Protokoll der Sitzung vom 26.05.2011

(Zurufe von der CDU – Bracht, CDU: Sie kennen unsere Verfassung offenbar nicht, Herr Hering!)

Sie haben die Gelegenheit – – –

(Bracht, CDU: Lesen Sie einmal die Verfassung! Darin steht, wer was zu tun hat! – Weitere Zurufe von der CDU – Glocke der Präsidentin)

Herr Kollege Hering hat das Wort. Ich bitte Sie um etwas mehr Ruhe.

Herr Bracht, jetzt kommt der springende Punkt. Der Zwischenruf des Herrn Bracht ist durchaus bemerkenswert.

(Bracht, CDU: Lesen Sie die Verfassung! Darin steht, dass die Regierung einen Entwurf des Haushalts vorzulegen hat!)

Ja, ja, Herr Bracht. Sie sagen, wir müssen einen Entwurf vorlegen, und das werden wir natürlich auch tun. Wir werden aber in der Öffentlichkeit kommunizieren, ob Sie den Mut und die Kraft haben, sich zu äußern: Stehen wir zu dem Einsparvorschlag der Regierung in diesem Punkt? – Wir werden von Ihnen abverlangen, dass Sie weitere Sparvorschläge dort machen, wo Sie Kürzungen anmahnen.

Wir werden nicht akzeptieren, dass Sie laufend die Verschuldung anprangern, aber selbst nicht bereit sind, konkret zu äußern, wo Sie einsparen werden. Man kann von der Opposition verlangen, dass sie sich konkret äußert, wo sie einsparen möchte. Bisher haben Sie den Mut und die Entschlossenheit dazu nicht gehabt, Frau Klöckner. Dann können Sie beweisen, ob ein neuer Stil in diesem Haus einkehrt oder nicht.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Ein Grundanliegen unserer Politik ist selbstverständlich die Bildungspolitik. Es gehört zu unserem Grundverständnis, dass die soziale Gerechtigkeit und das Vergeben von Lebenschancen in unserer Gesellschaft durch nichts anderes so stark bestimmt wird wie von der Frage, ob junge Menschen die Möglichkeit haben, einen qualifizierten Abschluss z u erwerben.

Der Grundansatz unserer Politik ist – diesen kann man auch gemeinsam mit den GRÜNEN im Grunde in einem Satz zusammenfassen –: Wir wollen, dass die Frage, ob ein junger Mensch einen Bildungsabschnitt gut absolviert, nur davon abhängig sein darf, wie fleißig er ist und welche Begabung er mitbringt, und eben nicht, wie reich sein Elternhaus ist. Das ist der Grundgedanke unserer Bildungspolitik.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dank der Bildungspolitik von Frau Ahnen sind wir sehr erfolgreich in diesem Land gewesen. Wenn wir uns auch die Chancen von Kindern mit Migrationshintergrund anschauen, wenn wir Leistungsunterschiede betrachten, dann herrscht in Rheinland-Pfalz deutlich mehr Gerechtigkeit als in anderen Bundesländern.

Zu dem, was wir mit frühkindlicher Förderung, mit Ganztagsschulen und auch mit dem Konzept der Regionalschulen auf den Weg gebracht haben, muss man sagen, diese Konzeptionen zeigen ihre Erfolge, dass mehr Gerechtigkeit in dieser Frage herrscht.

Wir werden uns aber mit dem Erreichten nicht zufriedengeben. In diesem Bereich werden wir uns weiter engagieren und weiter einen Schwerpunkt bilden.

Wir werden auch zu dem Konzept „Kurze Beine – kurze Wege“ stehen und werden dafür sorgen, dass wir auch die kleinen 400 Grundschulen, die wir im Lande haben, dann, wenn die Schulträger es wollen, beibehalten, weil es auch ein klares Bekenntnis zu Bildungschancen im ländlichen Raum und zu Infrastruktur ist. Auch dazu werden wir die Kraft und Entschlossenheit haben.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wenn man sich hier hinstellt und behauptet, im Bildungsbereich würde gespart werden, dann ist es schlicht und ergreifend unredlich und falsch, das in dieser Weise hier zum Ausdruck zu bringen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir werden in dieser Legislaturperiode pro Schüler deutlich mehr investieren, weil uns die Zukunft junger Menschen viel wert ist. Deshalb werden wir andere Bereiche nutzen, in denen Einsparungen erzielt werden können, und werden die Kraft aufbringen zu sagen, wir werden pro Schüler mehr investieren als in den vergangenen Jahren.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Weil wir die Klassenmesszahlen reduzieren, in Grundschulen maximal 24 Schülerinnen und Schüler haben, weil wir in den Orientierungsschulen die Klassenmesszahlen senken und wir die Schülerbeförderungskosten bis zum 10. Schuljahr für alle Schularten übernehmen, bedeutet das, es wird deutlich mehr je Schülerin und Schüler ausgegeben werden.

Zur Tatsache gehört aber auch, dass wir in der laufenden Legislaturperiode weit über 50.000 Schülerinnen und Schüler in Rheinland-Pfalz weniger haben werden. Das führt dazu, dass der Lehrerbedarf aufgrund dieses gewaltigen Rückgangs der Schülerinnen und Schüler deutlich sinken wird.

