Protokoll der Sitzung vom 01.08.2012

Unsere Kernforderungen sind klar benannt. Wir haben im Übrigen als GRÜNE als einzige einen Parteibeschluss, im Gegensatz zu Ihnen, weil Sie werden keine einheitliche Position finden, da bin ich mir sicher. Ich erinnere auch daran, dass bei dem Spatenstich zum Projekt „Nürburgring 2009“ nicht nur Mitglieder der Landesregierung auf dem Foto sind, sondern sämtliche CDU-Bürgermeister mit dem Landrat an der Spitze. Die übertreffen sich ja im Lächeln.

(Baldauf, CDU: GRÜNE sind auch drauf!)

Sogar Abgeordnete sind dabei und freuen sich sozusagen auf diese Investition, von der Sie heute suggerieren, dass Sie es ja schon immer gewusst hätten. Was machen Sie jetzt mit den Kollegen? Wollen Sie die aus der Partei ausschließen? Wollen Sie denen auch das Misstrauen aussprechen? Da bin ich einmal gespannt, wie Sie auch innerparteilich diese Klärung herbeiführen.

Wir GRÜNE haben dieses Jahr eine Parteitagsdebatte geführt und einen Parteitagsbeschluss herbeigeführt und klare Kernforderungen formuliert. Ein bisschen etwas haben Sie auch abgeschrieben und heute vorgetragen: Trennung von den Pächtern, weil wer seine Pacht nicht zahlt, der muss vom Hof gejagt werden, Reduktion aufs Kerngeschäft – das ist der Motorsport – und klar, keine weiteren Bausubventionen und Entlastung unseres Landeshaushalts, und alles in Abstimmung mit der EUKommission.

Da kann man sich auch einmal über eine Entscheidung ärgern, aber man bleibt standhaft und sagt: Auch wenn uns die Entscheidung jetzt nicht passt, dann beißen wir halt in den sauren Apfel und gehen diesen schwierigeren und steinigeren Weg. – Ich kann nicht entdecken, wo da ein Weniger an Glaubwürdigkeit ist. Ich glaube, meine Fraktion, meine Partei, aber auch die Koalition insgesamt zeigt gerade in dieser schwierigen Situation ein großes Maß an Transparenz, an Ehrlichkeit und damit auch an Glaubwürdigkeit, meine Damen und Herren.

(Starker Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wenn Sie es schon immer gewusst haben, dann frage ich mich, warum Sie erst heute nach über fünf Jahren so etwas wie ein „Konzeptchen“ für den Nürburgring vorlegen. Ich sage Ihnen klipp und klar: Wer in der Verantwortung ist und Dinge umsetzt, kann auch Fehler machen. Wer aber überhaupt keinen Plan hat, wird nie in Verantwortung kommen. Das ist auch gut so.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Was bedeutet maximale Transparenz? Die Landesregierung hat in vielen Ausschüssen – das berichten mir die Kolleginnen und Kollegen –, z. B. im Innenausschuss, Rechtsausschuss, Haushalts- und Finanzausschuss und im Wirtschaftsausschuss, immer und immer wieder über den Nürburgring berichtet. Das war gut und richtig. Die Dokumente sind immer zugeleitet worden. Auch vertrauliche Dokumente sind zur Einsicht vorgelegt worden. Es ist aber selbstredend, dass man nicht gegen EU-Recht verstoßen kann, damit Sie das an die Presse weitergeben können. Die Transparenz ist immer hergestellt worden.

Wir haben jetzt dafür gesorgt, dass die Transparenz noch maximiert wird, indem auf Anregung der Koalitionsfraktionen der Parlamentarische Beirat installiert wird. Dieser muss – wir haben überhaupt keine Berührungsängste – zeitnah direkt nach dem Ende der Sommerferien tagen. Sie möchten den einen oder anderen externen Experten dazu bitten, weil Sie in ihrer Fraktion niemand finden. Wenn dies zur Wahrheitsfindung dient, soll es

daran nicht scheitern. Dieses Angebot machen wir Ihnen gerne.

