Protokoll der Sitzung vom 06.06.2013

Mit dem Schreiben des EU-Kommissars Almunia, das mit heutigem Tag der Landesregierung zugegangen ist und den Fraktionen dankenswerterweise zur Verfügung gestellt wurde, ist Klarheit geschaffen worden. Zu unserem Bedauern kann die Rennstrecke aufgrund beihilferechtlicher Vorschriften nicht aus dem Verkaufsprozess herausgenommen werden.

Erfreulicherweise wird aber die Aussage getroffen, dass durch ein Gesetz oder eine Rechtsvorschrift diese Zugangsrechte geregelt werden können, ohne dass das Beihilferecht tangiert wird. Ich darf zitieren: Die Absicht, eine Rechtsgrundlage zu schaffen, mit der gewährleistet wird, dass der Nürburgring für die Allgemeinheit zugänglich bleibt, dürfte grundsätzlich nicht als staatliche Beihilfe anzusehen sein. – Damit wird die klare Aussage getroffen, dieser Weg ist möglich.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Damit wird für die Region Sicherheit geschaffen, dass die strukturpolitischen Effekte auch künftig möglich sind. Ein Betreiber, der Langfristziele verfolgt, wird damit keine Probleme haben; denn der Ring hat nur Erfolg, wenn die Breitensportveranstaltungen, die Veranstaltungen mit großem Publikumszugang, auch künftig dort möglich sein werden.

Meine Damen und Herren, jetzt geht es um gemeinsame Verantwortung. Die, die am runden Tisch teilgenommen haben, wissen, dass die Vertreter immer betont haben, lasst den parteipolitischen Streit sein.

(Frau Schmitt, SPD: So was!)

Es geht jetzt darum, die gemeinsamen Interessen der Region zu vertreten. Herr Minister Lewentz hat im März dieses Jahres die Fraktionen angeschrieben und gesagt, wenn dieses Gesetz hier gemeinsam verabschiedet

wird, wäre das ein klares Signal an die Kommission und insbesondere an die Region. Genau das erwartet die Region jetzt von uns.

Nachdem das Schreiben von Herrn Almunia eingegangen ist, ist klar, dass das Gesetz der einzige Weg ist, die Interessen der Region zu sichern. Es gibt keine wirkungsvolle Alternative dazu.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Jetzt besteht die gemeinsame Verpflichtung, diesen Weg rechtssicher und zügig im Interesse der Region zu beschreiten. Dazu gehört, dass auch wir als Regierungskoalition, als Fraktionen – das ist einhellige Meinung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – eine Expertenanhörung ermöglichen wollen, um damit die Möglichkeit zu geben, diesen Gesetzentwurf mit Expertenmeinung gegenzuspiegeln. Die Position der Kommission liegt vor. Ich glaube, dass es möglich ist – erste Gespräche sind geführt worden –, diesen Prozess bis Juli abzuschließen.

(Dr. Weiland, CDU: Wie oft haben wir das gehört!)

Wenn wir uns die Mühe geben, die Zielsetzung im Rahmen einer Sondersitzung des Innenausschusses bis Juli zu ermöglichen, dann können wir gemeinsam, wenn wir zusammenfinden, ein starkes und klares Signal in die Region senden, die Parteien haben im Interesse der Region zusammengefunden, und sie werden das Maximale tun, das für die Region möglich ist.

Wir bieten die Zusammenarbeit dazu an. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir im Juli nach einer Expertenanhörung hier gemeinsam dieses Gesetz einstimmig im Interesse der Region verabschieden könnten.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Kollegin Klöckner das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines vorab: Ich unterstelle, uns eint ein gemeinsames Ziel über die Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg, nämlich die Sicherstellung der Nutzung der Rennstrecke für den Breitensport, für Touristen- und Testfahrten der Automobilindustrie.

Frau Ministerpräsidentin Dreyer, das zu erreichen, haben Sie bereits zugesagt und uns versprochen, ohne sich aber vorab mit der Kommission darüber abzustimmen. Die Menschen in der Eifelregion am Nürburgring erwarten das aber von uns.

