Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

Ich erteile zunächst Frau Klöckner für die CDU-Fraktion das Wort.

Wir haben beide die blaue Karte zurückgezogen, weil wir jetzt mehr Redezeit zur Verfügung haben.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie heute noch einmal klargestellt haben, dass die CDU damals Bedingungen gestellt hat. Sie sprachen davon, dass es in der heutigen Debatte um das Klein-Klein ging, und Sie haben im Gegenzug vom Groß-Groß geredet.

Sie haben über Gesetze geredet. Dieses Gesetz wurde damals von der Mehrheit des Parlaments verabschiedet, und die CDU hat nicht zugestimmt. Gesetze sind für die

Menschen da und nicht Menschen für Gesetze. Man kann Gesetze auch ändern, wenn man erkannt hat, dass es im Ansatz beim Denken und Beginnen Fehler gegeben hat. (Beifall der CDU)

Wir haben die Zuständigkeit beim Bodenschutz relativ zeitig geregelt, aber man hat erkannt, es gibt Probleme. Daher hat man das Gesetz wieder geändert. Gesetze kann man ändern.

Herr Ministerpräsident, Sie haben von E-Government gesprochen. Es gibt heute ganz andere Möglichkeiten, die es erlauben, dass wir heute ganz anders miteinander verbunden sind in dem Sinne, dass wir auf andere Strukturen setzen können.

Herr Ministerpräsident, ich stimme Ihnen zu: Es wird niemand sagen, dass er sich derart individuell mit einer Verwaltung der Verbandsgemeinde verbunden fühlt, aber darum geht es in dieser Frage auch gar nicht.

Wir unterstützen freiwillige Fusionen. Auch große Verbandsgemeinden können funktional sein. Auch große Verbandsgemeinden können vielleicht mehr Geld einsparen als kleine, das ist richtig. Vielleicht haben Sie für die Abwesenheit von Freiwilligkeit ein anderes Wort, aber bei der Abwesenheit von Freiwilligkeit kann man schon von Zwang sprechen, wenn Sie Verbandsgemeinden zusammenlegen wollen, die es nicht freiwillig tun.

Wenn man gemeinsam eine große Reform durchführt, wird man natürlich auch an einen Punkt kommen, an dem man auch bei dem jeweiligen Klientel etwas durchstehen muss. Natürlich wird nicht jeder alles toll finden. Aber ich muss doch begründen können, weshalb eine Reform einen Zustand besser macht und nicht nur anders macht, als er zuvor war.

(Beifall der CDU)

Das hat es bisher nicht gegeben. Ich finde es beeindruckend, und man erkennt Ihr Wissen und Ihre langjährige Erfahrung. Es war interessant, als Sie erläutert haben, welche Zuständigkeiten wir haben. Die Zuständigkeitsfrage ist doch die Grundfrage, die sich stellt. Brauchen wir Doppelzuständigkeiten? – Wir sind der Meinung, nein. Wir wollen eine umfassende Aufgabenkritik auf allen Ebenen, bei der auch die staatliche Ebene mit einbezogen werden muss. Das war unsere Bedingung. Die Ministerien sind nur noch für die Regierungsaufgaben zuständig. Daher müssen wir darüber reden, welche Aufgaben die Ministerien heute erledigen, die sie gar nicht übernehmen müssten.

Es geht um den Abbau von Doppelzuständigkeiten, auch das spart Geld ein. Es geht um eine umfassende Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs, der doch dadurch gerade erst ermöglicht wird, dass es im Laufe der Zeit neue Fakten gegeben hat. Wir sind dafür, diese neuen Gesichtspunkte mit einzubeziehen.

Sie sprachen jetzt vom horizontalen Finanzausgleich. Das ist nur ein Punkt unter den Leitsätzen des Gerichtsurteils. Aber zunächst einmal geht es doch um den verti

kalen Finanzausgleich, und erst dann kommen wir zum horizontalen Finanzausgleich.

(Ministerpräsident Beck: Es geht parallel um alle drei!)

