Anke Beilstein

Sitzungen

16/8 16/10 16/11 16/13 16/16 16/18 16/19 16/21 16/25 16/29 16/32 16/33 16/39 16/45 16/48 16/49 16/53 16/54 16/55 16/57 16/58 16/61 16/62 16/64 16/66 16/67 16/71 16/73 16/79 16/80 16/83 16/90 16/93 16/95 16/98 16/102 16/104 16/107 16/110

Letzte Beiträge

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern haben wir von der Ministerpräsidentin den Satz gehört: Ein starkes Land braucht starke Kommunen. – Im Ziel sind wir uns hier einig. Aber leider klaffen bei Ihnen Wort und Tat auseinander.
Wie sonst erklärt sich die Tatsache, dass die Kommunen in Rheinland-Pfalz seit 25 Jahren einen negativen Finanzierungssaldo haben und so verschuldet sind wie in keinem anderen Bundesland außer dem Saarland?
Frau Ministerpräsidentin, Sie haben gesagt, dass Sie ihre Zusagen eingehalten und den kommunalen Finanzausgleich geändert haben. Ja, geändert haben Sie ihn, aber nicht wesentlich besser gemacht.
Sie haben auch gesagt, dass Sie in den vergangenen drei Jahren rund eine halbe Milliarde Euro mehr an die Kommunen gegeben haben. Sie haben aber leider nicht gesagt, dass in der gleichen Zeit die Pflichtausgaben der Kommunen in einem noch größeren Ausmaß angestiegen sind.
Deshalb ist eines deutlich geworden: Ihre Aussagen gestern waren ein Täuschungsmanöver, weil Sie schlichtweg nur die eine Seite der Bilanz beleuchtet und die andere komplett ausgeblendet haben.
Der landesweit negative Finanzierungssaldo ist im letzten Jahr erneut deutlich höher als in den Jahren vor der
Finanz- und Wirtschaftskrise ausgefallen. Die Kassenkredite steigen weiter unaufhaltsam auf inzwischen über 6,5 Milliarden Euro. Die Zahlen im Haushaltsentwurf zeigen, man will diesen kommunalfeindlichen Kurs weiter fahren.
Ihre permanenten Verweise auf die stark gestiegenen Landeszuweisungen sind lediglich das Ergebnis deutlich gestiegener durchlaufender Posten, zum Beispiel insbesondere höherer Bundesleistungen bei den Asylbewerbern, für Kindergärten oder auch im Zusammenhang mit dem neuen kommunalen Investitionsförderprogramm. Mit Kommunalfreundlichkeit dieses Landes hat das jedenfalls nichts zu tun.
Ganz im Gegenteil, gerade bei der aktuell größten Herausforderung, nämlich der Flüchtlingsfrage, hat sich diese rot-grüne Landesregierung nicht mit Ruhm bekleckert. Obwohl bekannt war, dass die Kommunen schon im vergangenen Jahr bei einer Flüchtlingszahl von 10.000 ein Defizit von 50 Millionen Euro verbuchen mussten, sind im Nachtragshaushalt im Herbst keine Erleichterungen eingebracht worden, sondern lediglich die Zahlen fortgeschrieben worden.
Das bedeutet, Rot-Grün hat bewusst in Kauf genommen, dass diese Unterfinanzierung bei den Kommunen bei jetzt erwarteten 50.000 Flüchlingen auf 250 Millionen Euro ansteigen würde. Ich nenne das kommunalfeindlich.
Als dann der Bund 670 Euro pro Asylbewerber locker gemacht hat,
war diese rot-grüne Landesregierung sich nicht zu schade dafür, zunächst einmal den Versuch zu starten, sich die eigenen Taschen vollzumachen und im Gegenzug die Landesmittel dafür zu streichen.
Liebe Frau Dreyer, Sie haben sich darüber beschwert, dass wir in dieser Sache an der Seite der Kommunen gestanden und ihnen den Rücken gestärkt haben.
Ich sage ganz klar, ich bedanke mich für dieses Lob. Ja, wir haben den Finger in die Wunde gelegt, sodass Sie ihren Schachzug schließlich aufgeben mussten und inzwischen die Kommunen 848 Euro erhalten.
Die CDU als Kommunalpartei will 2016 in einer ersten Tranche 30 Millionen Euro an zusätzlichen Schlüsselzuweisungen als Entlastung für die besonders betroffenen
finanzschwachen Kommunen geben. Hinzu kommt, dass wir 5 Millionen Euro an Mitteln, und zwar die DSL-Mittel, die Sie im kommunalen Finanzausgleich festgemacht haben, hier entkoppeln und an anderer Stelle finanzieren wollen, sodass auch diese Mittel den Kommunen künftig wieder zur Verfügung stehen. Wir wollten den Kommunen damit ein Zeichen der Hoffnung geben; denn unter den SPDgeführten Regierungen in den letzten 25 Jahren waren sie in Wahrheit immer nur Steinbruch für viele Wahlversprechen.
In unserem Entschließungsantrag machen wir zudem nochmals deutlich, dass wir die strukturpolitisch notwendige Investitionskraft der Kommunen wiederherstellen und mit einem geänderten kommunalen Finanzausgleich auf Dauer sicher stellen wollen.
Vielleicht noch einige Takte zu den weiteren Gesetzen, die wir in diesem Zusammenhang beraten. Das ist zum einen das Kommunalabgabengesetz und das Kurortegesetz. Hier ist die Anhörung keinesfalls so einhellig gelaufen, wie dies der Kollege Hüttner in seiner Pressemitteilung glauben machen möchte.
Da gab es zunächst einmal eine klare Gegenposition der Industie- und Handelskammer. Die berief sich auf die zusätzlichen Belastungen der Betriebe und steigende Demokratie. Auch innerhalb der Anhörung haben wir den Präsidenten des Hotel- und Gaststättenverbandes gehört, der Bedenken hatte, weil insbesondere in der kommenden Zeit über 13.000 Betriebe einen Nachfolger suchen.
Wir sind nach intensiven Debatten in der CDU-Fraktion zu dem Ergebnis gekommen, dass wir bei Abwägung aller Pros und Kontras die weitere Belastung von Unternehmen und zusätzliche Bürokratie vermeiden möchten. Wir werden deshalb diesem Gesetz nicht zustimmen.
Ich möchte noch einige Ausführungen zu den Gesetzen zur Verbesserung direktdemokratischer Beteiligungsmöglichkeiten und zur Erleichterung von Volksbegehren sagen. Wir sehen hier ganz klar, die SPD-Fraktion lässt sich von den GRÜNEN am Nasenring durch die Manege ziehen. Man senkt Quoren ab. Man senkt Altersgrenzen auf 14 Jahre ab. Man ermöglicht es, die Unterschriften im Vorbeigehen auf der Straße von Menschen einzusammeln, die sich im Zweifel damit gar nicht intensiv auseinandergesetzt haben. Das geschieht alles mit dem Ziel der GRÜNEN, mangels genügend Ratsvertreter der eigenen Couleur im Wege von Volks- und Bürgerbegehren doch noch für ihre eigenen Interessen einen Fuß in die Tür zu bekommen.
Wir Christdemokraten sind der Auffassung, dass sich die
gewählten Ratsmitglieder unter großem Einsatz in ihrer privaten Freizeit und mit viel Verantwortungsbewusstsein den Fragen des Gemeinwohls stellen. Sie betrachten Herausforderungen eben nicht nur aus einem kurzfristigen Blickwinkel und mit einem gewissen Bauchgefühl, sondern langfristig aus vielen Facetten heraus.
Ich möchte jetzt einfach einmal in den Raum stellen, ob die Volksentscheidung in Hamburg gegen Olympia 2024 wirklich so durchdacht war wie vielleicht eine intensive Beratung durch gewählte Volksvertreter. Ich habe hier meine Zweifel.
