Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Herr Baldauf, solide und solidarisch ist eine zukunftsfähige Haushaltspolitik. Unser Bekenntnis zur Konsolidierung und zur Schuldenbremse ist und bleibt die Handlungsmaxime von Rot-Grün und dieser Koalition, auch wenn wir wissen, dass wir uns nicht überall Freunde machen. Es ist es uns wert, dass auch unsere Kinder noch Gestaltungsspielräume haben, um ihre Vorstellungen zu verwirklichen. Deswegen tun wir es.

Ich bin sicher, die Menschen werden verstehen, dass wir auch erklären müssen, warum wir Einschnitte vornehmen. Sie werden aber nicht verstehen, dass Sie auf der einen Seite weniger Schulden und auf der anderen Seite überall Mehrausgaben ohne Gegenfinanzierung fordern. Ich glaube, auf Dauer setzen sich Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit bei den Menschen durch.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir werden einen Schwerpunkt setzen. Das sind unsere Kommunen. Wir werden bei der Reform des kommunalen Finanzausgleichs dafür sorgen, dass seit über einem Vierteljahrhundert der Finanzierungssaldo der Kommunen ab 2014 wieder positiv wird. Ich finde, das ist eine gute Nachricht für unsere Kommunen, insbesondere für unsere Städte und Landkreise. Diese lassen wir uns auch nicht zerreden. Ich glaube, dass wir darauf aufbauen können.

Ich bedauere es sehr, dass Sie sich, obwohl wir auch Vorschläge der CDU an den Stellen aufgenommen haben, die konstruktiv waren, am Ende wieder verweigert haben, weil Sie genau wissen, dass die Kommunen sagen werden, dass sie doch noch mehr wollen. Sie haben sich verweigert, damit Sie sagen können, Sie hätten mehr gegeben, aber nicht sagen müssen, woher es kommt. Sie haben sich aus dem Staub gemacht.

Wir sagen, statt Luftbuchungen und Luftnummern, die nicht gegenzufinanzieren sind, haben wir ein solides Konzept vorgelegt, das den Kommunen helfen wird, ihre wichtigen Aufgaben auch in Zukunft noch zu finanzieren. Ich bin mir sicher, das werden die Kommunen spüren.

Jede einzelne Stadt und jeder Landkreis wird ab dem Jahr 2014 Millionen mehr im Haushalt haben. Sie werden es brauchen. Rot-Grün hat das umgesetzt und nicht nur versprochen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ihre Kommunalpolitik besteht darin, überall Feuer zu legen und dann nach der Feuerwehr zu rufen.

(Pörksen, SPD: Richtig!)

So kann es nicht weitergehen. Natürlich reden wir beim kommunalen Finanzausgleich über Verteilung, weil der Verfassungsgerichtshof gesagt hat, es geht auch um die horizontale Verteilung. Das Geld muss stärker dort ankommen, wo die Soziallasten entstehen.

Wir reden bei der Kommunalreform über etwas, was wir eigentlich alle wissen, nämlich dass wir es nach mehreren Jahrzehnten tun müssen. Wir wissen auch, dass es von heute auf morgen nicht geht. Zu Zeiten von Helmut Kohl hat es 12 Jahre und 18 Gesetze gebraucht. Insofern können Sie uns nicht vorwerfen, dass von heute auf morgen nicht alle Probleme gelöst werden. Das wäre auch falsch und fatal. Wie soll es denn gehen, von heute auf morgen alles umzusetzen und gleichzeitig die Bürger maximal zu beteiligen und mitzunehmen? Sie müssen sich schon einmal entscheiden, was Sie eigentlich wollen.

