Protokoll der Sitzung vom 24.04.2013

(Beifall der CDU)

Das Wort hat nun Frau Kollegin Sahler-Fesel von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verstehe die Aufregung gar nicht. Wir beraten heute über das Landesgesetz zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes, und dieses Landesgesetz ist ein klares Zeichen des zentralen An

liegens der Politik der Landesregierung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten. Darum geht es in der Landespolitik seit sehr vielen Jahren, und das ist oberste Prämisse.

Beste Frau Huth-Haage, wir in Rheinland-Pfalz lassen die Eltern eben nicht allein mit ihren Aufgaben der Bildung, Betreuung und Erziehung ihrer Kinder. Die Eltern sollen im Sinne ihrer Kinder und auch in ihrem eigenen Interesse das beste für sie passende Angebot wählen. Deshalb gibt es seit August 2010 in Rheinland-Pfalz einen Rechtsanspruch auf einen gebührenfreien Kindertagesstättenplatz ab dem zweiten Lebensjahr bis zum Schulbeginn.

Ab August 2013 wird es bundesweit diesen Rechtsanspruch schon ab dem ersten Lebensjahr geben, und damit besteht das typische Dilemma: Der Bund hat leider diesen Rechtsanspruch, den er fordert und den er verhandelt hat, nicht gebührenfrei gestellt. –

So kennen wir den Bund: Wir machen einmal ein Gesetz, und dann können die Länder, die Kommunen oder eben auch die Eltern einmal sehen, wie sie das Ganze bezahlen sollen.

Frau Klöckner, die Presse, von der Sie zwischendurch zitiert werden, lässt uns befürchten, dass Sie mit Ihrer CDU-Fraktion offensichtlich die Gebührenfreiheit zugunsten der Haushaltskonsolidierung infrage stellen. Ich möchte an dieser Stelle ganz klar betonen, das kommt mit uns nicht infrage.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Recht auf Bildung ist nicht abhängig vom Geldbeutel, und meine Kollegin Bettina Brück hat bereits im vorherigen Tagesordnungspunkt schon sehr deutlich darauf hingewiesen.

Frau Huth-Haage, ich komme nun konkret zum Gesetz und zu Ihren Anmerkungen und Vorwürfen. Die Kindertagespflege gibt es in Rheinland-Pfalz schon länger; da haben wir nicht gewartet, bis Sie 2008 einen Antrag gestellt haben. Das ist wirklich eine falsche Darstellung.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Diese Kindertagespflege ist – wie der Name schon sagt – eine familiennahe und zeitlich flexible Betreuungsform für Kinder im Alter von null bis 14 Jahren. Das wird oft in der Diskussion vergessen.

(Frau Dickes, CDU: Sie haben aber damals ausdrück- lich gesagt, dass Sie die nicht wollen!)

Sie wird geleistet von qualifizierten Tagespflegerinnen. Diese Qualifikation besteht in 160 Stunden sowie anschließend der entsprechenden Überprüfung und Zulassung durch das Jugendamt.

Frau Huth-Haage, ich bitte Sie sehr! Wir wollen niemandem zu nahe treten. Aber wenn wir für unsere Kindertagespflegerinnen, für unsere Erzieherinnen und Erzieher,

eine Ausbildung von 3 plus 2 Jahren nicht nur vorsehen, sondern sie werden auch absolviert, wenn wir unsere Kindertagesstätten als Bildungseinrichtungen sehen

(Frau Huth-Haage, CDU: Es geht um Samstags morgens!)

die CDU sieht es nur als Betreuung und zum Abstellen, bei uns ist es etwas anderes, uns geht es um die Förderung der Kinder –,

(Zuruf von der CDU: Samstags morgens!)

dann kann man das nicht gleichstellen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Kindertagespflege ist eine familiennahe Betreuungsform, darum möchte ich doch sehr bitten, bisher geleistet in den Wohnungen entweder der Eltern der Kinder oder in den Wohnungen der Tagespflegepersonen. Wenn die Betreuungsform familiennah oder familienähnlich gewährleistet werden soll, dann tut es mir leid! – In einer Kita sieht es nicht aus wie bei mir zu Hause oder bei Ihnen zu Hause. Das ist eine ganz andere Art der Einrichtung.

(Frau Huth-Haage, CDU: Woher wissen Sie, wie es bei mir zu Hause aussieht? – Zuruf von der SPD)

Es ist gut so, dass es nicht so aussieht, da haben Sie natürlich recht, lieber Kollege. Aber es geht mir um die Frage, was dieses Betreuungsangebot eigentlich leisten soll. Dabei ist es mir ganz wichtig, dass wir nicht eine Kindertagesstätte light anbieten, sondern die Zielsetzung ist anders, und auch die Qualifikation ist anders.

Von daher ist es richtig, wir brauchen nur einen Satz zu ändern. Das ist ganz einfach. Es ist Ihnen vielleicht zu einfach, aber das tut mir leid. Die geeigneten Räume werden vom Jugendamt entsprechend überprüft, das muss sichergestellt sein, und es wird auch sichergestellt. Der Landesjugendhilfeausschuss wird Richtlinien und Vorschläge dazu entwickeln und erarbeiten.

Darüber hinaus gilt natürlich nach wie vor wie bisher auch die Festschreibung auf maximal fünf Kinder. Wenn wir mehr Kinder haben, frage ich Sie: Wo steht denn dann geschrieben, dass wir in diesem Fall nicht eine Betriebs-Kita machen? – Ich verstehe gar nicht, was Sie gegen eine Kita haben.

Man könnte genauso gut, wenn der Betrieb mehr Kinder von Personen hat, die dort arbeiten, auch eine betriebliche Kindertagesstätte einrichten, die der Betrieb gefördert bekäme.

