Protokoll der Sitzung vom 30.08.2012

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Baldauf, es ist ein wichtiges Thema auch zu der jetzigen Uhrzeit; denn es geht um etwas ganz Wichtiges, das Geld von Bürgerinnen und Bürgern, wenn sie etwas anlegen wollen. Das Wichtigste dabei ist – darum geht es, wenn ich eine Regelung finde – Anlegerschutz, Verbraucherschutz, dass die Menschen vertrauen können, wenn sie zu einem Finanzanlagenvermittler gehen, das ist in Ordnung, das ist geprüft, die Produkte sind in Ordnung, und sie können guten Vertrauens ihr Geld dort anlegen. Darum geht es. Darum ist es wichtig, dass man sorgfältig differenziert, dass man Regelungen findet, bei denen genau hingeschaut wird.

(Dr. Weiland, CDU: Das geht bei den Industrie- und Handelskammern nicht? Misstrauen gegen die Industrie- und Handelskammern!)

Von daher macht es Sinn, dass man auf der einen Seite sagt, wenn es um die Sachkunde geht, wenn derjenige, der diese Tätigkeit ausübt, fachlich Fundiertes macht, dann bietet es sich an – das ist dann eine gute Lö- sung –, dass das im Sachkundenachweis bei den Industrie- und Handelsammern angesiedelt wird.

Lieber Herr Kollege, das machen übrigens die meisten Bundesländer. Sechs Stück an der Zahl praktizieren die ähnliche Regelung wie Rheinland-Pfalz. Es sind auch Länder dabei, die leider – so sage ich das ausdrücklich – nicht nur unter sozialdemokratischer oder grüner Führung stehen. Auch diese haben das so eingeführt, weil es Sinn macht, auf der einen Seite den verwaltungsrechtlichen Teil zu haben – das ist die Erlaubnis, das ist ein hoheitlicher Akt –, was auch dazu führen kann, was man nicht hoffen will, dass es zu Ahndungen und zu Rücknahme führen kann. Ich trenne das aber, wie auch im Bankbereich, wo man von einem Vier-Augen-Prinzip

spricht und wo ich dann eine zweifache Kontrolle habe. Was kann er? Was kann er fachlich? Und er hat die Verwaltungsschiene. Das ist auch nichts Neues und passt auch.

Sie sprechen von der Thematik „Gewerbeaufsichtsamt, fachliche Belastung“. Es ist neu mit der BaFin geregelt worden. Es wäre im Übrigen auch eine Möglichkeit gewesen, wie es bei anderen Sachen gemacht wird, alles zur BaFin zu geben; denn man hat das Ziel, mit dieser neuen Kapitalmarktregelung vergleichbare Regelungen, wie sie für Banken und Sparkassen gelten, auch für den sogenannten „grauen Markt“ einzuführen. Ich hätte auch alles zur BaFin geben können. Aber die BaFin ist für eines zuständig, was ganz wichtig ist. Wenn ich etwas als Geld anlegen will, brauche ich sicher einen Vermittler. Er muss Fachkunde haben, er muss die Erlaubnis haben, er muss seriös sein und auch seine eigene Qualifikation mitbringen.

Aber das zweite Entscheidende ist das Produkt. Dieses Produkt, das er vertreiben und anbieten darf, wird von der BaFin geprüft. Insofern ist es dann nicht Aufgabe einer anderen Behörde zu sagen, ob das Produkt, das der Finanzvermittler anbietet, okay ist. Das prüft die BaFin. Von daher ist auch dieses Thema aus meiner Sicht gut gelöst, dass ich eigentlich drei Institutionen habe, und zwar nicht wegen Bürokratie, nicht um jemand zu ärgern, sondern um eine sinnvolle pragmatische Lösung zu bekommen, Anlegerschutz, Sachkunde bei der Industrie- und Handelskammer, Verwaltungsregelungen beim Gewerbeaufsichtsamt mit Unterstützung der BaFin. Das ist eine sinnvolle Lösung.

Ich glaube, wenn Sie einmal in die Landschaft der Bundesländer hineinschauen, dann haben es viele so praktiziert.

Der Bund hat die Kompetenz gehabt. Er hätte auch sagen können: Ich nehme es in eine Hand. – Er hat es bewusst nicht gemacht. Er hatte sicher gute Gründe, weil er auch sieht, dass viele Bundesländer den Weg wie in Rheinland-Pfalz beschreiten. Wir halten es für einen sinnvollen Weg im Interesse der Anleger und Verbraucher. Von daher bleiben wir bei der jetzigen Regelung.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Kollegen Steinbach für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Durch das Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts wird die Erlaubnis für Finanzanlagenvermittler in einer eigenen Vorschrift zur Gewerbeordnung neu geregelt. In

§ 34 f der Vorschrift sind zum 1. Januar 2013 entsprechende Umsetzungen vorzusehen.

