Die duale Ausbildung hat sich bewährt – im Handwerk, in der Industrie, ebenso in einigen Gesundheits- und Sozialberufen. Wir wissen aber auch, dass beide Systeme, das akademische wie das duale, umso mehr Chancen eröffnen, je durchlässiger sie füreinander sind. Deshalb ist uns der Hochschulzugang ohne Abitur so wichtig. Ganz gleich, welchen Weg die jungen Menschen in unserem Land wählen, jede Tür soll ihnen offen stehen.
In einer älter werdenden Gesellschaft werden die Ausbildungsberufe in der Pflege immer wichtiger, aber auch anspruchsvoller. Deshalb wollen wir zusätzliche Qualifizierungsmöglichkeiten eröffnen. Über die Aussichten, dass ein neuer Studiengang an der Universität Trier im Bereich Pflege das bestehende Angebot der Hochschule Ludwigshafen und der Katholischen Hochschule in Mainz sinnvoll ergänzen wird, freue ich mich sehr.
Steigende Studierendenzahlen bestätigen unseren Weg, stellen uns aber auch vor große finanzielle Herausforderungen. Wir haben unseren Hochschulen in den vergangenen Jahren zusätzliche Mittel über das Sondervermögen „Wissen schafft Zukunft“ zur Verfügung gestellt. Wir haben den bundesweiten Hochschulpakt erfolgreich umgesetzt. Deshalb ist es an der Zeit, dass sich die Bundesregierung klar zur Fortsetzung und Ausfinanzierung des Hochschulpaktes bekennt. Wir sind dazu bereit.
Meine sehr geehrten Herren und Damen, Hochschulen sind Zukunftswerkstätten. Sie müssen sich im internationalen Wettbewerb behaupten. Gleichzeitig aber will ich ihre Bedeutung als regionale Innovationszentren weiter stärken. Was wäre Kaiserslautern ohne seine Technische Universität und die Vielzahl der Forschungseinrichtungen und Ausgründungen? Was wäre Kaiserslautern ohne die unter dem Dach der Science Alliance zusammen geschlossenen zwölf Forschungsinstitute?
Rheinland-Pfalz hat einen anerkannten Platz in der Wissenschaftslandschaft. Wahr ist aber auch, die bundesweite Verteilung der überregionalen Forschungsförderung nimmt regionale Ausgewogenheit und Leistungsfähigkeit nicht immer in den Blick. Wissenschaftsförderung hat ihre eigenen Regeln, und aus politischer Sicht muss eine strukturpolitische Dimension dazukommen.
Meine sehr geehrten Herren und meine sehr geehrten Damen, zu Lebenssicherheit gehören Bildung, ein gutes Auskommen, wirtschaftliche und finanzielle Stabilität. Zu einem guten Leben, zu menschlichem Reichtum, gehören Kunst und Kultur. Sie sind der schönste Ausdruck menschlicher Kreativität und Selbstbesinnung. Gerade in Zeiten des Umbruchs haben sie eine ganz besondere Bedeutung.
Rheinland-Pfalz ist ein starker Kulturstandort. In unserem Land sind bereits einige sehr schöne Orte des Weltkulturerbes, und weitere sollen dazu kommen. Die Pflege unserer großen kulturellen Tradition und die Förderung der kulturellen Vielfalt unseres Landes gehören zu den wichtigen Aufgaben der Landespolitik. In unserer Kulturszene ist Raum für Tradition und für Experiment. Wir brauchen Theater, Orchester und Museen, und wir sind stolz auf die Vielzahl herausragender Künstler und Ensembles. Unser Ziel ist es, jedem Menschen zu er
möglichen, kulturell teilzuhaben und sich kreativ zu entwickeln. Beides ist mir ein besonderes Anliegen.
Medienpolitik gehört zu den Kernkompetenzen der Länder in der föderalen Aufgabenteilung. Ich freue mich darauf, in der Tradition meiner Vorgänger seit Peter Altmeier den Vorsitz der Rundfunkkommission der Länder weiterzuführen.
Die Medienlandschaft befindet sich in einem gewaltigen Umbruch. Das Netz verändert die Kommunikation, die wirtschaftlichen Beziehungen, die Informationsbeschaffung, den Journalismus und auch die Demokratie. Es kommt darauf an, die Veränderungen so zu gestalten, dass die großen Chancen genutzt werden und die Gefahren beherrschbar sind. Für die Landesregierung geht es vor allem um Meinungsfreiheit, um Meinungsvielfalt, demokratische Teilhabe und die Verhinderung von Monopolen.
Wir wollen allen Menschen in Rheinland-Pfalz die Möglichkeit der Digitalisierung eröffnen. Deshalb werden wir uns bei der Versorgung mit leistungsfähigem Breitband weiter engagieren.
Wir werden die Medienkompetenz nicht nur an den Schulen weiter stärken. Wir setzen dabei auf unsere starken Partner wie die Landesmedienkonferenz, die Volkshochschulen, den Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie den Verbraucherschutz.
