Protokoll der Sitzung vom 30.08.2012

(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Vieles von dem Antrag könnte – Herr Kollege Mittrücker, das ist vielleicht sogar der Fall – aus älteren Wahlprogrammen von der SPD und den GRÜNEN oder sogar aus dem Koalitionsvertrag abgekupfert sein. Sie haben den Vorschlag gemacht. Es gibt inhaltlich einiges, über das man diskutieren kann. Weil dem so ist, kommen wir Ihrem Wunsch nach und schlagen vor, den Antrag an den Wirtschaftsausschuss bzw. den nachgelagerten Energieausschuss zu überweisen. Darin werden die SPD-Fraktion und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abklopfen, wie ernst es Ihnen mit den formulierten Zielen ist.

Vieles, was Sie fordern – manches teilen wir auch –, liegt aber in der Verantwortung des Bundes. Sie haben das EEG und die Stromsteuer, aber auch die Grundlast angesprochen. In erster Linie geht es darum, wie der Bund die Rahmenbedingungen schafft, damit es Sinn macht, dass wir auch für die Übergangszeit Gaskraftwerke einsetzen, die je nach Last hoch- und heruntergefahren werden können. Hier müssen die Rahmenbedingungen stimmen, damit die Unternehmen auch wieder in diese Technologie investieren.

Der dritte Punkt ist mir besonders wichtig. Das lag Ihnen auch am Herzen. Sie sprachen die sichere und bezahlbare Stromversorgung sowohl für die Industrie als auch die Verbraucherinnen und Verbraucher an.

Ich nehme eine Presseerklärung der CDU RheinlandPfalz vom 30. Mai 2012 zur Hand. An diesem Tag war Herr Gerd Billen in Ihrer Fraktion und hat Sie offensichtlich beraten. Irgendwie haben Sie es aber nicht ganz richtig verstanden. Die Überschrift heißt: „Julia Klöckner: Energiewende für alle – Verbraucher einbeziehen!“.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen und liebe Verbraucherinnen und Verbraucher auf der Tribüne, seit gestern Abend wissen wir, was mit den Worten, die Verbraucher mit einzubeziehen, gemeint ist. Sie dürfen sich jetzt nämlich an dem Risiko der Anbindung der Windkraftanlagen im Meer beteiligen und müssen dafür noch mehr in die Tasche greifen. Das ist unglaublich. Gestern ging es durch die Presse: „Verbraucher haften für Risiken mit Offshore-Anlagen“.

Wir haben in Rheinland-Pfalz ein anderes Konzept. Das wurde heute Morgen in der Antwort auf die Mündliche Anfrage schon deutlich. Wir setzen dieses Konzept auch konsequent um.

Anderes, was Sie fordern, wird bereits umgesetzt und wurde von Ihnen bislang zumindest infrage gestellt,

wenn nicht sogar bekämpft. Ich nenne den Stellenwert der Windkraft insgesamt oder auch die Nutzung der Windkraft im Wald. Gegen diese Überlegungen und Maßnahmen sind von Ihnen regelrechte Feldzüge durchgeführt worden. Man ist lernfähig. Das erkenne ich bei Ihnen an. Wir reden darüber noch einmal im Energieausschuss.

Manches geht aber auch gegen die Vorstellungen der Bundesregierung. Sie haben wiederum den Masterplan angesprochen. Ich zitiere ungern Ministerinnen und Minister des Bundeskabinetts. Aber in diesem Fall werde ich es wieder tun. Ich zitiere aus dem Zehn-PunkteProgramm von Altmaier. Das ist noch nicht allzu lang her. Es stammt vom 16. August 2012. Sie fordern den Masterplan. Was sagt er dazu?

Herr Präsident, ich darf zitieren: „Da die Energiewende über mehrere Jahrzehnte stattfindet, kann es dafür weder einen klassischen Masterplan noch ein Drehbuch geben. Denn niemand kennt heute die technologischen und sonstigen Entwicklungen der nächsten 40 Jahre, die dafür maßgeblich sind. Deshalb brauchen wir stattdessen klare Grundprinzipien und Konsens über die jeweils nächsten Schritte.“

Herr Kollege Mittrücker, wenn Sie in Ihrem Postfach nachgeschaut haben, sehen Sie eine Roadmap.

(Dr. Mittrücker, CDU: Es lohnt sich nicht hinein- zuschauen! – Zuruf der Abg. Frau Mohr, SPD)

Es lohnt sich, einmal hineinzuschauen. Vieles, was Sie im Antrag bringen, steht bereits drin.

