Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

Wir haben in unserem Wahlprogramm geschrieben, wir machen die Kommunalreform mit den Bürgerinnen und Bürgern und nicht über deren Köpfe hinweg. Das machen wir auch. In dem gleichen Redebeitrag werfen Sie uns den Fall Osthofen vor. Das ist ein Treppenwitz. Dort gab es von demokratisch gewählten Räten eine Entscheidung, die hieß: Eich – Osthofen. – Ich habe hier an dieser Stelle in der Debatte gesagt, ich persönlich und manche GRÜNE vor Ort hätten sich auch eine Lösung mit Westhofen vorstellen können. Das habe ich hier gesagt. Das können Sie nachlesen.

Dann kam es zu diesem Bürgerentscheid Osthofen – Westhofen. Jetzt sagen wir, jawohl. Die Räte sagen auch, jawohl. Wir akzeptieren den Entscheid der Bürgerinnen und Bürger und setzen das jetzt im Landesgesetz um. Wir machen jetzt genau das, was wir vor der Wahl gesagt haben. Wir haben eine Position, die wir weiterverfolgen werden. Diese werden wir auch umsetzen.

Natürlich gibt es auch GRÜNE vor Ort, die das kritisch sehen. Der Ministerpräsident hat es gesagt. Das gibt es von der SPD auch. Von der CDU gibt es viele, die diese Reform gerne mitgehen. Das gibt es auch.

Wir haben uns aber der Auseinandersetzung gestellt und haben im Dezember alle Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker eingeladen. Sie sind auch alle gekommen, vom Bitburger Raum über Manderscheid über Waldbreitbach bis zum Rhein-Pfalz-Kreis. Ja, da gab es auch Kritik. Da haben wir lange diskutiert. Das ist aber auch normal.

Es wird auch nicht überall auf Beifall stoßen. Es ist natürlich klar, dass sich ein Verbandsgemeinderat um ein Vielfaches mehr mit seiner Verbandsgemeinde identifiziert als vielleicht die Bürgerinnen oder der Bürger vor Ort, wo der eine oder andere, wenn man sie fragt, vielleicht gar nicht so genau weiß, wie die Verbandsgemeinde heißt, zu der sie gehören.

Man muss dann aber auch einmal etwas durchstehen, wenn man davon überzeugt ist – das sind Sie angeblich auch –, dass wir auf der kommunalen Ebene einen Reformbedarf haben, dass wir die kleinteiligste kommunale Struktur bundesweit haben und wir uns auch aufgrund des demografischen Wandels und der durch die neue Technik voranschreitenden Verwaltungsmodernisierung andere, zukunftsfähige und größere und effizientere Strukturen leisten und gleichzeitig Bürgernähe und Bürgerbeteiligung verstärken können.

Wenn wir das zusammenbringen, wird es am Ende mehr Bürgerbeteiligung geben, zukunftsfähige kommunale Strukturen, aber auch den Mut, Dinge umzusetzen.

Wenn Sie den Mut gehabt hätten – Sie sagen doch, Gesetze kann man ändern –, dann hätten Sie heute eine Gesetzesänderung vorschlagen müssen, in der Sie ganz genau hätten sagen müssen, wie Sie es denn hätten machen wollen. Weil Sie diesen Mut aber nicht haben, haben Sie keine Gesetzesänderung eingebracht.

Deswegen wird die rot-grüne Landesregierung bestehende Gesetze umsetzen. Das unterscheidet die rheinland-pfälzische Landesregierung von der in Hessen, wie wir gestern gehört haben.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Bevor ich das Wort weitergebe, darf ich zunächst Gewinnerinnen und Gewinner der Südpfalz-Tombola sehr herzlich bei uns begrüßen.

(Beifall im Hause)

Weiter begrüße ich Mitglieder des Kreisvorstandes der Jungen Union Ludwigshafen. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Kollegen Hering das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Klöckner, Sie haben ein Zitat aus der Schweriner Zeitung gebracht, was Herr Pörksen angeblich dort gesagt hat. Es ist schon vor mehreren Jahren hier im Plenum klargestellt worden, dass das Zitat so nicht korrekt ist,

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Frau Klöckner, hören Sie zu!)

ganz im Gegenteil hat Herr Pörksen dort berichtet und die Reform in Rheinland-Pfalz verteidigt. Er war Mitglied der entsprechenden Ausschüsse und der EnqueteKommission. Wenn das schon seit mehreren Jahren richtiggestellt worden, ist es eine Frage des kollegialen Miteinanders, ob falsche Zitate hier ständig neu eingebracht werden.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Pörksen, SPD: Das interessiert die überhaupt nicht! – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Sie hat noch nicht einmal zugehört!)

Auch das ist dann eine Frage des Umgangs.

(Frau Klöckner, CDU: Das müssen Sie am besten wissen! Das werden wir beim nächsten Mal auch so machen!)

