Da muss ich mich wirklich fragen: Ist das alles hohles Geschwätz, oder reden Sie vor Ort anders, als Sie hier reden? – Irgendeine Diskussionsgrundlage müssen Sie dafür ja haben.
Doch, in meinem Kreis kann ich sagen, da war der CDU-Bürgermeister der Gemeinde Morbach und heutige CDU-Landrat des Kreises Bernkastel-Wittlich der Erste, der auf die richtige, gute und individuelle Förderung der Schülerinnen und Schülern in einer Integrierten Gesamtschule hingewiesen und das erkannt hat und diese Schule für seine Gemeinde beantragt hat. Diese ist jetzt da und läuft erfolgreich. So ist das im Land RheinlandPfalz.
Wenn wir noch einmal auf den Punkt des Koalitionsvertrages zurückkommen, dann muss ich sagen, sinnerfassendes Lesen ist Unterrichtsstoff in der Grundschule. Ich empfehle der CDU-Fraktion, den Koalitionsvertrag zumindest in dem Punkt einmal zu lesen. Es lohnt sich. Denn dann erhellen sich für Sie einige interessante Neuigkeiten, die da drinstehen. Beim sinnerfassenden Lesen erkennen Sie, dass wir nach wie vor gemeinsam an diesem Koalitionsvertrag arbeiten und es da überhaupt keinen Keil zwischen uns gibt.
(Frau Schmitt, SPD: Das muss man erst einmal können! – Pörksen, SPD: Das müssen Sie noch einmal er- klären mit dem sinnerfassenden Lesen! Das weiß die nicht!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Gäste! Strenggenommen ist diese von der Opposition beantragte Aktuelle Stunde gegenstandslos.
Sie fordert eine Stellungnahme zu einer nicht existenten, aber immer wieder den BÜNDNISGRÜNEN unterstellten Forderung nach einem Schultyp, den DIE GRÜNEN und auch Daniel Köbler nie gefordert haben: die – ich nehme das Wort jetzt einmal in den Mund, normal weigere ich mich, dieses Wort zu verwenden – Einheitsschule. – Da wir diese nicht fordern, kann folgerichtig eigentlich auch niemand erwarten, dass sich die Bildungsministerin dazu äußert.
Herr Licht, Sie werden weder in unserem Wahlprogramm noch im Koalitionsvertrag auch nur ein Wort über das Thema „Einheitsschule“ lesen können. Das müssten Sie mir erst noch einmal zeigen. Die Vordenkerinnen der sogenannten Einheitsschule von 1848 hatten aber sehr wohl einen guten Anspruch. Sie wollten nämlich etwas ganz Besonderes. Sie wollten öffentliche, gerechte,
freie, koedukative Schulsysteme. Das haben sie in der Weimarer Republik, nämlich in den 20er-Jahren, versucht umzusetzen. In den 50er-Jahren haben konservative Bildungspolitiker speziell in Berlin daraus eine Kampfschlacht gemacht. Tatsächlich hat die DDR dann dieses System verwirklicht. Für uns gehört es eigentlich – so gut die damalige ursprüngliche Idee war, sie war zeitgemäß – in die Mottenkiste der Pädagogik. Da sollte es auch verbleiben.
Wie Sie dem Koalitionsvertrag aber durchaus entnehmen können, spricht sich Rot-Grün dafür aus – das hat Frau Brück auch ausgeführt –, Realschulen plus, Integrative Gesamtschulen und Gymnasien in ihren pädagogischen Ansätzen zu fördern.
(Dr. Weiland, CDU: Herr Pörksen, die Mottenkugeln hüten Sie! – Pörksen, SPD: Vorsicht, Herr Dr. Weiland!)