(Zurufe der Abg. Baldauf und Dr. Mittrücker, CDU)

Das Land Rheinland-Pfalz hat seine Hausaufgaben gemacht. Vielleicht üben Sie einmal das Nachsitzen und lesen einmal nach, was geplant ist.

Ich komme zum letzten Punkt, den ich ansprechen möchte. Dann wird mein Kollege Fuhr zum LEP IV noch etwas sagen. Bei Ihnen sind manche Textblöcke überholt, beispielsweise Punkt 5, die Grundlast, wenn es um die Speichertechnologie geht.

Das Land ist bereits gemeinsam mit der Wirtschaft und der Wissenschaft in dem Projekt StoREgio engagiert. Leider hat sich bei diesem Projekt der Bund von der Finanzierung und der Förderung verabschiedet. Das müssen jetzt die Bundesländer Hessen, BadenWürttemberg und Rheinland-Pfalz mit einem großen Anteil der Wirtschaft maßgeblich allein stemmen. Leider hat der Bund diese Chancen, die in diesem Projekt stecken, nicht erkannt und sich verabschiedet.

(Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

Weiterhin sind derzeit drei Pumpspeicherkraftwerke in Rheinland-Pfalz in Planung. Sie sehen, dass RheinlandPfalz seine Hausaufgaben gemacht hat. Wir laden Sie noch einmal herzlich zur Mitgestaltung ein. Lassen Sie uns über alles Weitere im Energieausschuss reden.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Kollegen Dr. Braun das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Mittrücker, Sie fordern völlig zu Recht ein Gesamtkonzept ein. Ein Gesamtkonzept muss es geben, wenn man etwas verändern will. Dieses Gesamtkonzept gibt es auch.

Sie schauen aber immer an dem Gesamtkonzept vorbei. Wir haben doch in Rheinland-Pfalz Bausteine der Energiewende, die wir auf den Weg bringen. Wir haben die Änderung des LEP IV, ein Windgutachten und einen Windkrafterlass, die anstehen. Das wissen Sie alles. Darüber sind Sie informiert worden. Auch im Unterausschuss haben wir gerade die Anhörung über Netze in Rheinland-Pfalz beschlossen.

Wir haben dazu entsprechende Veranstaltungen – nicht von der Landesregierung, aber von den GRÜNEN aus – durchgeführt. Das sind alles öffentliche Dinge. Das machen wir nicht geheim. Wir wollen, dass das alle wissen. Wir wollen auch, dass es die CDU weiß. Wenn die CDU aber die Augen vor den Tatsachen und den Schritten, die wir gehen, zumacht, können wir ihr auch nicht viel weiterhelfen.

Herr Mittrücker, wenn Sie es möchten, können Sie zumindest sehen, dass das Land auf einem guten Weg zur Energiewende ist.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir haben im Unterausschuss über die Energieagentur gesprochen und die Anhörung dort sehr detailliert gemacht, wie die Energieagentur in Zukunft beraten soll, dass die Kommunen verstärkt beraten werden sollen. Die Verbraucher sind bei der Verbraucherberatung schon gut aufgehoben. Also auch dieser Baustein steht doch. Der Baustein wird doch ausgeweitet.

Sie haben sehr detailliert nachgefragt, wie er ausgeweitet wird, auch mit den regionalen Konzepten. Das sind Dinge, die man anerkennen muss, dass wir jetzt – man kann nicht alles aus dem Hut zaubern – alle Schritte in Richtung Energiewende nach und nach umsetzen werden.

Herr Mittrücker, meine Damen und Herren von der CDU, das unterscheidet uns absolut von dem, was die Bundesregierung macht, weil die keine Schritte umsetzt. Sie bremst immer. Immer wenn sie einmal in die Gänge gekommen ist, bremst sie wieder. Herr Altmaier sagt jetzt: Wir müssen alles wieder entschleunigen, die Ener

giewende entschleunigen, das geht uns alles zu schnell. Das machen wir nicht. – Wir wollen die Energiewende in die Hand nehmen und umsetzen. Das machen wir.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich muss nicht alle Punkte erläutern. Wir haben uns im Vorfeld schon darüber unterhalten, dass wir den Antrag gerne auch im Ausschuss besprechen. Es ist ein Antrag, der durchaus die Möglichkeiten hat, mit positiven Ansätzen in eine ernsthafte Diskussion zu kommen.