Herr Ministerpräsident, deshalb besteht doch jetzt die Möglichkeit dazu. Es haben freiwillige Fusionen stattgefunden, und das ist gut so. Aber wir merken doch auch, dass zurzeit Fusionen nicht stattfinden können, obwohl sie sinnvoll wären. Ich nenne einmal das Beispiel der Verbandsgemeinden Wöllstein und Bad Kreuznach Land. Teile davon wären durchaus sinnvoll. Aber sie können derzeit nicht fusionieren, weil die Kreisgrenzen nicht angetastet werden bzw. das Ministerium nicht handelt, solange auf den unteren Ebenen keine Einigkeit besteht.

Aber es ist doch auch klar, dass kein Kreis eine Kommune hergibt, wenn er nicht weiß, was danach mit seiner Existenz geschieht. Das ist doch die Logik eines normal denkenden Menschen, der mit Verstand im Gemeinderat oder im Kreistag sitzt.

(Beifall der CDU – Vizepräsident Schnabel übernimmt den Vorsitz)

Deshalb habe ich gesagt, dass es auch Verbandsbürgermeister oder Landräte der SPD sind. Ich habe es deshalb gesagt, weil die Kollegen vor Ort eben nicht in Parteifarben denken, sondern weil sie erleben, wie es den Gemeinden vor Ort geht. Herr Ministerpräsident, am Schluss kann in der Tat dabei herauskommen, dass wir uns überlegen, welche Doppelzuständigkeiten heute vorhanden sind und welche Gesetze und Regelungen wir endlich abschaffen können, weil wir den Menschen mehr zutrauen.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Häfner, deswegen ist doch auch klar, dass wir keine fertige Liste haben. Sie haben sie übrigens auch nicht. Diese Liste muss man gemeinsam erarbeiten. Ich bin ganz Ihrer Meinung, dass es immer Dinge geben wird, die unangenehm sind. Deswegen bin ich davon überzeugt, dass sich alle Parteien, einschließlich der GRÜNEN, darüber einig sein müssen, welchen Weg sie gehen wollen.

Dies wird auch unangenehm sein, aber zunächst einmal müssen wir doch die Einladung haben, an diesem Prozess mitzuwirken. Wir möchten nicht nachher an einer Fehlgeburt mit herumdoktern, wenn wir heute schon sehen, dass es sinnvoller wäre, Verbandsgemeinden und Kreise gemeinsam zu betrachten, aber eigentlich auch erst, nachdem wir wissen, wo wir dabei herauskommen wollen. Es darf nicht darum gehen, einfach einmal zusammenzulegen, und dann wird die Nummer schon etwas werden.

(Beifall der CDU – Baldauf, CDU: Ganz genau!)

Wenn Sie vier große Verbandsgemeinden zusammenlegen, sind vier Verbandsbürgermeister vorhanden. Vielleicht geht einer in den Ruhestand, vielleicht auch noch ein nächster. Vielleicht werden wir auch eine Höhergruppierung nach B 3 bekommen. – Ich weiß es auch nicht.

Das kostet Geld. Man kann sagen, langfristig hat man eine Stelle weniger. Aber wir wollen doch wissen, was nachher gewährleistet ist. Was sind die Kriterien? Uns ist die Bürgernähe wichtig. Sehr geehrter Herr Köbler, Sie haben das auch immer betont. Das ist auch in Ordnung. Wir haben auch gesagt, die Bürgernähe ist wichtig.

Eines ist auch klar: Im ländlichen Raum, in dem wir viele ältere Menschen haben werden und in dem wir wollen, dass sie dort auch bleiben, wird es nicht nur helfen zu sagen, wir haben E-Government. Wenn wir übrigens kein flächendeckendes Internetnetz haben, dann ist auch E-Government nur ein schönes Wort und nicht mehr.

Aus dem Grund heraus möchte ich wissen, was nachher das positive Ergebnis ist. Das müssen wir gemeinsam definieren, aber gemeinsam dann auch vertreten.

Aus dem Grunde finde ich den Artikel im „Trierischen Volksfreund“, wie er überschrieben war, unnötig, unsinnig, unehrlich und unfertig. Die jetzige Kommunalreform so, wie sie jetzt angelegt ist – wir haben nicht gesagt, dass wir keine Kommunal- und Verwaltungsreform brauchen –, brauchen wir, die wollen wir.

Am Ende möchte ich noch ein Zitat vorlesen. Herr Hering, Sie haben vorhin dazu gesprochen: Die 1996 vollzogene Abschaffung der Regierungspräsidien haben sich, obwohl in der Schweriner Reformdebatte als Vorbild gepriesen, als Flopp erwiesen. Das war nicht mehr als Türschilder auswechseln. –

(Ministerpräsident Beck: Der hat keine Ahnung, der das geschrieben hat! Der hat keine Ahnung!)

