Unsere Polizisten sind zu großen Teilen am Rande ihrer Leistungsfähigkeit. Überstunden im großen Umfang, eine Personaldecke, die so dünn ist, dass Polizisten außerplanmäßig aus der Freizeit geholt werden müssen, sind zu nennen. Das betrifft Freizeit, die sie brauchen, um den fordernden Schichtdienst ohne gesundheitliche Beeinträchtigung zu überstehen. So weit der Befund.
Trotzdem ist die Sicherheitslage in Rheinland-Pfalz vorbildlich. Herr Lammert, ich möchte wissen, woher Sie Ihre Behauptung nehmen, dass dies nicht so sei. Pa
Die Kriminalstatistik 2011 hat erst kürzlich wieder gezeigt, in keinem anderen Land in Deutschland lässt es sich so sicher leben wie bei uns. In keinem anderen Bundesland ist das Risiko, Opfer einer Straftat zu werden, niedriger als bei uns. Unsere Polizistinnen und Polizisten leisten auch unter diesen nicht optimalen Bedingungen eine hervorragende Arbeit, und dafür gebührt ihnen Dank.
Es gibt bei allen Besorgnis erregenden Befunden auch eine andere Seite. Der Bestand an Überstunden ist zwar viel zu groß, er liegt derzeit bei 1,7 Millionen Stunden, aber – und auch das muss einmal erwähnt werden – er ist damit seit 2010 bereits um 300.000 Überstunden gesunken. Dennoch ist das kein Zustand, auf dem wir uns ausruhen dürfen.
Wir müssen feststellen, dass sich die Aufgaben, die die Polizei erfüllen soll, extrem ausgeweitet haben. Etwa 100 neue Aufgaben sind in den letzten Jahren hinzugekommen. Durch Effekte der Demografie stehen uns derzeit für die Erfüllung dieser Aufgaben noch etwa 8.800 Vollzeitäquivalente zur Verfügung. Tendenz sinkend.
Meine Damen und Herren, diesem Problem müssen wir uns stellen. Genau das tun wir. Derzeit läuft die Analyse der Aufgaben, die notwendigerweise von der Polizei wahrgenommen werden müssen, die zu ihrem Kernbereich gehören und die die Sicherheit unserer Bevölkerung gewährleisten. Herr Lammert, Sie kleideten das in das Bild „Kür und Pflicht“.
An dieser Stelle kommt die Verantwortung der Politik, unsere Verantwortung ins Spiel. Das gilt auch für die Opposition. Wir müssen Entscheidungen treffen und dafür Verantwortung übernehmen. Wer mehr Polizistinnen und Polizisten einstellen möchte, der muss sagen, woher er das Geld dafür nehmen möchte.
Das bedeutet immer wieder, andere Bereiche gleichzeitig finanziell weniger gut zu stellen. Wer die Polizei von Aufgaben entlasten möchte, muss sagen von welchen, und muss nachher dazu stehen.
So verständlich es ist, wenn der Verzicht auf ein Polizeiorchester auf Widerstand stößt, wenn ein Ort seine Polizeiwache erhalten möchte oder wenn sich Anwohner für ihre Autobahnpolizei stark machen, der Sache dienen diese Aktionen nicht.
Wer immer gleich den Untergang des Abendlandes ausruft, wenn eine dieser Maßnahmen umgesetzt werden soll, wer von Verringerung der Sicherheit spricht, gleichzeitig aber publikumswirksam verkündet, sich für eine Entlastung der Polizei einsetzen zu wollen, wer die Einstellung von mehr Polizisten fordert, ohne zu sagen, woher er unter der geltenden Schuldenbremse das Geld dafür nehmen will, der macht sich unglaubwürdig, meine Damen und Herren von der Opposition.
Zur Bewältigung des Problems würde Folgendes beitragen: Lassen Sie uns objektiv und konstruktiv bewerten, wo Möglichkeiten sind, die Polizei von Aufgaben zu entlasten. Lassen Sie uns dort, wo wir feststellen, dass Dienststellen ohne den geringsten Verlust an Sicherheit für die Bevölkerung geschlossen werden können, das angehen. Lassen Sie uns weitere Aufgaben ausfindig machen, die die Polizei zukünftig gar nicht mehr oder nur in geringerem Umfang wahrnehmen soll. Lassen Sie uns diese Konsequenzen dann gemeinsam ziehen.