(Schmitt, CDU: Wie großzügig!)

Sie haben – Herr Guth hat es auch gesagt – durchaus erkannt, dass es nicht so, wie Sie früher gesagt haben, über hauptsächlich Geothermie, sondern über Windkraft und Solarenergie zu einer Energiewende kommt. Da sind wir in einer völlig gleichen Einschätzung. Da müssen wir schauen, wohin wir kommen.

Aber was wir nicht mitmachen werden, ist, dass wir nur – das ist vor allem Ihr Vorsatz in dem Antrag – den Atomstrom ersetzen wollen, der im Moment durch die Wende wegfällt.

Wir wollen – das haben wir deutlich gesagt – 100 % erneuerbare Energie. Auch die Bundesregierung hat zumindest von 80 % beim Strom gesprochen, und nicht nur davon, den Atomstrom zu ersetzen. Wenn wir das anerkennen würden, wäre das ein Rückschritt hinter das, was die Bundesregierung will. Ich glaube, da haben Sie Verständnis, dass wir das nicht mitmachen. Wir wollen schon ein Stück weiterkommen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Einen Aspekt möchte ich auf jeden Fall noch ansprechen, damit er nicht in die falsche Diskussion kommt. Das ist dieser Aspekt Sozialpolitik. Es gibt einen guten Kommentar – ich glaube, heute in der „Rheinpfalz“ –, dass jetzt viele die Sozialpolitik am Strompreis entdeckt haben, die sich bisher überhaupt nicht darum gekümmert haben.

(Frau Mohr, SPD: Vor allen Dingen die Konzerne!)

Ich muss sagen, das ist ein wirklich guter Kommentar, weil, wenn Sie es wirklich herunterrechnen, dann ist der Strompreis für Armut nicht entscheidend. Es ist schlimm, dass es die Armut gibt. Es ist schlimm, dass die Hartz-IV-Sätze so niedrig sind. Aber der Strompreis und die Stromvergütung machen die Leute nicht arm, sondern das ist zusätzlich ein Faktor, aber ein sehr geringer Faktor. (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass Sie aber plötzlich Sozialpolitik über den Strompreis machen wollen, um die Energiewende zu kippen, ist eine Sache, die nicht akzeptabel ist.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Ich möchte noch einmal deutlich machen, es gibt ein Gutachten – das haben die GRÜNEN in Auftrag geben lassen; das ist letzte Woche oder Anfang der Woche veröffentlicht worden –, dass Strompreissenkungen an der Börse – – – Die gibt es. Die Betriebe, die nicht EEGUmlage zahlen müssen, sparen im Moment. Die Strompreise sind an der Börse günstiger als 2008 und als letztes Jahr, weil es EEG-Strom gibt, der den Börsenpreis senkt, weil es um die Mittagszeit viel Strom gibt. Das waren bisher die Spitzen. Der Strom ist billiger für alle großen Alu-, Stahl- und Chemieunternehmen. Da kann man sich nun wirklich nicht beschweren. Das müssen aber diejenigen zahlen, die Kleinverbraucher sind. Man muss darüber diskutieren, wie solche Umlagen in Zukunft gestaltet werden.

Aber – das kommt hinzu – unsere Studie hat nachgewiesen, dass die Preisweitergabe von den Preissenkungen durch die Großen, RWE, E.ON usw., nicht passiert. Das, was an der Strombörse günstiger geworden ist, ist an die Endverbraucher nicht weitergegeben worden. Das sind 3 Milliarden Euro in diesem Jahr, 3 Milliarden Euro, die zusätzlich in die Gewinne der Großkonzerne fließen, weil sie die Senkung der Strompreise nicht weitergeben. Dann reden Sie nicht über Sozialpolitik, sondern über Regulierung, wie die Großen gezwungen werden können, diese 3 Milliarden Euro weiterzugeben. Das wäre ein richtiger Ansatz.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Wenn Sie berücksichtigen, dass das EEG, das viel Geld kostet, aber viele Arbeitsplätze schafft, nicht so viel ausmacht, wie allein der Gewinn von RWE und E. ON zusammen, dann haben wir eine Diskussion, die sozial geführt werden muss, weil die Gewinne höher sind als die EEG-Umlage und nur einigen wenigen zugutekommen.

Ich bin nicht gegen Gewinne im Stromgeschäft. Dass sie aber im Moment exorbitant hoch sind, muss mit diskutiert werden. Dann kommen wir auch zu günstigeren Strompreisen.

Vielen Dank.