Die Reform des SWR-Staatsvertrages werde ich zusammen mit der baden-württembergischen Landesregierung zu einem guten Ende führen. Wir gewährleisten, dass wir in Rheinland-Pfalz einen starken Landessender mit eigenen Verantwortlichkeiten für die aktuelle und kulturelle Berichterstattung aus und über das Land behalten. Die Kontrolle der Medienkonzentration muss angesichts der Digitalisierung weiterentwickelt werden. Dabei kommt es der Landesregierung darauf an, die regionale und lokale Berichterstattung im Rahmen des Konzentrationsrechts zu stärken.
Der Medienstandort Rheinland-Pfalz ist mir außerordentlich wichtig. Dazu zählen die Universitäten und die Fachhochschulen, und dazu zählen ZDF, SWR, RPR, große Verlagshäuser und viele mittelständische Medienunternehmen und kreative Start-ups. Wir müssen die Idee eines Netzwerks weiter konkretisieren. Wir brauchen exzellente Ausbildung und Forschung. Wir wollen das Wissen an den Hochschulen und die wirtschaftliche Innovationskraft der Unternehmen bündeln, um den Medienstandort Rheinland-Pfalz weiterzuentwickeln.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, alle demokratischen Parteien unseres Landes haben beim Aufbau und der
Entwicklung der Demokratie in Rheinland-Pfalz über Jahrzehnte hinweg Großes geleistet. Sie sind fest in den Dörfern und Städten des Landes verwurzelt, sie greifen die Sorgen, die Nöte, die Wünsche und Interessen der Bürger und Bürgerinnen auf, und sie verschaffen ihnen Gehör und politischen Einfluss.
Die Freude über diese vitalen Traditionen unserer Parteien darf uns aber nicht den Blick verstellen für die neuen Erwartungen selbstbewusster und aktiver Bürger und Bürgerinnen an die Politik. Das Verständnis von Demokratie hat sich gewandelt. Es erstreckt sich heute nicht mehr „nur“ auf die Instrumente der repräsentativen Demokratie: auf Parteien, Wahlen, Parlamente. Es schließt immer mehr auch die Möglichkeiten der direkten Demokratie, der unmittelbaren Beteiligung, mit ein.
Das ist aus meiner Sicht ein Segen; denn die Politik kann von mehr Beteiligung nur profitieren. Wir sind sogar darauf angewiesen; denn wir können heute in vielen Politikfeldern nicht mehr erfolgreich handeln, wenn sich Bürger und Bürgerinnen nicht aktiv einbringen. Deshalb ist mir wichtig, dass sich Betroffene äußern und Bürger und Bürgerinnen die Möglichkeit haben, politische Sachfragen unmittelbar mit zu diskutieren und mit zu entscheiden. Repräsentative und Elemente der direkten Demokratie werden heute nicht mehr als Gegensätze empfunden, sondern als unterschiedliche Wege, zu besten Lösungen beizutragen.
Deshalb will ich die Formen der Zusammenarbeit von Bürger und Staat in unserem Land neu justieren. Deshalb will ich, dass staatliches Handeln transparenter und die Beteiligung leichter wird. Ich will das bürgerschaftliche Engagement weiter stärken und den Dialog mit allen gesellschaftlichen Gruppen pflegen und intensivieren. Die Enquete-Kommission des Landtags leistet hier hervorragende Arbeit. Ich danke allen Fraktionen dafür.
Unsere Demokratie ist eine Sache mündiger und gut informierter Bürger und Bürgerinnen. Hier hat die Politik eine Bringschuld, sie muss sich erklären, ihre Vorhaben und Entscheidungsgrundlagen nachvollziehbar machen, veröffentlichen, Barrieren abbauen, sich öffnen. Sie muss transparenter werden, auch und gerade mithilfe der neuen Medien.
Durchsichtig und transparent heißt dabei nicht gläsern. Natürlich gibt es Grenzen. Sie sind dem Schutz persönlicher Daten, den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und auch staatlichen Sicherheitsinteressen geschuldet. Im Vordergrund aber steht das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf umfassende Information. Dem will ich durch ein Transparenzgesetz entsprechen.
Wir werden im Laufe der Legislaturperiode unser Informationsfreiheitsgesetz aus dem Jahr 2008 novellieren und mit dem Umweltinformationsgesetz verbinden. Während das Informationsfreiheitsgesetz vorsieht, dass Bürger Informationen erhalten, wenn sie nachfragen,
regelt das neue Transparenzgesetz, dass die Verwaltung ihre Informationen in den genannten Grenzen zur Verfügung stellt, sodass der Bürger jederzeit Zugriff hat. Die vorgesehenen Änderungen sind also nicht nur technischer Natur. Sie sollen einen Kulturwandel im Staat, speziell der Verwaltung, bewirken.
In gut einem Monat wird die Landesregierung eine internetgestützte Rheinland-Pfalz-Plattform auf der CEBIT vorstellen und in Betrieb nehmen. Auf dieser Plattform werden wir schrittweise alle Informationen und Daten veröffentlichen, die für die Bürger und Bürgerinnen interessant und von Nutzen sein können.