Wir GRÜNE haben keine pädagogischen Scheuklappen. Wir wollen aber mehr Bildungsgerechtigkeit und damit unabhängig vom Elternhaus den Zugang für alle Kinder zum Bildungssystem. Der Ausdruck „eine Schule für alle“ bezieht sich auf eine gute Qualität des Unterrichts, auf gemeinsames Lernen und auf individuelle Förderung. Wir sehen uns da durchaus in guter Gesellschaft. Auch der VBE, den ich jetzt nicht alleinig als gute Gesellschaft in diesem Zusammenhang bezeichnen möchte, hat gerade vor wenigen Minuten verlautbart, dass er dieses gemeinsame Lernen für gesellschaftspolitisch durchaus gewünscht sieht und es tausend gute Gründe dafür gibt, das auch umzusetzen und zu fordern.
Sie alle kennen den Artikel aus der „Süddeutschen Zeitung“ vom 16. Januar 2012: „Im Vergleich zu 25 europäischen Staaten bildet die Bundesrepublik in Sachen sozialer Bildungsförderung das Schlusslicht – zusammen mit Kroatien, Polen, Lettland und der Slowakei.“
Wo steht das? – Es steht ebenfalls in einer Studie, nämlich im vierten Eurostudent-Report des Hochschulinformationssystems. Vor diesem Hintergrund haben wir allen Grund, dabei zu bleiben und dieses alte Vehikel, das Sie hier ausgegraben haben, in der Mottenkiste zu belassen. Wir ziehen es vor, neue pädagogische Modelle zu entwickeln. Wir wollen vor allen Dingen, dass die Schulen ihren Unterricht verbessern, und zwar unabhängig von ihrem Türschild.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Auch ich bin natürlich im Vorfeld dieser Aktuellen Stunde auf Motivationsforschung gegangen. Denn was soll ich anderes tun, da es das, was im Titel der Aktuellen Stunde, wozu ich Stellung nehmen soll, gar nicht gibt? Denn es gibt keine Forderung der GRÜNEN nach einer Einheitsschule. Ich habe mir gedacht, da befasse ich mich doch lieber mit dem Thema: Was will die CDU jetzt eigentlich zum Ausdruck bringen? – Im positiven Sinne unterstellend habe ich zunächst einmal überprüft, ob vielleicht ein Beitrag zur Weiterentwicklung der Bildungspolitik in Rheinland-Pfalz geleistet werden soll. Dafür habe ich wenige Hinweise gefunden.
Ich habe mir überlegt, wie das Ganze angetextet ist. Ah, es gab das Interview von Herrn Köbler. Dann fordert der neue Generalsekretär Schnieder, der Ministerpräsident und ich müssten uns zu diesem Interview erklären.
Wissen Sie, ich habe an einer Stelle Verständnis für Sie. Wenn ich tagtäglich eine Bundesregierung rechtfertigen müsste, die nicht in einer einzigen sachpolitisch wichtigen Frage eine gemeinsame Position hätte, dann käme ich wahrscheinlich auch zu solchen Schlussfolgerungen wie Herr Schnieder und würde meinen, das müsste überall so sein.
Ich darf Sie jedoch beruhigen. Wir sind nicht in Berlin, wir sind in Rheinland-Pfalz, und diese Koalition funktioniert richtig gut, und sie hat in den richtigen Fragen auch gemeinsame Antworten.
(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Licht, CDU: Wenn Herr Ministerpräsident die Lernfähigkeit erhält! – Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)
Dann versuchen wir es inhaltlich und schauen uns an, worauf wir uns im Koalitionsvertrag verständigt haben. Dieser ist auch an dieser Stelle völlig klar und unmissverständlich und ist von einer großen Gemeinsamkeit geprägt.
Wir wollen die beste Bildung für alle. Dazu gehört für uns Chancengleichheit. Wenn der Zwischenruf kommt „Wie wollen Sie denn Chancengleichheit einführen?“, dann kann ich nur sagen: Okay, wir müssen doch noch einmal sehr grundsätzlich in die bildungspolitische Debatte einsteigen.