Ich glaube, es ist klug zu sagen, wir gehen Schritt für Schritt vor und nehmen die Bürger mit. Wir sind offen für Argumente. Wenn Gemeinden sagen, sie würden gern eine Reform über die Kreisgrenzen durchführen, sind wir bereit, gemeinsam Modelle zu finden, ohne einen Vorgriff auf die nächste Kreisreform, die gemeinsam ansteht, zu tun. Dann behaupten Sie doch nicht, wir würden den Bürgerwillen ignorieren. Das Gegenteil ist der Fall. Sie erzählen hier, dass Sie den Bürgerwillen ernst nehmen, und vor Ort, wo er Ihnen nicht passt, wird er ignoriert. Das ist doch die Wahrheit. Das werden wir offenlegen. Wir haben dafür ein offenes Ohr.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, wir werden mit allen reden, die für konstruktive Vorschläge offen sind, weil wir den Mut für mehr Bürgerbeteiligung und dafür haben, Entscheidungen einmal abzugeben. Wir wollen diese politische Kultur nicht nur auf die Fahne schreiben, sondern setzen sie auch um. Das Bestreben nach mehr Transparenz hat in diesem Haus und auch in der Landesregierung schon längst Einzug gehalten.

Wir haben als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN all unsere Nebeneinkünfte offengelegt. Wir sind auf dem Weg zu einer gemeinsamen Lösung für alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Das ist nicht nur ein Modewort, sondern es ist für die Akzeptanz unserer parlamentarischen Demokratie zwingend notwendig, dass „mehr Transparenz“ nicht nur ein Schlagwort ist. Deswegen begrüßen wir ausdrücklich, dass Malu Dreyer gestern angekündigt hat, dass die Regierung ein

Transparenzgesetz auf den Weg bringen wird. Wir wären das erste Flächenland in der Bundesrepublik Deutschland mit einem Transparenzgesetz. Auch das ist ein Zeichen für eine neue, offene politische Kultur in diesem Land, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, zur Bürgerbeteiligung gehört für uns auch, dass sich mehr Bürger beteiligen können. Das gilt bei uns für diejenigen, die dauerhaft hier leben und nicht die Staatsbürgerschaft haben. Wir werden im Rahmen der Behandlung des Kommunalwahlgesetzes konkrete Vorschläge einbringen und dafür sorgen, dass der Frauenanteil in den Kommunalparlamenten erhöht wird. Weiter werden wir dafür kämpfen, dass das Wahlalter auf 16 Jahre abgesenkt wird.

Frau Klöckner, Sie haben, nachdem die EnqueteKommission ihren Bericht vorgelegt hat, einen neuen Vorschlag gemacht. Ich habe datenschutzrechtliche Bedenken, dass Papa die Wahlzettel für alle ausfüllt, wenn sie nach Hause geschickt werden. Darüber können wir aber reden. Dann werden wir aber auch über das Wahlalter 16 reden; denn es kann nicht sein, dass Sie die Bedingungen stellen und wir nur über Ihre Vorschläge reden. Wir reden auch über unsere. So können wir einen Dialog führen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Rot-Grün wird das fortsetzen, was uns bisher auszeichnet: eine sachliche und fundierte Arbeit. Uns geht es um die Gestaltung der Zukunft und nicht um die schnelle Schlagzeile. Wir kämpfen um die beste Zukunft für Rheinland-Pfalz und haben dabei schon eine Menge erreicht. Ich finde, wir arbeiten erfolgreich am sozialökologischen Wandel in unserem Land.

Wir sind mit nicht weniger angetreten als dem Versprechen auf eine offene politische Kultur. Das haben wir eingelöst. Wir stehen im ständigen Dialog mit den Verbänden, den Gewerkschaften und der Wirtschaft, vor allem aber auch mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort. Auch sind wir bereit, Argumente und Kritik aufzunehmen. Wir fragen uns, und wir stellen Fragen. Auch sagen wir es, wenn wir noch nicht alle Antworten wissen, und wir ergreifen – das sehen wir als eine Stärke dieses Landes – die Chancen der Bürgerbeteiligung auch mit den Mitteln der neuen Medien.

