Protokoll der Sitzung vom 20.06.2012

Weitere dramatische Folgen sind absehbar, wenn im Jahr 2050 voraussichtlich 9 Milliarden Menschen auf der Erde leben.

Wollen wir ihre Lebensgrundlage sichern, ist das wahrlich eine Herkulesaufgabe, deren Lösung die Weltgemeinschaft leisten muss, die aber hier vor Ort beginnt.

Das ursprüngliche Ziel der Konferenz war es, verbindliche Ziele zur „Green Economy“ festzulegen. Das Konzept, ökologisch verträglich, sozial verantwortlich, politisch und wirtschaftlich tragfähig, sollte auf die verschiedenen Bedingungen in den einzelnen Ländern übertragen werden. Die gestern veröffentlichte Schlusserklärung – das ist möglicherweise auch ein Grund, warum die Bundeskanzlerin dort nicht anwesend ist; denn diese Schlusserklärung ist nicht verhandelbar –, ist einmal mehr kein großer Durchbruch, wie auch der Bundesumweltminister öffentlich bekennt. Auch er hatte sich mehr erhofft.

Es ist letzten Endes wieder der kleinste gemeinsame Nenner, aber es ist ein Anfang gemacht. Dringend muss aber ein weiterer Dialog folgen.

Wir in Deutschland, in Rheinland-Pfalz und in unseren Kommunen brauchen uns umweltpolitisch nicht zu verstecken. Vor Ort wird viel geleistet, aber auch wir sind aufgefordert, weitere Anstrengungen zum Schutz von Umwelt und Natur zu unternehmen.

Viele gute und sinnvolle Maßnahmen wurden in den letzten Jahren auf den Weg gebracht. Sie gilt es fortzusetzen und Raum zu lassen für innovative Ideen; denn – da unterstützen wir die Aussage der rheinlandpfälzischen Umweltministerin mit Nachdruck – „Wir brauchen jetzt bereits die Ressourcen von eineinhalb Planeten. So kann es nicht weitergehen.“

Lassen Sie uns gemeinsam für mehr Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und insgesamt für mehr Umweltschutz kämpfen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU und bei der SPD)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Hürter das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Während wir hier tagen, beginnt durch die Zeitverschiebung am heutigen Tag die Konferenz der UN zu der Frage der nachhaltigen Entwicklung. Sie knüpft – das wurde angesprochen – an Vorgängerkonferenzen an, insbesondere an die Konferenz vor 20 Jahren zum Thema „Umwelt und Entwicklung“.

Es bietet sich geradezu an, diese beiden Konferenzen miteinander zu vergleichen, so wie das auch meine Vorredner getan haben.

Wenn wir uns anschauen, was für eine Welt das 1992 war, dann kann man festhalten, dass es eine Welt kurz nach dem Ende des Kalten Krieges war, in der die Ver

einigten Staaten ihre Rolle noch nicht gefunden hatten. Auch das prägte diese Konferenz.

Es war eine Konferenz, auf der sich erstmals in dieser Form die Menschheit, vertreten durch fast alle Staaten, traf, um über diese Fragen des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit zu diskutieren.

Was wir als Gemeinsamkeit feststellen können – das sieht man auch in den Presseberichten der heutigen Tage und denen, die folgen werden –, ist, dass diese Konferenz auch damals schon mit sehr viel Kritik begleitet wurde, dass die verbindlichen Ziele fehlen, die Ziele zu vage sind.

Diese Kritik ist sicher im Kern berechtigt, aber ich glaube, dass das auch in der Natur der Sache liegt. Wenn sich so viele Staaten und Menschen treffen, um sich darüber zu unterhalten, wie wir diese Menschheit in die nächsten Generationen führen, die Welt sicherer und ökologischer machen und gemeinsam im Wohlstand friedlich leben können, dann sind das anspruchsvolle Fragestellungen, gerade auch weil die einzelnen Länder sehr unterschiedliche Wertvorstellungen, unterschiedliche Interessen und unterschiedliche Startvoraussetzungen haben.

Insofern sollte man an der Stelle das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, sondern sich dieser Probleme und Herausforderungen bewusst sein.

Was sich als Unterschied dieser beiden Konferenzen festhalten lässt, ist auch, dass sich der Nachhaltigkeitsbegriff in der Zwischenzeit verändert hat. Ursprünglich aus der Forstwirtschaft und der Umweltpolitik kommend, ist dieser Begriff heute sehr viel breiter aufgestellt. Das beinhaltet auch die Gefahr, dass man diesen Begriff überstrapaziert.

So sehen wir, dass sich die aktuelle Konferenz mit Fragen der Bildungspolitik auseinandersetzt, was sicherlich gut begründet ist, mit Fragen des Welthandels, mit Fragestellungen der Sozialpolitik und der sozialen Grundsicherung und mit Urheberrechtsfragen und so eine Breite an Themen anpackt, die kaum noch zu bewältigen ist.

