Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Da wir gerade bei den Wahrheiten sind: Die erste und entscheidende Botschaft dieses Haushaltsentwurfs ist es, dass wir die verfassungsrechtlichen Grenzen in den Jahren 2012 und 2013 einhalten werden und es uns dennoch mit diesem Haushalt gelingt, zukunftsgerichtete Ausgaben und Investitionen zu tätigen.

Das galt bereits für den Regierungsentwurf, und das gilt auch, nachdem die Anträge der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD beraten und verabschiedet worden sind. Ich sage ausdrücklich, dass unsere Anträge alle mit konkreten Gegenfinanzierungsmaßnahmen versehen sind. Das ist etwas, von dem sich Ihre Anträge ganz deutlich unterscheiden, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Einschränkungen, die ich der Wahrheit halber dabei machen muss, sind die Änderungen, die wir im Einzelplan 01 vollzogen haben. Diese Änderungen haben aber alle Fraktionen gemeinsam beschlossen.

Selbst die Steuermindereinnahmen im Jahr 2012 in Höhe von rund 55 Millionen Euro und im Jahr 2013 von rund 112 Millionen Euro verhindern nicht, dass wir die verfassungsmäßigen Grenzen einhalten. Meine Damen und Herren, ich finde, das ist in diesen Zeiten eine besondere Würdigung wert.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Es werden zwei Verfassungsgrenzen eingehalten. Einerseits gilt das für die Nettokreditaufnahme in Höhe der Ausgaben von Investitionen und andererseits für den Abbaupfad für das strukturelle Defizit angesichts der vereinbarten verfassungsmäßigen Schuldenbremse. Das ist schon gar nicht in diesen Zeiten eine Selbstverständlichkeit. Herr Kollege Ramsauer hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir aus der größten konjunkturellen Krise kommen, die wir in der Nachkriegszeit erlebt haben. Vor diesem Hintergrund ist das schon etwas ganz Besonderes.

Es darf nicht verschwiegen werden, auch wenn Sie das nicht hören wollen, die Einnahmeseite des Haushaltes ist immer noch deutlich unterentwickelt. Man kann das gar nicht häufig genug sagen: Das größte Risiko für den Haushalt ist die schwarz-gelbe Bundesregierung in Berlin.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Ramsauer, SPD: So ist das!)

Angesichts der Steuereinnahmesituation gilt bestenfalls, wir haben keineswegs mehr, sondern wir haben nur etwas weniger zu wenig, meine Damen und Herren. Dennoch sieht man unserem Haushalt die Konsolidierungsbemühungen und -anstrengungen deutlich an. So verringert sich der Finanzierungssaldo von 2011 von rund 2 Milliarden Euro auf rund 1,2 Milliarden Euro in 2012 sowie auf rund 1,1 Milliarden Euro in 2013. Die Nettokreditaufnahme sinkt von 2011 auf 2012 um rund 700 Millionen Euro und in 2013 noch einmal um rund 100 Millionen Euro. Das sind die Fakten. Meine Damen und Herren, bitte nehmen Sie die zur Kenntnis.

Die eigentlich entscheidende Kennzahl, an der man kurzfristige Konsolidierungserfolge und Haushaltsverbesserungen festmachen kann, ist der Primärsaldo. Da ist die Finanzierungsrechnung herausgerechnet. Dies zur Erläuterung, damit Sie wissen, worüber wir reden. Der entwickelt sich von minus 980 Millionen Euro im Jahr 2011 auf minus 80 Millionen Euro im Jahr 2012 und auf plus 96 Millionen Euro im Jahr 2013. Das ist der Faktor, den man finanzwissenschaftlich dafür ansetzt, ob im Haushalt konsolidiert wird oder nicht. Das ist schlicht und ergreifend unbestreitbar, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Daran erkennt man, wir befinden uns haushaltspolitisch auf dem richtigen Weg hin zu einer strukturellen Neuverschuldung von null, die wir in den Jahren 2019/2020 erreichen können. Ich sage aber auch – ganz Haushaltspolitiker an diesem Punkt –, dieser Doppelhaushalt ist nur ein erster Schritt. Wir erreichen dieses Ziel nur dann, wenn wir den eingeschlagenen Weg konsequent fortsetzen. Meine Damen und Herren von der CDU, Sie behaupten gerne, dass Sie viel mehr und viel schneller sparen könnten. Die Worte höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Allein das, was Sie an Änderungsanträgen vorgelegt haben, spricht nämlich eine deutlich andere Sprache. Dadurch werden Ihre vollmundigen Ankündigungen widerlegt, und es wird deutlich, dass Sie vor allem mit haushaltspolitischen Tricks arbeiten. Dazu folgt aber später noch mehr, meine Damen und Herren.