Man erinnert sich vielleicht auch noch an die Bundesgartenschau in Koblenz zurück. Da war die gefühlte Meinung der Menschen im Vorfeld eher ablehnend. Aber die Mehrheit im Stadtrat war dafür. Ich glaube, die Ratsentscheidung war eine gute. Warum wird jetzt also wieder erneut der Versuch gestartet, die parlamentarische Demokratie zu schwächen? Diese unsere Haltung teilen im Übrigen viele Bürgerinnen und Bürger dieses Landes.
Ich zitiere aus einem Leserbrief: Zum Glück wurde nicht über die Buga 2011 abgestimmt in einem Volksentscheid/Bürgerentscheid. Manchmal ist es gut, die Entscheidungen dort treffen zu lassen, wo sie in unserer Demokratie auch hingehören, in gewählte Parlamente, weil sich dort Vertreter des Volkes meistens hinreichend Gedanken über Projekte machen und gut abwägen, wofür sie abstimmen. –
Unterzeichnet ist dieser Leserbrief in der „RZ“ von Christian Altmaier, SPD-Stadtratsmitglied von Koblenz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren der rot-grünen Fraktion, was Sie hier vorhaben, ist ideologisch motivierte Klientelpolitik. Ich wünsche den SPD-Kollegen viel Spaß dabei, ihren ehrenamtlichen kommunalen Ratsmitgliedern diese Maßnahme, die Sie heute beschließen wollen, zu erklären.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist gut, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, heute diesen Punkt für die Aktuelle Stunde vorgesehen haben; denn daher brauchen wir es nicht zu tun.
Ich denke, der Umgang, den Ihr Fraktionsvorsitzender in dieser Angelegenheit gegenüber den Beteiligten an den Tag gelegt hat, muss diskutiert werden.
Frau Schellhammer, die Tatsache, dass Sie sich dafür noch bedanken, macht die Situation nicht besser.
Herr Köbler überschüttet die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände in seinem Brief mit Beschimpfungen, die schlichtweg unterirdisch sind. Er wirft ihnen Populismus vor, unterstellt ihnen überhebliche und elitäre Attituden und ist sich auch nicht zu schade, so weit zu gehen, dass er ihnen anti-intellektuelle Ressentiments unterstellt, die Nährboden für PEGIDA, Rechtspopulismus und Co. seien.
Wissen Sie, Herr Köbler, aus diesem Brief geht jedenfalls eines hervor: Respektlosigkeit bis hin zur Unanständigkeit, wenn es Ihnen darum geht, ideologische Ideen umzusetzen.
Ich frage mich wirklich, was das für ein Umgang ist. Sie wollen Bürgerbeteiligung und Mitbestimmung, propagieren
dies für Ihre Partei, Sie wollen es für sich beanspruchen. Aber in Wirklichkeit praktizieren Sie Bestimmung von oben herab, und zwar ohne Einbindung der Praktiker vor Ort.
Wie haben Sie denn die Kommunen und die Gemeinderäte bei dem Entwurf eines solchen Gesetzes eingebunden? – Gar nicht. Sie stülpen ihnen einfach etwas über, weil Sie mit einem ideologisch eingeschränkten Blickfeld und mit einem unverrückbaren Sendungsbewusstsein unterwegs sind. Dann behaupten Sie auch noch – ebenfalls in diesem Brief –: Wir wissen, was die Bürgerinnen und Bürger sich wünschen.
Es sollen jetzt Quoren gesenkt werden, weil direktdemokratische Möglichkeiten nicht so stark genutzt werden, wie Sie es für richtig und wünschenswert halten. Ist Ihnen eventuell schon einmal der Gedanke gekommen, dass dieses Instrument deshalb nicht genutzt wird, weil es gar nicht erforderlich ist, weil die Bürgerinnen und Bürger merken, es läuft eigentlich ganz gut bei uns?
Wenn Ihnen der Gedanke noch nicht gekommen ist, wundert mich das, ehrlich gesagt, nicht sonderlich; denn Sie sind nicht unbedingt in allen Räten vertreten. Das heißt, von Realismus haben Sie, so möchte ich es einmal behaupten, im kommunalen Feld am wenigsten für sich zu beanspruchen, jedenfalls dann, wenn ich mir die Fraktionen hier im Landtag ansehe.
Ich sage einmal, die Erklärung könnte natürlich auch eine andere sein, nämlich die, dass es Ihnen einfach nicht so gut passt, dass es so gut läuft.
Deshalb versucht man einfach, neue Wege zu öffnen, auf denen man Minderheitenmeinungen durchsetzen kann. Das ist im Grunde genommen auch die Quintessenz des Ganzen. Sie wollen eine verhindernde Bürgerbeteiligung installieren,
die Mehrheitsbeschlüsse aushebeln kann, während überall im Land schon längst eine einbindende Bürgerbeteiligung praktiziert wird.
Wie läuft es in der Praxis? – Wir haben bekanntermaßen eine sehr kleinteilige Struktur in Rheinland-Pfalz. Das genau ist das Geheimnis, warum es zwischen Bürgern und Gemeinderäten, auch Bürgermeistern, so sehr gut läuft. Sowohl Bürgermeister als auch die Ratsmitglieder sind sehr nahe am Bürger dran. Die ganze Zeit befindet sich alles in einem Prozess des permanenten Austausches und Miteinanders, bis letztlich eine Entscheidung getroffen wird.
Lieber Herr Köbler, das ist eigentlich ein hervorragender Zustand; denn damit bekommt man wirklich Mehrheitsmeinungen auf die Reihe. Das ist die Praxis bei uns. Deswegen sage ich ganz deutlich, wir brauchen überhaupt keinen Paradigmenwechsel. Wir sehen die Bürgermeister und Gemeinderäte als Bürgeranwälte, als Partner der Bürger und eben nicht als Gegner.
Herr Köbler, wenn eines bei Ihrer Definition von Macht vorhin klar geworden ist – das ist genau der Punkt –, dann ist es, dass Sie Gemeinderäte als Gegner von Bürgerinnen und Bürgern sehen und nicht als Anwälte.
Der Duktus, den Sie hier vorhaben, geht ganz klar in Richtung Schwächung der parlamentarischen Demokratie. Ich sage Ihnen, das wird nicht dazu beitragen, Demokratie insgesamt in irgendeiner Form zu stärken.
Ganz im Gegenteil, wir werden in Zukunft noch mehr Probleme haben, Kandidatinnen und Kandidaten zu finden, die sich fünf Jahre lang mit allen möglichen Fragen auseinandersetzen, wenn man dann irgendwann sagt, dass eine kleine Minderheit dann doch alles außer Kraft setzen kann.
Die werden sich fragen, warum sie sich das noch antun sollen.
Deswegen sage ich ganz klar in Richtung SPD, ich kann mir vorstellen, es hat ein bisschen Überwindung gekostet, bei dem Thema hier reden zu müssen, lieber Hans-Jürgen Noss;
denn Sie werden sich alle sehr gut überlegen müssen, wie Sie bei diesem Gesetzentwurf später abstimmen werden.
Ich wünsche Ihnen auch viel Spaß dabei, das Ihren eigenen Leuten vor Ort zu erklären. Dort steht nämlich keiner dahinter.
Im Landesausschuss des Gemeinde- und Städtebunds in der Sitzung in der vergangenen Woche hat die Kollegin Blatzheim-Roegler ziemlich viel Feuer aus der kommunalen Ecke bekommen. Der Kollege Michael Hüttner hat mit dabei gesessen und nach unten geschaut, weil er auch wusste, was die Stunde geschlagen hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage einmal, es ist ziemlich bezeichnend, wenn dann gesagt wird, der Gesetzentwurf, über den wir heute noch gar nicht reden, sei nicht vom Himmel gefallen, es hat schließlich eine Enquete-Kommission gegeben, in der die kommunalen Spitzenverbände ebenfalls vertreten gewesen seien.
