Protokoll der Sitzung vom 03.05.2012

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich das Wort weitergebe, begrüße ich Gäste, und zwar Senioren des Allgemeinen Turn- und Sportvereins Wattenheim. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Jetzt hat das Wort Frau Staatsministerin Alt.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier ist der Zuwanderungsbericht. Er umfasst 190 Seiten mit geballten Fakten. Sie denken jetzt vielleicht: Och nein, nicht schon wieder einen solchen Bericht, noch dazu ein so dicker. – Ich sage aber: Toll, dass dieser Bericht jetzt vorliegt. Ich freue mich darüber, weil es ein sehr wichtiger Bericht ist.

Er ist deshalb ein wichtiger Bericht, weil er uns in die Lage versetzt, die zahlreichen Politikfelder zusammenzufassen und unser Handeln an klaren Zielvorgaben zu orientieren. Alle Ministerien haben ihren Beitrag zu diesem Bericht geleistet. Sehr viele Menschen sind von diesem Bericht betroffen. Es geht um die Menschen mit Migrationshintergrund. Wir haben schon gehört, fast jeder fünfte Rheinland-Pfälzer hat einen Migrationshintergrund. Knapp 20 % sind in Zahlen ausgedrückt 750.000 Menschen mit Migrationshintergrund, die bei uns leben. Das ist Grund genug, dass wir uns dieses Themas annehmen und es systematisch aufarbeiten.

Dies ist in drei Teilen geschehen. Im ersten Teil wird in acht Handlungsfeldern das Thema unter verschiedenen

Blickwinkeln betrachtet. Im zweiten Teil geht es um Recht und Gesetz, während es im dritten Teil um Statistiken geht.

Da ich den Bericht an dieser Stelle nicht detailliert vorstellen kann, konzentriere ich mich auf die wesentlichen Punkte. Herr Köbler freut sich schon. Der hätte gerne alles gehört. Ich konzentriere mich aber auf die wesentlichen Punkte.

(Ministerpräsident Beck: Der hat ihn schon auswen- dig gelernt! Zumindest die ersten beiden Teile!)

Schon der Titel geht auf die zwei Seiten und auf die Schwerpunkte der rheinland-pfälzischen Integrationspolitik ein. Erstens geht er auf die Zuwanderung und damit verbunden auf eine Willkommenskultur und eine humanitäre Flüchtlings- und Asylpolitik und zweitens auf den Integrationsprozess selbst ein, das heißt auf Akzeptanz und Anerkennung der in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten.

Die Integrationsarbeit in Rheinland-Pfalz basiert auf dem von meiner Kollegin Malu Dreyer initiierten Landesintegrationskonzept, das auch die Grundlage für den 4. Integrations- und Zuwanderungsbericht bildet. Unser Integrationskonzept ist zum einen sehr umsetzungsorientiert, aber zum anderen auch sehr partizipativ angelegt. Wir wollen und müssen die Menschen mitnehmen. Das gelingt nur, wenn wir alle einbinden.

Daher ist ein Handlungsfeld im Bericht die Partizipation. Der partizipative Ansatz unserer Integrationspolitik findet vielfachen Ausdruck, den deutlichsten sicher durch die Existenz des Landesbeirates für Migration und Integration. Hier setzen wir auf partnerschaftliche Zusammenarbeit und profitieren somit natürlich auch von dem landesweit vorhandenen Fachwissen und von den Praxiserfahrungen.

Dasselbe gilt für die kommunalen Beiräte für Migration und Integration. Sie wurden – das wurde schon gesagt – 2009 reformiert, um die politische Partizipation zu stärken, aber auch, um die kommunale Integrationspolitik zu befördern. Dort setzen wir auch an, wenn wir die Kommunen dabei unterstützen, strategische Integrationskonzepte zu entwickeln. Wir bauen diese Unterstützung nun aus, indem wir ein von uns gefördertes Projekt ausweiten. Wir tun das auch durch das persönliche Engagement unseres Beauftragten für Migration und Integration.