Wir werden nicht wie andere Bundesländer diese gesamte Einsparungsmöglichkeit für die Konsolidierung des Haushalts nutzen. Nein, wir werden 1.000 Lehrerstellen nutzen, um die Bildungsangebote besser zu gestalten und Standards weiter zu steigern. Auch das ist unser Ansatz von sozialer Gerechtigkeit und Stärkung von Bildungspolitik. Hier wird nicht gespart.

Auch das ist eine falsche Kommunikation. Wenn man so anfängt, angeblich gemeinsam Haushaltskonsolidierung zu betreiben, dann gehört dazu eben auch die Redlichkeit, es offen, ehrlich und transparent darzustellen. Auch das habe ich bei Ihnen vermisst.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Frau Klöckner ist ja nicht mehr anwesend.

(Frau Meurer, CDU: Doch, sie ist hier! – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Die Dame in der letzten Reihe!)

Es wurde die Positionierung der Union bezüglich der Hauptschule angesprochen. Frau Klöckner, da möchte ich Sie gerne darüber informieren, nicht nur in Sachsen ist man zu der Auffassung gekommen, dass sich das Modell der Hauptschule überlebt hat. Mittlerweile ist das offensichtlich auch die Auffassung der Union auf Bundesebene. Die Erkenntnis, die Eltern, Schulträger, die Politik in Rheinland-Pfalz und die SPD in RheinlandPfalz seit einigen Jahren gewonnen haben, dass wir die Schulsysteme weiterentwickeln müssen und die Hauptschule in ihrer alten Struktur nicht mehr zu halten ist, ist offensichtlich mittlerweile zum Konsens in der Union geworden.

Der sächsische Kultusminister Wöller als Vorsitzender der CDU-Bildungskommission hat genau die Aussage getroffen, die Hauptschule sei nicht mehr zu retten, weil sie von Eltern nicht akzeptiert werde, weder von deutschen noch eingewanderten Eltern. Das sagt Wöller gegenüber der Zeitung. Genau diesen Vorschlag wird er der Union auch unterbreiten, mit einiger Verzögerung, wie auch in anderen Bereichen.

Auch bei der Ganztagsschule erkennen Sie, dass unsere Politikansätze richtig sind. Es dauert eben immer einige Jahre, bis Sie zu den Erkenntnissen kommen, die in der Bildungspolitik zeitgemäß sind. Aber offensichtlich sind Sie dort, wenn auch mit Zeitverzögerung, durchaus lernfähig.

(Beifall bei der SPD)

Sie sind lernfähig im Bereich der Ganztagsschulen geworden, auch im Bereich von Integrierten Gemeinschaftsschulen, IGS.

(Dr. Weiland, CDU: Die heißen Gesamtschulen! – Ernst, CDU: Aber es ist nicht so schlimm!)

Integrierte Gesamtschulen. Sie sind lernfähig geworden, weil Ihre CDU-Basis das von Ihnen gefordert hat. Zu dem Zeitpunkt, als Sie hier gegen diese Schulform polemisiert haben,

(Fuhr, CDU: CDU-Landräte!)

sind CDU-Kommunalpolitiker an das Bildungsministerium herangetreten und haben gesagt, im Interesse unserer Kinder und Eltern wollen wir diese Schulformen vor Ort haben. Das war der eigentliche Grund für die Einsicht von Ihnen, in diesen Punkten nachzugeben und zeitgemäße Positionen zu vertreten. Das dauert bei Ihnen einige Zeit, aber wir erkennen an, Sie sind in diesem Bereich durchaus lernfähig.

(Beifall bei der SPD)

Auch in dem Koalitionsvertrag ist der Grundgedanke aufgenommen worden, wir betreiben in Rheinland-Pfalz keine ideologische Schulpolitik. Wir betreiben eine

Schulpolitik orientiert an den Bedürfnissen der Menschen, der Schülerinnen und Schüler, des Willens der Eltern. Das ist der Grundgedanke unserer Schulpolitik.

Es ist deswegen im Koalitionsvertrag geregelt, dass wir bei der Realschule plus zu integrativen Modellen ermutigen. Wir schreiben sie nicht vor.

Unser Ansatz ist nach wie vor, wenn Eltern und Schulträger zu der Auffassung kommen, dass für ihre Region, für ihre Kinder diese Schulform sinnvoll ist und die qualitativen Voraussetzungen erfüllt werden, dann treffen wir auch die Entscheidung im Interesse der Region, im Interesse der Menschen.

Wir lassen uns zu keiner anderen Schulpolitik veranlassen, weder von Ihnen noch von anderen, weil wir unseren Maßstab haben, am Interesse der Menschen in der Region orientiert. So werden wir auch weiter erfolgreich Schulpolitik in Rheinland-Pfalz machen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Frau Klöckner, sehr aufmerksam

(Frau Klöckner, CDU: Frauen können zwei Sachen!)

habe ich Ihren Ausführungen zur Energiepolitik zugehört.

(Baldauf, CDU: Sie hat gefragt, über was Sie reden!)

Sie werden das gleich wissen, wovon ich rede.

(Pörksen, SPD: Ich weiß es jetzt schon! – Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Frau Klöckner, um es auf den Punkt zu bringen, wir reden zur Glaubwürdigkeit Ihrer Position in der Frage des Atomausstiegs, ja oder nein. Darüber werden wir jetzt an dieser Stelle reden.