Ich stelle das fest, Frau Klöckner. Sie können eine andere Meinung dazu haben über Stil und Anstand.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Staatssekretäre zurechtweisen und ständig quasseln!)

Das Gesetz, das Sie hier in der Umsetzung stoppen wollen, ist ein Gesetz, das intensiv nicht nur erarbeitet wurde, sondern es ist wahrscheinlich das Gesetz in Rheinland-Pfalz, das die größte Bürgerbeteiligung als Vorläufer hatte.

Dabei wurden auch neue Formen der Bürgerbeteiligung eingeführt. Bevor dieses Gesetz hier im Parlament verabschiedet wurde, hat man mit den kommunalen Spitzenverbänden intensiv diskutiert, welche Aufgaben sinnvollerweise von den Ministerien und den Mittelbehörden auf die Kommunen übertragen werden können. Dann sind die 50er-, 60er- bzw. 62er-Listen zustande gekommen. Diese Frage wurde vorher auch im Dialog mit Ihnen geklärt.

Nun hat man sich zu einem ersten Schritt entschieden und das vereinbart, was nach Aussagen aller Fachleute unbestreitbar notwendig ist, dass nach 30 Jahren, nachdem die Aufbauarbeit in den Verbandsgemeinden bezüglich der Selbstverwaltungsaufgaben im Bereich Feuerwehr, Abwasser- und Wasserversorgung, Schulen geleistet ist und weitgehend gelöst, es unverantwortlich ist, Kleinstverbandsgemeinden und verbandsfreie Gemeinde weiter aufrechtzuerhalten. Das haben alle Experten unisono geäußert.

Dann haben wir vor der Wahl den Bürgern gesagt, dieses Gesetz werden wir konsequent umsetzen. Anhand der Wahlergebnisse bei der Landtagswahl konnte man auch sehr gut sehen, welch hohe Akzeptanz diese Reformvorhaben haben, weil die Bürger dort viel weiter sind als Sie. Sie sind sehr einsichtig und wissen, dass das keine zunkunftsfähigen Strukturen sind und sie selbst als Betroffene ein Interesse haben, dass wir das konsequent umsetzen; denn wir hatten in diesen Gebieten keine anderen Ergebnisse bei der Landtagswahl als im übrigen Bereich des Landes. Auch das zeigt die hohe Akzeptanz dieses Ersten Landesgesetzes zur Kommunal- und Verwaltungsreform.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es geht auch um Vertrauensschutz; denn die 16 Gebietskörperschaften – es werden wahrscheinlich 16 oder 14 sein –, die sich freiwillig auf den Weg gemacht haben, haben das im Vertrauen darauf gemacht, dass das, was heute gesagt wird, auch morgen gilt.

(Pörksen, SPD: Genauso ist das!)

Denn Grundvoraussetzung war für die Verbandsgemeinden, die verbandsfreien Gemeinden, die Kommunen, die sich auf den Weg gemacht haben, wir müssen diesen Weg gehen, weil ansonsten die dort vorgesehene Umsetzung per Gesetz kommt. Wir haben das Zeitfenster für die freie Umsetzung. Es wäre ein massiver Vertrauensbruch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern und gegenüber der Kommunalpolitik. Das würde kom

mende Kommunalreformen in Rheinland-Pfalz deutlich erschweren. Auch deswegen ist das, was Sie hier vorhaben, unverantwortlich, wenn man die Handlungsfähigkeit von Politik in dieser schweren Frage erhalten will.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ministerpräsident Beck: Sehr richtig!)

Frau Klöckner, es geht nicht darum, dass wir Freude daran hätten, Verbandsgemeinden aufzulösen. Aber Kleinstverbandsgemeinden bedeuten auch, keine gleichen Lebensbedingungen mehr und Qualität von Verwaltung mehr in kleinen ländlichen Räumen aufrechtzuerhalten; denn Verbandsgemeinden in der Größenordnung von 7.000 bis 10.000 Einwohnern sind nicht in der Lage, die komplexen und schwierigen Sachverhalte, die in Zukunft auch auf Verwaltungen zukommen, kompetent zu lösen. Da geht es auch um gleiche Lebensbedingungen. Auch deswegen muss dieser erste Schritt konsequent umgesetzt werden. Wie gesagt, wir stehen zu dem, was wir vor der Wahl gesagt haben.

Wir werden einen weiteren Schritt in Rheinland-Pfalz dann umsetzen, wenn nach einer umfangreichen Bürgerbeteiligung eine Akzeptanz für diese weiteren Schritte besteht. Wir werden noch vorab die Fragen klären, welche Größenordnungen gesucht werden müssen, um Effizienzgewinne zu bekommen. Wir werden intensiv die Frage untersuchen, ob das, was wir in Rheinland-Pfalz als Strukturen haben mit den selbständigen Ortgemeinden, Verbandsgemeinden und Kreisen mit überschaubarer Größenordnung – da bin ich der festen Überzeugung –, Kosteneffizienz auch im Vergleich zu anderen Bundesländern ist.

