Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Köbler, das war jetzt alles schon ein bisschen softer als in der ersten Runde, auch etwas
Werter Herr Kollege Hering, allerdings diese alten abgedroschenen Phrasen mit der sozialen Kälte, die Sie wieder gebraucht haben,
dazu will ich Ihnen sagen, bevor Sie die Friseurin in Sachsen erwähnen, wäre es vielleicht einmal ganz gut, wenn Sie uns erklären würden, was Sie eigentlich mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Nürburgring machen, um die Sie sich hätten kümmern können, weil die nämlich jetzt ein Problem in diesem Land haben, und sonst niemand anders.
Frau Dreyer, Sie haben selbst vor zwei Jahren einen Armutsbericht vorgelegt. Ich darf daran erinnern, dass dieser Armutsbericht von den Sozialverbänden zerrissen worden ist. Ich will nicht genau darauf eingehen, warum. Sie wissen es. Ich möchte aber aus Ihrem Armutsbericht eines zitieren. Dann kommen wir nämlich zu dem, was wir im Land machen sollten.
Ich darf zitieren: Zu den Ursachen für Armut – aus Ihrem Bericht – zählen oft nicht (oder nicht nur) Arbeitslosigkeit oder prekäre Beschäftigungsverhältnisse, sondern Überschuldung. Um Armut durch Überschuldung zu vermeiden, ist Prävention wichtig, aber auch das Angebot der Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen. –
Genau hier kann das Land jetzt helfen. Wir müssen dafür Sorge tragen, Sie müssen dafür Sorge tragen, dass diese Schuldnerberatungsstellen in der Fläche erhalten bleiben. Wir hören von Caritas und Diakonie, dass Sie die nicht mehr bezahlen können, also haben wir die Aufforderung an Sie, dass Sie die in Zukunft unterstützen, dass Sie dafür Sorge tragen, dass beispielsweise die Schulsozialarbeit auch von der ersten Klasse an vom Land unterstützt wird, damit wir frühzeitig dafür Sorge tragen, dass prekäre Arbeitsverhältnisse nicht entstehen.
Frau Ministerin Ahnen, es ist schön, wenn man hier sitzt, aber dann kann man auch einmal erklären, warum man bei dieser Überschuldung, die hier zu Buche schlägt, nicht mehr in Bildung und Wissenschaft investiert. Das sind doch die Punkte, die einen Armutsbericht verbessern, wenn man sich daranmacht.
Herr Köbler, gestatten Sie mir eine Bemerkung zu dem Entwurf dieses Berichts. Da gibt es auch ein schönes Zitat aus der „WirtschaftsWoche“. Ich habe nur problematisiert, dass Sie den Bericht nicht einfach so 1:1
übernehmen können – das ist das Problem –, weil es nicht alles beleuchtet. Da steht so schön drin – vielleicht gilt das auch mehr für Herrn Hering –, ich zitiere: Lesen bildet, mehr lesen bildet mehr. Das gilt auch für den Armutsbericht. –
Wenn ich mir dann überlege, dass Sie gerade eben über eine Staatsverschuldung gesprochen haben, die exorbitant angestiegen ist, dann kann ich mich in diesem Hause fragen: Was haben Sie eigentlich dagegen gemacht, dass die Staatsverschuldung in Rheinland-Pfalz nicht weiter wächst, meine sehr geehrten Damen und Herren? – Davon habe ich noch nichts gemerkt.
Im Gegenteil. Der sehr geehrte Herr Ministerpräsident hat kräftigst Geld in Großprojekte vergraben, und das soll jetzt dafür herhalten, dass man in einem Armutsbericht sagen kann, der Staat hätte eine höhere Verschuldung bekommen, und deshalb würde es den Menschen schlechter gehen.
Es ist ein Irrsinn in sich. Wenn Sie eine gescheite Haushaltspolitik betrieben hätten, würden wir mit den Zahlen ganz anders dastehen und hätten nicht bisher eine halbe Milliarde Euro am Nürburgring versenkt – ich bin gespannt, was noch kommt – und viele andere Dinge auch.
Lassen Sie sich übrigens bitte noch eines gesagt sein – an Ihre Adresse, Herr Hering –, es gibt auch sehr vernünftige Minister, ehemalige Minister, die zu der Lohnuntergrenze einen durchaus sehr positiven Ansatz vertreten, weil dieser nämlich sehr regional und spezifisch und deshalb richtig ist. Fragen Sie bitte einmal Herrn Clement. Von dem halte ich im Übrigen sehr viel.