Man nimmt sie hier sogar als Kronzeugen, indem man sagt, man habe sie angehört, und jetzt wird irgendetwas in ein Gesetz eingebracht, was kein Mensch gewünscht hat. So geht es nicht.
Aber es ist so eine Sache mit der Bürgerbeteiligung: Wenn es gut läuft, dann schreit man danach, wenn es weniger gut läuft, dann findet man andere Möglichkeiten, dass es gerade nicht geht.
Ich nenne nur Mittelrheinbrücke oder Maikammer.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ganz ehrlich gesagt, man kann Sie nicht ernst nehmen, und das am 11.11.
........ 6920 Roger Lewentz, Minister des Innern, für Sport und Infrastruktur:.......... 6920 Abg. Hans Jürgen Noss, SPD:...... 6921 Abg. Wolfgang Schlagwein, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:............. 6922
Überweisung des Gesetzentwurfs an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss............... 6922
Landesgesetz zur Weiterentwicklung der Wohnformen und zur Stärkung der Teilhabe Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/5385 – Erste Beratung............... 6922
Herr Minister, Sie haben von den Zuweisungen in vielen Feldern gesprochen, so auch von den Feuerwehren. Es ist bekannt, dass die Kommunen in vielen Fällen über lange Jahre vorfinanzieren. Mich würde für den Zeitraum der Förderbilanz, den Sie hier vorlegen, interessieren: In welcher Höhe haben die Kommunen gerade in dem Bereich der Feuerwehren vorfinanzieren müssen, und welche Zinsen sind dafür angefallen?
Herr Minister, in Ihrer Bilanz gehen Sie auch ein auf den Kommunalen Entschuldungsfonds und sagen, das sei eine Abmilderung der Verschuldungsentwicklung. Der Rechnungshof beurteilt es ganz anders und sagt: Das Ziel wurde ganz klar verfehlt. Mich würde interessieren, wie Sie es beurteilen, auch mit Blick auf die aktuellen Zahlen der Verschuldung.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf enthält neben einigen redaktionellen Änderungen auch einige Regelungen, die deshalb erforderlich sind, damit die Kommunen in den Genuss von Bundesmitteln kommen, so zum Beispiel die zusätzlichen Bundesmittel für den U3-Ausbau oder auch zur Umsetzung des KI 3.0.
Das ist sehr erfreulich, und das begrüßen wir.
Daneben gibt es aber auch einige Änderungen, die weniger Anlass zur Freude geben. Betrachten wir uns die Änderungen der §§ 2 und 18. Die Aufnahmeversorgung mit Breitbandtelekommunikation in den Förderkatalog der zweckgebundenen Zuweisungen bedeutet nichts anderes als eine Erweiterung der Tatbestände dieses Förderkatalogs. Eine zusätzliche Finanzdotierung seitens des Landes ist nicht damit verbunden. Das bedeutet auch ganz klar, wenn aus diesen Tatbeständen heraus Mittel fließen, dann stehen sie eben für andere Dinge bei den Kommunen nicht mehr zur Verfügung.
Originäre Landesmittel, ein Masterplan vielleicht sogar zum Ausbau mit Breitband sind damit nicht verbunden, und insofern gehen hiervon natürlich ganz falsche Signale aus.
Man schiebt es einfach in den kommunalen Finanzausgleich ab und vertraut auf die Innovationskraft und die Findigkeit der kommunalen Vertreter und Räte, weil man es im Land nicht hinbekommt. Das bedeutet mit anderen Worten für den Kommunalen Finanzausgleich eine weitere Befrachtung. Der Kuchen bleibt gleich, nur die Stücke werden kleiner. Ein wirklicher Wille der Landesregierung, den Breitbandausbau nach vorne zu treiben, ist hiermit also mitnichten erkennbar.
Ein weiterer Punkt – aus unserer Sicht völlig inakzeptabel –, ist der, der in den §§ 7 und 17a LFAG beschrieben ist. Bisher konnten Zuweisungen an die Kommunen lediglich zur Förderung freiwilliger Maßnahmen zur Optimierung der kommunalen Strukturen gewährt werden. Jetzt soll eine Öffnung dergestalt erfolgen, dass eine Mittelverwendung für alle zukünftigen Gebietsänderungen, und zwar ohne die Voraussetzung einer Optimierung, möglich wird. Damit werden natürlich Tür und Tor geöffnet, um nach Belieben in den Kommunalen Finanzausgleich hineinzugreifen und mittels finanzieller Segnungen zu freiwilligen Fusionen zu locken und den Weg zu ebnen. Ob der Mitteleinsatz dann nun sinnvoll ist oder auch nicht, Hauptsache – so sehen wir das jedenfalls – die bisherige Bilanz der freiwilligen Fusion wird dadurch möglicherweise ein wenig besser.
Das Schöne an dieser Sache, zumindest für die Landesregierung, ist, man kann mit Segnungen glänzen, die noch nicht einmal im Landeshaushalt wehtun.
Dass das so ist, lässt sich auch nachlesen, und zwar genau in dieser Begründung auf Seite 7 unter „Finanzielle Auswirkungen“. Da heißt es nämlich ganz klar: „Für den Landeshaushalt haben die Änderungen keine finanziellen Auswirkungen im Sinne von Mehrausgaben.“ Nein, logisch; denn finanzieren muss es die Gesamtheit der Kommunen, für die es an anderer Stelle dann einfach weniger gibt.
Auch hier gilt, es gibt nicht mehr Landesmittel. Der Kuchen bleibt gleich, nur die Stücke werden kleiner.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde es schon sehr bedauerlich, dass Sie die bisher oder die jetzt beabsichtigte Änderung des LFAG nicht dazu nutzen, um endlich einmal Ihrer Verpflichtung aus dem Urteil des Verfassungsgerichtes nachzukommen und die Kommunen finanziell angemessen ausstatten.
Ich erinnere gerne an die Rede der Ministerpräsidentin gestern im Plenum im Zusammenhang mit der Herausforderung der Flüchtlingsfrage. Sie hat ihre landespolitische Erwartung an den Bund so formuliert, die Bundesregierung muss sich fair, dauerhaft und dynamisch an den Kosten beteiligen.
Lieber Herr Lewentz und auch liebe Frau Dreyer, die jetzt nicht da ist,
eine faire, eine dauerhafte und eine dynamische Kostenbeteiligung hätte ich mir auch für die Kommunen gewünscht. Da gibt es eine Menge Themen, wo das möglich wäre, ob das bei den Kindertagesstätten, bei den Hilfen für die Erziehung, in der Flüchtlingsfrage und bei vielem mehr ist. Aber wir stellen fest, selbst bei dieser Gesetzesänderung, die jetzt wieder ansteht, auf diesem Ohr scheinen Sie einfach taub zu sein.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Start der Enquete-Kommission lag die Gesamtverschuldung der rheinland-pfälzischen Kommunen bei 10,5 Milliarden Euro und damit 52 % höher als der Durchschnitt der westlichen Flächenländer.
Im Einsetzungsbeschluss hieß es unter anderem: „Nach übereinstimmender Auffassung muss die Verschuldung aus den Liquiditätskrediten reduziert werden.“
Inzwischen sind vier Jahre vergangen, dazwischen liegen die 34 Sitzungen, die 13 Anhörungen, jede Menge Zahlenmaterial, ein VGH-Urteil und auch ein neues Landesfinanzausgleichsgesetz. Ich möchte an dieser Stelle bereits vorab allen, die bei dieser Enquete-Kommission mitgewirkt haben, ein herzliches Dankeschön sagen.