Wir müssen gemeinsam den neuen Weg beschreiten. Dann wird er auch auf Dauer funktionieren. Ich bitte Sie und auch Ihre Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament inständig, dem Beispiel der Bundesregierung zu folgen und das Land Rheinland-Pfalz dabei zu unterstützen, dass es eine sinnvolle Lösung für den Nürburgring gibt, die mit dem EU-Recht vereinbar ist. Das Kerngeschäft, das funktioniert und die Arbeitsplätze sichert, muss ein Stück weit anders bewertet werden als die eine oder andere Kirmes, der Freizeitpark oder die Achterbahn, die nicht funktioniert. Man muss differenziert darauf schauen.

Sie haben auch Ihre Kontakte. Nutzen Sie sie! Hier oben haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch ein Recht auf eine konstruktive Opposition. Das, was wir als GRÜNE, die sehr kritisch mit dem Projekt sind, tun, kann ich auch von Ihnen entsprechend erwarten. Arbeiten Sie im Parlamentarischen Beirat mit! Nehmen Sie die Transparenz an! Wenn Sie etwas nicht verstanden haben, fragen Sie noch einmal nach, oder lassen Sie es sich schriftlich geben.

(Ramsauer, SPD: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Schreiner, CDU)

Verwechseln Sie nicht missverstehen oder nicht verstehen mit Intransparenz oder Mauschelei. Das lasse ich mir für die Zeit, in der wir in der Verantwortung sind, auf gar keinen Fall vorwerfen. Bitte beenden Sie dies. Wir stehen für eine maximale Transparenz.

Meine Damen und Herren, wir haben nichts zu verbergen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sie wissen, dass Sie uns keine Vorwürfe machen können. Wir waren in der vergangenen Legislaturperiode leider in der außerparlamentarischen Opposition. Wir haben uns aber auch außerhalb des Parlaments mit Eveline Lemke an der Spitze wahnsinnig in diese Thematik hineingearbeitet. Ich danke dem Kollegen Hendrik Hering für die anerkennenden Worte für diese Arbeit in keiner leichten Zeit, wie Sie uns glauben können.

Nun stellen Sie wilde Forderungen. Sie haben es offensichtlich im Untersuchungsausschuss in der vergangenen Legislaturperiode nicht geschafft, das entsprechend nachzuweisen, was Sie heute wieder und wieder behauptet haben. Wir können uns doch politisch gerne über den Nürburgring streiten. Da sind wir GRÜNE immer vorne mit dabei. Das ist gar kein Problem. Aber hören Sie doch auf. Wenn Sie mit politischen Argumenten nicht weiterkommen, drohen Sie mit dem Strafrecht; Untreue oder welche Sau noch geritten wird.

(Pörksen, SPD: Frechheit!)

Ich finde, es ist außerhalb der parlamentarischen Spielregeln, wenn man versucht, Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten mit strafrechtlichen Konsequenzen zu

drohen und zu sagen, wenn Sie so oder so abstimmen würden, dann würden Sie sich der Untreue schuldig machen. Das ist nicht nur ungeheuerlich, sondern ein maßloser Vorgang, der außerhalb jeder parlamentarischen Spielregel steht.

Wir haben vorhin erfahren, dass Sie doch die Verfassung gelesen haben. Diese Auseinandersetzung ist es nicht wert, die Verfassung und die Rechte des Parlaments, die die Demokratie unserer Vorfahren gegen Autokraten, Diktatoren und Monarchen erstritten hat, derartig zu unterhöhlen und infrage zu stellen. Sie sollten sich etwas schämen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sie können alle Vorwürfe machen und über alles mit uns politisch diskutieren. Kritisieren Sie Rot-Grün, die SPDRegierung, die GRÜNEN oder wen Sie wollen. Das gehört zum politischen Schlagabtausch dazu. Wenn Sie aber Behauptungen aufstellen, die Sie nicht belegen können, wie Untreue, Wahlbetrug, Rechtsbruch und Insolvenzverschleppung, dann hören Sie doch endlich auf, diese Dinge einfach nur in den Raum zu stellen.

Sie haben behauptet, der Haushalt wäre verfassungswidrig, und haben nicht den Mut gehabt, vor das Verfassungsgericht zu ziehen. Da haben Sie schon gezeigt, dass Sie es nicht können, nicht drauf haben und wahrscheinlich gar nicht an das glauben, was Sie sagen. Wenn alle Ihre wildesten Vorwürfe auch nur den Ansatz von Belegbarkeit in Ihren Augen haben, müssten Sie doch jetzt die Konsequenzen ziehen und sagen, wir beantragen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Ich habe damit überhaupt kein Problem. Wir haben nichts zu verbergen.