Meine Damen und Herren, die Zukunft von RheinlandPfalz hat am 27. März 2011 begonnen. Rot-Grün gestaltet seitdem erfolgreich den Wandel. Wir sind auf dem richtigen Weg, und wir sind mit Siebenmeilenstiefeln unterwegs. Das schaffen wir deshalb, weil wir einen klaren Kompass und ein Wertefundament haben, welche diese Koalition verbinden. Rot-Grün ist in RheinlandPfalz mehr als nur eine parlamentarische Mehrheit, meine Damen und Herren. Es tut dem Land gut, dass wir frischen Schwung hereingebracht haben, dass wir als GRÜNE – ich hoffe, dass ich das sagen darf; ich sage es einfach – noch einmal neuen Schwung in die

Regierung gebracht haben. Gemeinsam mit der SPD organisieren wir in Rheinland-Pfalz den Aufbruch in die Zukunft.

Wir kämpfen miteinander für eine bessere Politik – und nicht gegeneinander um mehr Presse. Deswegen wird diese Koalition – da bin ich mir sicher – Rheinland-Pfalz noch lange regieren. Uns stehen noch viele auch schwierige Debatten und Entscheidungen bevor. Wir haben sie alle gut gemeistert, wir werden sie weiter gut meistern – bisher mit dem Ministerpräsidenten Kurt Beck. Jetzt freuen wir uns auf die Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Sozial, ökologisch und erfolgreich für die Zukunft unseres Landes!

Ich danke Ihnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich erteile Frau Ministerpräsidentin Dreyer das Wort.

Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Ich werde die Debatte jetzt nicht noch einmal von meiner Seite aus eröffnen, aber ich will mich ganz, ganz herzlich für diese Debatte über meine Regierungserklärung bedanken. Natürlich bedanke ich mich bei meiner Fraktion und bei der Fraktion des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für die Unterstützung. Auch bedanke ich mich dafür, dass mit unserem Regierungsprogramm bzw. insgesamt mit unserem Koalitionsvertrag noch einmal deutliche Zeichen gesetzt worden sind. Bei Ihnen, Frau Klöckner, bedanke ich mich für die Glückwünsche und auch für das Angebot der Zusammenarbeit. Auch ich bin gespannt. Ich bin mir ganz sicher, dass wir in unseren unterschiedlichen Rollen – Regierung und Opposition – einen Weg finden werden, gemeinsam zusammenzuarbeiten.

Herzlichen Dank dafür.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich denke, es ist gestern und heute noch einmal sehr klar geworden, dass die Grundlagen meines Handelns als Ministerpräsidentin sehr klar gelegt sind. Sie sind in unserem rot-grünen Koalitionsvertrag verankert. Natürlich habe ich auch eigene Akzente gesetzt. Ich freue mich jetzt einfach schlicht und ergreifend darauf, gemeinsam mit meiner Stellvertreterin Eveline Lemke und mit dem gesamten Kabinett an unsere Arbeit zu gehen und das erfolgreiche Regierungshandeln weiter umzusetzen – auch mit der frischen Kraft, der frischen Energie und dem Schwung, den wir auch aus dieser Debatte mitnehmen. Wir werden das mit sehr großer Tatkraft machen.

(Präsident Mertes übernimmt den Vorsitz)

Dieses Land hat viele Potenziale. Ich bin voller Zuversicht. Das größte Potenzial, das wir in Rheinland-Pfalz haben, sind, denke ich, die Menschen. Es sind die Bürgerinnen und Bürger, die außerordentlich engagiert sind. Ich freue mich auf diese Zusammenarbeit. Deshalb mein Angebot zum Dialog. Das wird mein Bestreben sein. Dies gilt, es steht. Ich freue mich auf viele Begegnungen in diesem Land, aber auch auf die Zusammenarbeit in diesem Haus.