Auch an den zwei runden Tischen, die wir initiiert haben, zeigt sich, dass wir für eine Integrationspolitik der Beteiligung stehen. Das sind der Runde Tisch Ingelheim und der Runde Tisch Islam. Mit letzterem wollen wir den regelmäßigen Dialog zwischen der Landesregierung und möglichst vielen muslimischen Verbänden und Organisationen etablieren. Sinn und Zweck liegen darin, bestehende Fragen und Anliegen zu benennen, zu diskutieren und konkrete Lösungen zu erarbeiten. Der Islam gehört heute zu Rheinland-Pfalz. Wir befassen uns mit den Themen, die Musliminnen und Muslimen unter den Nägeln brennen. Das tun wir bewusst in dem Wissen, dass die Islamfeindlichkeit bedenkliche Ausmaße angenommen hat.

Der Diskussion über den Islam fehlt es an Sachkenntnis und Sachlichkeit. Dazu wollen wir etwas beisteuern.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld des Berichtes ist die interkulturelle Öffnung. Darunter verstehen wir einen Lern- und Veränderungsprozess in Organisationen und Institutionen mit dem Ziel,

1. Zugangsbarrieren und Abgrenzungsmechanismen gegenüber Migrantinnen und Migranten abzubauen,

2. Diskriminierung zu verhindern,

3. Teilnahme von Migrantinnen und Migranten zu ermöglichen und

4. die Vielfalt der Bevölkerung, der Beschäftigten anzuerkennen, zu fördern und als Potenzial zu nutzen.

Die interkulturelle Öffnung umfasst dabei die Organisation und Personalentwicklung von Organisationen und Institutionen einschließlich der Vermittlung interkultureller Kompetenz.

Was heißt das nun konkret? – Das heißt zum Beispiel ganz konkret, dass mehr Menschen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst eingestellt werden sollen. Als Vorbild möchte ich auf die Initiative – sie wurde schon genannt, und es ist gut, dass sie mehrfach genannt wird – der Polizei „Vielfalt in der Polizei“ des Polizeipräsidiums Mainz zusammen mit dem Institut zur Förderung von Bildung und Integration, kurz INBI genannt, hinweisen, das sicher viele von Ihnen kennen.

Diese Initiative hat das Ziel, mehr junge Menschen mit Migrationshintergrund für den Polizeidienst zu gewinnen. Es ist ein Projekt, wie ich es mir für andere Bereiche auch wünsche, für die Verwaltungen, für die Feuerwehren, für die Kindertagesstätten und für die Schulen.

Die Beschäftigten in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes sollten nicht nur um die Vielfalt unserer Gesellschaft wissen, sondern sie sollten sie auch widerspiegeln. Das kann zum Beispiel der Feuerwehrmann sein, der bei einem Einsatz die Bewohnerinnen und Bewohner leichter beruhigen kann, weil er ihre Sprache spricht, oder die Sozialarbeiterin, die sich aufgrund eigener Erfahrungen problemlos in die Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund hineinversetzen und ihnen gleichzeitig als Vorbild dienen kann.

Meine sehr geehrte Damen und Herren, die Vielfalt der Menschen in unserem Land ist ein Gewinn für uns alle. Ohne die interkulturelle Öffnung unserer Gesellschaft werden wir dieses große Potenzial aber nicht nutzen können. Dabei ist unsere Gesellschaft nicht nur auf die hier lebenden Menschen mit Migrationshintergrund angewiesen, sondern wir brauchen auch eine geregelte Zuwanderung. Anders können wir dem demografischen Wandel und dem damit verbundenen Fachkräftemangel nicht begegnen.