Wir als CDU-Fraktion sind der Meinung, dass die Landesregierung in aller Konsequenz zu spät gehandelt hat. Erst nachdem wir als CDU in Brüssel aktiv geworden sind, kam die Aufteilung in verschiedene Segmente am Ring ins Spiel.

(Beifall der CDU – Zurufe von der SPD: Oh! – Zuruf von der CDU: So ist es! – Pörksen, SPD: Können Sie nicht einmal die Ag- gressionen weglassen?)

Deutlich machen möchte ich auch: Zu einem früheren Zeitpunkt wäre das Herauslösen der Rennstrecke aus der Verwertung im Insolvenzverfahren wahrscheinlich – genau kann ich das auch nicht sagen – noch eher möglich gewesen.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Das ist eine reine Behauptung! Durch nichts begründet!)

In einem laufenden Bieter-Verfahren wird es natürlich immer schwieriger. Das wissen wir alle, dazu muss man kein Jurist sein.

(Frau Schmitt, SPD: Belegen Sie das doch!)

Deshalb haben wir erhebliche Zweifel, ob dieses versprochene Ziel exakt mit dem nun vorgelegten rotgrünen Gesetz gelingen kann.

Dazu möchte ich im Einzelnen einiges ausführen. Wir befürchten, dass Rot-Grün mit dem Gesetz die wesentlichen Ziele verfehlt, die am Nürburgring verfolgt werden sollen, nämlich eine wirkliche Absicherung des Breitensports, eine Sicherung der für die Region existenziellen wichtigen Touristenfahrten, eine Preiskontrolle am Ring, ein hinreichender Schutz für die Interessen der Region, Rechtssicherheit und Vereinbarkeit mit dem Europäischen Recht – wenn man den Brief des Kommissars genau liest, ist festzustellen, es ist nicht einfacher geworden – und eine langfristige Wirksamkeit des Gesetzes;

(Frau Schmitt, SPD: Sie wissen, dass bestimmte Sachen nicht möglich sind, wenn Sie den Brief gelesen haben!)

denn Sie lösen nicht die Frage, was eigentlich bei einem Eigentümerwechsel passiert, denn das Gesetz lässt offen, ob ein künftiger Eigentümer der Rennstrecke Nürburgring auch tatsächlich eine Rennstrecke betreiben muss. Im Gesetzentwurf wird zum Thema „Eigentümer“ nichts gesagt, sondern nur über das Thema „Betreiber“ geredet. Ich denke, das muss genauer betrachtet werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere von der SPD, es ist immer sehr leicht, und man hört es auch, dass Sie sich gerne über konstruktive Bemerkungen der Opposition lustig machen. Aber eines kann ich Ihnen jetzt schon sagen: Das Gesetz wird so, wie es eingebracht worden ist, nicht verabschiedet werden, und ich

werde Ihnen jetzt schon sagen, dass es genau so sein wird;

(Beifall der CDU)

denn die gesetzliche Verpflichtung, eine diskriminierungsfreie Benutzung der Infrastruktur unter anderem zum Zwecke des Breiten-Motorsports sicherzustellen, trifft nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfs genau nur auf einen Betreiber zu. Hätten wir als Unionsfraktion diesen Gesetzentwurf vorher bekommen, wie es auch abgesprochen war, dann hätten wir sicherlich schon vorher darauf hingewiesen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Ja, bestimmt! Das glauben wir jetzt sofort!)

Ich möchte noch einmal auf das Thema „Betreiber und Eigentümer“ eingehen. Dies setzt nämlich auch voraus, dass der Eigentümer die Rennstrecke auch selbst betreibt oder von einem anderen betreiben lässt, und eine ausdrückliche Verpflichtung dazu enthält das Gesetz indes eben nicht.

Zum Dritten wirft dieser Gesetzentwurf natürlich auch insolvenzrechtliche Fragen auf. Insolvenzrecht – das wissen wir alle – ist aber Bundesrecht, das Abweichungen durch den Landesgesetzgeber nicht zulässt. Dazu haben sich auch neue Fragestellungen ergeben. Auf all diese Fragen gibt der Gesetzentwurf einschließlich der Begründung entweder keine oder aber nicht ausreichend befriedigende Antworten.

