Protokoll der Sitzung vom 06.06.2013

(Frau Brück, SPD: Was? – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Haben Sie schon ein- mal das Wort Kultusministerkonferenz gehört?)

Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten Herrn Kilian vom Landesverband Rheinland-Pfalz der Deutschen Vereinigung für politische Bildung: „Wenn zum Beispiel für das Thema ‚Bürgerbeteiligung‘ 45 Minuten in der 9. Klasse vorgesehen sind, dann vergibt man nach unserer Meinung hier Chancen gerade im Vergleich zu anderen Bundesländern, wo politische Bildung und Demokratieerziehung viel früher in der Schullaufbahn und viel intensiver behandelt werden.“ –

Es sieht so aus, als wollten Sie mit Ihrem Antrag Defizite der letzten Jahre ausgleichen. Dann frage ich mich nur, warum man das nur für zehn Schulen und nicht insgesamt macht.

(Beifall bei der CDU – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Erzählen Sie uns doch einfach, welche Stunden Sie streichen wollen!)

Es ist schön, dass jetzt noch ein Änderungsantrag kommt, weil Sie bei Ihrem ersten Antrag vergessen haben, bei Zustimmungsfragen die Erwähnung der Schülerschaft mit einzubeziehen. Aber Sie haben es jetzt noch gemerkt.

Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen, nämlich mehr Budgetverantwortung und eine stärkere Mitsprache bei der Personalauswahl.

Gestern hat uns Frau Ministerin Ahnen erklärt, dass wir das, was wir im Gesetzentwurf gefordert haben, zum größten Teil schon haben. Nun frage ich mich, wo wir denn Personal- und Budgetverantwortung haben. Vielleicht meinen Sie das Schulentwicklungsprogramm „Selbstverantwortliche Schule“, das es einmal im Grundschulbereich gab.

(Frau Brück, SPD: Das war auch im weiter- führenden Bereich!)

Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten aus dem Resümee von Herrn Großmann zitieren, Schulleiter und Geschäftsführer des Projekts: Leider war die Möglichkeit der gezielten Personalauswahl im Schulentwicklungsprojekt aus rechtlich-organisatorischen Gründen nur eingeschränkt nutzbar. Auch die Budgetierung wurde als wesentliches Instrument der Schulgestaltung genannt. Die für selbstverantwortliche Schule notwendige Flexibilität im Umgang mit materiellen Voraussetzungen konnte jedoch im Schulentwicklungsprojekt nicht genutzt werden. –

Gerade deshalb, weil es aus rechtlich-organisatorischen Gründen nur eingeschränkt umsetzbar war, brauchen wir einen Gesetzentwurf. Diesen haben wir gestern vorgelegt.

(Beifall der CDU)

Offensichtlich ist Ihr Antrag bezüglich Personal- und Budgethoheit sowieso nicht ganz ernst gemeint; denn in Ihrem Antrag kommt nicht vor, welche Mittel die Schulen für diese Herausforderung bekommen und woher sie die Mittel nehmen. Es geht Ihnen eigentlich nicht wirklich darum. Es geht Ihnen vielmehr um die Aufweichung der Qualitätsstandards.

Budget- und Personalverantwortung dürfen nicht aus ideologisch begründeten Zielsetzungen aufs Spiel gesetzt werden, oder, sagen wir es einmal so, packen Sie es doch richtig an.

(Frau Brück, SPD: Ideologisch ist hier nur eine Fraktion!)

Es ist schon bezeichnend, dass Ihr Kollege, Herr Bechberger-Derscheidt im Artikel „Bestehendes Schulsystem ohne Sitzenbleiben“, ein Widerspruch in sich, Ihnen eine Phantomdebatte mit Mutlosigkeit und Konfliktscheue vorwirft.

(Baldauf, CDU: Echt guter Mann!)

Dann positionieren Sie sich doch ausdrücklich und klar zur Abschaffung des Sitzenbleibens und zu einer Schule für alle. Dann wissen wenigstens alle, woran wir sind.

(Beifall der CDU)

Unser Gesetzentwurf gibt konkrete Handlungsspielräume für unsere Schulen. Wir orientieren uns an einem Konzept, das sich bereits bewährt hat. Immer etwas Neues auszuprobieren – Schulversuche, mal sehen, ob sie funktionieren – auf dem Rücken unserer Kinder, das halten wir für den falschen Weg.

Gestaltungsspielräume ermöglichen passgenaue Angebote und wirtschaftliches Handeln. Es ist gut, wenn Schulen unternehmerisch handeln, wenn sie mit ihrem Budget, das sie zur Verfügung gestellt bekommen, gut wirtschaften und es in Bereichen einsetzen, die sinnvoll und notwendig sind. Die Schule kann zum Beispiel Assistenzkräfte einsetzen, um den Lehrern Freiraum für neue pädagogische Aufgaben in der Unterrichtsgestaltung zu geben. Das steigert die Qualität des Unterrichts. Das ist das, was wir brauchen.

Für guten Unterricht und schulischen Erfolg sind qualifizierte und motivierte Lehrkräfte die maßgebliche Grundlage. Wenn wir Freiraum in der Gestaltungsmöglichkeit schaffen, dann haben wir auch die Möglichkeit, die Qualität zu steigern.

(Glocke des Präsidenten)

Wir brauchen klare Zielvorgaben mit verbindlichen Lehrplänen und landesweit einheitlichen Abschlussprüfungen. Dann sind wir auf dem richtigen Weg.

Danke. (Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Kollegin Ratter.

Danke schön, Herr Präsident.