Für heute bedanke ich mich. Ich sehe mit großer Zuversicht auch auf unsere gemeinsame Zusammenarbeit hier im Parlament.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke Ihnen allen für Ihre Beiträge zur Regierungserklärung. Nun habe ich eine ganz seltene Situation vor mir. Unser Land ist nämlich knapp 70 Jahre alt. Der Abgeordnete Kurt Beck hat mehr als die Hälfte davon in diesem Parlament verbracht, seine Beiträge geleistet und Verantwortung übernommen. Ich erinnere mich sehr gut daran: 1979 war er weinbaupolitischer Sprecher. Er fing gar nicht mit Sozialpolitik an. Dann war er Parlamentarischer Geschäftsführer bei Rudolf Scharping. Später wurde er selbst Fraktionsvorsitzender. Dann war er Ministerpräsident. Er hat also in einem halben Leben unseres Landes die Demokratie mit geformt und mit entwickelt. Dafür wollen wir ihm heute auf besondere Weise als Parlament herzlich danken. Ich darf das auch im Namen der Fraktionen machen, mit denen ich darüber gesprochen habe. Von daher habe ich außerhalb der Reihe heute die Gelegenheit, noch einmal herzlichen Dank dafür zu sagen, dass Sie dafür Verständnis dafür haben.

Meine Damen und Herren, man sollte auch den Kolleginnen und Kollegen sagen: 30 Jahre sind viel Zeug. Ich weiß, wovon ich rede. Man hat viel erlebt. Man hatte viele Erfolge, und man hat auch schwierige Zeiten hinter sich bringen müssen. Lieber Kurt Beck, da fällt es natürlich schwer, neben dem Lob etwas zu finden, was das Lob ausdrückt. Machen wir es doch einfach so, wie es in unserer Gesellschaft üblich ist: Wir loben erst einmal die Arbeit, die der Abgeordnete Kurt Beck in den über 34 Jahren geleistet hat.

(Beifall im Hause – Präsident Mertes überreicht dem Abgeordneten Kurt Beck, SPD, gebundene Bücher mit dessen parlamentarischen Redebeiträgen)

Meine Damen und Herren, normalerweise haben wir diese Bücher sogar mit Goldrand ausgeliefert; aber im Hinblick auf die sich ändernden Zeit haben wir es in Blau gemacht. Darin ist alles – wir hoffen, dass alles darin ist – enthalten, was Kurt Beck in diesem Parlament gesagt bzw. argumentiert hat.

Ich danke unseren Mitarbeitern in der Bibliothek dafür, dies alles zusammengetragen zu haben. Es war zum Teil schon im Keller, wie man so sagt, oder auf dem Speicher. (Heiterkeit im Hause)

Lieber Kurt, ich darf das jetzt so persönlich machen, dann lies einmal nach, vor allen Dingen achte auf die Zwischenrufe und was alles gewesen ist, die ganze Atmosphäre.

(Zuruf aus dem Hause)

Genau, auf die Atmosphäre.

Für die Kolleginnen und Kollegen, die sagen, wie wird es denn bei mir sein, also man muss schon ungefähr 25 Jahre im Parlament gewesen sein. Dann machen wir uns so viel Mühe.

Aber wir haben uns noch mehr Mühe gemacht.

Meine Damen und Herren, jetzt wird sich Kurt Beck in das Privatleben stürzen. Sie kennen den Film „Pappa ante Portas“. Er wird versuchen, nicht zu wiederholen. Aber was braucht er im Wesentlichen? – Gesundheit braucht er. Er braucht Zeit, um ein neues Leben, einen neuen Abschnitt, eine neue Tür aufzumachen, und er braucht Fortune.

Ich weiß, viele werden annehmen, das wird bestimmt eine Flasche besonderen Weines sein. Nein. Das hätte er auch verdient. Es ist eine Fundsache. Die hat man gefunden, als das Abgeordnetengebäude gebaut worden ist. Es war eine römische Töpferei, die es dort gegeben hat. Hierin ist eine Glücksgöttin, eine römische Glücksgöttin. Sie heißt natürlich Fortuna. Sie wird ihm Stärke, Kraft und Weisheit bringen.