(Beifall der CDU)

Deshalb sage ich ganz deutlich, es gibt einen dringenden Nachbesserungsbedarf bei diesem Gesetzentwurf. Diese Fragen müssen im Rahmen der Ausschussberatungen überzeugend geklärt werden. Gesetzgeberische Schnellschüsse bzw. Scheinlösungen bringen uns natürlich nicht weiter, sondern lösen neue Probleme und Fragestellungen aus. Wir haben nämlich in der Vergangenheit zu häufig zu schnelle und oberflächliche Scheinlösungen präsentiert bekommen. Herr Lewentz und Herr Hering, Ihre Ankündigungen klangen immer sehr gut; nur, wenn die Ankündigungen, die gut klangen, auch gut gewesen wären, dann würden wir heute hier nicht stehen. Also ist der Klang Ihrer Ankündigungen nicht das Entscheidende.

(Beifall der CDU)

Wir haben Ihnen auch angeboten – ob damals in unserem CDU-Antrag im vergangenen Plenum, den Sie abgelehnt haben, oder im Schriftwechsel mit Ihnen, Frau Ministerpräsidentin –, gemeinsam Regelungen zu erarbeiten und nicht im Nachhinein abzunicken, was vorgelegt worden ist. Frau Ministerpräsidentin, Sie haben mehrfach erklärt, dass Sie dazu bereit seien. – Diesem Angebot haben Sie aber konkret leider nicht die Taten folgen lassen, die wir erwartet hätten und die wir eigentlich auch abgesprochen haben. Alles kommt immer nur auf Nachfrage, alles kommt immer nur auf den letzten Drücker. Das ist schade bei einer so großen Angelegen

heit, bei der wirklich der Schulterschluss aller Parteien, aller Fraktionen gefordert ist.

(Pörksen, SPD: Den haben Sie gerade aufgegeben!)

Wir sind es mittlerweile gewohnt, dass Sie Entscheidungen gegen uns durchdrücken. Aber in diesem Fall geht es um eine Region, es geht um den Nürburgring.

(Zurufe von der SPD)

Wir müssen nicht mehr die alte Geschichte aufarbeiten, weshalb es so weit gekommen ist, aber ich finde, ein bisschen Demut würde Ihnen schon gut anstehen, wenn wir die Fragen stellen, die damals auch gestellt worden sind und von denen sich heute zeigt, dass es die richtigen Fragen waren, Sie sie aber ignoriert hatten.

(Beifall der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was ich bedauerlich finde ist, dass wir einen fertigen Gesetzentwurf kurz vor der Sitzung des Ältestenrates zugestellt bekommen haben. Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt, und wir konnten lediglich darüber entscheiden, ob wir den Gesetzentwurf unterschreiben oder nicht. – Frau Dreyer, sieht so nach Ihrer Auffassung eine faire Beteiligung einer Opposition aus? – Ich glaube das nicht.

(Beifall bei der CDU)

Da es um die Region geht, da es um die Menschen vor Ort geht, um den Mythos Nürburgring, werden wir die Tür nicht zuschlagen. Für meine Fraktion kündige ich an, dass wir für diesen Gesetzentwurf eine Anhörung beantragen werden. Herr Hering, wir sind offen dafür, so schnell wie möglich – sei es in einer Sondersitzung oder in anderer Form – zusammenzukommen, um keine Verzögerungen herbeizuführen. Aber ich hätte mir schon gewünscht – und in dieser Frage bitte ich um ein bisschen Redlichkeit –, uns nicht vorzuwerfen, es sei alles nicht wahr, und wir seien seit März eingebunden. – Es geht darum, richtig eingebunden zu sein. Frau Dreyer, es geht darum, Gespräche darüber zu führen und ein Anzeichen von uns zu geben, dass wir bereit sind, aus der Mitte des Parlaments heraus einen Gesetzentwurf einzubringen,

(Glocke der Präsidentin)

und es geht zum Zweiten darum, dass wir bereit sind, auch über die Kontakte mit der Bundesregierung dies zu unterstützen. Das heißt umgekehrt aber auch, dass wir Briefe auch selbst vorher sehen, bevor sie losgeschickt werden und in unserem Namen auch noch eine Zustimmung suggeriert wird.