Wenn Sie tatsächlich einen Vorschlag haben, wo wir das Geld für weitere Einstellungen hernehmen können, ohne dass andere Bereiche unverhältnismäßig darunter leiden, dann würde mich so etwas sehr freuen, und dann können wir wieder über 9.014 Vollzeitäquivalente reden, meine Damen und Herren.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Raue, lieber Herr Hüttner, ich möchte mich bei Ihnen beiden für Ihre fachkundigen und wirklich verantwortungsbewussten Ausführungen herzlich bedanken.
Lieber Herr Lammert, das war ja klar, als es diese Berichterstattung gegeben hat, dass Sie über dieses Hölzchen, das man Ihnen hingehalten hat, springen würden. Es ist vollkommen in Ordnung, dass Gewerkschaften sehr pointiert formulieren. Das ist hier nichts Unbekanntes. Kräftige Formulierungen haben wir im Polizeibereich auch früher schon häufiger gehabt. Ich denke an Pappkameraden zurück und größere Demonstrationen. Das ist die Aufgabe von Gewerkschaften.
Wenn man sich aber die Situation betrachtet, möchte auch ich ganz bewusst mit einem Lob und mit einem Dankeschön an unsere Polizei meine Ausführungen beginnen; denn ich habe Hochachtung vor der Arbeit der Frauen und Männer bei unserer Polizei. Ich trage seit sechs Jahren Verantwortung und war vorher lange Jahre im Innenausschuss dieses Landtags. Ich glaube, ich
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist richtig, wir haben hohe und höchste Aufklärungsquoten. Wir liegen nicht ohne Grund mit einer sehr stabilen Sicherheitslage an der Spitze in der Bundesrepublik Deutschland. Das bedeutet, unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten machen einen tollen Job auch trotz vieler Herausforderungen neben der Alltagsarbeit. Ich will die Rockerkriminalität als neuestes Phänomen ganz bewusst ansprechen, deren Gruppierungen in RheinlandPfalz – von uns geschätzt – fast 700 Mitglieder haben, viele Gewaltbereite und Kriminelle. Sie sind in 26 Orten in Rheinland-Pfalz aktiv.
Ich will den islamistischen Terrorismus nennen, Rechtsextremismus, Hooligans im Fußballsport, Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Das sind Phänomene, mit denen wir uns, mit denen sich die Polizei herumschlagen muss.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen ist es uns immer ganz besonders wichtig gewesen – das wissen Sie alle, insbesondere die Kolleginnen und Kollegen aus dem Innenausschuss –, dass wir mit viel Geld für eine hervorragende persönliche Schutzausstattung gesorgt haben: neue Waffen, neue Schutzwesten für jeden, gute moderne Dienststellen, eine moderne KfzFlotte. – Wir führen im Augenblick gerade den Digitalfunk ein, insgesamt über 100 Millionen Euro, die wir zum Einsatz bringen. Wir haben gerade aktuell – Frau Kohnle-Gros, weil Sie eben sagten „zehn Jahre zurück“ – die modernsten Schieß- und Ausbildungsanlagen der Bundesrepublik Deutschland eröffnet. Das sind teure Einrichtungen zum Eigenschutz und zur Ausbildung unserer Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind auch stolz darauf, ist, dass wir Frauen und Männer mit Migrationshintergrund verstärkt in unsere Polizei einbinden und wir junge Männer und Frauen mit dem Hintergrund der mittleren Schulabschlüsse zum Polizeidienst heranführen, über den Weg der Höheren Berufsfachschulen deswegen, weil wir keinen mittleren Dienst mehr im Land haben. Wir haben eine durchgängige zweigeteilte Laufbahn.