Deswegen gilt – auch einer der Grundpfeiler, zu dem wir stehen –, es bleibt die Selbständigkeit der Ortsgemeinden in Rheinland-Pfalz. Es wird nur dort Änderungen geben, wo auf freiwilliger Basis, auf Initiative der Ortsgemeinden selbst, Fusionen erfolgen. Das wird niemals, solange SPD und GRÜNE Verantwortung haben, zwanghaft vom Landtag aus erfolgen. Das ist ein Grundpfeiler, den wir haben. Diese Strukturen ermöglichen ehrenamtliches Engagement und anderes. Das brauchen Verbandsgemeinden, um eine angemessene und handlungsfähige Größenordnung zu bekommen. Auch das gilt es zu berücksichtigen.

Frau Klöckner, es ist dann kaum zu glauben, man könne alle Fragen auf einmal lösen, die hoch komplexen Fragen des kommunalen Finanzausgleichs mit einer Kommunalreform zu verquicken. Die Kommunalfinanzreform muss bis zum 1. Januar 2014 umgesetzt sein. Frau Klöckner, da geht es darum, fünf Fragen zu beantworten, nicht nur die einzige Frage – nur da werden Sie wahrscheinlich Forderungen erheben –, wie ein vertikaler Finanzausgleich aussieht. Da werden Sie wahrscheinlich eine Antwort haben. Das Gericht hat aber gesagt: Ihr müsst genauso die Frage beantworten, wie ein gerechter horizontaler Finanzausgleich aussieht, wie die Einnahmegrundlage der Kommunen aussieht. – Es muss auch über Standards in den Kommunen gesprochen werden. All das sind Voraussetzungen, die das Gericht gegeben hat.

Deswegen macht es nur Sinn, die Fragen kompetent Schritt für Schritt anzugehen. Auch das ist das, was die Bürger verlangen, damit Prozesse nachvollzogen werden können; denn kein Bürger ist in der Lage, ein komplexes Gebilde nachzuvollziehen, bei dem wir auf einmal staatliche Strukturen, Kreisstrukturen, Verbandsgemeinden und kommunalen Finanzausgleich neu ordnen. Das werden selbst Experten nicht verstehen. Auch das ist keine Politik der Transparenz und der Bürgerbeteiligung. Deswegen gehen wir in Rheinland-Pfalz konsequent eine Politik der praktischen Vernunft, die Bürgerinnen und Bürger mitnimmt. Das tun wir in dem ersten Gesetz. Wir werden das als Maxime für weitere Schritte haben. Damit werden wir erfolgreich sein. Sie haben die Einladung, diesen vernünftigen Weg mitzugehen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht Frau Kollegin Beilstein.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Sie haben eben suggeriert, wir wollten das Rad anhalten und zurückdrehen. Darum geht es überhaupt nicht. Ja, wir wollen das Rad anhalten. Zurückdrehen ist überhaupt nicht machbar. Das, was freiwillig fusioniert worden ist, bleibt selbstverständlich fusioniert. Es ist überhaupt nicht unsere Absicht, dies wieder aufzulösen.

(Beifall der CDU)

Wir wollen aber das Rad in der Tat anhalten und neu justieren, weil wir sehen, dass der eingeschlagene Weg in die falsche Richtung geht. Ich sage ganz klar, wir haben zum jetzigen Zeitpunkt vier Fusionen beschlossen. Es gibt die ehemalige Bruch-Liste. Da sind 32 Kommunen genannt. Wenn ich jetzt rein das Gesetz nach seinem Wortlaut nehmen würde, da sind sogar 66 Verbandsgemeinden und acht verbandsfreie Gemeinden aufgeführt. Mein lieber Mann, da sind wir bis zum 30. Juni noch verdammt weit weg, wenn die noch alle auf freiwilliger Basis fusionieren sollten.

(Beifall der CDU)

Da muss man einfach erkennen, wenn Fehler gemacht wurden, soll man innehalten und das Ganze neu überdenken. Nichts anderes fordern und wünschen wir. Ich komme jetzt wieder auf das zu sprechen, was Sie, Herr Staatssekretär Häfner, eben gesagt haben. Das hat mich doch sehr verblüfft. Sie haben speziell Maikammer angesprochen. Die Verbandsgemeinde Maikammer – scheinbar wird dort mit Herzblut von den Bürgerinnen und Bürgern der Erhalt der Verbandsgemeinde gefor- dert – hat ein Gutachten anfertigen lassen.

(Frau Schneider, SPD: So ist es!)

Ich nehme dieses Gutachten sehr ernst. Ich glaube, da ist deutlich aufgeführt, warum diese Verbandsgemeinde wirtschaftlich ist und auch stark ist. Ich hatte eben den Eindruck, als sei das mit der heutigen Rede schon weggewischt. Ich denke, das ist eine hochinteressante Feststellung. Ich bin gespannt, wie man in Maikammer hierauf reagieren wird.

(Beifall der CDU)