Wo stehen wir heute? Die Gesamtverschuldung beläuft sich heute auf 12,2 Milliarden Euro, und die Liquiditätskredite in Rheinland-Pfalz sind deutlich angestiegen, und zwar von 5,4 Milliarden Euro in 2010 auf inzwischen 6,6 Milliarden Euro. Damit wird eines deutlich: Eine der wichtigsten Zielsetzungen dieser Enquete-Kommission, nämlich die Reduzierung der Kassenkredite, ist ganz klar nicht erreicht worden.
Es stellt sich natürlich die Frage nach dem Warum. Die Enquete-Kommission wurde von der CDU initiiert, weil die Not der Kommunen schlicht und ergreifend unübersehbar ist. Rot-Grün konnte sich dieser Enquete-Kommission zwar nicht verschließen; denn die schlechte Finanzsituation war nun einmal bekannt. Aber ich sage es noch einmal: Das Engagement bei der Ursachenforschung und auch bei der Suche nach Lösungen – es war doch etwas gehemmt.
Es gab durchaus Themenfelder, bei denen wir überein kamen. Es ist eben gesagt worden, bei der Doppik konnten wir parteiübergreifende Empfehlungen aussprechen. Hoch problematisch wurde es allerdings jedes Mal dann, wenn es ans Eingemachte ging, wenn wir also die Ursachenforschung betrieben oder nach Lösungen gesucht haben.
Hier haben wir dann bei den Kollegen von Rot-Grün regelmäßig erlebt, wie man den Schalter umgelegt hat und der Regierungsverteidigungsmodus eingeschaltet wurde. Es gab in der gesamten Zeit kein Mea culpa für die Vergangenheit. Bei der Suche nach Hilfen für die Zukunft gingen die Finger in zwei Richtungen, zunächst nach oben zum Bund, dass von da mehr Geld kommen soll, und dann natürlich nach unten zu den Kommunen, dass man dort gefälligst mehr einsparen möge oder sich mittels Anhebung der Hebesätze das Geld vom Bürger holen soll.
Deshalb, meine Damen und Herren, gilt für den Abschlussbericht eines: Wer ernsthafte und sinnvolle Vorschläge für die Lösung der katastrophalen Situation der Kommunalfinanzen sucht, der schaut sich die Eckpunkte und das Papier der CDU an.
Wir sind sehr strukturiert an das Problem herangegangen nach der Devise: Zunächst die Ursache der Krankheit erforschen, dann die Krankheit benennen und schließlich die Medizin zur Heilung suchen.
Ich komme zur Ursachenforschung. Es war für alle – ich glaube in der gesamten Enquete-Kommission – keine wirkliche Überraschung, dass die Hauptursache in dem hohen Anstieg der Sozialausgaben zu sehen ist. Da aber alle anderen Bundesländer die gleiche Bundessozialgesetzgebung umzusetzen haben,
war auch klar, dass es vor allem landesspezifische Ursachen haben muss, warum gerade die rheinland-pfälzischen Kommunen so schlecht dastehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Gründe gab es auch. In den zweieinhalb Jahrzehnten der Vergangenheit hat man unter SPD-Regierungen immer wieder Kostenbeteiligungen des Landes gedeckelt, Einnahmen gestrichen oder auch den kommunalen Finanzausgleich mit vielen zusätzlichen Ausgaben befrachtet. Ich nenne zum Beispiel die Hilfen zur Erziehung, einen der größten Kostentreiber. Hier wurde der Landesanteil gedeckelt. Im Jahr 2000 betrug er mal 25 %,
zwischenzeitlich sind es maximal 11 %, den Rest haben eben die Kommunen zu tragen. Das heißt, man hat sich auf dem Rücken der Kommunen entlastet.
Ich nenne die Grunderwerbsteuer. Von deren Aufkommen stand ein Viersiebtelanteil den Kommunen zu, inzwischen bleibt das Ganze alles beim Land.
Die Schülerbeförderung hat man an die Landkreise übergeben. Sie laufen schon lange hoch defizitär. Nicht zuletzt nenne ich Kita und U3-Plätzeausbau.
Wir haben zwischenzeitlich Investitionen in Höhe von über 600 Millionen Euro, und der Landesanteil beträgt gerade
einmal magere etwa 12 %.
Ich komme zum zweiten Schritt, der Benennung der Krankheit. Hierzu war es unerlässlich, dass man zunächst einmal feststellt, über welche Größenordnung wir überhaupt sprechen, wenn wir eine Lücke deckeln wollen. Es gab unterschiedliche Ansätze und Herangehensweisen, und die Spreizungen in diesem Punkt reichten von 400 Millionen Euro bis hin zu 1,6 Milliarden Euro. Für uns war die sachliche Herleitung durch Herrn Professor Junkernheinrich die überzeugendste und auch die fundierteste Methode.
Danach beläuft sich die strukturelle Lücke auf jährlich rund 900 Millionen Euro, die es dann zu schließen gilt.
Für uns kommt jetzt der dritte Schritt, nämlich die Heilung. Für uns stand fest, dass das allein nicht nur vom Land getragen werden kann. Das wollen wir gar nicht. Das kann nur in einer gemeinschaftlichen Aktion passieren. Hier müssen drei Säulen mithelfen, nämlich der Bund, das Land und die Kommunen. So viel zu unserem Grundansatz.
Ich komme zu einem weiteren Punkt unseres Eckpunktepapiers, der sehr wichtig ist. Wir haben vorgeschlagen, den Hauptausgabentreiber, nämlich die Sozialausgaben, quasi vor die Klammer des kommunalen Finanzausgleichs zu ziehen und ihn dort mittels einer prozentualen Aufteilung zwischen Land und Kommunen bereits abzuarbeiten. Das würde zum einen für Transparenz sorgen. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Sowohl das Land als auch die Kommunen wären dann an der weiteren Entwicklung beteiligt, und zwar positiv wie negativ.
Leider sind weder die Landesregierung noch Rot-Grün auf unseren Vorschlag eingegangen, sondern sie haben stattdessen das neue Landesfinanzausgleichsgesetz erlassen, das aber nicht zur Problemlösung beiträgt. Betrachten wir uns einmal die bisherigen Aktivitäten der drei Säulen. Wir beginnen beim Bund. Hier wurden bereits erhebliche Vorausleistungen erbracht. Ich erinnere nur an die vollständige Übernahme der Grundsicherung, an die Vorabmilliarde zur Entlastung der Soziallastenträger, die Aufstockung des Sondervermögens „Kinderbetreuungsausbau“ und aktuell auch die neuen Mittel im Zusammenhang mit den Investitionen für die Kommunen.
Ich mache bei der zweiten Säule, nämlich den Kommunen, weiter. Es gibt zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist die Einnahmeerhöhung. Die zweite Möglichkeit wären die Ausgabeneinsparungen. Bei der Einnahmeerhöhung kann man feststellen, dass die Kommunen zwischenzeitlich ihrer Pflicht deutlich nachgekommen sind. Sie haben zum Teil mehrfach die Hebesätze angezogen. In dieser Praxis gibt es auch natürliche Grenzen.
Herr Lewentz, ich vergesse nicht den Rechnungshof. Die Grenzen sind in einer Größenordnung von rund 100 Mil
lionen Euro benannt worden. Ich glaube, die Kommunen sind auf einem sehr guten Weg.
Bei den Einsparmöglichkeiten muss ich ganz ehrlich sagen, dass die Situation so ist, wie sie ist. Ich glaube, wer kommunal aktiv ist, weiß, dass die Kommunen jeden Eurocent dreimal umdrehen. Man kann natürlich immer noch weiter sparen, ob das beim ÖPNV, bei den Volkshochschulen oder bei den Unterstützungen für Vereine ist. Die Schraube dreht man immer eine Runde weiter. Irgendwann wird der Punkt kommen, an dem man sie überdreht hat. Dann geht der Kopf ab.