Da Sie das vielleicht ahnen, haben Sie Angst davor, dass der Untersuchungsausschuss wieder ein Rohrkrepierer wie in der letzten Wahlperiode werden kann, in dem Sie es nicht hinbekommen haben. Wer ständig bellt, muss auch irgendwann einmal beißen. Wer nicht den Mumm hat, seine Thesen entsprechend der empirischen Überprüfung zu stellen, hat auch nicht den Mumm, dieses Land zu regieren. Ich bin über die Umfragen froh. Ich glaube diesen auch nicht alles. Die Menschen in diesem Land gehen Ihnen nicht auf den Leim, und sie wissen, dass man in der Regierung auch Fehler machen kann.

Meine Damen und Herren, man braucht aber vor allem das Format, um das Land in die Zukunft zu führen. Dieses Format hat die Koalition. Die Opposition lässt es selbst in dieser Frage schmerzlich vermissen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir haben den Auftrag unserer Wählerinnen und Wähler angenommen. Wir stellen uns der Verantwortung und auch den schwierigen Problemen, die wir am Nürburgring zweifelsohne haben, die wir aber vielleicht nicht ursächlich mit zu verantworten haben. Wir haben aber die Verantwortung übernommen, diese zu korrigieren.

Vielleicht ist Ihr Verdruss auch damit begründet, dass da eine unbeschwingte Truppe aus der APO kommt und jetzt in der Regierung gute Arbeit macht und Sie das nicht dürfen. Ich verstehe das menschlich sogar. Wenn Sie sich die Umfragen einmal genau anschauen, die wir erleben, müssten Sie sich doch eigentlich tierisch ärgern.

Es ist unfair, dass Sie von den Fehlern und Problemen, die die Landesregierung eingestanden hat, nicht profitieren können. Das liegt daran, dass die Menschen es honorieren, wenn man Probleme offen anspricht und die Verantwortung übernimmt. Sie honorieren nicht, wenn man nur Feuerwerke abzieht, die zuerst schön glimmen, aber dann ist es wieder dunkle Nacht. Am Ende ist keinem geholfen.

(Schreiner, CDU: Das sagt der Richtige!)

Wir haben unsere Rolle als GRÜNE gefunden. Das eine oder andere ist in der außerparlamentarischen Opposition oder in der Regierungsverantwortung anders. Es ist trotzdem dieselbe Richtung. Es sind dieselben Inhalte und Werte. Man muss vielleicht das eine oder andere an der Basis länger erklären. Das ist gar keine Frage. Ich kann das aus voller Überzeugung tun. Ich muss meiner Basis nicht sagen, wir machen nur aus Koalitionstreue mit.

In der vergangenen Legislaturperiode sind Fehler gemacht worden. Wir sind aber der Überzeugung, dass es zu unserer Verantwortung dazugehört, diesen Weg aktiv mit zu begleiten und gemeinsam zu gehen. Wir haben ein hohes Maß an Vertrauen beim Koalitionspartner, für das ich mich bedanken möchte. Ich spüre auch ein hohes Vertrauen in der Fraktion, die wir immer sehr eng über alle Vorgänge, die uns zugänglich sind, entsprechend unterrichtet haben. Wir haben den Rückhalt unserer Parteibasis. Unser Antrag auf dem letzten Landesparteitag ist ohne Gegenstimme einstimmig angenommen worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie bekommen zum Nürburgring eine gemeinsame Position nie hin, weil auf der einen Seite die Leute die Meinung vertreten, null Steuergeld, das ist alles Vergnügungspark, und die Leute vor Ort sagen, wir brauchen das Land im Hintergrund, weil wir die Struktur und die Arbeitsplätze sichern wollen. Das haben wir schon des Öfteren gehört. Darüber gibt es auch legendäre Zeitungsartikel aus dem „Trierischen Volksfreund“. Wenn man einmal recherchiert, hat man auch manchmal seinen Spaß, weil sich Ihre Leute vor Ort gegenseitig zerlegt haben.

