Protokoll der Sitzung vom 04.07.2013

Herr Baldauf, dass Sie nie ein Verfechter der Energiewende waren, haben wir häufiger gehört. Sie haben noch sehr lange an alten Konzepten festgehalten. Ihnen traue ich zu, dass Ihnen eine solche Konsequenz ganz recht ist, weil dann irgendwann eine Stimmung aufkommt, die fordert, die Energiewende wieder herumzudrehen. Herr Baldauf, ich würde Ihnen zutrauen, dass Sie sogar eine solche Strategie vertreten.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Was ist das summa summarum nach den heutigen Reden zur Energiewende à la CDU in Rheinland-Pfalz? – Keine eigenen Vorschläge. Keine eigene Konzeption.

(Baldauf, CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

Dort, wo es vor Ort Widerstand gibt, ist man Wortführer des Widerstandes. Dort, wo gegen Windkraftanlagen polemisiert wird, sind Sie Wortführer des Widerstandes.

(Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ist das! – Baldauf, CD: Ach Gott!)

Was können wir aber auch feststellen? – Ich will die CDU in Rheinland-Pfalz nicht komplett in Haft nehmen; denn wie bei der Einführung von Ganztagsschulen, der Realschule plus und vielen anderen Projekten gibt es CDU-Kommunalpolitiker, die weiter sind als Sie.

(Dr. Weiland, CDU: Bei der Realschule plus tut ihnen das jetzt schon leid!)

Sie setzen die Projekte um und beteiligen sich auch gegen Ihren Widerstand an der Energiewende, wie sie von Rot-Grün konzipiert wurde. Es wird eben etwas dauern, bis Sie so weit sind wie Rot-Grün und einige Ihrer Kommunalpolitiker. Es dauert eben deutlich länger – daran haben wir uns gewöhnt –, bis das in der CDULandtagsfraktion angekommen ist.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Zur Konzeption der Landeswirtschaftspolitik – daran mache ich meine Aussage fest – ist von Ihnen noch nicht einmal im Ansatz etwas gesagt worden.

(Bracht, CDU: Ihre Aussage wird durch ständige Wiederholung auch nicht richtiger!)

Es ist der pauschale Satz gesagt worden, es müsse Innovationsförderung betrieben werden.

(Baldauf, CDU: Frau Lemke weiß überhaupt nicht, was das ist!)

Diesen Satz wird man weltweit bei jeder Diskussion zur Wirtschaftspolitik sagen können.

(Baldauf, CDU: Die Worte „verlässliche Rahmenbe- dingungen“ können es auch nicht überall sein!)

Dieser Satz ist in Bezug auf Rheinland-Pfalz nicht falsch, aber er muss mit Leben erfüllt werden.

Wenn wir den Industriestandort Rheinland-Pfalz als Kern neben dem Handwerk, dem Mittelstand und all dem, was wir in Rheinland-Pfalz haben, als Juwel weiterentwickeln wollen, gehört zur klassischen und modernen Industriepolitik, die klassischen, grundlegenden Randbedingungen für eine solche Produktion zu sichern und neue Trendentwicklungen zu erkennen. Zentraler Ansatz ist dort die Innovationsförderung, die Potenziale des Mittelstands aufzugreifen und Cluster zu initiieren und zu fördern.

Hier hat Rheinland-Pfalz einiges auf den Weg gebracht. Es sind das Cluster im Bereich Metall-Keramik-Kunststoff im Norden des Landes und das Nutzfahrzeugcluster entstanden. Es ist uns dank des Engagements von Wissenschaftsministerin Ahnen gelungen, dass wir mittlerweile eine Reihe von Fraunhofer-Instituten haben. Das liegt auch im Interesse der Wirtschaft in RheinlandPfalz. Ein neues Fraunhofer-Institut wird wieder hinzukommen.

Mit der Förderung von Clustern und Netzwerken wird der seit Längerem beobachtete Trend aufgegriffen, dass Innovationen in strategischen Allianzen über Unternehmensgrenzen hinweg und unter direkter Einbeziehung entsprechender wissenschaftlicher Qualifikation und Dienstleistungen entwickelt werden. Räumliche und regionale Aspekte spielen dabei eine wichtige Rolle für die Erleichterung des Informations- und Wissenstransfers und für die Sicherung der Fachkräftebasis; denn wir wissen, wir werden Fachkräfte für den Standort Rheinland-Pfalz nur gewinnen können, wenn wir den Nachweis erbringen können, dass es nicht nur einen, sondern eine Vielzahl von Betrieben sowie Forschungsinstitute in dieser Region gibt. Dann werden hoch qualifizierte Fachkräfte bereit sein, nach Rheinland-Pfalz zu kommen. Deshalb ist das nicht nur ein Beitrag zur Innovationsförderung, sondern auch ein Beitrag, über den Fachkräfte gesichert werden können.

