Protokoll der Sitzung vom 19.10.2011

Ja, das ist doch gut. Warum wehren Sie sich denn gegen Grünlandumbruchverbot? Besser heute als morgen!

(Glocke des Präsidenten)

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Höfken.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident! Ich finde es gut, dass sich der Landtag intensiv mit der Frage der Gemeinsamen Agrarpolitik befasst. Ich bin auch sehr froh darüber, dass die Fraktionen von SPD und GRÜNEN eine Anhörung beantragt haben; denn tatsächlich ist die Frage der zukünftigen Ausgestaltung der Europäischen Agrarpolitik eine der wesentlichen Entscheidungen, die in diesem Bereich fallen wird und deswegen auch mit entsprechender Aufmerksamkeit zu behandeln ist.

Ich will auch sagen, es ist ein ganz entscheidender Gesichtspunkt in der aktuellen europapolitischen Diskussion. Das finde ich schon einen Hinweis, der zu wenig beachtet wird, weil die Gemeinsame Agrarpolitik als einziger vergemeinschafteter Politik- und Wirtschaftsbereich in der Europäischen Union eigentlich der Kitt ist, der diese Europäische Union zusammenhält. Insofern ist die Frage der Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik auch in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung und übrigens auch in hohem Maße dessen finanzielle Ausstattung.

Herr Schmitt, da muss ich Sie als CDU und als Bundesregierung in die Verantwortung nehmen; denn eine entsprechend erfolgreiche Agrarpolitik und Politik für die ländlichen Räume, die Ernährungssicherung und all die neuen Herausforderungen, die die Europäische Kommission, aber auch alle Mitgliedstaaten stellen, wird ohne diese Ausstattung nicht gemacht werden können.

Es ist aber diese Bundesregierung, die diese Ausstattung infrage stellt. Das will ich hier ganz klar betonen. Mit Ihrer Ein-Prozent-Begrenzung, die Sie mit Frau Merkel massiv in Europa durchzusetzen versuchen, und indem Sie sich gleichzeitig der EU Eigenfinanzierungen verweigern, werden wir ein Defizit haben, das sich genau im Agrarbereich realisieren wird. Wer hier den Bauern etwas wegnimmt, das sind Sie mit Ihrer Politik.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass Sie diese Frage der Finanzierung nicht beantworten und mit Ihrer eigenen Politik nicht in Einklang bringen, steht auch im Widerspruch zu dem Antrag, den Sie stellen. Wir haben jetzt schon – so wurde gerade auch im Bundesrat diskutiert – bei den jetzigen Ausstattungen der finanziellen Vorausschau ein Minus von etwa 22 Millionen Euro für unsere ländlichen Räume und die rheinland-pfälzische Landwirtschaft zu stemmen, und wir werden aufgrund der heftigen Diskussionen, die im Europäischen Parlament zu erwarten sind, auch damit rechnen müssen, dass die Verteilungskämpfe innerhalb der Europäischen Union noch deutlich zunehmen. Das wird nicht bei den 4 % bleiben, die der Deutsche Bauernverband jetzt schon als Erfolg rühmt. Sie werden sehen, darüber wird es noch hart hergehen. Insofern müssen Sie Ihre Finanzpolitik überdenken, die völlig im Gegensatz zu dem steht, was Sie hier sagen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Gleichzeitig will ich auch sagen: Wenn die europäischen, die deutschen, die rheinland-pfälzischen Steuerzahler Gelder für diese Gemeinsame Agrarpolitik hergeben sollen, dann muss diese Politik auch die entsprechende Akzeptanz haben. Sie schreiben ja selbst in Ihrem Antrag – das sagen wir auch –: Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen. – Aber wenn es konkret wird und diese Leistungen tatsächlich nachgewiesen werden sollen, kneifen Sie. Das geht nicht. So werden Sie diese Akzeptanz nicht erhalten.

(Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

Deswegen ist das „Greening“ ein wesentlicher Ansatz. Gemeinsamkeiten haben wir in der Einschätzung der rheinland-pfälzischen Landwirtschaft, so wie dies Herr Johnen und auch Thorsten Wehner gesagt haben. Diese Leistungen werden erbracht. Insofern ist es auch in Ordnung, wenn diese dokumentiert werden.