Der hat in dieser Sache nämlich völlig recht gehabt, als er Ihnen dies ins Stammbuch geschrieben hat.
Frau Dreyer, es ist wunderbar, dass Sie erzählen, die Mittelschicht hätte kein Geld mehr. Wer blockiert denn im Moment im Bundesrat eigentlich die Abschaffung der kalten Progression? – Das sind doch Sie. Dann gehen Sie doch bitte einmal hin und sorgen Sie dafür, dass die Mittelschicht wieder mehr Geld hat.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eines wird immer deutlich. Herr Baldauf, wenn Ihnen von der CDU in Debatten die Argumente ausgehen, muss der Begriff Nürburgring gebraucht werden, um abzulenken, dass Sie keine Argumente in der Sache haben.
Es war sehr verräterisch. Sie haben angekündigt, im zweiten Teil über die Vermögensverteilung zu sprechen. Das haben Sie nicht getan, weil Sie gewusst haben, dass es nur peinlich werden würde, wenn Sie mit Ihrer Position dazu Stellung nehmen.
Es war klar, dass Sie heute reden mussten, weil Frau Klöckner sich vor dem Parteitag der CDU nicht positionieren möchte. Das könnte eventuell ein Wahlergebnis gefährden. Deswegen mussten Sie heute an dieser Stelle Stellung nehmen.
Es ist für Sie deswegen peinlich, weil Ihnen sehr schnell klar wird, dass Sie mit Ihren Positionen außerhalb der Gesellschaft stehen.
Die Gesellschaft hat ein klares Empfinden dafür, dass die Schere nicht weiter auseinander gehen kann. Auch sehr vermögende Bürger vertreten die Auffassung, wir brauchen wieder eine Vermögensteuer, weil sie die kluge Erkenntnis haben, dass Vermögen nur nachhaltig Bestand in einer Gesellschaft hat, die tragfähig ist.
(Frau Klöckner, CDU: Boris Becker 450.000 Euro – Bracht, CDU: Wer hat Boris Becker das Geld auf dem Nürburgring nachgeworfen?)
Gesellschaften sind nur tragfähig, wenn es gerecht zugeht. Das sind stabile Gesellschaften. Deswegen haben vermögende Menschen das Interesse, mehr Steuern zu zahlen, damit die Gesellschaft stabil bleibt, weil es in einer solchen Gesellschaft gerechter zugeht.
Herr Baldauf, ich kann Ihnen klar sagen, warum Ihr Instrument der Lohnuntergrenzen mit regionalen Differenzierungen nicht sachgerecht ist, insbesondere dem Anliegen von Menschen nicht gerecht wird. Wir brauchen in Deutschland einen gleichen Mindestlohn; denn klar ist, wer vollschichtig arbeitet, muss davon leben können, unabhängig ob er in der Westpfalz, in Sachsen oder in München lebt. Das muss klar sein. Überall muss
würdige Arbeit sein, und würdige Arbeit ist, dass man davon auch leben kann, wenn man Leistung erbringt.
Das ist eben der Unterschied. Sie argumentieren mit Zahlen, wir argumentieren anhand des persönlichen Schicksals von Menschen. So muss Politik gestaltet werden, und eben nicht nüchtern und kalt, nur nach Statistiken, Bilanzen und Zahlen. Aber das ist Ihre Sichtweise der Dinge.
Herr Köbler und Frau Dreyer haben es ausgeführt. Es wird jeden Tag in Deutschland umverteilt, von unten nach oben, und die Politik – deswegen heißen Steuern Steuern, weil damit gesteuert wird – muss solchen Tendenzen entgegenwirken.
Deshalb brauchen wir in Deutschland einen höheren Spitzensteuersatz für Spitzenverdiener, um eine gerechtere Verteilung zu erreichen. Das ist Aufgabe der Politik. Wir haben den Mut, diese Aufgabe wahrzunehmen. Sie drücken sich vor der Verantwortung.
Meine Damen und Herren, damit ist der erste Teil der Aktuellen Stunde abgehandelt. Ich begrüße Gäste im Landtag. (Unruhe im Hause)