Der hat keine Ahnung, der das geschrieben hat. Darf ich das sagen? Das ist ein Zitat Ihres Fraktionsvizes Carsten Pörksen.

(Ministerpräsident Beck: Pörksen!)

Vielleicht werden Sie sich mit Herrn Beck auseinandersetzen.

Herzlichen Dank.

(Heiterkeit und Beifall der CDU – Ministerpräsident Beck: Unnötige Kinderei! Sie haben sich auf den Professor bezogen. Der hat keine Ahnung! Von dem kann ich jedes Argument belegen! Dümmliche Späße, wenn es um ernste Sachen geht! Unglaublich!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Rednerliste spricht zunächst Herr Köbler, dann Herr Hering. Ich frage das jetzt nur noch einmal ab.

(Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, das ist so! Ich war schon vor Frau Klöckner dran!)

Hier steht Herr Köbler, dann Herr Hering, dann Frau Beilstein. – Bitte schön, Herr Köbler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin dem Ministerpräsidenten sehr dankbar, weil er die Debatte doch etwas auf sachliche und fundierte Füße gestellt hat. Es wird jetzt schon ein wenig konkreter.

Frau Klöckner, Sie haben einige Dinge gesagt, über die man reden muss und die man regeln muss.

Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern, in der Zeit von 1966 bis 1974 – ich habe das vorhin schon ausgeführt – hat man 18 Landesgesetze gebraucht, bis die Kommunalreform abgeschlossen war. Wir reden jetzt hier gerade über die Umsetzung des ersten Landesgesetzes. Also bitte, lassen Sie uns doch Schritt für Schritt vorgehen und dann, wenn Sie das konstruktiv angehen – der Herr Ministerpräsident hat Sie explizit eingela- den –, sind Sie doch auch wieder mit im Boot. Aber dann bitte auch konstruktiv und mit eigenen Vorstellungen.

Wir werden uns das noch einmal im Protokoll anschauen. Es war schon interessant, dass ich nach meinem Redebeitrag zweimal von Herrn Billen und von Frau Beilstein gehört habe, die CDU hat eine Position. Nur inhaltlich und materiell ausgeführt haben Sie etwas komplett anderes. Das war einmal wieder ganz spannend zu hören.

(Zuruf der Abg. Frau Beilstein, CDU)

Aber gut, wir schaffen es auch, die Diskussion mit zwei CDU-Positionen weiterzuführen. Wir sind dazu in der Lage.

(Licht, CDU: Peinlich!)

Sie haben gesagt, alle großen Parteien müssen miteinander sprechen. Zwei von drei Parteien sind absolut dazu bereit, nämlich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die SPD. Wir laden Sie dazu herzlich ein.

Frau Beilstein, Sie haben es jetzt wieder angesprochen: die GRÜNEN vor und nach der Wahl.

(Frau Beilstein, CDU: Ja!)

Sie können sehen, was ich vor der Wahl zum ersten Landesgesetz der Kommunalreform gesagt habe. Ja, ich habe gesagt, diese Reform der Verbandsgemeinden ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber er geht uns nicht weit genug, er ist uns noch zu kurz gesprungen. Das ist genau das, was ich jetzt hier auch in der Debatte vertrete und was wir sagen. Wir machen einen ersten Schritt. Diesen vollenden wir jetzt. Dann leiten wir die Schritte für den nächsten Schritt ein. Wer weiß, vielleicht kommen wir dann in der Diskussion auch zu der Überzeugung, wir brauchen noch einen dritten Schritt. Damals gab es 18 Schritte, bis man zu einer neuen kommunalen Landkarte gekommen ist. Deswegen eines nach dem anderen tun, das Ganze substantiiert und die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, manchmal habe ich das Gefühl, Ihnen geht es nicht unbedingt um die Bürgerinnen und Bürger in den Verbandsgemeinden, sondern es geht um Ihre hauptamtlichen Verbandsbürgermeister. Das verstehe ich auch, wenn man einen ganz gut bezahlten Job hat, dass man den nicht so einfach wegrationalisieren möchte. Von daher muss man das schon ganz genau auseinanderhalten.