Wir haben eine Probeabstimmung vollzogen. Es haben sich alle Abgeordneten aus freien Stücken – ich meine, auch vor ihrem reinen Gewissen – gegen Ihren Antrag ausgesprochen. Dazu war keinerlei Druck und Zwang notwendig, weil die Argumente nicht da sind und weil sie in der zurückliegenden Sitzung groß angekündigt haben, das sei das erste Mal in der Geschichte des Landes. Sagen Sie doch, dass Sie sich geirrt haben und das nicht stimmt. Vielleicht hat Herr Hebgen – das weiß ich nicht – auch noch Ihre Archive und nicht nur die Fraktionskasse mitgenommen hat, als er gegangen ist.
Sie haben sich geirrt! Nicht nur der Ministerpräsident, sondern auch die Oppositionsführerin darf mal Fehler machen. Das ist schon okay. Wiederholen Sie aber nicht die Fehler bei der historischen Darstellung.
Sie haben heute behauptet, das damalige Misstrauensvotum kurz nach dem Krieg gegen Herrn Altmeier sei durch die SPD aufgrund der Schulstrukturdebatte erfolgt. Das ist historisch nicht korrekt. Das ist nicht wahr. Damals war es nämlich so, dass dieses Misstrauensvotum ganz im Sinne unserer Verfassung angewendet worden ist. Ja, es gab eine Diskussion über die Schulstruktur. Ja, es gab damals eine Regierung aus CDU und FDP. Es gab eine Vorlage der Regierung vom CDU-geführten Bildungsministerium, die der Koalitionspartner FDP in diesem Hause abgelehnt hat. Das heißt, die Koalitionsmehrheit hat nicht gestanden.
Das Misstrauensvotum kommt dann zur Anwendung, wenn unsicher ist, ob die Regierung noch die Mehrheit im Parlament hat. Davon gehen Sie aber noch nicht einmal aus. Sie versuchen noch nicht einmal, die Mehrheit zu überzeugen. Sie kündigen vorher schon an, dass es keine Mehrheit geben wird. Deswegen ist Ihr Antrag
Es geht um den Nutzen derer, die der Politik den Staat anvertrauen. Das ist sehr, sehr wichtig (Cicero kommt am Ende zu dem Ergebnis, dass die gute Monarchie die beste Staatsform ist) – man hätte bis zum Ende lesen sollen –,
(Heiterkeit und anhaltend starker Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD – Dr. Weiland, CDU: Der war gut!)
aber auch den Abgeordneten der CDU ist eine entsprechende Verantwortung aufgetragen worden. Auch die CDU sollte ihre Verantwortung nicht zum eigenen Nutzen, für die persönliche politische Karriere, sondern zum Wohl der Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer wahrnehmen. Dazu lade ich Sie ganz herzlich ein, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Nehmen wir einmal an, es gäbe in diesem Land nur ein Thema, und Sie beantragen deswegen dieses Misstrauensvotum. Nehmen wir einmal an, es gäbe nur das Thema „Nürburgring“, und wir würden das nur danach bemessen. Dann frage ich mich als Vorsitzender der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN oder als Abgeordneter: Was wäre die Alternative? – Da haben Sie zum Nürburgring das 10-Pünktchen-Papier vorgelegt.
Punkt 2: Unverzüglich muss mit den Veranstaltern am Ring verhandelt werden. – „Rock am Ring“ ist gesichert. Mit dem ADAC wird verhandelt. Sogar mit Bernie Ecclestone – das darf ich als GRÜNER gar nicht sagen – wird verhandelt. Das geschieht also.
Punkt 3: Der Dauerstreit mit den Pächtern muss schnellstens beendet werden. – Die Landesregierung hat eine entsprechende Kündigungsklage eingereicht. Die wird von den Insolvenzgeschäftsführern jetzt weiterbetrieben. Auch das geschieht.
Punkt 4: Die Geschäftstätigkeit des Unternehmens im Gewerbegebiet Nürburgring muss langfristig gesichert sein. – Die Planungs- und Aufsichtshoheit über die Unternehmen im Gewerbegebiet Nürburgring obliegt den Kommunen vor Ort. Wir gehen davon aus, dass die Kommunen dem nachkommen.
Punkt 5: Handwerksbetriebe, die auf ihr Geld warten, dürfen nicht in eine existenzielle Schieflage geraten. – Als der Ministerpräsident das in der zurückliegenden Sitzung sagte, kamen aus Ihren Reihen Gelächter und hämische Zwischenrufe.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frau Elsner, SPD: Na so was! – Zuruf des Abg. Licht, CDU)
Punkt 6: Der Ring braucht ein Geschäftsmodell, das sich auf den traditionellen Kern Motorsport konzentriert. – Ich könnte jetzt viele Belege anführen, aber das steht im Parteitagsbeschluss von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 12. Mai 2012.
(Baldauf, CDU: Warum hat ihr es dann nicht umgesetzt? Das gilt auch für Punkt 7: Die profitablen Teile der Ring- aktivitäten müssen ohne Belastungen der Vergangenheit arbeiten können. Punkt 8: Im Mittelpunkt des neuen Geschäftsmodells müssen kleine und mittelständische Firmen und die Region stehen. Punkt 9 ist auch erklärtermaßen Bestandteil des Partei- tagsbeschlusses des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: (Bracht, CDU: Aber nichts davon umgesetzt!)