Das Thema „Innovation“ ist allerdings so breit, dass man nur einige Punkte in der zur Verfügung stehenden Redezeit darstellen kann. Ich will aber einen Punkt aufgreifen, den ich ausdrücklich begrüße. Das ist die Entscheidung, einen Innovationsfonds mit Wagniskapital neu aufzulegen und ihn zu erweitern. Der Standort Deutschland insgesamt und natürlich auch der Standort Rheinland-Pfalz benötigen Existenzneugründungen im HighTech-Bereich. Innovative Gründungen sind mit einem hohen Risiko verbunden.

Der Wagniskapitalfonds macht Folgendes: Er ermöglicht vielen die Existenzgründung in diesem Bereich unabhängig von der Frage, aus welchen Familien sie kommen und wie hoch ihr Privatvermögen ist. Deshalb ist dieser Innovationsfonds auch ein Instrument der sozialen Gerechtigkeit, sodass die Existenzgründung in innovativen Bereichen nicht nur von der Vermögenslage abhängig ist, sondern davon, ob es sich um eine gute Existenzgründung, um einen begabten jungen Menschen handelt. Dadurch wird der Wirtschaftsstandort gestärkt. Davon profitiert die Allgemeinheit. Das ist ein Beweis dafür, dass soziale Gerechtigkeit und innovative Wirtschaftspolitik durch innovative Ansätze wie in Rheinland-Pfalz miteinander in Einklang gebracht werden können.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Von Ihnen ist auch nichts zu regionalen Ansätzen und dazu gesagt worden, dass die Ansätze in den verschiedenen Regionen des Landes anders sein müssen und wir mit dem ausgeprägten Gefühl von Regionalität einiges gestalten können. Deshalb halte ich es für sinnvoll, dass Sparkassen und Volksbanken bewogen werden, eigene Fonds aufzulegen, und zwar auch mit vermögenden Bürgern aus den Regionen, um Existenzgründungen in den Regionen zu ermöglichen, die bisher in diesem Maß nicht möglich waren.

Zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes gehört, dass wir den Vorteil der schnellen Genehmigungsverfahren weiter ausbauen und den Bürokratieabbau weiter betreiben. Darin sind wir gut. Wir haben mehr erreicht als andere Bundesländer. Wirtschaftspolitik ist immer auch ein Beitrag zur Entbürokratisierung und um Unternehmen freie Gestaltungsmöglichkeiten zu geben. Auch dazu bekennt sich ausdrücklich die rheinland-pfälzische Wirtschaftspolitik.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, dazu gehört, dass wir neue Trends über Wertschöpfungsketten erkennen, wo die gesamte Dienstleistung von der Entwicklung und der Konzeption bis zum Betrieb von Maschinen in Schwellenländern angeboten werden muss. Der Verkauf einer Maschine ist lange nicht mehr so möglich, wie das früher der Fall war.

Meine Damen und Herren, man könnte noch zu vielen Punkten, wie zum Beispiel der Gesundheitswirtschaft, dem Tourismus, der Logistik und der Fachkräftesicherung etwas sagen. Das sind alles Punkte, bei denen Sie es trotz längerer Redezeit als die Regierungsfraktion nicht für nötig empfunden haben, etwas zu sagen.

Meine Damen und Herren, wir bekennen uns ausdrücklich zur dualen Ausbildung. Wenn Sie diese in Zweifel ziehen, ist das unredlich. Wir haben die Realschule plus auch als Instrument geschaffen, um die duale Ausbildung noch besser vorzubereiten. Die Realschule plus

stärkt die duale Ausbildung. Das war auch die klare Zielsetzung bei der Konzeption dieser Schulform.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit der Wirtschaft ist gemeinsam entwickelt worden, dass wir jetzt die ersten Jahrgänge aus den Fachoberschulen haben. Das beweist das enge Miteinander in Rheinland-Pfalz zwischen der Bildungs- und der Wirtschaftspolitik. Wir machen in vielen Bereichen wirtschaftsnahe Standortpolitik und ganzheitliche Politik für das Wohl der Menschen in Rheinland-Pfalz.