Die digitalen Medien verändern unsere Welt grundlegend und eröffnen uns schier unendlich viele Möglichkeiten. Das bedeutet mehr Freiheit, aber auch mehr Verantwortung. Ich möchte eine öffentliche Diskussion darüber anstoßen, wie die digitale Welt unsere Gesellschaft verändert und welche ethischen und moralischen Fragen und Aufgaben sich daraus für uns ergeben. Dazu werde ich einen ständigen Landesrat für digitale Entwicklung und Kultur ins Leben rufen und unmittelbar an die Staatskanzlei anbinden. Ihm sollen Vertreter und Vertreterinnen der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft angehören.
Viele Bürger und Bürgerinnen wollen heute mehr und direkter an den politischen Entscheidungsprozessen beteiligt werden. Deshalb möchte ich die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung verbessern und die Instrumente der direktdemokratischen Teilhabe ausbauen.
Dazu gehört für mich, dass das Quorum für Volksbegehren deutlich abgesenkt wird. Sind bisher 300.000 Unterschriften, das heißt 10 % der Wahlbevölkerung, nötig, um ein Volksbegehren zu stellen, möchte ich die Hürde auf 150.000 Unterschriften halbieren. Dankenswerterweise beschäftigt sich die Enquete-Kommission „Bürgerbeteiligung“ mit diesen Fragen. Ich würde sehr begrüßen, wenn sie sich auf eine Absenkung des Quorums verständigen könnte.
Noch in diesem Jahr wird die Landesregierung einen Fahrplan für mehr Bürgerbeteiligung vorlegen, der sich auf die Empfehlungen der Enquete-Kommission des Landtags stützt. Er wird auch die Kommunen mit einbeziehen. Durch die Schaffung von Online-Beteiligungsplattformen werden wir die modernen Medien nutzen. Bürgerbeteiligung wird eine Querschnittsaufgabe der Verwaltung.
Es ist für mich unerlässlich, dass wir auch bei der Bürgerbeteiligung größtmögliche Gerechtigkeit herstellen. Jeder, unabhängig von Alter, Geschlecht, Bildung, Herkunft, Einkommen, sexueller Identität und körperlicher Verfassung, muss die Möglichkeit zur Teilnahme an Partizipationsprozessen haben.
Deshalb muss der Zugang zur Beteiligung in einem umfassenden Sinn barrierefrei und diskriminierungsfrei gestaltet sein.
Größtmögliche Gerechtigkeit in der Beteiligung bezieht sich aber auch auf die Formen der repräsentativen Demokratie. Das bedeutet – und das sage ich in Richtung Bundesregierung –: Ausländerinnen und Ausländer aus Drittstaaten, die dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland leben, müssen das aktive und passive Kommunalwahlrecht erhalten.
Der Anteil von Frauen in kommunalen Vertretungsorganen muss deutlich erhöht werden. Daher streben wir Maßnahmen an, die bereits für die kommende Kommunalwahl 2014 greifen sollen.
Meine sehr geehrten Herren, meine sehr geehrten Damen, zu einer gestaltungsfähigen Politik gehört für mich auch eine lebendige soziale Kultur, das heißt, die selbstverständliche Sorge um den Nachbarn, den Nächsten, die Pflege von Gemeinschaft und die Freude, etwas für sie tun zu können. Rheinland-Pfalz liegt beim bürgerschaftlichen Engagement im Ländervergleich heute mit Niedersachsen und Baden-Württemberg auf Platz 1. Das „Wir“ wird in unserem Land ganz groß geschrieben, ob in Sport- oder Jugendverbänden, Eltern- oder Seniorenbeiräten, sozialen Vereinigungen, in Selbsthilfeorganisationen oder bei der freiwilligen Feuerwehr und den Rettungsdiensten.
Dennoch gibt es noch viele Menschen, die sich engagieren würden, wenn sie wüssten, wo und wie. Ob Jung oder Alt, ich möchte Sie alle sehr, sehr herzlich einladen, sich einzubringen. Unsere Gesellschaft braucht Bürger und Bürgerinnen, die einander helfen, raten, die unsere Gemeinschaft – gleich auf welcher Ebene – bereichern und lebendig halten. Ich werde sie mit ganzer Kraft dabei unterstützen.
Ich will die Rahmenbedingungen für das bürgerschaftliche Engagement weiter verbessern, darüber hinaus aber auch aktiv auf die Bürgerinnen und Bürger zugehen. Deshalb werde ich einen Beauftragten für ehrenamtliches Engagement berufen. Er wird die Bürgerinnen und Bürger direkt vor Ort ermuntern, sich zu engagieren, und ihnen neue Möglichkeiten des Engagements eröffnen.
Ich freue mich, dass ich für diese Aufgabe Herrn Bernhard Nacke gewinnen konnte. Wir haben ihn bisher als Leiter des Katholischen Büros kennen- und schätzen gelernt.