Protokoll der Sitzung vom 19.10.2011

.................................................................................................................................... 614 Abg. Frau Beilstein, CDU:........................................................................................................................... 603 Abg. Frau Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:............................................................. 575, 613 Abg. Frau Bröskamp, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:........................................................................... 580, 584 Abg. Frau Elsner, SPD:................................................................................................................................ 583 Abg. Frau Huth-Haage, CDU:.............................................................................................................. 578, 583 Abg. Frau Klöckner, CDU:................................................................................................................... 575, 576 Abg. Frau Meurer, CDU:.............................................................................................................................. 616 Abg. Frau Neuhof, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:........................................................................................ 590 Abg. Frau Sahler-Fesel, SPD:..................................................................................................................... 578 Abg. Frau Schäfer, CDU:............................................................................................................. 593, 598, 601 Abg. Frau Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.................................................................... 606, 610 Abg. Frau Schleicher-Rothmund, SPD:..................................................................................................... 591 Abg. Frau Schneider, CDU:................................................................................................................. 589, 590 Abg. Hartenfels, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:............................................................................................ 602 Abg. Heinisch, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:....................................................................................... 594, 619 Abg. Hering, SPD:........................................................................................................................................ 576 Abg. Hürter, SPD:......................................................................................................................................... 604 Abg. Hüttner, SPD:............................................................................................................................... 573, 611 Abg. Johnen, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:................................................................................................. 586 Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.................................................................................................. 570 Abg. Lammert, CDU:.................................................................................................................................... 607 Abg. Pörksen, SPD:..................................................................................................................................... 608 Abg. Reichel, CDU:...................................................................................................................... 571, 572, 612 Abg. Schmitt, CDU:.............................................................................................................................. 585, 586 Abg. Schreiner, CDU:.................................................................................................................................. 597 Abg. Steinbach, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:............................................................................................ 599 Abg. Wansch, SPD:.............................................................................................................................. 597, 617 Abg. Wehner, SPD:.............................................................................................................................. 586, 590 Frau Ahnen, Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur:................................... 595 Frau Alt, Ministerin für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen:............................................ 581 Frau Höfken, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten:................... 588 Lewentz, Minister des Innern, für Sport und Infrastruktur:............................................. 574, 577, 610, 614 Dr. Barbaro, Staatssekretär:....................................................................................................................... 599 Stolper, Staatssekretär:.............................................................................................................................. 605 Vizepräsident Dr. Braun:..................................................... 570, 571, 572, 573, 574, 575, 576, 577, 578, 580....................................................................................................... 581, 583, 584, 585, 586, 588, 589, 590, 591 Vizepräsident Schnabel:..................................................................... 610, 611, 612, 613, 614, 616, 617, 619 Vizepräsidentin Frau Klamm:............................................. 593, 594, 595, 597, 598, 599, 601, 602, 603, 604............................................................................................................................................... 605, 606, 607, 608

11. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 19. Oktober 2011

Die Sitzung wird um 14:00 Uhr von Vizepräsident Dr. Braun eröffnet.

Meine Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich zur 11. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz begrüßen.

Entschuldigt sind Herr Landtagspräsident Mertes und Frau Staatministerin Lemke. Wie Sie wissen, sind beide auf der Delegationsreise des Wirtschaftsministeriums in Brasilien. Herr Abgeordneter Dieter Klöckner und Herr Abgeordneter Fredi Winter sind heute ebenfalls nicht anwesend. Wenn meine Unterlagen stimmen, wird Herr Staatsminister Dr. Kühl ab 15:20 Uhr wegen einer Sitzung der Finanzminister der Länder in Berlin sein, wie ich annehme.

Runde Geburtstage gab es dieses Mal keine. Deswegen können wir direkt in die Tagesordnung einsteigen. Assistiert wird mir heute von Frau Brück und Frau Ganster als schriftführende Abgeordnete. Weil es keine Änderungen zur Tagesordnung gibt, können wir direkt in die Aktuelle Stunde einsteigen.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung mit dem ersten Thema auf:

AKTUELLE STUNDE

„Auswirkungen der neuen Nordwestlandebahn des Frankfurter Flughafens auf die Bürger- innen und Bürger in Rheinland-Pfalz“ auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/445 –

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Abgeordneter Köbler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Übermorgen, am 21. Oktober 2011, wird die neue Nordwestlandebahn des Frankfurter Flughafens eröffnet. Ich glaube, der kommende Freitag wird ein schwarzer Freitag für die Region Rheinhessen, für die Landeshauptstadt Mainz, aber auch für Rheinland-Pfalz insgesamt werden.