Nein, der Doppelhaushalt 2012/2013 begibt sich auf einen guten Weg. Er begibt sich auf den Weg der zielgerichteten Konsolidierung. Wir werden auch weiter den Weg, den Herr Köbler heute Morgen schon beschrieben hat – Einsparungen, Effizienzsteigerungen und auch gezielte Einnahmeverbesserungen –, weiterverfolgen. Wir entscheiden das, was wir im Land entscheiden können. Wir tragen dazu bei. Wir tun das, um die soziale und ökologische Modernisierung voranzubringen und um eine nachhaltige Haushaltspolitik durchzuführen, die diesen Namen verdient.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Nun wird es Zeit, sich den etwas weniger erfreulichen Dingen in diesem Haushalt zu widmen, nämlich den Anträgen der CDU, meine Damen und Herren. Ich habe an dieser Stelle in früheren Reden bereits erklärt, dass wir alle Vorschläge der CDU sachlich und unvoreingenommen prüfen und auch gerne die übernehmen werden, die geeignet sind. Was stellen wir nach einer Prüfung zusammenfassend fest? – Das, was die CDU vorgelegt hat, sind Hütchenspielereien, nicht eingelöste Versprechen und falsche politische Schwerpunktsetzungen. Genau wegen dieser drei Gründe können wir Ihren Anträgen auf keinen Fall die Zustimmung erteilen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ihre Fraktionsvorsitzende hat heute Morgen, offensichtlich mit klassischer Bildung ausgestattet, zitiert: Mit dem Wissen wächst der Zweifel. – Nun gut, mit dem Wissen wächst auch unser Zweifel.

(Dr. Weiland, CDU: Dann sind Ihre Zweifel aber nicht besonders groß!)

Meine Damen und Herren, mit dem Wissen um Ihre Anträge bestätigt sich unser Zweifel, dass Sie in diesem Land geeignet sein sollen, jemals Verantwortung zu übernehmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gott schütze Rheinland-Pfalz!)

Jetzt wollen wir in die Details gehen. Ich weiß, die wollen Sie nicht gerne hören, aber darauf müssen wir noch einmal zu sprechen kommen.

Kommen wir als Erstes einmal zu den Hütchenspielereien. Werte Kollegen und Kolleginnen von der CDU, Sie haben mit großem Pomp und großer Lautstärke verkündet, Sie wollen in diesem Land mehr und schneller sparen. Wie oft habe ich mir das anhören müssen,

vor allem in der Presse haben Sie es gerne gesagt. Es klang auch so schön.

Sie haben behauptet, Sie würden Einsparvorschläge in Höhe von 800 Millionen Euro jährlich auf den Tisch legen. Betrachtet man die Einsparvolumina aber näher, so stellt man fest: Es sind gar keine Einsparungen drin, wo Einsparungen draufsteht. Es handelt sich um einfache Hütchenspieler- und Haushaltstaschenspielertricks, die einer genauen Prüfung nicht standhalten.

Ich will Ihnen das an drei Beispielen, wie der klassische Hütchenspieler auch, gern erläutern. Sie kennen dieses Spielchen: Da steht ein Mensch, verschiebt die Hütchen und man wartet immer darauf, dass unter dem Hütchen, das angehoben ist, etwas darunter ist, aber es ist nie etwas darunter. Das ist bei Ihnen auch der Fall, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Bracht, CDU: Das beherrscht ihr!)

Kommen wir zum ersten Hütchen, die Streichung des Beamtenpensionsfonds: Wenn man sich die Drucksache 16/897 betrachtet, könnte man zu der Auffassung kommen, die CDU habe sich mit vielen Einzelvorschlägen Mühe gegeben und akribisch den Haushalt durchforstet, um nach geeigneten Einsparmöglichkeiten zu suchen.