Ich glaube, dass, wenn diese Konferenz im Nachgang ein Erfolg sein soll, es wichtig ist, trotz dieser Breite Kernpunkte herauszugreifen, die trotz dieser ambitionierten Ziele auch handhabbar sind, Erfolge produzieren und die Menschen an den Sinn solcher Konferenzen glauben lassen.

Insofern bin ich froh, dass sich die Konferenz einen Themenblock sehr konzentriert herausgegriffen hat oder herausgreifen wird – in den Entwürfen nimmt er zumindest sehr viel Raum ein –, das ist das Thema „Wie schaffen wir es, unsere Energieversorgung und unsere Wirtschaft ökologischer zu gestalten?“.

Ich glaube, dass wir uns hier in Deutschland alle zusammen – das will ich auch in Richtung der Kolleginnen und Kollegen der CDU sagen; das ist ernst gemeint – sehr viel vorgenommen haben und durchaus an der einen oder anderen Stelle ein Vorbild für die Welt sein können.

Es ist so, dass wir bei allem Pessimismus, den man mit solchen Konferenzen und mit den hehren Zielen, die nie ganz erfüllt werden, verbinden kann, auch festhalten können, dass sich in den letzten Jahrzehnten ökologisch einiges getan hat. Wir haben es geschafft, bei Stichworten wie „Ozonschicht“, „FCKW“, “Schwefel in der Luft und im Boden“, „bleifreies Benzin“ international ganz große Erfolge zu erzielen, von denen man vielleicht vor 20 Jahren nicht so richtig überzeugt gewesen wären.

Wir müssen auch feststellen, dass Länder, denen man es vielleicht im ersten Moment nicht so zutraut, wie Brasilien und China, große Herausforderungen der Menschheit, wie z. B. den Schutz der Primärwälder oder den Kampf gegen die Armut, ganz offensiv angegangen sind.

Bei allen unterschiedlichen Wertvorstellungen, die es in dieser Welt gibt, glaube ich, ist es schon ein ermutigendes Signal, dass wir feststellen können, dass sich in der Tat Erfolge einstellen, zum Beispiel bei der Versorgung der Menschheit mit gutem Trinkwasser oder bei der Armutsbekämpfung. Dabei sollte man sich von den Rückschlägen nicht entmutigen lassen.

Deswegen glaube ich, dass die Skepsis bei diesen großen Konferenzen zwar berechtigt ist, dabei aber oft diese Erfolge ein Stück weit in den Hintergrund rücken, man sie vergisst.

Man sollte eines nicht vergessen – das ist auch eine ganz wichtige Funktion dieser Konferenzen; das ist keine Selbstverständlichkeit; das gab es in dieser Form vor 1889/1990 nicht –: Wir haben es geschafft, den Austausch, den Dialog zu institutionalisieren. Es gibt ganz viel internationalen Austausch zu diesen Themen. Das liegt auch ein Stück weit in der Kleinteiligkeit begründet. Wir haben es geschafft, Anschlusskonferenzen zu organisieren, die die Verbindlichkeiten zumindest ein Stück weit gestärkt haben.

Die andere Funktion – die ist mir auch sehr wichtig –: Wir reden darüber als Gesellschaft und hier im Plenum. Ich glaube, das ist ganz wichtig; denn so schaffen wir es, ein Bewusstsein für dieses wesentliche Thema zu generieren.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Bevor ich das Wort weitergebe, begrüße ich zunächst als Gäste auf der Zuschauertribüne Mitglieder der AG 60 plus des SPD-Ortsvereins Trier, der Arbeiterwohlfahrt Trier sowie Bürgerinnen und Bürger aus Trier. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Dann begrüße ich als weitere Gäste auf der Zuschauertribüne Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses

Sozialkunde des Max-von-Laue-Gymnasiums Koblenz. Seien Sie ebenfalls herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Jetzt hat Frau Staatsministerin Lemke das Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde eben schon gesagt, die Kollegin Frau Ministerin Höfken ist aufgebrochen und nach Rio unterwegs und verhandelt dort fleißig in Sachen des Klimaschutzes. Sie hat aus dem Ressort, das zuvor für Klimaschutz zuständig war, dieses Thema in diesem Jahr mitgenommen und nutzt ihre reichhaltige Vernetzung.

Wir haben hier keine – das sage ich bewusst – Ressortsegoismen; denn die lässt das Thema an sich überhaupt nicht zu, vielmehr braucht der Klimaschutz alle Ressorts, alle Gesellschaftsbereiche und jedes Ministerium, jede Ministerin und jeden Minister und auch Sie, wenn wir in diesem Thema anspruchsvoll weiterarbeiten wollen.