An diesem Punkt will ich einmal auf die Haltung der Landesregierung zu sprechen kommen. Wir sagen, dass die Vorschläge der EU-Kommission ein erster wichtiger Schritt sind. Ich finde es wirklich sehr richtig, dass Kommissar Cioloş diese neuen Elemente einführt: Greening, Kappung, Definition des Begriffs „aktiver Landwirt“, Be

rücksichtigung von Kleinbetrieben, um nur einige zu nennen. Was die Ausgestaltung angeht, haben wir z. B. weitergehende Vorschläge, die auch deutlich in Richtung Vereinfachung und Entbürokratisierung gehen; denn wir sagen – Herr Johnen hat das eben erwähnt –: Wir wollen, dass ökologische Vorrangflächen keinesfalls als Stilllegung zu verstehen sind, was sie übrigens auch für Cioloş nicht sind.

(Schmitt, CDU: Als was sonst?)

Das ist vielmehr falsch. Wir sagen ja, dass sich eine solche „ökologische Vorrangfläche“ über den Anbau von Eiweißpflanzen definiert. Dies ist ein Schritt, der nötig ist, um unsere Futtergrundlagen zu verbessern. Wir sagen: Die Landschaftselemente und automatisch alle Umweltprogramme sollen enthalten sein. Das ist dann inklusive des Ökolandbaus, aber auch vieler anderer Umweltprogramme.

Wir sagen auch, dass alle Betriebe bis 15 ha Ackerfläche herausgenommen werden. Das ist ein riesiger Schritt in Richtung Entbürokratisierung und Vereinfachung, aber gleichzeitig ein Beitrag dazu, dem Anliegen der Gesellschaft gerecht zu werden und diese neuen Herausforderungen – Klima-, Wasser-, Bodenschutz, ländlicher Raum, gute Lebensmittel – wirklich auch zu konkretisieren und in der Umsetzung zu bestärken.

An dieser Stelle will ich auch darauf hinweisen: Sie schauen immer nur auf die rheinland-pfälzische und deutsche Landwirtschaft. Sehen Sie sich die Situation in Griechenland, Rumänien, Polen und in vielen EULändern an, in denen es mit der Umsetzung etwas hapert.

Das „Greening“ ist überhaupt der einzige Ansatz, unter den landwirtschaftlichen Betrieben eine europäische Wettbewerbsgerechtigkeit herzustellen. Insofern müsste jeder und jede aus unserer Sicht – aus rheinlandpfälzischer Sicht – genau diese Greening-Ansätze unterstützen, weil sie die Wettbewerbsgerechtigkeit im Sinne einheitlicher Standards unterstützt.

In diesem Sinne sagen wir eben auch: Es ist ein absolut richtiger Ansatz, den Cioloş hier verfolgt. Wir haben viele Vorschläge zur Ausgestaltung, die auch zu diskutieren sind, und wir sind der Auffassung, dass es enorm wichtig ist, dass wir nicht sagen: Weiter so! – Ich finde die Haltung von Bundesministerin Aigner, sich – wie übrigens schon beim letzten Mal – komplett zu verweigern, völlig falsch; denn, ich denke, einig können wir uns auch darüber sein, dass die landwirtschaftlichen Betriebe eine Verbesserung ihrer Situation brauchen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir brauchen den Erhalt der Produktionsgrundlagen. Wir wollen die neuen Herausforderungen – Klima-, Wasser-, Bodenschutz, Artenschutz – tatsächlich annehmen. Dafür brauchen wir eben auch eine zukunftsfähige Gemeinsame Agrarpolitik. In diesem Sinne freue ich mich auf die weiteren Diskussionen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Schneider das Wort.

(Pörksen, SPD: Es war ein so schöner Nachmittag!)

Herr Abgeordneter Pörksen, jetzt wird er sicherlich noch schöner.