Wirft man aber einen genauen Blick darauf, dann entpuppt sich das als reine Augenwischerei. Sie haben insgesamt 98 Änderungsanträge von Ihren rund 174 vorgelegt, die nichts anderes begehren, als die Zahlungen in den Beamtenpensionsfonds aufzuheben. Das heißt zunächst einmal, 60 % Ihres gesamten Antragstextes bestehen nur daraus, eine einzige Forderung durchzusetzen, nämlich nichts mehr für den Beamtenpensionsfonds zu zahlen. Das relativiert die Mühe, die Sie sich gemacht haben, ganz deutlich auf die Fleißarbeit, die richtigen Stellen im Haushalt zu finden, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Aus den gestrichenen Zuführungen von Ihnen resultieren im Jahr 2013 rund 500 Millionen Euro von 800 Millionen Euro – Ihrer mit großem Pomp verkündeten Einsparsumme. Das Problem dabei ist nur, das ist überhaupt keine Einsparung, sondern bestenfalls eine Verschiebung von Lasten in die Zukunft, meine Damen und Herren; denn dieser Beamtenpensionsfonds macht aus einer impliziten Staatsschuld, der Verpflichtung, die wir in der Zukunft haben, um Pensionen zu bezahlen, eine explizite Staatsschuld, nämlich in Höhe der Pensionslast, verbrieft diese und bildet daher deutlich transparenter ab, welche Zahlungsverpflichtung wir haben, zumindest deutlich transparenter, als wenn wir es so machen wie Sie, dass wir sie schlicht und ergreifend unterschlagen, meine Damen und Herren von der CDU.

Nun zitieren Sie ausgerechnet den Rechnungshof – Herr Dr. Weiland, gerade Sie machen das besonders gern – als vermeintlichen Zeugen für diese Lastenverschiebung. Entweder täuschen Sie hier die Menschen in

Rheinland-Pfalz – das sage ich ganz bewusst –, oder Sie haben das Geschriebene des Rechnungshofs schlicht und ergreifend nicht verstanden.

Der Rechnungshof vertritt die Auffassung, man solle nicht mit Krediten einen Fonds finanzieren. Was Sie allerdings machen, ist die Zahlungen in den Fonds einfach auf null zu reduzieren, um formal einem Haushaltsausgleich näherzukommen. Wenn Sie jetzt behaupten, dies habe der Rechnungshof gefordert, so sagen Sie hier nicht die Wahrheit, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Man kann zu diesem Pensionsfonds stehen, wie man will, aber die einfache Forderung, dass diese Finanzierungslasten von Ihnen nicht getragen werden wollen, löst das Problem nicht. Ich sage auch eines in aller Deutlichkeit: Für die Fragestellung der strukturellen Neuverschuldung sind die Finanzierungstransaktionen, die Sie mit dem Pensionsfonds in Höhe von 500 Millionen Euro vornehmen, irrelevant, meine Damen und Herren der CDU. Das hat auch der Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums bei der Anrechnung darauf bestätigt, was für Artikel 117 Ausführungsgesetz relevant ist.

Das ist ein Staatssekretär aus einem schwarz geführten Finanzministerium des Bundes. Sie werden doch ihm nicht unterstellen, dass er eine falsche Taschenspielerei des Finanzministers von der SPD mitmacht, Herr Dr. Weiland? Das würden Sie nicht tun, oder?

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Für die Einhaltung der Schuldenbremse im Jahr 2020 bewegt Ihr Vorschlag in Höhe von 500 Millionen Euro nicht einen Euro und einen Cent.

(Ramsauer, SPD: So ist es!)

Hier streuen Sie den Menschen Sand in die Augen. Sie sprechen von einem sparsamen Wirtschaften, wo Sie einfach nur Lasten in die Zukunft schieben.

Der Gipfel Ihrer Dreistigkeit besteht darin, dass Sie das alles unter dem Stichwort der Generationengerechtigkeit führen. Meine Damen und Herren von der CDU, was hat das mit Generationengerechtigkeit zu tun, wenn Sie Milliardenlasten in die Zukunft schieben und heute noch nicht einmal bilanziell und buchhalterisch in irgendeiner Form abbilden?

(Zuruf der Abg. Frau Thelen, CDU)

Es pervertiert geradezu den von Ihnen behaupteten Gedanken, meine Damen und Herren; denn Sie legen keinerlei Alternativen vor. Sie sagen nur, es wird nicht mehr eingezahlt. Das reicht definitiv nicht aus, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Wenn die Fondslösung angeblich so schlecht ist, dann erklären Sie mir doch bitte, warum der CDUFinanzminister des Landes Hessen a. D., Karlheinz Weimar, im Jahr 2000 einen solchen Fonds eingerichtet hat.

(Bracht, CDU: Eben nicht einen solchen!)