Mit der Inbetriebnahme der neuen Landebahn am Frankfurter Flughafen steigen die Belastungen für die Bevölkerung und insbesondere auch für die Menschen im rheinland-pfälzischen Teil des Rhein-Main-Gebiets extrem an. Wir haben zum einen die Zunahme an Belastungen durch den Fluglärm, wir haben zum anderen aber auch – das möchte ich als Fraktionsvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch betonen – eine Zunahme an Umweltbelastungen, an Schadstoffausstoß, was vielleicht nicht für jeden direkt spürbar wird, was aber auch die Gesundheit der Menschen, die Lebens

qualität und den Zustand der Umwelt in unserer Region hier nachhaltig beeinträchtigen wird.

Die neue Landebahn bedeutet im Mittel 100 An- und Abflüge pro Stunde. Ein ganz großer Teil wird dadurch, dass vorgesehen ist, sie auch über die neue Südumfliegung über rheinland-pfälzisches Gebiet zu führen, insbesondere über Mainz und Rheinhessen bis hin in die Naheregion abgewickelt werden und dort die Leute und die Lebensqualität massiv beeinträchtigen.

Vor diesem Hintergrund empfinden wir die Landung der Bundeskanzlerin und CDU-Bundesvorsitzenden Angela Merkel am Freitag als einen Affront gegenüber den Menschen hier im Rhein-Main-Gebiet, insbesondere auf rheinland-pfälzischer Seite.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich darf zitieren: Für viele Menschen in der Region ist das kein Feiertag. Ich finde es daher nicht gut, dass sie bei der Feier in Frankfurt landet. Da hätte ich mir etwas mehr Fingerspitzengefühl erwartet. – Herr Kollege Reichel von der CDU, das kann ich zu 100 % unterstreichen. Das sieht die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und auch der Koalitionspartner exakt genauso.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Man kann es auch so ausdrücken, Frau Merkel brüskiert hier die betroffenen Bürgerinnen und Bürger in der Region und zeigt einmal mehr, dass sie nicht die Kanzlerin aller Menschen in diesem Land ist, sondern vor allem dort einschwebt, wo Lobbyinteressen über Belange von Umwelt und Bevölkerung gesiegt haben.

(Heiterkeit bei Frau Abg. Klöckner, CDU)

Wir GRÜNE waren und sind – das ist bekannt – länderübergreifend schon immer gegen den Ausbau an sich gewesen, weil wir auch immer vor den Folgen gewarnt haben, was Lärmbelastung und Umweltbelastung angeht. Aber wenn es nun auch zu dem Ausbau kommt – und es ist zu dem Ausbau gekommen –, dann erwarten wir, dass damals gemachte Zusagen vonseiten der hessischen Landesregierung und vonseiten des Flughafenbetreibers Fraport auch eingehalten werden. Aber auch das ist nicht der Fall. Die CDU-geführte hessische Landesregierung und die Fraport haben nun einmal Wortbruch begangen gegenüber der Bevölkerung, gegenüber den betroffenen hessischen Gemeinden, aber auch und insbesondere gegenüber vielen Gemeinden hier bei uns in Rheinland-Pfalz. Wir fordern das versprochene konsequente Nachtflugverbot ein. Wir fordern auch, die Flugrouten und die An- und Abflugverfahren so zu gestalten, dass sie nicht einseitig die Kommunen und die Landeshauptstadt Mainz in Rheinland-Pfalz belasten. Dafür stehen wir heute im Landtag ganz klar.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich bin sehr froh, dass die rot-grüne Landesregierung in diesem Sinne für die Menschen in der Region auf allen

Ebenen aktiv ist. Sowohl laufende als auch möglicherweise anstehende Klagen werden hier aktiv unterstützt. Ich bin seit vielen Jahren auch in Mainz im Stadtrat. Angestoßen unter anderem vom Kollegen Reichel klagt die Stadt Mainz noch immer gegen die Planfeststellung. Ich bin aber sehr froh, dass mittlerweile auch andere Kommunen im Landkreis Mainz-Bingen nun entsprechende Klagen gegen die Routenführung vorbereiten. Die Landesregierung wird sie entsprechend unterstützen.