Das Bundesgesetz hat das Ziel, die Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen, weil im Bereich der Geldanlage, im sogenannten grauen Kapitalmarkt, bislang eine staatliche Aufsicht fehlt. Diese wird nun nachgeholt.

Dieser Grundgedanke findet sich im Gesetzestext auf der Bundesebene ziemlich deutlich wieder. Darum ist es vollkommen berechtigt zu fragen, was den Anleger schützt, was den Kunden maximal davor schützt, mit schwarzen Schafen der Branche in Kontakt zu kommen. Darum ist es durchaus angemessen zu sagen, dass diese Aufsicht und dieser Schutz auch von staatlichen Stellen ausgeführt werden. Darum ist die Regelung so, wie sie die Ministerin vorgetragen hat, durchaus zu rechtfertigen und sachgerecht.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Herr Baldauf, vielleicht müssen wir die Sachverhalte noch einmal prüfen, aber meine Sachverhalte sind ähnlich wie die des Kollegen Puchtler, dem ich voll und umfänglich zustimme, dass Ihr Vortrag dahin gehend, dass die Länder das vollkommen anders als RheinlandPfalz geregelt hätten, so nicht stimmt bzw. ich das nicht bestätigen kann.

Nun haben wir selbst – die Referentin, der ich herzlich dafür danke – eine Abfrage gemacht, und es hat sich ergeben, dass beispielsweise Länder, die eindeutig nicht – ich sage noch nicht – rot-grün regiert sind – dazu zähle ich Bayern und Sachsen –, diese Regelung vorgezogen haben, das Erlaubnisverfahren bei den Gewerbeämtern, die Registrierung und die Sachkundeprüfung jedoch bei der IHK anzusiedeln.

Von daher finde ich es falsch, das Argument vorzubringen, es sei eine ideologisch getriebene Entscheidung und sie sei nicht sachgerecht. Andere Länder mit anderen Regierungen und anderen Mehrheiten haben diesen Weg auch gewählt.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Aber das Sachargument muss zunächst einmal bleiben.

Herr Baldauf, ich will Ihnen noch ein Beispiel nennen, damit Sie sehen, dass die Gewerbeuntersagung keineswegs aus der Welt ist. Die Gewerbeuntersagung tritt beispielsweise bei strafrechtlichen Fällen oder bei Insolvenzverfahren ein und wird von staatlichen Stellen ausgesprochen und keineswegs von Kammern übertragen. Selbstverständlich sind die Länder völlig frei darin, es zu organisieren. In Hessen machen es die Regierungspräsidien. Von daher ist es ein durchaus übliches Verfahren, das bei einem hoheitlichen Eingriff in dem Maße auch auf staatliche Stellen zu übertragen. Es ist keineswegs ein bürokratisches Monster, sondern es ist das Grundverständnis, dass bestimmte Eingriffe und bestimmte Rechte an staatliche Stellen gegeben und nicht auf andere übertragen werden.

Trotzdem gibt es Argumente – Herr Baldauf, da will ich Ihnen nicht widersprechen – zu sagen: Macht es doch in

Verfahren, die möglicherweise stark vereinfachend sind. Ich glaube, da liegt im Verfahrensweg noch einiges an Offenheit darüber, wie man fragt, welche Informationen wo weitergegeben und weitergemeldet werden können. Es ist keineswegs abwegig, sich an diesem Punkt sachlich zu verständigen.

Ich glaube nicht, dass es der geeignete Weg ist, sich sachlich zu verständigen, indem man sich gemeinschaftlich gegenseitig in der Presse Vorhaltungen macht. Ich finde es auch etwas unglücklich, dass Kammern einen solchen Weg wählen, anstatt das direkte Gespräch zu suchen. Wie ich die Ministerin kennengelernt habe, ist sie einem offenen Gespräch noch nie aus dem Weg gegangen. Von daher wäre das sicherlich angezeigt gewesen.

Dann gilt, was Herr Kollege Puchtler in seiner Rede gesagt hat: So, wie wir es regeln, ist der Intention des Gesetzes und der Gesetzesänderung, dem Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern, in diesem sehr sensiblen Bereich, der im Bereich der Finanzanlagen auch existenzielle Größen einnehmen kann, Rechnung getragen und ist durchaus sinnvoll. Von daher kann man diese Regelung guten Gewissens mittragen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Lemke.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Baldauf, zunächst einmal zur Genese und zu den Zitaten, die Sie vorgetragen haben, um sie in den richtigen Zusammenhang zu stellen. Ich hätte mir sehr gewünscht, Sie hätten hier richtig recherchiert. Doch das macht Ihre Fraktion inzwischen wohl nicht mehr so gern. Denn dann hätten Sie das in einen korrekten Zusammenhang stellen können, und es würde sich ganz anders darstellen.

