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte gern auch noch einmal deutlich machen, dass wir uns in diesen Tagen – ich habe das mit Blick auf Frankreich und was da zu tun ist, um ein Land zusammenzuhalten und welche Hausaufgaben sich für Rheinland-Pfalz daraus ergeben, schon angesprochen – natürlich anschauen müssen, was sich in dieser Gesellschaft tut, wo etwas wegbricht, wo inzwischen auch wieder Geister und Kräfte hervorkommen und laut werden und sich trauen, auch laut zu sein, die wir eigentlich in der Vergangenheit geglaubt haben.