Letztendlich sage ich ganz klar: Das VGH-Urteil hat gesagt, dass es noch eine Möglichkeit geben muss, freiwillig tätig zu sein.
Deswegen kommen wir jetzt zur dritten Säule, nämlich dem Land. In seiner grenzenlosen Güte hat Rot-Grün mit dem neuen Landesfinanzausgleichsgesetz 50 Millionen Euro mehr zugeschossen. Ich bitte Sie an dieser Stelle ganz ehrlich, nicht noch einmal von der Mär mit diesen 500 Millionen Euro anzufangen.
Was haben die Experten hierzu gesagt? Herr Reitzel hat gesagt, das ist ganz klar zu wenig. Hiermit wird man dem VGH-Urteil nicht Genüge tun. Herr Kissel stellte fest, dass das gerade einmal 2,5 % der aktuellen Verstetigungsmasse sind. Ansonsten finden überwiegend nur Umschichtungen statt. Dabei bezog er sich auf die Schlüsselzuweisungen C. Herr Professor Junkernheinrich verglich 50 Millionen Euro im Verhältnis zu 2 Milliarden Euro. Das ist in der Gesamtfinanzmasse kaum merklich. Das ist eher ein kleines Rauschen. So hat er es genannt.
Gleichzeitig hat Rot-Grün neue Tatbestände geschaffen, mit denen diese 50 Millionen Euro wieder aufgefressen wurden. Ich erinnere an die zusätzliche Entnahme von 10 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich für Landesforsten oder an die 6 Millionen Euro zum Beispiel für den Winterdienst an Ortsdurchfahrten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, so ganz nebenher sind auch noch neue Aufgaben auf die Kommunen zugekommen, ganz aktuell das Thema Asyl und Flüchtlinge. Wenn ich das Thema Flüchtlinge heute anschneide, dann fokussiere ich mich nicht auf die menschliche Hilfe und Unterstützung, die ohne Frage aus unserem christlichen Verständnis heraus für Menschen in Not gegeben sein muss und die die Kommunen auch gemeinsam mit vielen Ehrenamtlichen in Netzwerken meistern.
Ich möchte in dieser Finanzdebatte allein den Blick auch auf die Finanzen werfen. Das darf kein Tabu sein. Es gehört zur Ehrlichkeit mit dazu. Wir hatten 2014 rund 10.000 Menschen, die zu uns gekommen sind. Die Kommunen haben mit Blick auf die Pauschale von 513 Euro pro Monat ein Defizit von 50 Millionen Euro verzeichnet. Für 2015 lautet die Prognose 25.000 Menschen. Eine einfache Rechnung ist möglich. Das wird zu einer Belastung von 125 Millionen Euro führen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot-Grün – ich richte meinen Blick auf Frau Ahnen; sie ist nicht da –, hier wird auch ihr gestriger Nachtragshaushalt nicht helfen. In diesen Nachtragshaushalt haben Sie nämlich lediglich die Planansätze für die Landespauschalen erhöht, aber nicht die Pauschalen selbst. Deswegen wird es weiterhin bei dieser hohen Unterdeckung bleiben. Lediglich die 19 Millionen Euro vom Bund kommen jetzt bei den Kommunen on top. Somit wird eine Unterdeckung von rund 106 Millionen Euro in diesem Jahr bei den Kommunen verbleiben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb appelliere ich an dieser Stelle an Sie, Frau Dreyer, an Frau Alt und Frau Ahnen. Wenn Sie überall Willkommenskultur rufen und diese auch ernst meinen, dann stellen Sie bitte auch die erforderlichen Finanzmittel dafür zur Verfügung;
denn allein mit wohlfeilen Worten bekommen die Menschen weder ein Dach über dem Kopf noch Essen, ärztliche Hilfe oder auch einen Sprachkurs. Ich möchte nicht, dass die Bereitschaft, die derzeit in der Gesellschaft vorhanden ist, irgendwann kippt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Dreiklang Bund, Land und Kommune hat das Land bisher sehr kläglich versagt, um diese aktuelle Lücke zu schließen. Es gibt kein Erkenntnisproblem, aber sehr wohl ein Handlungsproblem.
Ich komme zum Schluss. Wo stehen wir heute, und zwar zunächst einmal bundesweit allein auch bedingt durch die Bundeshilfe in den letzten Jahren? Die einwohnerbezogenen Liquiditätskredite aller Länder beliefen sich 2010 auf 607 Euro pro Einwohner, und die fielen in 2014 auf 601 Euro pro Einwohner. Betrachten wir die Bundesebene, stellen wir einen Rückgang fest. Das ist in Rheinland-Pfalz mitnichten so. Hier sind die Liquiditätskredite deutlich gestiegen. Auch der kommunale Entschuldungsfonds greift nicht. Der Rechnungshof hat in seinem letzten Kommunalbericht sehr deutlich gemacht, dass dieser das Ziel verfehlen wird und voraussichtlich auch der Kreditbestand der teilnehmenden Kommunen mangels ausgeglichener Haushalte bis zum Ende der Laufzeit nicht ab-, sondern dagegen sogar noch zunehmen wird.
Deswegen komme ich zum Gesamtfazit. Die Kommunen stehen am Ende der Enquete-Kommission und nach dem neuen LFAG schlechter da als zuvor. Ich sehe hier auch Parallelen zur Kommunal- und Verwaltungsreform. Auch hier hatte im Übrigen die CDU ein sehr gutes Konzept.
Auch hier werden Sie darauf einschwenken. Deswegen appelliere ich noch einmal ganz klar: Schauen Sie sich die Vorschläge unseres Eckpunktepapiers an. Warten Sie bitte nicht diese drei Jahre ab, bis eine Evaluation erfolgen soll. Unsere Kommunen sollen nicht weiter im Schuldensumpf
versinken. Ich möchte nicht, dass sie nachher sogar noch schlechter als das Saarland dastehen.
Herzlichen Dank.
Lieber Herr Kollege Noss, Sie haben hier Rechnungen nach dem Motto „Hätte, hätte, Fahrradkette“ aufgemacht. Was wäre, wenn die rheinland-pfälzischen Kommunen, so wie in allen anderen usw., die Hebesätze anheben würden? Sie kamen da auf eine Summe von 400 Millionen Euro. Das ist so ähnlich, als wenn ich fragen würde, was wäre, wenn wir in Rheinland-Pfalz nur Landkreise wie MainzBingen hätten. Dann hätten wir nämlich das Problem nicht.
Das ist genau der Punkt. Sie müssen sich schon an den Gegebenheiten in diesem Land orientieren. Wenn sowohl die Experten sagen und auch im Rechnungshofbericht gesagt wird, na ja, durch eine Anhebung der Hebesätze kann man vielleicht 100 Millionen Euro heben, ist das nun einmal so. Dann kann man nicht sagen, wenn, wenn, dann hätten wir 400 und 500 Millionen Euro und nicht das Problem.
Zum Zweiten verweisen Sie auf die Schuldenbremse. Hierzu stellt das VGH-Urteil eines ganz klar: Das Land ist zunächst einmal gegenüber seinen Kommunen verpflichtet und hat im Zusammenhang mit dieser Verpflichtung auch noch die Schuldenbremse einzuhalten. Es kann sich aber nicht hinstellen und sagen, wir müssen die Schuldenbremse einhalten, weshalb wir alles nach unten weitergeben. So geht es nicht.
Wenn das Land die Schuldenbremse einhalten möchte, wüsste ich da einen sehr guten Weg, nämlich Einsparungen vorzunehmen. Zuerst die Pflicht, dann die Kür. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin mir sicher, dann bleibt genügend für die Kommunen übrig.