Auch wenn das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung vergangene Woche mitgeteilt hat, dass die Zahl der hoch qualifizierten Zuwanderer aus Nicht-EUStaaten im Jahr 2011 bei 27.800 lag und damit stark zugenommen hat, kann man doch sagen, dass angesichts des zu erwartenden Bedarfs an Fachkräften dies immer noch zu wenig ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen eine Willkommenskultur für alle. Jeder Mensch, der zu uns kommt, muss Wertschätzung erfahren, insbesondere auch diejenigen, die in unserem Land Schutz suchen. Die Flüchtlings- und Asylpolitik wird daher im nächsten Zuwanderungs- und Integrationsbericht als eigenes Handlungsfeld aufgeführt sein. Das ist sinnvoll angesichts der Tatsache, dass die Integrationspolitik mit dem Ausländer- und Asylrecht in unserem Integrationsministerium zusammengeführt wurde. Dieses Konstrukt bedeutet Chance und Herausforderung zugleich. Rheinland-Pfalz hat damit bundesweit eine Vorreiterrolle eingenommen. Integrationspolitik ist stark aufgewertet worden, und sie ist schlagkräftiger geworden.

Ich bin überzeugt davon, dass unser Integrationsministerium ein Erfolgsmodell werden wird, das in Deutschland Schule machen wird.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit Integration auf lange Sicht gelingt, müssen wir uns ganz besonders der Kinder annehmen. Hier hat Rheinland-Pfalz Spitzenwerte vorzuweisen. Rund 92 % der Drei- bis Sechsjährigen mit Migrationshintergrund in RheinlandPfalz besuchen eine Kindertagesstätte. Dieser Wert liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 83,6 % und ist so hoch wie in keinem anderen Bundesland.

Wir setzen seit Jahren auf Bildung von Anfang an. Der Kita-Besuch fördert Spracherwerb und soziales Lernen. Wir wissen heute, dass jedes zusätzliche Kindergartenjahr die Chance auf einen erfolgreichen Bildungsweg erhöht.

Hier steht zusätzliches Erziehungspersonal bereit, das speziell in der Integration von Ausländerkindern, Asylkindern und Kindern mit Migrationshintergrund geschult ist. Rheinland-Pfalz schießt für diese Kräfte 60 % der Kosten zu, und es sind mittlerweile 492 solcher Fachkräfte in 433 Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz aktiv. Die Integrationsarbeit, die sie leisten, ist sehr wichtig.

Ein großer Baustein ist die Sprachförderung, auf die wir großen Wert legen und an der mittlerweile 18.000 Kinder teilgenommen haben. Wir möchten schon in den Kindertagesstätten den Wert anderer Sprachen und Kulturen vermitteln. Genau hier setzt das europäische Sprachenportfolio für Drei- bis Siebenjährige an, das in RheinlandPfalz entwickelt worden ist und in einigen Kindertagesstätten erprobt wurde. Das Ziel ist es, dass Kinder schon sehr früh in der Kita Spaß und Interesse daran haben, fremde Sprachen und Kulturen kennenzulernen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden unsere bisherige Politik des Dialogs und der Beteiligung

fortführen und vor allem mit dem Landesbeirat für Migration und Integration das Landesintegrationskonzept weiterentwickeln und umsetzen. Wir sind in RheinlandPfalz auf einem guten Weg in Sachen Integration. Diesen Weg wollen wir – ich hoffe auch mit Ihrer Hilfe – weitergehen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich darf zunächst noch einmal Gäste begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler der Konrad-AdenauerRealschule plus mit Fachoberschule.

Jetzt hat man mir nicht vermerkt, woher sie kommen.

(Zuruf: Aus Asbach!)

Aus Asbach. Herzlichen Dank.

Die Schulleiterin hat es uns dann wenigstens gesagt. Danke schön.

(Beifall im Hause)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich muss noch einmal Punkt 13 der Tagesordnung aufrufen, und zwar sind die Fraktionen übereingekommen, dass ein Überweisungsvorschlag auch für den Haushalts- und Finanzausschuss besteht. Ich gehe davon aus, dass Sie alle zustimmen.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Ja!)

Okay. Danke.

Dann darf ich vollständigkeitshalber noch darauf hinweisen, aber das wissen Sie eigentlich, dass der Bericht bei Punkt 14 der Tagesordnung mit seiner Besprechung erledigt war.