Deswegen hole ich das für Sie an dieser Stelle gern nach und ergänze damit Ihr Bild.

Schauen wir einmal zurück. Im Jahr 2008/2009 hatten wir eine erhebliche Krise auf dieser Welt, eine Finanzkrise. Die hatte damit zu tun, dass es eine Anhäufung von Finanzanlagenvermittlern gab, die Fonds zusammengestellt haben, die dann zusammengebrochen sind, und es stellte sich die Frage: Werden diejenigen, die diese Fonds kaufen, die einer Anlageberatung folgen und damit dann auf den Bauch fallen, wirklich so gut beraten, oder muss hier nachgebessert werden, und wenn, wo muss nachgebessert werden?

Damit hat sich auch der Bundestag unmittelbar befasst. Um es korrekt zu machen: Am 12. Dezember 2011 wurde die Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und

Vermögensanlagenrechts vom 6. Dezember 2011 im Bundesgesetzblatt Nr. 63, Seite 2481 verkündet.

In der vorhergehenden Diskussion darüber, wie man das regeln könnte, habe ich mich so geäußert, wie Sie das zitiert haben. Ich habe mich dafür ausgesprochen, dass die BaFin, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, hier die Rolle wahrnehmen sollte, die im Moment getrennt ist und damals nur bei der Gewerbeaufsicht angesiedelt war. Das wäre aus meiner Sicht – und Sie teilen durchaus diese Auffassung – ein gutes Verfahren gewesen: in einer Hand, zentral, möglichst unbelastet, direkt. Aber diese schwarz-gelbe – also Ihre – Bundesregierung hat sich dazu anders entschieden. Sie hat damit ausgelöst, dass die Länder hier noch eine Regelung zu treffen haben.

Um das vollständig zu machen und hier richtig zu zitieren – Herr Baldauf, da haben Sie leider die Länder nicht korrekt genannt –, zähle ich alle Länder auf, die das so machen wie wir. Das sind das Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Bisher nicht entschieden haben sich Schleswig-Holstein – die erwägen, es so zu machen wie wir –, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Bremen, Berlin und Bayern. Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hessen haben sich entschieden. Hier geht das in die Hände der Industrie- und Handelskammern.

Nun möchte ich ergänzend zu dem vortragen, was schon die Kollegen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier gesagt haben. Ich möchte Ihnen noch einmal die Gründe schildern, warum diese Aufteilung aus unserer Sicht nottut, und möchte Ihnen sagen, warum die Hessen vermutlich ein Problem bekommen werden. Denn die Ordnungswidrigkeit ist eine Maßnahme, die, weil es eine hoheitliche Aufgabe ist, nicht durch jeden und insbesondere nicht durch die Industrie- und Handelskammern vorgenommen werden kann. Die Verhängung von Ordnungswidrigkeiten, wie die Hessen das jetzt vorgesehen haben, könnte dann gerichtlich

überprüft werden, und nach unserer Einschätzung hätte sie sicherlich keinen Bestand.

Deswegen muss man die Frage stellen: Warum geben wir diesen Grundsatz nicht auf? Das ist einfach zu begründen: Wir wollen Rechtssicherheit herstellen, und wir wollen, dass hoheitliche Aufgaben auch von hoheitlichen Stellen vorgenommen werden. Dieser Grundsatz steht an oberster Stelle. Die zusätzlichen Argumente, die Sie bereits ausgeführt haben, brauche in an dieser Stelle nicht zu wiederholen. Ich glaube, dass man an dieser Stelle keinen grundsätzlichen Streit braucht, weil das IHK-Gesetz auch hier bereits die notwendigen Regelungsgrundlagen regelt.

Damit ist im Prinzip alles vorgetragen. Auf Wiederholungen verzichte ich an dieser Stelle sehr gern.

Ich bedanke mich.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Eine Frage: Abstimmung? – Wir stimmen über den Antrag der Fraktion CDU – Drucksache 16/1522 – ab. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Wer ist dagegen? – Danke. Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag der CDU – Drucksache 16/1522 – abgelehnt.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die nächste Plenarsitzung ist am Mittwoch, den 26. September 2012, um 14:00 Uhr. Damit ist die heutige Sitzung geschlossen.

E n d e d e r S i t z u n g: 18:58 Uhr.