Sehr geehrter Herr Lammert, wenn ich mir Ihre Biografie anschaue, steht da, wie ich glaube, Leutnant der Reserve. Das stimmt doch, Herr Lammert? – Leutnant der Reserve. Bei uns gibt es im Gegensatz zur Bundeswehr in der Polizei nur noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Beamtinnen und Beamte, ab dem Dienstgrad Leutnant aufwärts. Wenn das keine persönlich sehr, sehr gute Situation ist, dann weiß ich nicht, was gut im Vergleich in der Bundesrepublik Deutschland ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man zurückdenkt, als ich die Rahmenbedingungen der Strukturoptimierung vorgestellt habe, dann ist doch hier im Raum nahezu jedem ein Stein vom Herzen gefallen, als ich gesagt habe, wir gehen nicht an die Inspektionen
und nicht an die Wachen. Da kamen auch viele Kolleginnen und Kollegen der CDU zu mir und haben gesagt, das ist wichtig, weil es subjektiv und objektiv für das Sicherheitsempfinden unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger extrem wichtig ist. Dies ist im Übrigen von den Gewerkschaften auch sehr begrüßt worden. Halten wir uns einmal an die Tatsachen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Anzahl der ausgebildeten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten lautete 9.014 im Jahr 2001, 8.879 im Jahr 2006 und heute noch über 9.300.
Rechnen Sie bitte in Gedanken dazu – die schon etwas länger hier im Hause sind, wissen das – 215 Stellen aus dem damaligen Angestelltenprogramm. Warum haben wir damals diesen Weg gewählt? Warum sind wir 2003 und im Übrigen – Herr Lammert, Sie wissen, dass ich das gleich wieder zitieren werde – 2010 mit Zustimmung der CDU – mit Zustimmung der von Herrn Baldauf geführten CDU-Fraktion – auf diese 9.014 gegangen? Weil wir doch damals 2001, 2002, 2003 erkennen mussten, dass große Pensionierungswellen – die sogenannte Bugwelle – vor uns lagen. Wir haben gemeinsam gesagt, wir fahren die Einstellung hoch, um dann später wieder auf diese Ausgangszahlen zurückgehen zu können.
Meine Damen und Herren, wenn man sich die Zahlen im Wechselschichtdienst anschaut mit 3.861 im Jahr 2003, 3.846 im Jahr 2006, 4.216 im Jahr 2010 und heute noch immer über 4.000, dann sind das doch Zahlen, die zeigen, dass wir 2001, 2002 und 2003 Erkenntnisse gewonnen haben, die uns verantwortungsvoll handeln ließen und dazu geführt haben, dass wir mit einer Situation, die heute auf uns zugekommen ist, auch entsprechend umgehen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich dann weiß, dass 101 Abgeordnete dieses Landtags – alle Mitglieder dieses Hohen Hauses – der Schuldenbremse zugestimmt haben, dann kann ich verstehen, dass gewisse Schlagwörter im politischen Bereich angesprochen werden. Aber das kann doch nicht ernsthaft gemeint sein. Wir haben am 18. Mai rund 500 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte befördert. Ist das denn eine so schlechte Zahl in Zeiten der Schuldenbremse? Wir haben festgeschrieben, dass wir diese Zahlen ab dem nächsten Jahr wieder verdoppeln werden. Das ist doch ein Dankeschön an die Beamtinnen und Beamten, die wirklich einen schwierigen und wichtigen Job für uns leisten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir die Schuldenbremse nicht umsetzen und nicht ernst nehmen, werden wir viele Dinge, die ich jetzt genannt habe, die ausgabenwirksam sind, in Zukunft nicht mehr darstellen können.
Frau Raue, Sie haben vollkommen recht, wenn man so pauschal kritisiert, muss man sagen, wo man für Verbesserungen Geld hernimmt. Wie soll es denn sonst gehen?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Lammert, Sie wissen, dass ich Ihnen das nie ersparen kann,
kommen wir doch noch einmal auf die Drucksache 15/5241 zurück, weil Sie eben erzählt haben, man müsste einmal mit FDP-Kollegen reden, dann wisse man, was die gemeint haben. Entweder haben die beim Formulieren geschlafen, oder sie haben das gemeint, was Sie geschrieben haben. Das glaube ich nämlich eher. In diesem Entschließungsantrag der FDP heißt es: „Es ist erklärtes politisches Ziel, dass die Personalstärke der Polizei nicht unter eine Anzahl von 9.000 Beamtinnen und Beamten fallen soll.“ – Das sind doch Menschen. Das sind die 9.000 Menschen, von denen wir im Moment Gott sei Dank über 9.300 haben.