Meine Damen und Herren, ein bisschen klang die Rede von gestern noch durch, Frau Schneid. Auch die ver

bindlichen Lehrpläne kamen wieder. Ich verstehe es nicht. Sie wollen einfach nicht dazulernen. Wir sind schon meilenweit Schritte weitergekommen.

(Zehfuß, CDU: Frau Lehrerin!)

Ich komme zu unserem Antrag, den wir heute verabschieden werden. Ich darf auch gleich darauf eingehen, dass wesentliche Punkte von Frau Brück schon ausgeführt worden sind. Wenn Sie den Antrag lesen, dann geht er zunächst auf die Heterogenität in den Schulen ein.

(Unruhe im Hause)

Sie werden mir recht geben, dass diese nicht nur in den Schulen, sondern auch in der Gesellschaft in den letzten Jahren zugenommen hat und man darauf durch eine individuelle Förderung seitens der Lehrerinnen und Lehrer antworten muss. Viele Schulen haben diese Herausforderung schon angenommen, insbesondere die eine Schule für alle, nämlich die Integrierte Gesamtschule, von denen wir 54 in unserem Land haben, und zwar gerade dann, wenn sie noch als Schwerpunktschule ausgeprägt ist. Sie geht genau diesen Weg.

Ich freue mich, dass ich Ihnen sagen darf, dass Sie es nicht unter Aufweichung der Leistung tut, die die Schüler erbringen. Die Leistungen, die die Schüler erbringen, sind genauso gut wie anderswo auch. Keiner will irgendwelche Bildungsstandards absenken oder irgendwelche Prüfungen vereinfachen.

Was Sie offensichtlich noch nicht verstanden haben, ist, dass individuelles Lernen auch zieldifferentes Arbeiten bedeutet. Genau in diese Richtung gehen wir.

Wenn Sie von PISA lernen wollen und nach Skandinavien schauen, dann sollten Sie wissen, dass dort mehr als bei uns gefördert wird, nur nicht in separaten Schulen und nicht in unterschiedlichen Klassen.

Wenn Sie sich in der Bildungsforschung über effizientere Möglichkeiten des Lernens informieren, dann werden Sie sehen, dass es wichtig ist zu verzahnen, in Gruppen zu arbeiten, die homogen sind, und in heterogenen Lerngruppen. Es kommt nicht darauf an, alles über einen Kamm zu scheren und mit Schema F in der Arbeitshaltung voranzukommen. Es kommt nicht darauf an – das habe ich schon oft gesagt –, Wissen zu scheffeln und abzufragen, sondern es kommt darauf an, die Motivation der Schülerinnen und Schüler intrinsischer Natur nach Möglichkeit auszunutzen und genau das, was die Schüler interessiert, mit ihnen exemplarisch zu entwickeln.

Wir wollen deshalb die individuelle Förderung und das Anknüpfen an die Stärken der Schülerinnen und Schüler und nicht an ihre Defizite. Das ist der Grund, warum wir Lernfortschrittsberichte zu den Noten als Ergänzung wollen.

Frau Brück hat es schon gesagt. Das hat nichts mit dem zu tun, was Sie für die Grundschule genannt haben, wo es um kompetenzorientierte Zeugnisse geht. Hier geht es darum, dass Zielvereinbarungen mit Schülerinnen und Schülern im Gespräch mit Eltern als erreicht ge

kennzeichnet und individuelle Rückmeldungen gegeben werden.

Ich glaube, in der Anhörung haben wir vom VBE sehr schöne Beispiele genannt bekommen. Wir haben gesehen, dass das ohne großen Aufwand machbar ist und es sowohl für die Lehrerinnen und Lehrer als auch für die Eltern sowie Schülerinnen und Schüler – für diese an erster Stelle – ein Gewinn ist.

Ein wichtiges Thema, das mir und meiner Fraktion am Herzen liegt und eigentlich allen am Herzen liegen muss, die den Zwischenbericht der EnqueteKommission gelesen haben, ist die Förderung der Demokratiepädagogik und die Demokratisierung unserer Schulen. Ich bin froh, dass wir hier diesen Weg gehen und einen neuen Anlauf nehmen.

Wenn wir irgendwann das Wahlalter 16 bekommen – ich bin ganz sicher, dass Sie es irgendwann verstehen, dass es ein sinnvoller Schritt ist –, dann brauchen wir Schülerinnen und Schüler, die wissen, wie sie mit Engagement die Veränderungen in der Gesellschaft in die Hand nehmen können. Wir brauchen Schüler, die sich engagieren – das Wort haben Sie auch positiv verwendet –, die bereit sind, für ihre Schule und ihren Lernort, für ihre Kommune aus dem Engagement in der Schule zu lernen. Damit könnten sie politisch motiviert und bereit sein, für die Gesellschaft zu arbeiten und etwas für die Weiterentwicklung zu leisten.

Ich spreche einen weiteren Punkt an. Das ist der Punkt 5, der sich auf die UN-Behindertenkonvention bezieht. Es ist uns sehr wichtig, dass wir schauen, welche Wege wir gehen können.

Sie haben davon gesprochen, dass im vorangegangenen Versuch die beiden Punkte Personalhoheit und Budget nicht in einem entsprechenden Umfang umgesetzt werden konnten.

(Glocke des Präsidenten)

Das ist ein Grund dafür, diese Punkte noch einmal aufzunehmen. Ich wünsche und hoffe, dass es uns gelingen wird, beim neuen Modellversuch aus den vergangenen Erfahrungen zu lernen und die neuen Projekte, die wir in Angriff nehmen, gewinnbringend für alle Beteiligten voranzubringen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich erteile Frau Staatsministerin Ahnen das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich auf den Schulversuch, weil gestern in der