Sie wollen wieder zurück zu dem alten Betreuungsmodell. Das wollen wir nicht.

(Frau Huth-Hage: Armselig! – Frau Klöckner, CDU: Das ist doch die alte Leier!)

Wir wollen weiter unsere Bildungsangebote. Für die Randzeiten und für die flexiblen Zeiten wollen wir die Kindertagespflege.

Frau Klöckner, es ist in Ordnung. Es ist schade, dass Sie es nicht verstehen. Aber wir werden es diskutieren. Die alte Leier kommt von der CDU, die es immer noch nicht verstanden hat, was in unseren Kindertagesstätten wirklich geboten wird. Es gut mit leid, dass Sie es nicht verstehen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Kollegin Bröskamp für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Abgeordnete! Mittlerweile sind die Reihen da oben sehr leer geworden. Es ist niemand mehr da. Das ist sehr traurig; denn es ist eigentlich ein sehr wichtiger Punkt heute Abend auf der Tagesordnung.

Rheinland-Pfalz ist ganz sicherlich in Bezug auf die Kinderbetreuung auf einem guten Weg. Sie haben alle mitbekommen, dass Rheinland-Pfalz immerhin schon diese Quote von 35 % der Betreuung im Durchschnitt erreicht hat, was regional unterschiedlich ist, was sicherlich auch nicht überall den Bedarf vor Ort abbildet. Das ist uns völlig klar. Alle arbeiten unter Hochdruck. Dennoch ist Rheinland-Pfalz das erste westdeutsche Land, das diese Quote überhaupt erreicht hat. Ich denke, darauf kann Rheinland-Pfalz stolz sein.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Tagespflege ist ein Baustein. Es ist ein Baustein von diesem Betreuungsmosaik. Es passt auch nicht für jeden, das muss man ganz deutlich sagen dürfen. Dennoch gibt es viele Familien, die mit diesem Modell sehr glücklich sind. Es geht sicherlich auch nicht nur um die Randzeiten, sondern um die Betreuung gerade von den kleinsten Kindern.

In Bezug auf den Ausschluss der Kindertagesstätten kann ich nur sagen, ich habe ganz im Ernst noch keine einzige Erzieherin in Rheinland-Pfalz getroffen, die gesagt hat, wunderbar, wir wollen die Tagespflege auch bei uns in der Einrichtung.

Nein, sie wollen es nicht. Sie haben nämlich Sorge um ihre Jobs. Das muss man auch ganz deutlich so sagen. Das ist die Rückmeldung, die ich habe, abgesehen einmal von der Ausbildung.

Sie haben Angst, dass die Tagespflege eventuell einen größeren Raum einnehmen und auch diese Arbeitsplätze der Erzieherinnen verringern würde. Ich denke, auch diese Ängste muss man ernst nehmen. Deswegen ist

dieser Weg, außer in Kindertagesstätten, auch der richtige Weg.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Grundsätzlich ist es natürlich auch zu befürworten, dass es hier um Festanstellungsmodelle geht. Das ist natürlich mit einer anderen Sicherheit verbunden, wobei ich mir persönlich dann auch noch wünschen würde, dass wir über entsprechende Gehälter – dazu kommen wir sicherlich zukünftig noch – diskutieren. Ich würde mir wünschen, dass für diese Vollzeitstelle mit dieser wichtigen Arbeit vor allen Dingen in der frühkindlichen Bildung und Erziehung das Gehalt auch entsprechend angemessen ausgezahlt werden kann.

Den Vorwurf, zu spät, lasse ich so nicht ganz gelten. Natürlich haben wir das Für und Wider erwägt. Wir haben sicherlich sehr intensiv darüber diskutiert. Ich glaube, dennoch ist es für die entsprechenden Personen, die zukünftig in der Festanstellung arbeiten können, besser, man diskutiert ausgereift über diese Dinge, als wenn man irgendeinen Schnellschuss macht und nachher feststellt, dass man nicht lange genug darüber debattiert hat, um auch ein sehr gutes Ergebnis zu erzielen.

Ich denke, deswegen ist es nicht zu spät. Ich glaube, es ist dann auch in Ordnung, wenn man anerkennt, dass wir das heute erstmalig beraten und wir es dann im Ausschuss weiter besprechen. Ich denke, auch darüber werden wir noch fleißig diskutieren.

Ich habe gerade in der letzten Woche, weil es angesprochen worden ist, eine Betriebs-Kita besucht, und zwar die Betriebs-Kita der LTS Lohmann in Andernach. Ich kann auch nur für dieses Modell hier werben. Ich war wirklich von dieser Einrichtung begeistert, vor allem von dem Engagement dieser Firma vor Ort. Ich kann hier dafür werben. Wie gesagt, auch die Tagespflege ist ein Baustein.

Viele Firmen könnten sich auf den Weg machen, durch eine Betriebs-Kita nicht nur fünf, sondern vielleicht auch 15, so, wie das bei dieser Firma der Fall ist, oder zweimal 15 Kinder – sie haben dort zwei altersgemischte Gruppen – vor Ort zu betreuen. In dieser Betriebs-Kita ist es sogar so, dass dort nicht nur Kinder von Angestellten betreut werden können, sondern eben auch Kinder aus dem Ort. Das wird sehr gerne nachgefragt.

Leider gibt es dort jetzt Platzkapazitäten, die erreicht sind. Ich glaube, deswegen sollten wir dann auch unsere Diskussion erweitern, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht, dass wir hier noch einmal einen Schwerpunkt setzen, dass sich Firmen auch wirklich für diese Modelle begeistern. Das können wir dann im Ausschuss beraten.

Wenn wir dann noch auf einer Linie sind, glaube ich, kommen wir in Rheinland-Pfalz noch ein großes Stück weiter.