Wir lehnen einen Investor ab, der Exklusivrechte für sich und seine Unternehmen beansprucht. Die Rennstrecke muss für Freizeitfahrer und das Renn-Taxi offen bleiben.
Punkt 10: Der Neuanfang am Nürburgring muss im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürger entwickelt werden. – Sehr gut, dass Sie die Aktivitäten der Landesregierung durch das Dialogforum der Gewerkschaften, durch den Runden Tisch, durch die Koalitionsfraktionen und durch den parlamentarischen Beirat unterstützen. Wir hatten das bei zu Guttenberg. Copy and paste ist manchmal gut. Lassen Sie uns gemeinsam am Nürburgring weiterarbeiten.
Der Misstrauensantrag ist nicht nur unbegründet, sondern er ist auch komplett überflüssig. Wir tun Ihnen jetzt nicht den Gefallen und schaffen nicht einen zweiten Ministerpräsidentenposten – als GRÜNE könnten wir einmal darüber nachdenken –, damit Sie nachrücken können, aber lassen Sie uns doch ab jetzt da zusammenarbeiten; denn die Punkte unterscheiden sich nicht wesentlich voneinander. Ich meine, das ist das, was die Region jetzt erwartet. Das ist auch das, was die Men
schen jetzt erwarten. Auch das ist am Ende das, was die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler erwarten, weil die Wahrscheinlichkeit, dass dann, wenn das Land mit einer Stimme spricht, möglichst viel von den Investitionen des Landes – bei dem es sich nun einmal um Steuergeld handelt – wieder zurückfließt, wesentlich höher ist, wenn Sie sich konstruktiv daran beteiligen. Für eine konstruktive kritische Debatte zum Nürburgring steht meine Fraktion, steht die Koalition jederzeit zur Verfügung, aber sie steht nicht für Showeffekte zur Verfügung, wie wir sie heute wieder erleben mussten.
(Bracht, CDU: Weiter so! – Licht, CDU: Jeder kann machen, was er will, ohne jede Verantwortung! – Frau Kohnle-Gros, CDU: Es gibt immer eine Alternative! – Unruhe bei der CDU)
Es wird dieser Ministerpräsident sein, der gemeinsam mit der rot-grünen Koalition diese Legislaturperiode bestreiten wird. Wir werden gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten, gemeinsam mit Kurt Beck, auch die Probleme am Nürburgring lösen.
Ich lade Sie herzlich ein: Arbeiten Sie konstruktiv mit. Das ist eine ernst gemeinte Einladung. Überlegen Sie sich, ob es diese Show noch wert ist. Sie haben keine personelle Alternative aufgezeigt. Inhaltlich haben Sie zum Thema „Nürburgring“ auch keine Alternative aufgezeigt.
Ich würde Ihnen raten, beenden Sie die Show, solange es noch geht. Ziehen Sie Ihren Antrag zurück, dann können wir uns am Donnerstag ganz der Sacharbeit für dieses Land widmen, meine Damen und Herren.
Wir sind angetreten für eine neue und andere politische Kultur, für eine Diskussionskultur. Deswegen werden wir hier auch immer Kritik äußern. Wir diskutieren auch in der Koalition miteinander. Wir diskutieren aber nicht alles in der Öffentlichkeit und auf den Marktplätzen.
Das zeichnet auch Vertrauen miteinander aus. Vertrauen besteht nicht darin, dass man sich sozusagen blind aufeinander folgt, sondern Vertrauen besteht darin, dass man gerade dann, wenn es schwierig wird, ein offenes Wort miteinander wechseln kann.
Genau in diesen Situationen – in einer solchen Situation sind wir beim Nürburgring –, in denen die Ausgangspositionen relativ weit auseinanderliegen, eine gemeinsame Lösung auf Augenhöhe zu finden, das hat diese Koalition miteinander geschafft. Deswegen hat diese Koalition und haben auch die Abgeordneten meiner Fraktion das Vertrauen in den Fortbestand dieser Koalition und auch in Kurt Beck als Ministerpräsidenten und demjenigen, der diese Koalition entsprechend anführt, weil wir kritisch miteinander umgehen, keine Blankoschecks untereinander verteilen, sondern die Dinge miteinander diskutieren immer im Sinne der gemeinsamen Sache: Das ist der sozial-ökologische Wandel in Rheinland-Pfalz, meine Damen und Herren. Den lassen wir uns nicht an einem Punkt schlechtreden, sondern wir wollen diese Zusammenarbeit auch in den kommenden Jahren weiterhin erfolgreich fortsetzen.
Das ist unser Auftrag, den uns die Wählerinnen und Wähler gegeben haben: 100 % für erneuerbare Energien, kleinere Klassen, die beste Bildung für alle Kinder in diesem Land, die Gestaltung des demografischen
Wandels, Öffnung und Transparenz, mehr Bürgerbeteiligung, Wahlalter senken, mehr direkte Demokratie möglich machen, den Landtag im Livestream übertragen und die Debatten offen und transparent, aber immer sachlich führen, damit in diesem Land unsere Kinder eine gute Zukunft haben. Dafür sind wir angetreten. Deswegen werden übermorgen 18 Abgeordnete der GRÜNEN Ihren Antrag ablehnen.