Wo denn? Lieber Herr Wehner, Sie sind alle bei Ausgabepositionen und bei Wahlgeschenken sehr findig. Es wäre schön, wenn Sie auch so findig wären, diese wieder einzusammeln.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Tourismus in Rheinland-Pfalz ist in der Tat mit 24 Millionen Übernachtungen im Jahr ein sehr starker Wirtschaftsfaktor. Das bedeutet Arbeitsplätze, Einkommen und auch Lebensgrundlage, und zwar sowohl direkt in der Hotellerie und Gastronomie als auch indirekt für die vielen Handwerksbetriebe und Dienstleister.
Im globalen Markt ist der Wettbewerb sehr groß. Von daher gilt es umso mehr, gute Angebote zu schaffen, auf Qualität zu setzen, aber auch eine entsprechende Bewerbung durchzuführen. Das alles kostet Geld, viel Geld für den einzelnen Betrieb, aber auch für die Gemeinden, die hier außerdem ein wichtiges Betätigungsfeld ihrer Wirtschaftsförderung sehen, um nicht zuletzt dadurch zur Attraktivitätssteigerung ihrer Gemeinden beizutragen, was vielfach getragen ist von der Hoffnung, dass in diesem Umfeld auch die negativen Auswirkungen des demografischen Wandels abgemildert werden können.
In diesem Kontext muss man sicherlich auch den heutigen Gesetzentwurf zur Änderung des KAG sehen. Hierdurch soll insbesondere eine deutliche Erweiterung des Kreises der Erhebungsberechtigten ermöglicht, und es sollen damit auch Refinanzierungsmöglichkeiten geschaffen werden. Seitens der Kommunen ist es daher natürlich nachvollziehbar, dass die Änderung grundsätzlich begrüßt wird. Dabei war es den Kommunen vor allen Dingen wichtig, dass keine Verpflichtung, sondern lediglich das Recht normiert wird.
Eine kleine Anmerkung nebenher. Rein redaktionell sehe ich im Übrigen diese Begrifflichkeit des Fremdenverkehrsbeitrags
hin zu der Begrifflichkeit des Tourismusbeitrags als längst überfällig; denn die Menschen, die uns besuchen, sind Touristen, sind Gäste, aber keine Fremden.
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang lebhaft an eine Sitzung meines eigenen Ortsgemeinderats, in der wir auch unsere Satzung geändert hatten. Wir hatten das „Kind“ auch anders getauft, nämlich Tourismusbeitrag, mussten dann leider unseren Beschluss wieder zurückführen, weil es eben rechtlich noch nicht zulässig war. Von daher ist es sicherlich ein sehr begrüßenswerter Aspekt.
Meine Damen und Herren, was aber die Freude des Einen ist – da blicke ich jetzt noch einmal auf die Kommunen –, sieht der Nächste natürlich mit etwas Unbehagen. Die Einwände der Industrie- und Handelskammern und auch der Handwerkskammern sind nicht von der Hand zu weisen; denn selbstverständlich entsteht mit dieser Änderung im Gesetz für einen großen Teil neuer Betriebe die faktische Möglichkeit zusätzlicher Belastungen durch den Gäste
oder Tourismusbeitrag.
Im Bereich der Kommunen hingegen sehen wir dadurch eine weitere Gefahr. Es soll zwar rein rechtlich keine verpflichtende Beitragserhebung festgeschrieben werden, die Praxis sieht jedoch in Anbetracht der eingeschränkten Finanzlage der Kommunen möglicherweise anders aus. Gegebenenfalls wird nämlich über die Kommunalaufsicht in diesem Feld sehr schnell eine Einnahmequelle ausgemacht, die es in Anbetracht der Haushaltslage verpflichtend zu heben gilt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus diesen Gründen und aus weiteren Punkten, in denen es um eine rechtssichere Beitragserhebung geht, sehen wir hier schon weiteren Erläuterungsbedarf und kündigen daher bereits jetzt eine Beantragung einer Anhörung im Ausschuss an.
Vielen Dank.
........ 6458 Abg. Wolfgang Schwarz, SPD:...... 6459 Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:................. 6460, 6466 Roger Lewentz, Minister des Innern, für Sport und Infrastruktur:.......... 6461 Abg. Christine Schneider, CDU:..... 6463, 6465 Malu Dreyer, Ministerpräsidentin:..... 6463
........ 6495 Abg. Carsten Pörksen, SPD:....... 6496 Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:................. 6497 Roger Lewentz, Minister des Innern, für Sport und Infrastruktur:.......... 6498
Mehrheitliche Ablehnung des Antrags.... 6499
Präsidium:
Präsident Joachim Mertes, Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund, Vizepräsident Dr. Bernhard Braun, Vizepräsident Heinz-Hermann Schnabel
Anwesenheit Regierungstisch:
Malu Dreyer, Ministerpräsidentin; Doris Ahnen, Ministerin der Finanzen, Irene Alt, Ministerin für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie, Ulrike Höfken, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten, Eveline Lemke, Ministerin für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung, Roger Lewentz, Minister des Innern, für Sport und Infrastruktur, Prof. Dr. Gerhard Robbers, Minister der Justiz und für Verbraucherschutz; Clemens Hoch, Staatssekretär.
Entschuldigt:
Abg. Thomas Günther, CDU, Abg. Jochen Hartloff, SPD, Abg. Dr. Dr. Rahim Schmidt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Abg. Hedi Thelen, CDU; Vera Reiß, Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, Jacqueline Kraege, Staatssekretärin.
98. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 01.07.2015
Die Sitzung wird um 14:00 Uhr vom Präsidenten des Landtags eröffnet.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach Kommunalfinanzen und Wahlrecht jetzt auch bei der Kommunalreform. Wieder einmal hat der Verfassungsgerichtshof dieser Regierung Verfassungswidrigkeit bescheinigt.
Das Urteil über die Nichtigkeit des Fusionsgesetzes zur Auflösung der Verbandsgemeinde Maikammer kam mit Ansage, und wenn wir gleich über die Folgen reden, dann möchte ich eines betonen: Das sind nicht die Folgen des Urteils, sondern die Folgen des verfassungswidrigen Handelns der Landesregierung, dem die rot-grüne Mehrheit in diesem Parlament gefolgt ist.
Was konkret besagt das Urteil? – Es wird bescheinigt, dass Rot-Grün eine Kommunalreform machen wollte, es aber in der Praxis eben nicht rechtskonform hinbekommt, weil man sich an die eigenen Grundsätze nicht hält und stattdessen willkürlich andere Entscheidungen trifft. – Mit anderen Worten, Sie machen es einfach, Sie können es aber nicht.
Im Grundsätzegesetz haben Sie Leitlinien aufgestellt. Die Kommunen sollen ausreichend leistungsfähig und wettbewerbsfähig sein und auch Verwaltungskraft haben, und als Richtlinie sehen Sie dafür die Einwohnerzahl an. Sie haben aber auch Ausnahmen definiert, und eine davon liegt dann vor, wenn eine Verbandsgemeinde zum Beispiel langfristig ihre Aufgaben wirtschaftlich erledigen kann. Das war bei der Verbandsgemeinde Maikammer der Fall. Damit war die Ausnahme erfüllt, und damit hätte es nie zu einer Zwangsfusion kommen dürfen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Rot-Grün wusste das auch und hat es trotzdem getan.
Maßgebend war nämlich für Sie nicht das Recht, sondern die Mehrheit im Parlament.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich empfinde die Reaktion der Ministerpräsidentin nach diesem Urteil als sehr beschämend.
Das ist keine Polemik. Was ich jetzt sage, ist Fakt, Herr Pörksen. Hören Sie zu!