Sie werden eine gemeinsame Position nicht hinbekommen. Sie haben dazu nicht den Mut und bekommen keine gemeinsame Linie hin. Deswegen fehlt Ihnen offenkundig auch ein Stück weit die Reife, um dieses Land zu regieren, weil es sich genau daran bemisst.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, zur Ehrlichkeit gehört auch, dass wir jetzt mit der Ablösung des ISB-Darlehens auch Mittel aus dem Haushalt aktiviert haben. Es ging heute

Vormittag um gut 330 Millionen Euro. Ich will mich nicht nur auf die 254 Millionen Euro beschränken.

Ich glaube, zu einer ehrlichen Analyse gehört auch, dass Zweifel berechtigt sind – man sollte das lieber ehrlich sagen –, dass dieses Geld voll umfänglich auch wieder zurückfließt. Gleichwohl kann heute niemand, ob er optimistisch oder pessimistisch ist, seriös sagen, wie viele Steuermittel am Ende wieder zurückfließen bzw. was unter dem Strich möglicherweise an der Steuerzahlerin oder am Steuerzahler hängen bleibt. Es ist schlichtweg unseriös, das heute zu tun.

Das kann man erst dann tun, wenn nicht nur erkennbar, sondern bereits in Umsetzung der Insolvenzgeschäftsführer mit dem Insolvenzverwalter und mit der Europäischen Kommission die Restrukturierungskonzeption angeht, seine Konzepte vorlegt und zeigt, welche Pacht-, Verkaufs- und Vermarktungserlöse gegebenenfalls möglich sind. Dann wird man einen Schnitt machen können. Wir werden mit Sicherheit auch noch die Gelegenheit haben, darüber zu sprechen.

Wir haben heute die Vorsorge dafür getroffen, dass die entsprechenden Mittel zur Verfügung stehen und das Fass tatsächlich einen Boden hat. Es ist nämlich nicht davon auszugehen, dass es über diese Mittel hinausgeht.

Gehen wir lieber einmal von dem „worst case“ aus. Das sind maximal 330 Millionen Euro. Ich glaube, es wird am Ende für den Steuerzahler besser ausgehen. Ich gebe aber keine Versprechungen, die ich hinterher nicht einhalten kann.

Es ist noch ein dritter Punkt hinzugekommen. Sie haben erneut und wiederholt behauptet, dass dieses Geld den Kitas, der Bildung und den Kommunen fehlen würde. Das ist ganz nett, wenn man im Wahlkampf ist. Sie wissen aber auch, dass das, was wir heute Vormittag beschlossen haben, damit schlicht und ergreifend nichts zu tun hat.

(Zuruf des Abg. Licht, CDU)

Es wird in der Bildung, bei den Kindertagesstätten und bei den Kommunen keinen Cent gekürzt. Hören Sie doch auf, so etwas zu behaupten. Das glaubt Ihnen doch keiner mehr. Wir haben das seriös gegenfinanziert, die Vorsorge getroffen, die Rücklage eingebaut und Mittel, die sowieso in den Nürburgring geflossen wären, genommen. Das finde ich besonders gut. Wir haben aufgrund der günstigen Zinssituation beim Schuldenmanagement knapp 60 Millionen Euro an dieser Stelle eingesetzt.

Es ist kein Geld, das den Kindertagesstätten, den Schulen oder den Kommunen fehlt. Es ist unredlich, wenn Sie das weiterhin behaupten. Das müssen Sie zurücknehmen. Hören Sie doch auf, dieses Land immer weiter schlechtzureden und eine Sau nach der anderen durch das Dorf zu treiben. Rheinland-Pfalz steht viel besser da. Die Regierung hat einen Teil dazu beigetragen.

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie werden so schnell keine Wahl gewinnen, weil Sie das Land schlechtreden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich will in dem Zusammenhang nur ganz kurz etwas zum Thema „ISB“ sagen. Wer öffentlich eine Förderbank derartig mit halbseidenen Behauptungen in Misskredit bringt und ihr damit, wie wir heute Morgen gehört haben, jetzt schon nicht nur einen Rufschaden, sondern auch einen materiellen Schaden zugefügt hat, handelt grob fahrlässig, wenn er weiß, dass diese Förderbank für die Mittelstandsfinanzierung, zum Teil für die Kommunalfinanzierung und für Investitionen vor Ort da ist.