Meine Damen und Herren, ich habe eingangs festgestellt, dass die rot-grüne Wirtschaftspolitik den Wohlstand in Rheinland-Pfalz bewahren und in der fairen Konkurrenz mit anderen steigern soll. Sie soll ein ökologisch verantwortungsvolles Wirtschaftswachstum fördern und ihren Beitrag dazu leisten, dass der erzeugte Wohlstand gerecht verteilt wird. Die Schaffung von Arbeitsplätzen für alle, die arbeiten wollen, ist dafür eine Grundvoraussetzung, zu der unsere Wirtschaftspolitik ihren Beitrag leistet.

(Glocke des Präsidenten)

Dies müssen aber auch Arbeitsplätze sein, von denen man zumindest anständig leben kann. Das Ziel muss es sein, gute Arbeitsplätze zu schaffen. Natürlich sind dafür qualifizierte Arbeitsplätze eine gute Basis. Wir müssen aber auch oft genug feststellen, dass selbst gute Qualifikationen nicht vor prekärer Arbeit schützen. Deshalb brauchen wir Ordnung am Arbeitsmarkt. Zu einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik gehört auch das Bekenntnis zu Mindestlöhnen und gerechten Beschäftigungsverhältnissen. (Glocke des Präsidenten)

Mir sei ein letzter Satz aufgrund der Überziehung von Frau Klöckner erlaubt. Es gibt genügend vielfältige Gutachten, die deutlich machen, dass Wirtschaftsstandorte, an denen es gerecht zugeht und soziale Gerechtigkeit umgesetzt wird, dauerhaft ökonomisch erfolgreicher sind. Deswegen bekennen wir uns zur ökonomischen Vernunft. Dazu gehört soziale Gerechtigkeit. Dazu haben Sie kein Wort gesagt. Sie haben eben ein anderes Politikkonzept.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Anhaltend starker Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bevor über Redezeitüberziehungen diskutiert wird, möchte ich darauf hinweisen, dass ich der Rednerin und dem Redner über 1 Minute und 30 Sekunden mehr Zeit gegeben habe, um einen Abschluss der Rede zu finden. Das halte ich für durchaus angebracht.

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Vorstandsmitglieder und Partner des Ortsverbandes Koblenz-Karthause. Schön, dass Sie heute da sind!

(Beifall im Hause)

Darüber hinaus begrüße ich Bürgerinnen und Bürger aus der Verbandsgemeinde Landstuhl. Seien auch Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Baldauf das Wort. Sie haben eine Redezeit von 3 Minuten.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hering, es animiert einen schon, einiges zu Ihrer Rede, wie Sie sie gehalten haben, sagen zu können. Ich meine schon, dass es sehr mutig ist, wenn man als ehemaliger Wirtschaftsminister eine Rede hält, die Landesbezug hat. Ich rede gleich darüber, ob das alles richtig oder nicht richtig war, was Sie gesagt haben. Ihre Rede hatte Landesbezug, die von Frau Lemke keinen. Es ist allerdings richtig mutig, dass Sie, der sowohl den Flughafen Hahn als auch den Nürburgring an die Wand gefahren hat, uns erzählen, wie Wirtschaftspolitik zu funktionieren hat.

Herr Hering, die Argumente werden mir nicht ausgehen. Heute steht in der Zeitung „DIE RHEINPFALZ“ ein wunderbarer Artikel, der mit dem Wort „Kraftakt“ überschrieben ist. Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren: „Am Hahn ist nicht die Kunst politischer Diplomatie gefragt, sondern wirtschaftliche Kompetenz. Die gilt es für die Landesregierung erst einmal zu entwickeln. Ein wahrer Kraftakt!“

(Beifall der CDU)

Werter Herr Kollege Hering, eines ehrt Sie schon. Sie haben versucht, das, was Frau Wirtschaftsministerin Lemke nicht getan hat, nämlich zumindest einmal den Bundesverkehrswegeplan zu erwähnen oder die Frage des DSL zu beantworten, in irgendeiner Form hinzubekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, über was reden wir da?

Frau Ministerin, wenn Sie über DSL reden, möchte ich von Ihnen wissen, was Sie machen wollen. Wir haben in Baden-Württemberg ein Leerrohrprogramm. In Rheinland-Pfalz haben wir nur eine ganze Menge von Anträgen, die bis heute unbeantwortet sind. Dazu hätte ich gern von Ihnen etwas gehört.

(Zuruf des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)