Dann wird der Landtag aufgefordert: „Der Landtag fordert die Landesregierung daher auf, (…) Sorge dafür zu tragen, dass die personelle Ausstattung der Polizei die genannte Grenze von 9.000“ – erneut haben die Kolleginnen und Kollegen der FDP so formuliert – „Beamtinnen und Beamten im Bereich der Polizei nicht unterschreitet.“ –
Das ist übrigens die von Ihnen akzeptierte Beschlusslage. Sie wissen, dass Sie bezogen auf 2003 und auf den Dezember 2010 wörtlich gesagt haben: „Dem Entschließungsantrag der FDP stimmen wir auch zu. – Zu den 9.000 muss ich allerdings feststellen, dass das eine aktuelle Beschlusslage des Landtags ist“. Ja, 9.000 Frauen und Männer.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich haben wir eine Situation, dass Gewerkschaften kritisieren und in einem Wettbewerb miteinander stehen. Bei uns ist es die Gewerkschaft der Polizei, die Deutsche Polizeigewerkschaft, der BDK, der DGB, der Beamtenbund, die Personalvertretungen. Das ist vollkommen richtig. Wenn Herr Muscheid einen runden Tisch erbittet, ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, dieser Bitte nachzukommen. Wir hatten heute miteinander gesprochen, und er freut sich auf das Gespräch mit uns.
Ich will Ihnen aber auch sagen, vom Tag, als ich die Optimierung bekannt gegeben habe, gibt es einen Pressedienst der Gewerkschaft der Polizei. Da lautet es: „Die Vorschläge der Lenkungsgruppe zur Zusammenlegung von Kommissariaten sollen in weiten Teilen übernommen werden“. Wer ist denn die Lenkungsgruppe? – Ist das der Minister Lewentz allein, oder habe ich Ihnen nicht damals vorgestellt, dass ich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei, also Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, gebeten habe, mit den Personalvertretungen, mit den Gewerkschaften diese Vorschläge vorzubereiten? Die übernimmt man nie zu 100 %. Sie sehen aber, dass die GdP sagt, das ist eingeflossen.
Dann schreibt die GdP, die Struktur der Polizeidienststellen bleibt unverändert – nämlich das, was Sicherheit in der Fläche bedeutet – und „bei den Dienststellenstrukturen im Bereich der Autobahnen folgt Minister Lewentz den Vorschlägen der Lenkungsgruppe“. Offenkundig war das damals auch in Ordnung.
Dann gibt es eine Überschrift. „Was sagt die GdP: Der von vielen gefürchtete Rundumschlag ist ausgeblieben, Sorgfalt geht vor“. Das ist wichtig für mich, dass wir sorgfältig im Interesse unserer Kolleginnen und Kollegen arbeiten. Das musste ich leider insgesamt in diesem
Zusammenhang Ihnen jetzt noch einmal vortragen, weil man sehr leicht vergisst, wenn man das von mir genannte Hölzchen vorgehalten bekommt, über das man dann sehr gern springt, dass man Mitverantwortung für eine Zahl hat, die in Zeiten von Schuldenbremse natürlich immer mit Belastungen für die Beamtinnen und Beamten verbunden sein wird.
Auch mir ist völlig klar, dass das, was wir gesellschaftspolitisch wollen – mehr Frauen und mehr Menschen mit Migrationshintergrund in der Polizei –, jeweils eine Herausforderung bedeutet. Deswegen habe ich mich als oberster Dienstherr ganz bewusst bei den Beamtinnen und Beamten herzlich bedankt. Ich weiß, was in diesem Land geleistet wird. Die Innere Sicherheit ist bei den Beamtinnen und Beamten unserer Polizei in guten Händen.