Sie ließ sich dazu hinreißen, Herrn Professor Dr. Junkernheinrich den Schwarzen Peter in die Schuhe zu schieben. Er habe in seinem Gutachten diese Fusion empfohlen, und man sei eben dieser Empfehlung gefolgt. – Das entspricht in dieser Darstellung schlicht und ergreifend nicht der Wahrheit.
Frau Ministerpräsidentin, Sie wussten, dass Herr Professor Junkernheinrich fehlerhafte Zahlen zum Finanzierungssaldo bis 2009 erhalten hatte und diese Fusionsempfehlung aufgrund dieser fehlerhaften Zahlen erfolgt ist. Die Zahlen sind auch noch vor Gesetzesvorlage korrigiert worden, und diese Korrektur ist in das Gesetz eingeflossen.
In seinem Urteil bestätigt der VGH dies sogar und führt aus:
„Die Fehlannahmen des Gutachters haben sich ganz offensichtlich nicht auf das angegriffene Gesetz ausgewirkt; denn in dessen Begründung steht explizit, dass die dauerhafte Leistungsfähigkeit nun doch gegeben war.“
Frau Ministerpräsidentin, das alles war Ihnen bekannt, und trotzdem wälzen Sie in der Öffentlichkeit die eigene Verantwortung auf den Gutachter ab. Ich sage ganz einfach, das ist geschmacklos, das ist sachlich falsch, und das wirft auch kein gutes Bild auf Ihren Stil zur Information der Öffentlichkeit.
Aber jetzt ist das Kind natürlich in den Brunnen gefallen, und es stellt sich die Frage: Welche Folgen hat dieses Urteil für die Bevölkerung aus menschlicher Sicht und in finanzieller Hinsicht, und vor allen Dingen, wer steht für diese Kosten gerade?
Es ist bereits jetzt die Rede von einer siebenstelligen Summe. Infolge der Nichtigkeit und somit Rückabwicklung müssen zum Beispiel Mitarbeiter, die sich schon im Ruhestand wähnten, wieder zurück zur Arbeit. Gleichzeitig sind dafür aber zum Teil schon Ersatzleute eingestellt worden.
Durch den Wegfall des hauptamtlichen Bürgermeisters wurde ein hauptamtlicher Beigeordneter in der neuen Verbandsgemeinde eingestellt, der jetzt natürlich im Amt bleibt, während gleichzeitig der weggefallene Bürgermeister auch wieder da ist. – Das sind ebenfalls eine Menge zusätzlicher Kosten.
Nun haben wir noch gar nicht über die Kosten für den Umzug gesprochen, einmal hin, einmal zurück, über die sonstigen Kosten wie zum Beispiel für die EDV, wo ein Richtfunk aufgestellt worden ist, oder über Personalkosten im Zusammenhang mit der Neuorganisation. All dies sind Folgen Ihres verfassungswidrigen Handelns und nicht
das betone ich noch einmal – des Urteils.
Meine Damen und Herren, damit stellt sich die Frage: Wer soll das bezahlen,
und woher kommt das Geld?
Was kommt auf den Steuerzahler zu? Gibt es hierfür neue Schulden? Welche Kürzungen soll es geben? Welches Ressort steht dafür gerade? – Eines steht jedenfalls fest, es kann nicht angehen, dass dieses Geld aus dem kommunalen Finanzausgleich genommen wird; denn das würde bedeuten, dass alle anderen Kommunen dafür geradestehen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das VGHUrteil zu Maikammer sollte Anlass sein, noch einmal innezuhalten und zu überlegen, ob der eingeschlagene Weg bei der Kommunal- und Verwaltungsreform wirklich der richtige ist. Wir denken nein, und zwar sowohl vor dem Hintergrund des Urteils, aber auch wegen der Tatsache, dass es zwischenzeitlich Gespräche gegeben hat und ein gemeinsames Gutachten auf den Weg gebracht wurde, das für uns eine Entscheidungshilfe und auch Grundlage für die künftige sinnvolle Ausgestaltung einer Kommunalund Verwaltungsreform sein soll.
Was wir derzeit erleben, ist der traurige Versuch einer Reform, die einfach nicht gelingen will.
Sie will deshalb nicht gelingen, weil sie von vornherein falsch aufgezogen worden war,
weil die Menschen vor Ort das erkannt haben und sich wegen der erkennbaren nicht vorhandenen Sinnhaftigkeit dagegen wehren, weil sie Zank und Streit vor Ort gebracht hat und weil Rot-Grün offensichtlich selbst nicht so ganz davon überzeugt ist; denn sonst hätte man sich im Falle von Maikammer auch an das Grundsätzegesetz gehalten. Es war also scheinbar nicht richtig durchdacht. Es gibt weitere Klagen, die derzeit anhängig sind. Niemand weiß, wie sie enden werden.
Meine Damen und Herren, letztendlich denke ich, dass man aus Maikammer lernen sollte.
Heute Mittag haben wir neben den menschlichen Aspekten der Rückabwicklung auch über die hohen Folgekosten gesprochen, die zu erwarten sind. Wie auch immer Sie die bestreiten möchten, ob Sie neue Schulden oder Kürzungen an anderer Stelle machen möchten, so etwas muss man eigentlich kein zweites Mal haben. Deswegen sage ich, wenn Sie jetzt trotz allem mit den Zwangsfusionen weitermachen wollen, wie das im letzten Brief von Herrn Minister Lewentz im Januar angekündigt wurde, hat man den Eindruck, sie handeln wie ein starrköpfiges Kind, das unbelehrbar ist.
Mit dem einen Unterschied, ein kleines Kind wird auf Dauer die Folgen seines Handelns selbst ausbaden müssen, aber im Falle einer misslungenen Kommunal- und Verwaltungsreform mit Zwangsfusionen, die rückabgewickelt werden müssen, muss der Steuerzahler die Folgen tragen.
An dieser Stelle möchte ich durchaus auch noch auf die Feststellung von Ihnen eingehen, Herr Minister Lewentz, die doch sehr selbstzufrieden war, dass im Urteil des VGH eine klare Bestätigung der Kommunalreform zu sehen sei.
Herr Lewentz, ich denke, Sie reden sich die Welt selbst ein wenig schön und streuen den Menschen Sand in die Augen.
Deswegen sollte man durchaus einmal schauen, was das Gericht genau dazu sagt. Ich zitiere aus dem Urteil von den Seiten 47 und 48: „Die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers, eine Gebietsreform auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden durchzuführen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.“ – Meine Meinung und Anmerkung dazu: Bei dieser grundsätzlichen Entscheidung über die Durchführung einer Kommunal- und Verwaltungsreform haben wir als CDU immer genau dieselbe Meinung vertreten. Da liegen wir
überhaupt nicht auseinander.
Dissens kam erst bei der Frage des Wie auf.
Natürlich, Herr Pörksen. Schauen Sie in die Unterlagen.
Hier sagt das Gericht, der Gesetzgeber hat einen weiten Spielraum politischer Gestaltungsfreiheit, und die verfassungsrechtliche Kontrolle auf dieser Stufe ist nur eingeschränkt möglich. Das bedeutet übersetzt, man kann im Grunde genommen sogar ziemlichen Blödsinn beschließen. Wenn er mit der Verfassung in Einklang steht, wird das Gericht hier nicht einschreiten.
Genauso führt das Gericht auf Seite 62 weiter aus: „In welcher Weise der Gesetzgeber die Reform umsetzt (...), fällt in die Sphäre politischer Entscheidungen (...)“ Ob ein bestimmtes Vorgehen sinnvoller gewesen wäre oder nicht, hat der VGH demzufolge nicht zu entscheiden.
Mitnichten also, lieber Herr Lewentz, hat der VGH Ihre Kommunal- und Verwaltungsreform als gut oder gar als den richtigen Weg bezeichnet.