Sehr geehrte Damen und Herren, es braucht vor allem Zeit. Rio + 20 heißt für mich, es wird auch ein Rio + 30 und ein Rio + 40 geben müssen; denn dieser Weg, den wir für einen wirklichen Klimaschutz beschreiten, der gerecht und sozial ist, bedeutet einen großen Kampf; denn es geht um Verteilungsgerechtigkeit auf diesem Planeten auch im Umgang mit öffentlichen Gütern, dem Boden, dem Wasser und der Luft.

Um das deutlich zu machen, hat das Organisationskomitee der diesjährigen Rio-Konferenz einen offiziellen jungen Charakter, eine Geschichte beigegeben, von der ich kurz erzählen will; denn ich halte sie mit dieser Metapher und auch aus der Realität heraus für so eindrucksvoll, dass wir sie durchaus etwas sacken lassen sollten.

Es geht um die kleine Helen. Helen ist vier Jahre alt und lebt in Uganda am Ufer des Victoriasees. Dort leben 8 Millionen Menschen eng gedrängt unter den schlimmsten Lebensbedingungen.

Wenn die Sonne aufgeht, glänzt der Victoriasee nicht nur hellblau, sondern auch ziemlich bunt, weil die Fabriken ihre Abwässer und Chemikalien ungefiltert einleiten. Er riecht nicht angenehm, sondern er stinkt, weil es Ströme von Fäkalien gibt, die ebenfalls einfach in den See eingeleitet werden.

Es dauert nur vier Tage, und Helen geht es nicht gut. Sie verliert an Gewicht; denn sie hat von dem Wasser getrunken. Ihre Mutter war bereits mit ihr im Krankenhaus, und die Diagnose ist eindeutig. Die Behandlung kostet 13 Euro, aber ihre Mutter kann das Geld nicht aufbringen. Helen hat Cholera.

Es geht um die Verteilung öffentlicher Güter. Das große Thema dieser Konferenz ist der Umgang mit diesen Gütern. Wenn wir alle immer über den Green New Deal,

über grünes Wirtschaften, über Paraphrasen dessen, was grün sein soll, reden, müssen wir uns immer wieder kritisch die Frage stellen, ob es denn den Gesamtkomplex der Nachhaltigkeit auch in der sozialen Frage gibt. Deswegen geht die Diskussion in Rio vor allen Dingen um die Frage von Commons, von öffentlichen Gütern und deren Behandlung; denn Wasser als eine wesentliche Lebensgrundlage ist kein freies Gut mehr. Es ist nicht umsonst zu haben. Sauberes Wasser auf dieser Welt ist keine Selbstverständlichkeit mehr, und so sieht es auch mit anderen Gütern aus.

Dort, wo demnächst 9 Milliarden Menschen leben werden, zusammengedrängt auf geringem Raum, auf wenigem Land, auf dem sie überhaupt noch leben können, durch das Klima weiter zusammengetrieben, weil die Flächen immer geringer werden, auf denen man noch leben kann, verschärft sich die Situation über die Commons, die öffentlichen Güter. Nicht umsonst heißt deswegen das 50-seitige Verhandlungsdokument: „Our Common Vision“.

Die Vision von Helen ist sicherlich nicht unsere gemeinsame Vision. Deswegen geht es darum, Instrumente zu entwickeln und Rio + 30 oder Rio + 40 nachhaltig zu forcieren, um einen neuen Umgang und eine neue Verteilung dieser öffentlichen Güter zu diskutieren und den Weg der Umverteilung tatsächlich auch zu gehen.

Meine Damen und Herren, was das bedeutet, erleben wir in unserem Land auch zum Thema „Energiewende“: In dem Moment, wo es darum geht, Wirtschaftsanteile, Marktanteile oder Güter neu umzuverteilen, gibt es Widerstände. Es wird gnadenlos gekämpft, und für Menschen wie Helen geht es ums Überleben.

Aber es gibt auch eine positive Bilanz aus Rio; denn – und dies ist auch schon in den Vorreden deutlich geworden – wir denken mittlerweile in globalen Zusammenhängen. Daher steht in dem gemeinsamen Papier „Our Common Vision“ das Thema „Armut“ jetzt schon auf Platz 1 und das Thema „Hunger“ auf Platz 2. Dies bedeutet im Wesentlichen Schutz des Klimas, Schutz vor Armut und Schutz vor Hunger. Dieses Bewusstsein hat sich weltweit immerhin so weit implantiert, dass es regelmäßige Konferenzen gibt, die sich damit befassen.

Wir denken auch in neuen Zeithorizonten, wir denken über Wahlperioden hinaus, und ich glaube, es steht uns gut an, dies auch in unserem Land immer wieder zu tun. Parlamente und Bürger nehmen zunehmend die Verantwortung wahr, nicht mehr zu leben nach dem Motto: „Nach mir die Sintflut“. – Ein Zeichen ist das Konsumverhalten unserer Bürger und ein Bekenntnis zu ökologisch produzierten und fair gehandelten Produkten.