(Pörksen, SPD: Das schließe ich bei Ihnen völlig aus!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, Herr Kollege Johnen, über Ihre Ausführungen waren wir seitens der CDU-Fraktion nicht sonderlich überrascht; denn sie bleiben – zugegebenermaßen – Ihrer Linie treu, mehr Greening in der Landwirtschaft einzuführen und mehr Umweltauflagen auf die Landwirtschaft herunterzu- brechen. Ich verstehe, dass Sie Ihre Parteipolitik zumindest im Bereich der Landwirtschaft fortführen müssen, wenn Sie sich schon bei dem einen oder anderen Infrastrukturprojekt in dieser Koalition nicht durchsetzen können.

(Beifall der CDU – Pörksen, CDU: Bad Bergzabern fehlt noch!)

Herr Abgeordneter Johnen, unsere Kulturlandschaft in Rheinland-Pfalz ist vor vielen tausend Jahren entstanden. Da gab es noch kein Greening. Aber es gab Landwirte, die unsere Kulturlandschaft gepflegt haben. Das werden sie weiterhin tun, auch ohne zusätzliche Umweltauflagen, wie Sie sie hier in Rheinland-Pfalz, auf der Bundes- und auf der europäischen Ebene fordern.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Pörksen)

Wenn Sie schon sagen, dass dies alles nicht mehr Aufwand sei, und wenn Sie mich fragen, was Fruchtfolge ist: Ja, ich weiß, was Fruchtfolge ist. Jeder Landwirt hat ein Interesse an der Fruchtfolge, um ertragreiche Böden zu haben. Aber Ihre Forderungen führen dazu, dass das, was jetzt gute fachliche Praxis ist, dokumentiert und von Beamten kontrolliert werden muss. Das führt zu mehr Bürokratie und mehr Verdruss im Berufsstand.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, Herr Kollege Wehner, für Sie habe ich nur einen Ausdruck. Der kommt aus der Tierwelt: Sie sind ein Chamäleon, so schnell, wie Sie hier die Farben gewechselt haben.

(Glocke des Präsidenten)

SPD, CDU und FDP haben am 7. Oktober 2009 hier im Parlament einen gemeinsamen Antrag verabschiedet, und in diesem Antrag stand, dass wir zusätzliche bürokratische Auflagen ablehnen und wir von der europäischen Ebene verlangen, auf zusätzliche Auflagen für die Landwirtschaft zu verzichten.

Bitte kommen Sie zum Schluss, Frau Schneider.

Und jetzt stellen Sie sich hier ans Mirofon und begrüßen, dass die Ministerin zusätzliche Bürokratie fordert. Entschuldigung, das ist ein Verrat an der Landwirtschaft seitens der SPD.

Für die SPD spricht der Abgeordnete Wehner.

(Schneider, CDU: Der Verräter! – Ministerpräsident Beck: Weil es der CDU mit dem Thema so ernst ist, ist der Saal so voll! Frage einmal, wie viele CDU-Abgeordnete da sind, wenn doch das Thema so ernst ist!)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere der CDU! Ich bin schon froh, dass Sie mich nur ein Chamäleon genannt haben und nicht ein Kamel.

(Heiterkeit und Beifall im Hause)

Es ist mir schon klar, dass Sie sich an diesem Greening reiben. Ich habe aber eben ausdrücklich auch gesagt, wobei ich weiß nicht, ob Sie das nicht gehört haben oder nicht hören wollten

(Pörksen, SPD: Die japanischen Affen dort drüben!)

ja, ja –, dass wir keinen hohen, unvermeidbaren bürokratischen Aufwand haben wollen. Das muss ein Minimum sein, und die Wettbewerbsfähigkeit darf nicht eingeschränkt werden.

Wir haben die Cross-Compliance-Regelungen. Diese legen schon einen hohen Standard für die Erzeugung von Tieren und für die Umwelt fest, und dieser wird in Deutschland auch sehr streng kontrolliert.

In den Vorschlägen von Cioloş steht, dass es weniger Kontrollaufwand geben soll. Das muss man dann auch fordern.

(Zuruf der Abg. Frau Schneider, CDU)