Ich möchte auch sagen, dass wir nicht nach dem SanktFlorians-Prinzip vorgehen werden. Deswegen bin ich ganz froh. Wir brauchen eine Minderung des Lärms und eine gerechte Verteilung des Lärms. Ich bin froh, dass in diesen Tagen in der Fluglärmkommission auch auf rheinland-pfälzischen Druck hin eine Gesamtbetrachtung für den Lärm in der Rhein-Main-Region durchgesetzt worden ist. Das heißt, kein Sankt-Florians-Prinzip wie bei anderen. Wir haben die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger in der Region im Blick.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Genau darüber herrschte eigentlich Konsens bis heute. Wir haben uns bemüht, heute einen gemeinsamen Antrag in Bezug auf den Fluglärm in Rheinland-Pfalz vorzulegen. Was macht die CDU? Sie nimmt unseren Kompromissvorschlag, bringt ihn als eigenen Antrag ein und fügt einen Satz hinzu, indem sie eines tut. Sie lässt sich ein Hintertürchen auf für Nachtflüge auf Flughäfen insgesamt und damit auch für Nachtflüge am Flughafen Frankfurt. Das ist genau Ihr Satz. Damit wollen Sie auf Linie der Bundes-CDU einschränken, die gegen das Nachtflugverbot ist.

(Frau Klöckner, CDU: Flughafen Hahn steht drin!)

Sie müssen hier und heute Stellung beziehen. Sind Sie für ein konsequentes Nachtflugverbot am Flughafen Rhein-Main? Dann müssen Sie heute dem Antrag der Koalition zustimmen. Ansonsten lassen Sie sich hier ein Hintertürchen auf, scheren aus dem gemeinsamen Konsens aus

(Frau Klöckner, CDU: Flughafen Hahn! – Pörksen, SPD: Für wie blöd halten Sie uns eigentlich?)

und werden den Menschen in der Region einen Bärendienst erweisen. Das werden die Leute aber am Samstag auf der Demonstration auch mitbekommen.

(Starker Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Alle sind eingeladen, die sich für die Belange der Menschen in dieser Region einsetzen. Ein konsequentes Nachtflugverbot gibt es mit Rot-Grün. Ich bin gespannt, wie sich die CDU dazu verhält.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU)

Sie können das dann aufklären.

Ich darf als Gäste im Landtag ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Weißen Rings in Daun sowie Mitglieder des Freundeskreises Nierstein begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Besonders begrüßen darf ich die ehemalige Vizepräsidentin des Landtages und Vorsitzende des Freundeskreises Givat Haviva, Frau Friedel Grützmacher. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Reichel.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragte Aktuelle Stunde zum Thema „Auswirkungen der NordwestLandebahn auf Rheinland-Pfalz“ bezieht sich lediglich auf die geplante Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest am kommenden Freitag. Zwar ist es richtig, dass mit der Inbetriebnahme dieser Landebahn eine Zunahme des Flugverkehrs in Frankfurt um bis zu 50 % erreicht werden kann; es wird aber suggeriert, dass die Belastungen der Menschen in unserer Region erst am Freitag anfangen.

Nach dem Bau der Startbahn 18 West wurde der Flughafen schon unter Rot-Grün in Hessen massiv weiter ausgebaut, und zwar durch den Bau neuer Taxiways, neuer Parkpositionen an den Terminals und im Vorfeldbereich. So konnten die Flugbewegungen auf den bestehenden drei Bahnen auf fast 500.000 jährlich ausgebaut werden, was zu massiven Belastungen der Menschen auch in Mainz und Rheinhessen geführt hat.

Mit der Maßnahme EAM 04 im Rahmen der Neuordnung des europäischen Luftraums wurde den Bewohnerinnen und Bewohnern von Mainz und Rheinhessen schon im Jahr 2004 ein unzumutbarer Lärmzuwachs durch landende, aber auch startende Flugzeuge zugemutet. Mit der Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest wird sich die Kapazität – ich hatte es gesagt – noch einmal um mindestens 50 % erhöhen. Mehr als 700.000 Flugbewegungen wären möglich. Nach dem Bau des geplanten Terminals III wird sich die Zahl noch weiter erhöhen. Spätestens dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird die Diskussion um eine fünfte Bahn – dann im Süden des Flughafens – beginnen.

Auch jetzt spüren wir, dass die alte Landesregierung zu spät auf die Entwicklungen am Frankfurter Flughafen reagiert hat, vielleicht weil sie die Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz unterschätzt hat. Endgültig entdeckt wurde das Thema erst im letzten Landtagswahlkampf, und da auch nur halbherzig.

(Hering, SPD: Unglaublich!)

Hören Sie doch zu, Herr Hering!

(Zuruf des Abg. Hering, SPD)

Sind Sie fertig?

(Pörksen, SPD: Noch lange nicht, mein Lieber!)

Ich meine nur, dass man vernünftig weiterreden kann.