Ich denke, gerade der Fall Maikammer lehrt uns, dass er es in der Praxis auch tatsächlich nicht war. Deswegen betrachten wir an dieser Stelle den Fortgang der Kommunalund Verwaltungsreform aus einem weiteren Blickwinkel, nämlich aufgrund der gemeinsamen Gespräche, die zwischenzeitlich auf unsere Initiative hin erfolgt sind,
und aufgrund der Erkenntnis, die auch Sie gewonnen haben, dass Aufgabenkritik erforderlich ist und alle Ebenen betrachtet werden müssen.
Wir haben jetzt ein gemeinsames Gutachten auf den Weg gebracht. Das soll die Grundlage sein. Von daher gebietet es doch die Vernunft, jetzt zu sagen: Stopp, wir wollen und werden uns gemeinsam neu orientieren. – Von daher sagen wir, es wäre schön und ganz sicherlich auch im Sinne des Gemeinwohls, wenn Sie auf diese vernünftige Linie einschwenken würden.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muss das Rad in der Tat nicht zweimal und immer wieder neu erfinden, wenn ein anderer schon eine gute Idee hatte, und so ist es auch bei dem jetzt eingebrachten Gesetzentwurf, mit dem Rheinland-Pfalz als neuntes Bundesland nachziehen wird. Ich glaube, es ist in der Tat der gedankliche Ansatz deutlich geworden, dass eine gesetzliche Grundlage geschaffen wird, um Initiativen zu bündeln und um Gewerbetreibende und auch Grundstückseigentümer in ein Boot zu bekommen, aber auch, um Trittbrettfahrer zu verhindern. Das ist in der Tat grundsätzlich ein guter Gedanke.
Allerdings – hierauf möchte ich durchaus aufmerksam machen –, es ist eben auch nur eine gesetzliche Handlungsgrundlage. Mehr Geld vom Land für die Lösung innerstädtischer Problematiken ist damit freilich nicht verbunden. Ich verweise insofern natürlich auch auf einen Kernsatz in dem Gesetzentwurf, der unter dem Buchstaben A besagt:
Die Gemeinden können häufig das Veröden der Innenstädte, Stadtteil- oder Gewerbezentren mangels eigener oder geeigneter Instrumente nicht bremsen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Satz hat schon etwas Euphemistisches und auch etwas Entlarvendes an sich. Man sollte ihn vielleicht einfach einmal auf Deutsch übersetzen. Danach heißt „Mangels geeigneter Instrumente“ nichts anderes als: Die Kommunen haben kein Geld dafür. Dass es auch in diesem Falle kein Geld gibt, wird auch an anderer Stelle noch einmal deutlich ausgesagt; denn unter dem Buchstaben D heißt es ganz klar: Kosten für das Land Rheinland-Pfalz entstehen nicht.
Deswegen kann ich mir auch die süffisante Anmerkung nicht verkneifen: Dieser Gesetzentwurf passt natürlich hervorragend in die grundsätzliche Ausrichtung dieser Landesregierung und auch der rot-grünen Koalitionsfraktionen, wonach bei wichtigen Anliegen vor Ort immer zuerst einmal nach anderen Geldgebern Ausschau gehalten wird.
Entweder ist es der Bund, oder, wenn der Bund nicht infrage kommt, kommen als Nächstes die Bürger infrage. Ich verweise gerne auf die Vorgaben beispielsweise bei den gemeindlichen Hebesätzen.
Fakt ist also, dieses Gesetz wird auch eine Grundlage sein, um bei den Bürgerinnen und Bürgern Geld einzusammeln, um die Innenstädte zu attraktivieren. Das ist und bleibt Fakt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte genau an dieser Stelle einmal auf das eingehen, was Herr Schweitzer soeben gesagt hat. Herr Schweitzer, Sie haben gesagt, dies sei ein unterstützendes Instrument für die kommunale Selbstverwaltung.
Die Kommunen würden ja gerne, aber der Rahmen ist nicht da. – Nein, Herr Schweitzer, BIDs haben nichts mit kommunaler Selbstverwaltung zu tun. Kommunale Selbstverwaltung wäre dann gegeben und könnte zum Zuge kommen, wenn die Kommunen das Geld hätten, um eigenständig tätig zu sein. Deswegen hat ein solches BID nichts mit kommunaler Selbstverwaltung zu tun.
In das gleiche Horn hat soeben Frau Ministerin Lemke gestoßen, die gesagt hat, die Kommunen werden gestalten können, um die Innenstädte attraktiver zu machen. – Nein, Gestaltende an dieser Stelle werden nicht die Kommunen sein, sie haben nur einen gesetzlichen Handlungsrahmen. Gestaltende werden die Bürgerinnen und Bürger sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, solche BIDs lösen auch nicht die Grundprobleme leer stehender kommunaler Gebäude. Sie lösen auch nicht das Prob
lem, öffentliche Plätze herzurichten und zu sanieren oder in einen guten Zustand zu versetzen. Sie lösen bei den Kommunen nicht die finanziellen Probleme bei der Parkraumbewirtschaftung oder bei der Herstellung eines leistungsfähigen ÖPNV, der die Menschen in die Innenstädte bringt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen werden wir auch im weiteren Verfahren, zum Beispiel bei der Anhörung oder bei der Fortschreibung des Gesetzes, das ganze Vorhaben konstruktiv und kritisch begleiten. Wir verfolgen dabei das Ziel, dass es vor allen Dingen eine praxisnahe Ausgestaltung erfährt, dass es insbesondere für die Verwaltung keine kommunale Mehrbelastung mit sich bringt – dort muss es ein Nullsummenspiel bleiben; wir wollen nicht, dass zusätzliche Aufgaben auf die Kommunen heruntergebrochen werden –, und vor allen Dingen auch, dass eine Transparenz bezüglich der wahren Geldgeber gewährleistet bleibt.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor einer Woche haben wir einen sehr intensiven Austausch in der CDU-Fraktion gehabt, bei dem sowohl Experten aus der Kirche als auch aus der Palliativmedizin zu Wort kamen. Dabei ist mir ein Beitrag von Professor Weber von der Universität Mainz nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Er hat aus einem Buch eine Situation aus Holland geschildert, bei der ein Sterbender von einem Besucher die Worte hörte, naja, es ist deine Wahl, so weiterzuleben, dann darfst du aber auch nicht klagen. Ihm wurde also signalisiert, leiden ist eigentlich nicht notwendig, eigentlich auch nicht erwünscht, und wenn, dann mach es mit dir selbst aus, aber belaste mich nicht damit.
Auf dem Heimweg von dieser Fraktionssitzung in der vergangenen Woche sind mir diese Worte nachgegangen. Im Radio kam dann eine andere Nachricht, nämlich die, dass sich die Anzahl der jährlichen Abtreibungen in Deutschland jetzt auf knapp 100.000 beläuft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich werde jetzt sicherlich keine Debatte um die Abtreibung eröffnen. Hier geht es um einen anderen Punkt, nämlich um die Verdeutlichung, dass wir als Parlamentarier durch die Möglichkeit der Rechtsetzung in einer besonderen Verantwortung für die gesellschaftlichen Folgen aus einer Rechtsetzung stehen.
§ 218, der die straffreie Abtreibung bis zur zwölften Schwangerschaftswoche ermöglicht, macht uns die Realität deutlich. Wenn etwas legalisiert wird, dann wird auch davon Gebrauch gemacht. Ja, dann werden Schleusen geöffnet, dann wird Druck erzeugt, zum Beispiel auf werdende Eltern, die ein krankes Kind erwarten, oder auf junge Frauen in Konfliktsituationen; denn es gibt einen anderen legalen Weg. Ich bin davon überzeugt, genauso würde es auch sein, wenn wir aktive Sterbehilfe ermöglichen.